Auffe Ohren

Unsere Gedanken zur neuen Nummer 8 Auffen Punkt #76: Spielervorstellung Felix Nmecha

06.07.2023, 19:29 Uhr von:  Auffe Ohren-Crew
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Borussia Dortmund hat als zweiten Neuzugang nach Ramy Bensebaini den 22-jährigen Mittelfeldspieler Felix Nmecha verpflichtet. Warum der Transfer vor allem neben dem grünen Rasen für Probleme sorgen könnte, besprechen wir in der neuen Ausgabe von "Auffe Ohren - Der BVB-Podcast von schwatzgelb.de". Hört rein!

Shownotes

- Chancenwucher

- Eine zweite Chance…die letzte Gelegenheit

- Das schwarzgelbe Märchen vom Grundwertekodex

- Das Nmecha-BVB-Dilemma - Intoleranz tolerieren?

- Ein faules Ei im Nest

- Erfolg vor Prinzipien?

- Vielfalt beim BVB – Mehr als ein Lippenbekenntnis?!

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Heja BVB!

In unserem Outro verwenden wir einen Teil des Liedes "Extreme Energy" von "MusicToday80", welcher unter Creative Commons-Lizenz zur freien Verwendung veröffentlicht wurde.

Die Transcription wurde automatisch auf www.mygoodtape.com generiert

Intro:

Hier ist Auffe Ohren der schwatzgelb.de Podcast.

Jens:

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer und alle dazwischen und außerhalb, herzlich willkommen zu Auffen Punkt Nummer 76 der Kurzform unseres schwatzgelb.de Podcasts Auffe Ohren. Wir begrüßen euch ganz herzlich zur neuen Saison. Hey, yeah, los geht's und wir sind alle voller Vorf... naja, egal. Ihr erlebt heute nur mich und den lieben Jannik. Hallo Jannik.

Moin. Die anderen sind nämlich im Examen. Liebe Grüße geht an Georg oder in den Bergen. Liebe Grüße an Fanny oder haben bei dem Thema, was wir heute besprechen, nicht so viel Lust gehabt mitzureden. Liebe Grüße an Larissa an der Stelle, sodass wir das hier zu zweit machen und wie ihr es von uns gewohnt seid aus den letzten Jahren, machen wir auch dieses Jahr, wenn es klappt, zu jedem Neuzugang des BVB eine eigene Ausgabe.

Und so starten wir heute mit dem ersten offiziellen Neuzugang. Oder haben wir jemanden vergessen? Nee, gab noch keinen vorher. Ach doch, Rami Benzebaini, kommt noch, arbeiten wir dran. Zur neuen Saison und zwar Felix Nmecha. Felix Nmecha ist 22 Jahre alt, hat die britische und die deutsche Staatsbürgerschaft, ist deutscher Nationalspieler, kommt vom VfL Wolfsburg für, man redet von ungefähr 30 Millionen Euro inklusive aller zu erreichenden Boni.

Und ja, wir wollen ehrlich sein, wir haben nicht so viel Bock über das Sportliche zu reden und das liegt an der Stelle an zwei Gründen. Das erste ist, dass dieser Transfer ja dann doch mit einigen Nebengeräuschen belastet ist und war. Ich glaube, bei schwatzgelb.de gab es noch nie so viele Artikel zu einem Spieler, der überhaupt nicht für den BVB gespielt hat, nur weil er vielleicht mal für den BVB spielen würde. Empfehle ich euch alle nachzulesen.

Und zweitens hatten wir ehrlicherweise auch keinen Bock, irgendjemanden vom VfL Wolfsburg zu fragen, ob er uns den Spieler erklären will. Ja, und damit springen wir direkt rein. Wir sind nicht sehr gut vorbereitet, sagen wir ganz ehrlich, denn das hier wird vielleicht auch eine etwas emotionalere Ausgabe. Aber wir wollten sie euch nicht vorenthalten und uns damit vielleicht auch ein bisschen was von der Seele reden.

So, Jannik, ich habe das Intro gemacht, Stage is yours.

Jannik:

Jo, als die Gerüchte aufkamen, war man schon ein bisschen genervt von der ganzen Geschichte, aber erst mal war er ein Name unter vielen. Dann lief ja auch noch ein Alvarez, glaube ich, spuckte da irgendwie durch die Transfergerüchte-Küche.

Und das wurde aber relativ schnell, muss ich sagen, immer konkreter und immer mehr Medien konnten relativ wasserdichte Fakten liefern. Und ich kannte den Kollegen, den Matcher aus Wolfsburg, ehrlich gesagt nicht besonders. Mir sagt der Name was und ich weiß auch, dass der da ganz gut performt hat.

Aber mir war zumindest bis zu den Transfergerüchten und bis das dann so ein bisschen durchsickerte mit seinen Instagram-Posts nicht klar, dass er irgendwie in dieser Art und Weise auffällt. Oder hattest du schon mal vor den Transfergerüchten von dieser Geschichte gehört? Ich meine, das ist ja immerhin Profifußballer, Erste Liga, um vielleicht bei allen ins Boot zu holen, die es nicht mitbekommen haben.

Aber Felix, ein Matcher, hat auf Instagram, ich meine, vor ein, zwei Monaten, trans- und homofeindliche Postings losgelassen, die dann relativ schnell wieder eingefangen. Wir können auch gleich nochmal kurz auf den Inhalt eingehen. Aber hattest du davon damals was mitbekommen direkt oder erst als die Gerüchte aufkamen?

Jens:

Ich glaube, ich habe es irgendwo bei Twitter oder so tatsächlich vorher schon mitbekommen. Aber ich sage auch ganz ehrlich, es hat mich halt weniger stark interessiert, weil mich der VfL Wolfsburg, es tut mir nicht mal leid, das ist ein Verein, den es in der Bundesliga nicht geben sollte, weil der mich nicht interessiert. Und ich glaube, da komme ich dann später nochmal zu, warum das für mich dann jetzt auch in der Form relevant ist oder problematisch ist.

Aber ich hatte es, glaube ich, mitbekommen, als er es gepostet hat. Und damals war es ja tatsächlich für den BVB noch nicht so relevant. Es gab den üblichen, fast schon so zu nennen, Aufschrei unter Twitter-Userinnen und Usern. Ja, ich habe es halt so hingenommen, weil das eine ist, ich will es nicht relativieren, auf gar keinen Fall,

aber da hat der gute Felix in erster Linie ja Dinge gepostet von anderen, die er repostet hat. Also ganz konkret sehr trans- und homofeindliche Videos von Fundamentalisten aus den Vereinigten Staaten. Also er ist jetzt gar nicht mal selber mit eigenen Postings unbedingt aufgefallen,

aber hat da halt Meinungen reproduziert und repostet, wie man so schön sagt, die vielleicht auch einfach nicht mehr als Meinung klassifiziert werden sollten oder könnten, sondern als blanke Diskriminierung. Das alles unter dem Deckmantel seines sehr strengen, ja, ich würde es fundamentalistischen Glaubens bezeichnen.

Jannik:

Gehe ich mit, ja. Auf jeden Fall.

Jens:

Das waren unter anderem Videos, in denen er zu Beginn des Pride-Monats, nochmal für die, die das jetzt vielleicht nicht so gut kennen, das ist ein Monat der Juni, in dem besondere Sichtbarkeit darauf gelenkt werden soll, dass es halt auch Menschen gibt, die nicht heteronormative Lebensweisen an den Tag legen und dass die natürlich auch in unserer Gesellschaft und in Film und Fernsehen und wie auch immer in der Regel unterrepräsentiert sind,

sodass der Pride-Monat eigentlich für die gilt und für die da ist, damit sie sich ein bisschen öffentlicher und auch vielleicht ein bisschen sicherer in der Öffentlichkeit zeigen können und sollen und dürfen und dass man ein bisschen diese Sichtbarkeit von solchen Personen erhöht. Solche Personen klingt so abfällig, es tut mir leid, ist auf gar keinen Fall so gemeint.

Ich kann halt nur aus meiner weißen Hetero-Sicht davon sprechen. Ja, und zu Beginn dieses Monats hat er ein Video repostet, in dem ein amerikanischer, ja, ich glaube, er hat sich, der Typ nennt sich sogar selbst Neo-Faschist. Aber man mag mich da korrigieren.

Jannik:

Theokratischer Faschist, hab ich gelesen. Matt Welch heißt der, US-Blogger. Und du meinst vermutlich letzten Monat, wir sind schon im Juni.

Jens:

Ja, genau, im Juni.

Jannik:

Juni wäre natürlich, weil er jetzt noch meinen T-Shirt...

Jens:

Nein, es war Anfang Juni. Genau, Anfang Juni, zu Beginn des Pride-Monats, unter anderem ein Video gepostet, in dem Matt Welch halt massiv gegen homosexuelle und transsexuelle Personen geschossen hat und zum Beispiel Pride mit dem Teufel gleichgesetzt hat, um in dem Glaubensbild zu bleiben und so weiter. Also, es gab auch vorher schon Posts, die hab ich jetzt aber glücklicherweise nicht mehr ganz auf dem Schirm.

Ja, ist es halt alles natürlich gekoppelt an seinen sehr, sehr strengen christlichen Glauben. Und ja, hochproblematisch, wie ich finde. Und damit kommen wir dann eher zu dem Teil, der mich mehr stört, und zwar die Verpflichtung als die Person.

Jannik:

Genau, also es war ja... Ich hab's halt 0,0 mitbekommen, weil ich mich halt, wie du, auch für den VfL Wolfsburg und deren Spielerschaft eigentlich nicht interessiere. Und dann kamen ja die Gerüchte auf und wir waren in der blöden Situation als Fußballfans, oder mit der blöden Situation konfrontiert, möglicherweise einen Spieler zu verpflichten,

der, ja, ich will's eigentlich gar nicht diplomatisch ausdrücken, der nicht dem Wertekodex entspricht, den wir vor rund sechs Monaten, oder ne, Quatsch, mehr, inzwischen acht, aber ja, drei, dreiviertel Jahr abgeschlossen haben, indem wir auch ganz klar festlegen, dass wir keine Diskriminierung jeglicher Art wegen Sexualität unter anderem erdulden.

Und das hat mich, wie viele andere BVB-Fans, glaube ich, erstmal in ein kleines Dilemma gestürzt, weil wir jetzt im Grunde, oder das hat man, glaube ich, auch an den Texten gesehen, die geschrieben wurden, dass wir als Fans zumindest jetzt in unserem Meinungsspektrum, wir kommen wahrscheinlich gleich nochmal auf das andere Lager,

wenn man es mal so nennen möchte, zu sprechen, dass man in unserem Lager den Transfer, oder diese Gerüchte von Anfang an sehr kritisch begleitet hat. Es wurden Texte geschrieben von unserer Seite, es wurden Twitter-Postings perser Fußball-, die sich eindeutig gegen den Transfer ausgesprochen haben und der BVB hat original nichts gesagt, zumindest nichts öffentlich.

Und wir haben im Grunde nur über die teilweise internen Kreise, aber auch durch die Medien, Stellungnahmen, wenn man es mal so nennen möchte, Meinungen mitbekommen. Und da fand ich, ehrlich gesagt, schon allein in diesem Zeitraum der Gerüchte, wirkte der BVB nicht sehr fannah, meiner Meinung nach,

sondern ich denke mal, das ist auch, Sicherheit hat das natürlich vertragspolitische Themen, wenn man sowas vorher öffentlich macht, wird es problematisch, vielleicht in der einen oder anderen Richtung, aber ich hätte mir da ein bisschen souveräneres Verhalten gewünscht. Wie siehst du das?

Jens:

Erstmal wollte ich noch ergänzen, dass es nicht nur Texte und Tweets von schwatzgelb.de zu dem Thema gab, sondern zuallererst tatsächlich von den Rainbow-Borussen, also einem, oder ich glaube sogar dem ersten offiziellen schwulen, lesbischen Fanclub des BVB. Wir hatten in meinem Vorgänger-Podcast auslaufend mal eine Folge mit einem Mitglied und Mitgründer, wenn mich nicht alles täuscht.

Ich weiß nicht, ob wir das noch in unserer Podroll haben hier irgendwo, oder ob wir, wir hatten mal angefangen, alte Ausgaben neu zu veröffentlichen hier bei Aufohren. Falls wir das noch nicht getan haben, vielleicht holen wir das noch nach, da haben wir dann auch mal über die Erfahrungen und so von denen gesprochen. Und die waren tatsächlich die ersten, die das massiv ins Rollen gebracht haben, auch mit einem offenen Brief an den BVB,

ergänzt noch um die Initiative Ballspiel vereint, die sich da auch mit einem Spruchbrand vor dem Stadion positioniert hat. Ja, und dann, wie ich eben schon sagte, erstaunlich viele Texte bei schwatzgelb.de zu einem Spieler, der noch gar kein Spieler des BVB war. Und du hast den Rest schon ganz gut beschrieben und zusammengefasst. Der BVB hat sich da auf der einen Seite nachvollziehbar, weil es waren ja nur Gerüchte und zu Spielern, die nicht zu uns gehören, blablabla, macht man nichts.

Erschreckend und bedauerlich bedeckt gehalten, denn, und das ist jetzt dann das Gegenbeispiel, was ich bringen möchte, es gab schon mal eine Situation, dass der BVB vor einem Transfer sehr konkret und bewusst auf die aktive Fanszene und Vertreter dieser Fanszene zugegangen ist, um ein Meinungsbild einzuholen. Da ging es um Mario Götze. Und da gab es tatsächlich große Hintergrundgespräche, wo dann auch ein bisschen beide Seiten gehört wurden und das vielleicht ein bisschen erklärt wurde.

Und dass man das in dem Fall Mario Götze macht, aber nicht in diesem Fall, wo es um jemanden geht, der zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung massiv gegen den, wie du eben gesagt hast, vor nicht mal einem Jahr verabschiedeten Grundwertekodex verstößt, ist halt echt scheiße. Also da fällt mir auch keine andere Wortwahl zu ein.

Und ich glaube, das zeugt von einem massiven, massiven Problem dabei, dass sich die Oberen beim BVB und vielleicht auch die sportliche Leitung überhaupt nicht dieses Problems bewusst gewesen ist. Ja, also das ist für mich ein massives Problem im Scouting, wenn du nur auf sportliche Daten achtest oder wie auch immer.

Jannik:

Dabei haben sie ja in der Vergangenheit immer wieder gesagt, wir achten auf Charakter. Das war ja immer das Thema.

Jens:

Ja genau, wir achten auf Charakter, aber wenn jemand diskriminierende Inhalte bei Instagram-Review postet, ja gut, das ist ja. Das zählt dann nicht zum Charakter. Nee, das ist ja Instagram.

Jannik:

Also Charakter wird ja immer dann, so Typen oder so, diese Can-Typen, diese Leader-Typen, danach wird dann geschaut. Aber dass man auf der anderen Seite dann nicht schaut, ob der Spieler möglicherweise was gegen einen möglichen Teamkaramera hat, man weiß es nicht.

Im Schnitt sagt man ja, in jeder Mannschaft auf jeden Fall eigentlich sind irgendwo Menschen, die homosexuell sind, dass da einer kommt, der möglicherweise diesen Menschen nicht toleriert. Und ich will jetzt gar nicht sagen, dass es nicht genug andere Spieler gibt, die in die gleiche Richtung denken, aber die posten das halt nicht.

Ich meine, da muss ja was dazugehören. Er hat das auf eine Bühne gehoben. Er hat, ich weiß nicht wie viele tausend Follower auf Instagram, er hat diese Rechtspopulisten und auch das andere Posting auf eine Bühne gezogen. Auch wenn es nur kurz war, kann ich alles nachvollziehen. Und hat es damit aus seiner Perspektive mit seinem Stempel im Grunde legitimiert.

Und da kann er jetzt noch so oft sagen, dass er alle Menschen liebt. Was hängen bleibt, ist dieses Posting und das wieder gut machen. Also das ist ja das Thema, was uns ja auch intern immer wieder so beschäftigt hat. Wie kann ein Matcher sich möglicherweise wieder rehabilitieren? Das wird eine riesen Bergarbeit, wenn er das überhaupt plant.

Jens:

Du bist jetzt schon ganz schön weit vorkaloppiert. Ich wollte dazu ganz schön Sachen davon noch sagen. Alles gut. Das hier ist ja, wie ich Anfangs gesagt habe, für uns einfach ein emotionales Thema und keines, was sich jetzt irgendwie ganz stringent behandeln lässt. Ja, warte. Eine Sache, die du angesprochen hast, und das ist, glaube ich, einer der vielen Kritikpunkte, die jetzt an der Kritik gekommen sind.

Abgesehen von diesem Fußball ist Fußball Bullshit. Sorry, aber wer 2023 noch Fußball ist Fußball brüllt, kann sich halt auch einfach mal richtig verpissen. Tut mir leid für die Wortwahl und alle. Ich verstehe jeden, der sich jetzt über die Wortwahl aufregt, aber es ist nun mal so. Fußball ist nicht nur Fußball. Fußball ist eine so unfassbar integrative Kraft. Wir merken das. Die Nordstadtliga in Dortmund macht super Arbeit mit Geflüchteten oder mit Kids mit Migrationshintergrund und sowas.

Fußball kann so positiv sein. Und natürlich gehört Politik in den Fußball, wie Politik in aller unser Leben gehört. Und sei es nur Fanpolitik. Wenn wir uns über hohe Kartenpreise aufregen, sagt keiner, Fußball ist Fußball. Da ist Politik dann okay. Aber wenn es dann plötzlich um Antidiskriminierungsarbeit geht, ist Fußball ist Fußball ein Argument? Ne, verpiss dich bitte. Danke.

Das ist der eine Punkt. Was da natürlich auch kommt und ein Stück weit zu Recht. Es ist natürlich ein kleiner Waterboardism, aber ein Stück weit zu Recht ist, ihr wollt gar nicht wissen, was andere Fußballer so denken und so weiter. Und da sage ich dir ganz ehrlich, ne, will ich im Zweifel auch nicht. Bei Achraf Hakimi hat man es zum Beispiel jetzt gemerkt, als er sich bei PSG geweigert hat, das Trikot mit den Regenbogennummern zu tragen.

Dass er vielleicht menschlich auch nicht so geil ist. Ja, wir fanden den hier als Spieler alle geil, aber da wussten wir halt nicht, wie der in der Hinsicht tickt. Und das hat sicherlich auch bei dem einen oder anderen BVB-Fan im Nachgang so ein bisschen das Bild von Hakimi geändert. Es gibt sicherlich auch andere Spieler im Kader. Und ehrlicherweise, Marco Reus zum Beispiel, ich habe keine Ahnung, wie der über Homosexuelle oder Transsexuelle denkt.

Und es interessiert mich in dem Fall jetzt vielleicht auch nicht, weil – und das ist der Punkt, den du schon gemacht hast – er seine Reichweite und seine Vorbildfunktion nicht dafür ausnutzt, diskriminierende Inhalte zu posten. Und das ist der ganz massive Punkt und das ist der Punkt, warum Felix Mechada einen Unterschied macht. Und warum Felix Mechada vielleicht nicht hätte verpflichtet werden sollen. Weil – wir haben ja eben davon gesprochen, dass uns das nicht in der Form aufgefallen war zuvor, weil er halt bei einem kleinen Club gespielt hat, für den sich eigentlich niemand interessiert, außer die 30.000 VW-Mitarbeiter, die alle zwei Wochen Freikarten bekommen.

Da konnte er auf seiner relativ kleinen Bühne schon Schaden anrichten, indem er als Vorbild – er ist immerhin auch einmaliger deutscher Nationalspieler, wurde wahrscheinlich auch nicht mehr eingeladen, weil er sich so verhalten hat – auch da hat er schon seine Bühne genutzt, um diese Inhalte zu verbreiten. Und auch da war das problematisch, aber jetzt wird es halt für uns BVB-Fans problematisch, weil der BVB, so arrogant das klingen mag, nun mal einfach eine viel größere Reichweite hat und auch seine Reichweite massiv vergrößern wird. Und auch seine Position als Vorbild noch mal massiv vergrößern wird.

Und wenn er dann seine Position als Vorbild ausnutzt, um – das geht mir schon gegen Strich, streng religiöse Inhalte zu posten, weil ich Religion einfach nicht geil finde, wenn man mal so weltgeschichtlich zurückguckt und sich überlegt, wie viele Kriege nur aufgrund von der Religion geführt wurden und so weiter, aber das ist ein anderes Thema – quasi missioniert an der Stelle, dann finde ich das eh schon problematisch. Und wenn es dann natürlich in die streng konservativ-fundamentalistische Schiene abdriftet, wo es dann wirklich auch diskriminierend wird gegenüber Minderheiten oder anderen Lebensmodellen, anderen Sexualitäten, dann ist das halt etwas – und das haben wir ja schon festgestellt – das eigentlich gegen den Grundwertekodex von Borussia Dortmund verstößt. Ein Grundwertekodex, das sag ich noch mal, der nicht mal ein Jahr alt ist.

Und wenn man sich dann als BVB da hinstellt und sich diesen Grundwertekodex gibt und sich den eigentlich auch auf die Fahnen schreibt, man hat den schön – also das ist ja fast ideal gelaufen damals, wenn man den zusammen mit Fans ausgearbeitet hat, mit Mitgliedern, der wurde beschlossen, das war ja nichts, was man sich einfach so PR-mäßig ausgedacht hat, sondern das war wirkliche Basisarbeit beim BVB, die dazu geführt hat, dass es diesen Grundwertekodex gibt. Aber wenn ich den Grundwertekodex bei der ersten Probe direkt missachte, dann ist es halt nur noch PR. Dann hat das nichts mit Werten zu tun. Dann lebe ich die Werte nicht. Und ich möchte an der Stelle noch mal kurz ergänzen, die Abteilung Corporate Social Responsibility beim BVB macht großartige Arbeit.

Denen wird jetzt am meisten in den Arsch getreten durch solche Aktionen, weil die sich supertolle Aktionen regelmäßig ausdenken, mit denen der BVB eigentlich – und das ist das entscheidende Wort an der Stelle – eigentlich eine sehr tolle, weltoffene, progressive Haltung vertritt. Aber diese Haltung ist halt dann keine Haltung mehr, wenn du sie auf die Probe stellst und sie dann nicht einhältst.

Jannik:

Ja, das ist einfach so. Dem könnte man eigentlich gar nicht viel hinzufügen. Man hat eigentlich jetzt im Grunde mit dem zweiten, wenn man Benzer bei Ihnen mal außen vor lässt, also, oder mit Bezählt dann viel mehr, dann hat man die ganze Geschichte, den ganzen Grundwertekodex mit dem Arsch wieder eingerissen. Denn sich wirklich Fans, die wirklich viel Blut und Schweiß und Tränen und was weiß ich da reingesteckt haben, also wirklich viele haben sich ja auch aktiv beteiligt. Entweder haben sie es selber mitformuliert, sie haben mit abgestimmt, sie haben sich den vorher im Vorhinein angeschaut, Verbesserungsvorschläge eingereicht.

Das war ja ideal, wie du sagst, also fast ideal. Ich fand es schon mit das Optimalste, wie man eigentlich so eine Geschichte machen kann. Es war von der Basis, es war von allen Mitgliedern im Grunde bei der Mitgliederversammlung dann abgenickt, fertig. Und das dann so komplett zu ignorieren und diesen ganzen Bohai so ad absurdum zu führen und im Grunde dieses Bild abzugeben, was ja genau wie du gesagt hast, was den entsprechenden Abteilungen im Haus BVB auf die Füße fällt, die die Scherben jetzt wieder zusammenfegen dürfen,

weil man einfach meinte, man müsste jetzt irgendwie das Spörtliche über die Werte setzen. Und es ist ja jetzt nicht so, dass der Matcher 16 ist. Oh ja, das ist auch ein wunderschönes Argument immer. Der ist jung. Mit 16 macht man ja die Dummheit. Ja, okay, klar. Erstmal mit 16 weiß ich nicht, ob man da christlich-fundamentalistische Sachen teilt. Auf der anderen Seite ist der Junge 22, das ist ja kein Junge mehr, sondern deswegen ist er ein Mann.

Ein volljähriger Mann, seit vier Jahren ist der volljährig, der ist voll verantwortlich für sein Handeln. Der darf alles machen und sich dann hinzustellen und zu sagen, ja, der Junge ist 22, das ist so ein kleiner, oder was da auch gesprochen wurde von, wir gehen jetzt so langsam zu den Gegenargumenten und zu der Gegenseite, weil die gibt es auch tatsächlich beim BVB und zwar nicht zu wenig. Mein Eindruck auf Twitter war, dass das eine 50-50-Geschichte ist. Ich habe aber, wenn ich darüber nachdenke, da sind auch, glaube ich, das wird, ich glaube, letztlich werden die Verteidiger des Matcher in der Überzahl sein, bin ich felsenfest von überzeugt, weil ich glaube, ganz vielen geht es im Zweifel eher um den sportlichen Erfolg des Vereins und die sind in der Regel auch nicht betroffen und deswegen spielt das für die in der Lebensrealität ja auch keine so große Rolle.

Und die sind ja dann oft auch eher genervt von der ganzen Thematik. Und die sagen dann, der Junge ist erst 22, das war ein Jugendfehler oder der hat einen Fehler gemacht und so weiter. Ja, um das Argument mal zu entkräften, ja, wenn wir in der Situation von einem Fehler sprechen, dann muss der Matcher das aber auch als Fehler anerkennen und sich entschuldigen, was nicht passiert ist. Er hat sich eher gerechtfertigt.

Wenn wir einmal kurz den Sprung wagen zum Veröffentlichungs- oder Verkündigungsvideo des BVB, wo er davon spricht, dass die Sachen aus dem Kontext gerissen wurden. Das ist eine Farce. Er hat, da war kein Kontext. Er hat auf seinem Instagram-Account zwei Beiträge von christlich-fundamentalistischer Seite gepostet, die trans- und homofeindlich sind.

Jens:

War es, was du meinst, die man als trans- oder homofeindlich interpretieren könnte, Herr Dr. Lunow?

Jannik:

Ja, ich schätze den Herrn Lunow auch sehr. Aber das war auch ein Shit-Take einfach. Das war ein Shit-Take. Und ich glaube, dass es ganz, ganz viele Borussinnen und Borussen gibt, die sicher keine bösen Menschen sind und die sich, glaube ich, auch als gute Menschen verstehen. Die dann letztlich aber das Sportliche über diese Kleinigkeiten stellen. Für die sind das dann Kleinigkeiten. Und die verstehen nicht, was das für eine Tragweite haben kann.

Weil, wenn wir jetzt gerade bei der Gegenseite sind, die Art und Weise, wie teilweise auf Autorinnen und Autoren unserer Seite oder auch generell über Menschen, die sensibilisieren, gesprochen wurde, in den Kommentaren, auf Facebook, auf Twitter, das hat kein Niveau mehr, mit dem sich Borussia Dortmund identifizieren sollte. Weil das war unter der Gültelinie in vielen, vielen Bereichen. Ich glaube, unsere Blacklist oder Blocklist bei Twitter und Facebook hat sich nochmal um einige Namen erweitert. Und wir hatten echt, glaube ich, einige Hände voll zu tun, da den Überblick zu behalten.

Weil wir kamen überhaupt nicht hinterher, wie welche menschenverachtenden Aussagen da in die Richtung kamen, die der BVB im Grunde angelockt hat.

Jens:

Ja, sagen wir, um dem BVB da jetzt nicht zu viel Schuld zuzuschieben, aber er legitimiert sowas halt ein Stück weit. Er hat es nicht aktiv befeuert oder sowas, aber er hat es halt auch hart relativiert in allem, was passiert ist. Und was du gerade richtig angesprochen hast, von Felix Metscher kam nicht ein Wort der Entschuldigung. Nicht eins. Da kam kein, oh es tut mir leid, ich habe einen Fehler gemacht. Nein, es kam nur Relativierung.

Und das ist halt einfach scheiße. Und, oh, nee, mir schwillt der Kamm, wenn ich darüber nachdenke. Ich habe ja dadurch, dass ich Twitter nicht mehr als schreibender Nutzer derzeit, und das wird sich wahrscheinlich auch nicht mehr ändern, doch nichts dazu gesagt, öffentlich oder wie auch immer. Und auch in anderen Kreisen habe ich mich relativ bedeckt gehalten, weil ich mir keine abschließende Meinung gebildet habe. Aber mein Problem, und das möchte ich kurz nochmal zusammenfassen, um einem weiteren Kontraargument, Argument in sehr großen Anführungsstrichen an der Stelle, entgegenzuwirken.

Mein Problem ist nicht Felix, oh Gott, ich kann nicht mehr sprechen, ich bin schon so aufgeregt, ist nicht Felix Metscher, der ist mir relativ egal. Mein Problem ist das Verhalten von Borussia Dortmund. Mein Problem ist, was der BVB gemacht hat. Weil ich bin nicht enttäuscht davon, dass irgendein Spieler da draußen Werte vertritt, die ich nicht vertrete. Das haben wir eben darüber gesprochen, wird es bergauf, bergab gehen. Und das ist auch okay, ein Stück weit.

Ja, ich muss damit leben, ich finde das bei einigen Werten ja auch vollkommen legitim, bei anderen finde ich es halt menschenverachtend und die fände ich halt nicht so geil und da würde ich mir wünschen, dass der BVB solche Spieler nicht verpflichtet, aber solange sie ihre Bühne halt nicht nutzen, um das zu propagieren und zu missionieren, ist es für mich in Ordnung. Aber da bin ich halt enttäuscht vom BVB und das ist dann, jetzt habe ich das Gegenargument vergessen, was ich bringen wollte, verdammt. Naja, wie dem auch sei, du hast schon sehr gut gesagt, der BVB legitimiert sowas halt und wir sehen es in den Kommentarspalten, wir sehen es bei Facebook, bei Twitter, überall.

Und das sind einfach die Geister, die der BVB damit rief, obwohl der BVB sich ja echt in den letzten Jahren sehr gut und sehr aktiv gegen solche Strömungen positioniert hat und dann reißt du es ja halt einfach mit so einem Arsch wieder ein.

Jannik:

Und es stellt den BVB jetzt auch PR-mäßig in natürlich absolut furchtbares Licht, denn die Geschichte, die der BVB mit diesem Transfer erzählt ist, wir stellen sportlichen Erfolg über unsere Werte und damit begibt man sich auf ein Niveau von, da ist man dann, ich möchte es jetzt mal einfach einmal überspitzt sagen, da begibt man sich, oder man ist auf dem Weg in Richtung PSG. Man ist auf dem Weg in Richtung anderer Fußballclubs, die, ich weiß nicht, ob ich das sagen darf, ich sag aber, die Scheiß darauf geben und sich mit Farben und Regenbogen und so schmücken, aber dann im Hintenrum Geld von Katar und so weiter kriegen und es ist nicht vielleicht vom Level her gleich, aber die Idee oder das Verhaltensmuster ist ähnlich.

Ich stelle den sportlichen Erfolg, Fenix Nmedje wird ein guter Spieler sein, die werden den sportlich gut gescoutet haben, Edin Terzic soll sehr überzeugt von ihm sein.

Jens:

Gut war er auch von Anthony Modeste.

Jannik:

Ja, okay, anderes Thema, andere Wunde. Und man stellt diesen sportlichen Erfolg einfach über den Wertekodex, den man vor einem, nicht mal einem fucking Jahr abgeschlossen hat und sagt, ja, ist uns jetzt auch irgendwie egal, wenn es letztlich Erfolg bringt, dann ist es halt uns, und das ist auch einfach eine Geschichte, die da erzählt wird, also es muss ja nicht mal unbedingt stimmen, dass der BVB zukünftig auch so agiert.

Es kann jetzt sein, dass das ein Ausrutscher, ganz großen Antwort.

Jens:

Es ist kein Ausrutscher mehr, wenn du so massiven Gegenwind bekommst und es trotzdem machst.

Jannik:

Ja, ich weiß nicht, ob man sich da nicht auch irgendwie vielleicht dann irgendwann mal verrannt hat, aber dass man in den Gesprächen schon so fortgeschritten war und man hat den Jungen kennengelernt, also jetzt sage ich auch schon Jungen, Jungen Mann, kennengelernt und der hat vielleicht auch...

Jens:

Das ist ein guter Junge, die Aki Watzke zusammenschlägt.

Jannik:

Das ist ein normaler Junge. Ja, normal, genau. Der ab und zu mal christlich-fundamentalistische Postings geteilt hat. Nein, also, und es ist halt einfach, ich finde es einfach in allen Bereichen unglücklich und dann kostet der Typ auch noch 30 Millionen und ich glaube, dass der, also ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn wir jetzt mal ein bisschen schauen wollen.

Jens:

Mir ist gerade noch das Argument eingefallen, oder Argument in sehr großen Anführungsstrichen. Hol mal raus. Und zwar, dass ja alle, die den Transfer kritisieren, eigentlich nur intolerant sind und Felix und Medchak canceln wollen. Das ist mein absoluter Lieblings-Shittake, wie du eben so schön gesagt hast. Cancel culture. Genau, wir sind die, die ihn canceln wollen, ja, weil er derjenige ist, der diskriminierende Inhalte repostet und dazu kann ich halt nochmal sagen, mir und ich glaube, das geht sehr vielen, auch Autorinnen und Autoren bei schwatzgelb.de so.

Wir wollen nicht die Karriere von Felix Medchak beenden. Der soll gerne irgendwo Fußball spielen, aber halt nicht in unserem Verein. Weil sind wir mal so ehrlich, ich habe jetzt seit 20 Jahren eine Dauerkarte, tatsächlich seit 20 Jahren eine Dauerkarte, ich habe so viele Spieler kommen und gehen sehen. Und Felix Medchak wird einer davon sein. Wenn es doof läuft, oder gut, je nachdem, welche Position man da jetzt vertritt, ist das einer, an den ich mich in drei Jahren schon nicht mehr erinnere.

Oder es ist einer, der zehn Jahre hier bleibt und eine Ära prägt, keine Ahnung. Aber wie gesagt, ich habe so viele Spieler kommen und gehen sehen, ich kann dir nicht mal mehr alle mit Namen aufzählen. Der ist mir scheißegal. Was bleibt, ist Borussia Dortmund und wer bleibt, bin ich. Ja, es ist mein Verein. So doof das klingt, es ist auch dein Verein natürlich und unser aller Verein.

Also ich wollte jetzt hier nicht singulären Besitzanspruch anmelden, aber ich werde hier jetzt nicht morgen Fan von Union Berlin, weil die so sympathisch sind oder so, sondern ich bin ja emotional an diesen Verein gebunden. Und dementsprechend geht es mir nicht um Felix Medchak. Der ist mir scheißegal. Mir geht es darum, was dieser Verein falsch macht.

Ja, und ich will den nicht canceln und zum Thema Intoleranz und Toleranz und so mag ich jedem, der es noch nicht gehört oder gelesen hat, an der Stelle nochmal das Toleranzparadoxon ans Herz legen. Denn wenn tolerante Menschen Intoleranz tolerieren, wird das mittelfristig dazu führen, dass die Intoleranz größer wird, weil die intoleranten Menschen sich dann halt durchsetzen, wenn man ihnen nicht an irgendeiner Stelle die Stirn bietet.

Das heißt, Intoleranz ist das Einzige, was nicht toleriert werden sollte. Und insofern, ja, habe ich da ein großes Problem mit und nein, niemand hetzt. Niemand hetzt gegen Felix Medchak. Ich habe nicht ein abfälliges, also wirklich, ich habe viele Kommentare zu dem Thema gelesen und viele Artikel bei Schottsgabe.de und da ist auch nichts, das in irgendeiner Form menschlich argumentativ unter die Gürtellinie geht gegenüber Felix Medchak.

Außer, dass man halt ihn an seinen Taten misst. Und das hast du eben richtig formuliert, der ist nicht 16, der ist nicht 14, der ist 22. Dieses Take, der hat einen Fehler gemacht, zählt nicht und selbst wenn man es gelten lassen wollen würde, dann müsste dieser Fehler auch mit entsprechenden Konsequenzen leben. Ich meine, ich kann ja auch nicht jemanden überfahren und dann sagen, oh sorry, ich war betrunken, ich habe einen Fehler gemacht, sperrt mich nicht in den Knast.

Doch, auch Fehler haben Konsequenzen. Und er müsste Reue zeigen, tut er auch nicht.

Jannik:

Ja. Und was ja auch, und da sind wir jetzt nochmal beim Grundwertekodex, das macht es sogar noch bescheuerter. Man könnte ja sagen, du hast gesagt, das ist mein Verein, für den stehe ich ein und dem fühle ich mich zugehörig. Das behaupten ja alle im Grunde erstmal irgendwo von sich, alle Fans würden dem ja erstmal zustimmen.

Und da gibt es natürlich jetzt auch welche, die sagen, der Jens, der ist so woke, 99% der Fans sind gar nicht so. Die finden das alles gar nicht so schlimm und so, ja aber warum haben wir denn den Grundwertekodex abgeschlossen? Der wurde mit einer überragenden Mehrheit auf der Mitgliederversammlung abgeschlossen.

Das heißt, die absolute Mehrheit der Fußballfans von Borussia Dortmund hat sich für die Werte ausgesprochen.

Jens:

Oder zumindest die absolute Mehrheit derer, die dem BVB so nahe stehen, dass sie Vereinsmitglieder sind.

Jannik:

Ja, natürlich, das ist natürlich vorausgesetzt, logischerweise. Aber Vereinsmitglied kann jeder werden. Der es sich leisten kann, ja. Ja, es kostet Geld, logisch. Und ich glaube, finanziell sind die meisten da nicht daran gehindert. Aber gehen wir jetzt mal davon aus, dass wir als Vereinsmitglieder, ja nun mal, uns als Vereinsmitglieder gehört der Verein.

So, das ist ja die Idee. Und wir haben uns dafür entschieden, dass Diskriminierung von Sexualität oder geschlechtlicher Identität, dass wir die Diskriminierung davon nicht geil finden. So, dafür haben wir uns entschieden. Der Verein hat sich dazu entschieden. Und dann handelt er nicht danach.

Und dann bin ich einfach, dann bin ich einfach, dann resigniert man da noch irgendwann. Also, was sollen wir denn noch machen, um solcher Entwicklungen entgegenzutreten? Also, wenn der Verein dann doch am Ende wieder den sportlichen Erfolg über das stellt, was wir als Fans uns gesellschaftlich bei unserer Fanarbeit auch denken,

dann kann ich es auch gleich lassen. Dann muss ich keinen Wertekodex abschließen, außer dass ich dafür mal Applaus von den Ruhennachrichten kriege oder so. Also, das ist doch, also das stört mich einfach daran. Und ich bin, also ich fühle mich einfach in der Angelegenheit, da fühlt man sich irgendwie machtlos und auch irgendwie verarscht.

Verraten, ja, klar. Also, das ist ein bisschen das, was ich fühle. Also, total verarscht. Und dann verstehe ich auch, da bin ich auch ehrlich, da bin ich sehr enttäuscht von Edi Terzic, den ich als Menschen nicht kenne. Ich kenne ihn persönlich überhaupt nicht, habe ihn noch nie kennengelernt. Aber ich nehme ihn eigentlich als einen sehr, sehr empathischen Menschen wahr.

Das hat er auch bei der verlorenen Meisterschaft und auch in vorherigen Situationen immer wieder unter Beweis gestellt. Er trägt das Nordstadtliga-T-Shirt, was Jens gerade schon angesprochen hatte, bei Öfter, bei Pressekonferenzen. Er ist, glaube ich, echt ein guter Kerl.

Und den hat man einfach gar nicht dazu gehört. Und was man wohl gelesen hat, war er einer der größten Verfechter dieses Transfers. Und da muss ich auch sagen, da hatte ich eigentlich mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass man ausgerechnet von dem Trainer, der einem eigentlich als Borussia durch und durch verkauft wird,

was er mit Sicherheit ist, aber dass er dann da so blind auf den sportlichen Erfolg schaut. Wie heißt dieses Meme? Ich bin menschlich enttäuscht.

Jens:

Ich kann es ja aus der Jobposition und ich kann es ein Stück weit verstehen aus der Warte. Das ist halt sein Job. Und sein Job hängt auch daran, ob Borussia Dortmund sportlich erfolgreich ist. Und er möchte sicherlich, und das ist ja auch etwas, was wir alle an ihm schätzen und lieben, dass der BVB sportlich möglichst erfolgreich ist.

Und da kommen wir jetzt tatsächlich mal an die Gretchenfrage, die wir uns stellen müssten. Bis zu welchem Grad wollen wir und können wir denn Werte und sportlichen Erfolg in Einklang bringen? Und wir haben jetzt leicht reden, zu sagen, wenn es nach mir geht, immer Werte, größer Erfolg, dann gehe ich halt mit in die zweite, dritte, vierte Liga. Aber da hängen auch Jobs dran und so weiter.

Also ich will jetzt nicht den Anwalt des Teufels spielen, aber ich will nur noch mal diese Position aufzeigen, die es ja auch gibt und die ein Stück weit auch legitim ist, die ich für falsch halte. Weil für mich, wie gesagt, wenn ich mir einen Grundwertekodex gebe und den haben die Mitglieder gemeinsam beschlossen, dann muss ich danach handeln oder es ist PR.

Und der BVB hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass dieses Ding alles leider nur PR geworden ist. Aber dann kannst du es dir auch sparen. Dann scheiß doch auf die Regenbogen-Eckfahnen beim nächsten Mal und so was, weil offensichtlich lebt man das nicht. Aber ja.

Jannik:

Ich glaube nämlich auch, dass man durch diese LGBTQ-Aktion, die der BVB startet, letztlich auch keinen Fan mehr gewinnt oder verliert. Bin ich auch ganz ehrlich.

Jens:

Ach, verliert vielleicht schon. Ich meine, man kennt ja diese wunderschönen Unfollow und ich folge euch jetzt nicht mehr, wenn ihr weiter Regenbogen-Fahnen-Dinge postet. Ne, aber solche Leute holst du ja gerade zurück. Die freuen sich, dass endlich mal jemand kommt, der sagt, was er denkt. Dass sie dagegen schwirrteln. Ja Gott ey.

Jannik:

Ja, genau. Ich bin auch da voll bei dir und ich sehe den Frust auch total. Und ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, ich hatte auch so semi-Bock auf die Folge, aber ich dachte, einer muss es ja machen. Und dann habe ich gesagt, komm, haben wir uns jetzt geopfert. Ich bin komplett genervt, jetzt schon. Und mit dem Gefühl, ich weiß nicht, wie sich das jetzt noch bis Saisonstart verbessern soll, aber mit diesem Gefühl gehe ich jetzt im Moment in die Saison.

Weil man eigentlich das Gefühl hatte, beim BVB wächst was zusammen, Fans kommen sich wieder näher. Und der BVB hat mit diesem Transfer die Gräben zwischen den Fans wieder vertieft.

Jens:

Ich fürchte, das hast du ja eben schon gesagt, nicht zwischen den Fans, aber zwischen sehr, sehr leidenschaftlichen und sehr, sehr Fans, die halt auch das Vereinsleben ausmachen beim BVB. Weißt du, also ich glaube, die Facebook-Fans, denen ist das halt wirklich egal. Und da wird Aki Watzke, so leid es mir tut, recht haben, wenn er sagt, dass es die meisten nicht interessiert. Und das ist halt das Problem bei dem Problembewusstsein. Dass es halt aus der Mehrheitsperspektive gedacht wird und nicht aus der Minderheitsperspektive und nicht aus der Perspektive derer, die betroffen sind oder Schutz bedürfen.

Ja, du müsstest diese Situation halt bedenken aus der Perspektive von den Leuten, die aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität tagtäglich Diskriminierung erleben und nicht aus der Position von, hey, ich bin Aki Watzke, ich bin weißer Cis-Dude, mir ist alles scheißegal, weil ich erlebe keine Diskriminierung in meinem Leben. Das ist das Problem. Und da müsste der BVB halt eigentlich besser sein. Und das würde ich mir wünschen. Und das ist eigentlich auch etwas, was ich aufgrund dieses Grundwertekodex ein bisschen erwartet habe, dass der BVB sich vor die Minderheiten stellt und nicht sagt, ja, Minderheitenschutz schön und gut, aber hier ist gerade halt so ein Fußballspieler, den wir ganz geil finden, also nehmen wir den, weil der sportliche Erfolg, denk doch mal an die Arbeitsplätze und so.

Jannik:

Ja, also es ist einfach schon so, also was ich damit sagen wollte, dass die Gräben vertieft wurden. Der BVB hat in dem Handeln hat der vermeintlich schon längst ausgetretene Feuer wieder entfacht. Einfach. Wir diskutieren wieder darüber, ob Transphobie oder Homophobie eine legitime Meinung sind. Und der BVB sagt es zwar nicht, er sagt, dass es das nicht ist, aber er verpflichtet einen Spieler, der diese Feier vertritt und sich für diese Werte nicht entschuldigt hat, wie du ja sagtest.

Jens:

In privaten Gesprächen hat er ja gesagt, dass er oder hat er gezeigt, dass das nicht ist, weil ich meine, wer kennt das nicht? Ich meine, wer von uns war noch nie bei einem Bewerbungsgespräch, wo es um einen Vertrag über mehrere Millionen Euro im Jahr geht und hat offen gesagt, ja, natürlich habe ich ein Problem damit, wenn jemand schwul ist. Jeder von uns macht das doch. Also klar, niemand von uns würde an der Stelle jetzt auch vielleicht dann nicht ganz die Wahrheit sagen, weil es um sehr viel Geld geht. Nein, nein, nein, nein. Ich glaube dem auch, dass der das nicht so meint.

Jannik:

Das Ding ist halt, er hat nach diesen Postings ja relativ zeitnah, und da war mir schon klar, der Junge steht in engen Kontakt mit dem BVB, diese Nonpology auf Instagram gepostet, wo er sagt, er liebt alle Menschen, egal welcher Herkunft, welcher Sexualität. Und das spreche ich ihm nicht mal ab. Das Ding ist nur, wie gehe ich mit den Menschen um, die ich vermeintlich liebe? Ich glaube, er ist nicht die Kategorie, dass Transphobe oder, Verzeihung, dass Transmenschen oder homosexuelle Menschen auf den Scheiterhaufen gehören. Ich glaube, er gehört zu der Kategorie, die meinen, diese Menschen müsste man heilen, diese Menschen müsste man helfen. Und das möchte ich auch nochmal betonen, das ist genauso wenig legitim wie Ersteres.

Ersteres ist vielleicht in der Konsequenz viel radikaler, aber das Zweite ist einfach viel subversiver. Es erhöht sogar die Person, die diese Meinung vertritt, im Sinne von, man rechtfertigt sich, man möchte helfen, man möchte diese Menschen heilen und so. Aber es ist letztlich genau das Gleiche wie im ersten Fall. Ich diskriminiere eine Person, ich spreche ihr die Gesundheit ab in dem Fall. Identität.

...heilen will, wenn ich gar irgendwie doch anders mit denen umgehen möchte. Die können nicht einfach sagen, okay, ich beschäftige mich jetzt einfach nicht mehr, weil sie tagtäglich mit ihr, sich und ihrer Identität konfrontiert sind. Und es gibt sicher viele Menschen da draußen, die echt Schwierigkeiten haben, damit mit sich und ihrer Identität klar zu kommen. Und wenn man dann noch, die sich nicht mal mehr auf den Verein verlassen kann, in dem man vielleicht Halt findet. Ich möchte jetzt nicht zu moralisch werden, aber ich glaube, es gibt viele Menschen, denen gibt der BVB auch Halt.

Und die Rainbow-Borussen sind auch ein gutes Beispiel dafür, dass Homosexualität und BVB sehr gut zusammenpassen. Oder jetzt auch nicht nur Homosexualität, sondern alle anderen Identitäten, also Sexualität, ihr wisst schon, auch. Und ich glaube, dass das viele Menschen, gerade eben angesprochene Minderheiten, extrem getroffen hat. Und der BVB verliert vielleicht nicht viele Fans, aber vielleicht verliert er gerade sehr engagierte Fans und sehr leidenschaftliche Fans.

Jens:

Verliert vor allem Fans, die die Werte dieses Vereins vertreten. Oder das, was wir für die Werte gehalten haben, vertreten. Ja, es ist ein diffiziles Thema, weil ich zum Beispiel, ich habe jetzt für mich auch noch keine Entscheidung getroffen, wie ich damit dann umgehen werde. Ganz, ganz, Tito. Das sind halt noch so Dinge. Also A, wie gehen wir jetzt damit um? Ich weiß es für mich noch nicht. Keine Ahnung, ob ich schon so abgestumpft bin aufgrund des hyperkapitalistischen Fußballsystems, dass es mir dann im Endeffekt eh egal ist, weil ich nur noch wegen meiner Freunde und der Sportart Fußball ins Stadion gehe.

Oder ob ich ja dann vielleicht doch Konsequenzen ziehe und meine Dauerkarten dann einfach nicht wahrnehme und sie an meinen Neffen gebe. Wobei, der ist politisch so stabil, der wird dann wahrscheinlich auch nicht hingehen. Keine Ahnung. Und ich weiß auch ehrlicherweise nicht, wie der BVB es hätte machen sollen. Weil ja, sie haben jetzt natürlich versucht, die PR-Maschine auf die bekannt schlechte Art und Weise anzuwerfen mit wirklich nichtssagenden Phrasen und selbst Dr. Luno hat zusammen mit Aki Watzke ein persönliches Gespräch geführt und hat sich dann davon überzeugen lassen, dass Felix Metscher an der Stelle augenscheinlich kein homophobes Arschloch ist.

Keine Ahnung, weiß ich nicht. Vielleicht hätte man Felix Metscher mal mit Betroffenen zusammenbringen sollen, dass er das mal kennenlernt, dass er sich da auch bei denen aufrichtig entschuldigen kann oder um Entschuldigung bitten kann, dass es da wirklich auch Einsicht gibt. Hat der BVB ja auch nicht gezeigt.

Jannik:

Wobei wir sagen können, das wären Schritte in Richtung Rehabilitierung, wenn wir jetzt davon sprechen.

Jens:

Ja, aber die hätten vorher kommen müssen.

Jannik:

Ja, natürlich hätten sie vorher kommen müssen. Jetzt sind wir nur an dem Punkt, wenn wir jetzt mal überlegen, wie können wir, angenommen er ändert doch noch seine Meinung, was die Postings angeht und sieht sie wirklich als Fehler an. Was müsste er machen, um sich jetzt bei uns als Fans, was müsste er machen, damit du mit ihm als Spieler wenigstens, ihr müsst ja nicht Best Buddies sein, das muss nicht dein Lieblingsspieler werden, aber was müsste er machen, dass du ihn im Trikot des BVBs erträgst.

Jens:

Ertragen muss ich ihn so oder so. Akzeptieren muss ich ihn leider auch, akzeptieren ist der Punkt, der nicht stattfinden wird aktuell und ich kann dir nicht sagen, was er tun muss. Ich weiß es ehrlicherweise nicht, weil dafür hab sowohl Borussia Dortmund als auch Felix Metscher das Kind halt jedes mal, wenn es am Brunnenrand hing, wieder reingeschubst, statt es rauszuziehen. Also bei jeder Gelegenheit haben sie es schlimmer gemacht eigentlich und zwar jetzt nicht aktiv schlimmer gemacht, also hat jetzt nicht auch noch drei Posts hinterher geballert, wo er dann auch noch gegen weiß ich nicht was geschossen hat, aber bei jeder Gelegenheit, die sich geboten hätte, um in irgendeiner Form das Feuer zu löschen, haben sie noch zumindest ein bisschen Luftstoß drüber gekippt.

Nicht vielleicht, vielleicht kein Öl, aber gelöscht haben sie es auch nicht, indem sie halt nicht eingesehen haben, dass es ein Fehler war, indem sie so Sachen gesagt haben, wie jeder normale Fan hat ja kein Problem damit, danke Aki. Also in jeder Gelegenheit so unglücklich wie möglich verhalten und deshalb habe ich keine Ahnung, wie sie es jetzt retten wollen oder können, weil die Gelegenheit wäre da gewesen, sie hätten die Transferverkündung nutzen können, um ein räumütiges Video zu machen, sie hätten im Vorfeld Kontakt aufnehmen können zu Betroffenen, muss man einigen Vereinsvertretern jetzt dann auch nochmal zugute halten, dass sie das getan haben.

Das Ergebnis war halt nur leider nicht zufriedenstellend, zumindest aus unserer Perspektive muss man dazu sagen, ja das hätte halt vorher passieren müssen, das hätte alles, du kannst dich halt nicht hinstellen und sagen, also ich habe mit ihm gesprochen und mir gegenüber hat er nichts gegen Schwule gesagt, cool, danke.

Jannik:

Ich bin sein Chef oder sein zukünftiger Chef, also bei mir war er voll okay, ich weiß gar nicht, was ihr alle habt, genau, also genau, das ist eben das Problem, ich bin auch noch ein bisschen ratlos, mir fehlt auch die Fantasie, wie ich zu einer Akzeptanz kommen kann.

Jens:

Mir fehlt vor allem die Fantasie, dass etwas in die Richtung passiert, das ist ja doch das viel schlimmere Problem, also nicht nur, dass ich nicht wüsste, was er tun müsste, ich glaube auch einfach nicht, dass es passieren wird, ich glaube der BVB wird das jetzt aussitzen, wird hoffen, dass zukünftige Transfers das ganze Theater überdecken, und dann, wir haben es ja auch bei Mats Hummels oder Mario Götze erlebt, irgendwann ist es halt normal, dass der da ist, irgendwann ist es halt normal, dann gehört der dazu und, so doof es klingt, du jubelst dann auch über ein Tor, weil der BVB ein Tor erzielt und du in dem Moment nicht denkst, oh der hat das Tor.

Jannik:

Also wenn das Tor fällt, wie du sagst, dann schiebst Borussia Dortmund ein Tor und der Spieler ist mir dann in dem Moment egal und ich freue mich dann über das Tor, aber klar, es ist total beschissen und ja, wenn Felix Netscher wirklich ein guter Typ ist, dann stellt er sich jetzt auch den Fans einfach mal in irgendeiner Form Rede und Antwort, du sagst, das wird nicht passieren, das ist unmöglich,

Jens:

aber, dafür habe ich in den letzten Jahren zu viel Medienarbeit von Borussia Dortmund mitbekommen, als dass ich glauben würde, dass die das tun würden.

Jannik:

Ja, wobei so einen großen Scherbenhaufen, man weiß, ich will die Hoffnung auch nicht ganz aufgeben.

Jens:

Aus Sicht von den entscheidenden Personen ist der Scherbenhaufen wahrscheinlich gar nicht so groß, wie wir ihn jetzt wahrnehmen, weil es unser Scherbenhaufen ist, weißt du, es ist ja nicht der Scherbenhaufen von Aki Watzke, es ist unser Scherbenhaufen.

Jannik:

Der Wettekodex ist halt komplett hinüber an die Urne. Der war Aki Watzke, ja, ich mein gar nicht. Aber das wäre zum Beispiel eine Möglichkeit, wo ich sagen würde, wenn wir jetzt mal progressiv denken, ein bisschen nach vorne blicken, dass er sich wirklich auch Fans stellt und auch, er hat gesagt in seinem Vorstellungsvideo, das ist eine Phrase, er hat gesagt, er möchte, dass die Fans ihm eine Chance geben oder er möchte sich beweisen, irgendwie sowas hat er gesagt.

Und wenn er das wirklich ernst meint, was ich sowieso bezweifle, absolut, bin ich absolut dabei, aber wenn er das wirklich so meint, dann kommt er gerne auch von sich aus auf Fans zu. Das können die Rainbow-Burussen sein, das können wir sein, das können andere Medien sein. Nee, nee, nicht Medien, Fans. In irgendeiner Form. Ja, ja, ja, ich meinte Medien von Fans in irgendeiner Form.

Auch, was weiß ich, keine Ahnung, oder er trifft sich, er macht irgendwie einen Abend in einer Fan-Abteilung. Aber ich spinne rum. Das Ding ist, es wird wahrscheinlich nicht passieren, aber es wäre für mich ein Zeichen des guten Willens, wenn er sowas machen würde. Das wäre, um auch einmal diese Leute, die so sagen, ihr wisst ja so, ihr wollt ja gar nicht, dass der ankommt und ihr gebt ihm ja gar keine Chance und so, das wäre die Konsequenz.

Das müsste er aus meiner Sicht machen, damit ich ihm eine Chance geben kann. Er müsste auf die Fans zugehen von sich aus, er müsste aktiv, insbesondere die betroffenen Gruppen kontaktieren. Er müsste sagen, hier, wir können uns gerne treffen, wir machen ein Interview, was ihr wollt, wir können auch so. Also wirklich, wie du, ich bin da voll bei dir. Ich glaube nicht, dass das passiert. Ein Scheiß wird da passieren.

Aber das wäre das, wo auch immer, weil wie gesagt, alle immer so sagen, was soll er denn machen, was soll er denn machen, ja, das soll er machen. Und dann sage ich, okay, dann können wir mitarbeiten.

Jens:

Könnte sich erstmal öffentlich entschuldigen dafür, dass er rechtskontrolliert wurde.

Jannik:

Ja, das könnte er auch tun.

Jens:

Ne, das wäre für mich der erste Schritt. Und dann, ja, du hast ja recht, das wäre ein erster Schritt tatsächlich. Ich weiß nicht, ob der ausreicht. Das hängt ja dann auch davon ab, wie so ein Treffen verläuft und was er da sagt und wie er sich geht.

Jannik:

Genau, also das ist, nein, auf keinen Fall, also ich sage jetzt nicht, dass da eine Absolution erteilt wird in dem Moment. So, wenn er sich einmal getroffen hat, dann ist die Sache gut. Sondern es geht darum, dass er guten Willen zeigt, dass er jetzt sich auch auf die Fans zugeht. Also, das wäre mein Wunsch. Wir wissen beide, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das passieren wird. Du hast absolut recht, der BVB, der wird dich nicht da in die Richtung pushen.

Der wird nicht sagen, hier, willst du nicht mal lieber mal dich mit denen treffen irgendwie? Sondern der wird sagen, wir haben das bei Götze erlebt, der war nie am Ende großer Fanliebling. Aber der ist mitgelaufen. Die Fans haben irgendwann aufgehört zu pfeifen nach zwei, drei Spielen. Und dann hat sich die Sache im Grunde erledigt. Und der hat bei all den Quatschformaten auf YouTube und so mitgemacht, wie alle anderen auch.

Jens:

Ich glaube, die Fans werden bei den Matcher, das muss man dann auch so realistisch betrachten, auch nicht pfeifen, weil die Leute, denen man hier vor den Kopf stößt, halt A, die schützenswerten Minderheiten sind und B, nicht die aktive, organisierte Fanszene. Ich glaube, die haben da auch nicht das Gespür für, denen ist das auch überwiegend egal. Und ich glaube, das sind auch die Gespräche, die man geführt hat im Sinne von,

ey, yo, wenn wir den kaufen, pfeift ihr? Ne, alles klar, cool, dann können wir den kaufen. Aber man damit halt, wie gesagt, den Schwächsten, will ich fast sagen, und damit will ich nicht sagen, dass alle Menschen, die homosexuell oder transsexuell sind, schwach sind, aber die sind halt die, die, wir haben das beide jetzt schon mehrfach gesagt in dieser Folge, ihr ganzes Leben lang mit Diskriminierung leben müssen.

Die bei jedem Facebook-Post, ach, weiß ich nicht, egal, dass ich das erklären muss. Also dir muss ich es nicht erklären und ich hoffe, unseren Hörerinnen und Hörern und allem dazwischen und außenrum auch nicht. Aber dass man es Aki Watzke erklären müsste wahrscheinlich, ist halt nervig. Und das ist halt...

Jannik:

Letztlich, genau, ich wollte nur nochmal, weil das immer wieder gefordert wird, ja, was soll er denn machen, was soll er denn machen? Wollte ich nur nochmal eine Perspektive aufgeben, das wäre das, was man sich vielleicht als... Ich bin selbst nicht betroffen von der Diskriminierung, aber das wäre etwas, wo ich mir vorstellen könnte, da könnten die Fans mit arbeiten

und das würde mich zumindest milder stimmen. Und ich glaube auch nicht, dass der so toller vielleicht auch kickt, vielleicht ist es auch eine Graupe, keine Ahnung, ich habe es, wie gesagt, nicht verfolgt, so im Großen und Ganzen. So etwas würde mich milder stimmen, ich würde keine Lobeshymne in den Öffnen singen, aber ich würde sagen, okay, der gute Wille ist da, er ist auf die Fans zugegangen,

er bietet denen was an, damit kann man arbeiten. Das wird zu 95, 99 Prozent nicht passieren, aber nur um eben den Kritikern aus der Richtung eben den Wind aus den Segeln zu nehmen, dass wir ja gar keine Lösungsansätze liefern, wir meckern ja nur und wir sind ja gegen alles, weil wir sind ja schwarz-gelb.

Jens:

Das stimmt übrigens, schwatzgelb.de ist gegen alles. Nein, sind wir nicht, aber ich... gut, das Image haben wir halt weg und ich kann auch ein bisschen verstehen, woher das kommt.

Jannik:

Genau, und ich bin für Off-Fans zugehen und Fans eine Mitsprache oder ein Gespräch anbieten, dafür bin ich in dem Fall jetzt hier.

Jens:

Ein Kritikpunkt, der ja oft auch, also Kritikpunkt an der Kritik, war ja oft auch, man müsste dem Jungen doch mal eine Chance geben. Ja, aber auch so eine Chance muss man sich halt dann verdienen, erarbeiten und so weiter. Und wie gesagt, dafür müsste die Einsicht kommen, dass er was falsch gemacht hat, die wird nicht kommen, dafür müsste die Entschuldigung kommen, dafür, dass er was falsch gemacht hat, die wird nicht kommen. Und dann müsste er tatsächlich noch zusätzlich, wie du gerade gesagt hast,

auf Betroffene zugehen und denen dann vielleicht doch mal zuhören, warum sein Verhalten problematisch ist, weil das wird er auch nicht verstehen und so weiter und so weiter. Und dann, wenn all das passiert ist, dann wäre ich wahrscheinlich als Nicht-Betroffener auch in der Position zu sagen, ey, von mir aus gebe ich dem jetzt eine Chance. Der hat alles getan, was in seiner Macht steht, aber er hat bisher nichts getan, was in seiner Macht stand.

Jannik:

Genau. Außer, dass er gesagt hat, dass seine Sachen aus dem Kontext gerissen wurden.

Jens:

Ja, genau.

Jannik:

Das ist das Höchste der Gefühle, damit müssen wir jetzt arbeiten. Und mit dem Gefühl gehen wir jetzt quasi in die neue Saison. Und ich hoffe, wir haben euch und allen anderen da draußen viel Lust gemacht. Ja! Auf die neue Saison.

Jens:

Das ist wirklich, ja, es tut uns leid an der Stelle. Wir haben jetzt auch schon 20 Minuten länger geredet, als wir dem Thema eigentlich beimessen wollten, aber es hat uns ja dann doch ein bisschen ergriffen.

Jannik:

Es wird Zeit für einen Punkt bei Auf den Punkt.

Jens:

Ja, damit wir auch wirklich auf den Punkt bleiben. Ja, wir entlassen euch jetzt mit diesem Mix aus Gedanken, die alle ein bisschen unsortiert und auch vielleicht nicht ganz zu Ende gedacht waren, weil es halt Gedanken und Emotionen waren. Und ich glaube, Yannick hat eben einen Weg zu einer Lösung aufgezeigt, der vielleicht auch überhaupt nicht valide und funktional ist.

Yannick und ich sind jetzt wahrscheinlich auch einfach nicht in der Position, das zu bewerten. Das müssten halt Betroffene mal tun. Die müssten dann auch sagen, hey, yo, pass auf, das ist der Weg. So könnte es funktionieren und dann würden wir dem Spieler eine Chance geben. Bis dahin muss man sowohl Felix Metscher als auch vor allem Borussia Dortmund leider an dem messen, was sie tun und nicht an dem messen, was sie sagen.

Und da kann ich Enttäuschung in beide Richtungen absolut nachvollziehen. Und Enttäuschung ist wahrscheinlich sogar noch ein bisschen zu leicht formuliert. Ja, das war diese etwas ungewöhnliche Spielervorstellung. Ich bin mir sicher, wir werden das Thema leider mit in die neue Saison nehmen

und das wird sicherlich auch noch ein, zweimal zur Sprache kommen. Wir versuchen aber, den Fokus in den nächsten Ausgaben überwiegend aufs Sportliche zu richten. Und mit Vorfreude auf die neue Saison zu blicken, fällt zumindest mir und ich glaube, das habe ich gerade richtig verstanden, auch dir Yannick, gerade ziemlich schwer.

Vielleicht ändert sich das ja. Der erste Spieltag ist ja noch sechs Wochen hin. Wer weiß, wer weiß.

Jannik:

Pokal ist vorher, ne?

Jens:

Ja gut, Pokal sind fünf Wochen, glaube ich. Ja gut. Ja, bis dahin kommt die Vorfreude bestimmt, weil sich ja so viel an dieser Situation ändern wird. Warten wir mal ab. Borussia Dortmund, ich will nicht sagen, hat eine Chance, sondern ist in der Pflicht jetzt, dieses Problem irgendwie anzugehen und es nicht nur tot zu schweigen. Mir fehlt der Glaube, dass es passiert.

Jannik:

Da sind wir schon zwei.

Jens:

Und ich fürchte, alle, die uns zuhören, werden uns wahrscheinlich auch in überwältigender Mehrheit zustimmen.

Jannik:

Außer Aki hört gerade zu.

Jens:

Das wiederum glaube ich leider nicht. Ansonsten liebe Grüße Aki. Melde dich doch mal. Mach mal einen Podcast mit uns und dann reden wir mal über die wirklich wichtigen Themen. Und bei uns kannst du dich nicht so rausschlawinern. Verspreche ich dir.

Jannik:

Deswegen kommt da nichts los.

Jens:

Lieber Yannick, vielen Dank für deine Emotionen und dass du dich mit mir geopfert hast, dieses Thema dann doch mal öffentlich zu besprechen.

Jannik:

Sehr gerne. Danke für deine Zeit und danke fürs Zuhören.

Jens:

Danke fürs Zuhören an alle Hörerinnen, Hörer und alles dazwischen und außerhalb. Das war die 76. Ausgabe von Auf den Punkt, dem Kurzformat von Auf die Ohren, dem schwatzgelb.de-Podcast. Wenn ihr Feedback habt, meldet euch gerne an podcast.schwarz-gelb.de per E-Mail. Irgendwer liest bestimmt auch bei Twitter at Auf die Ohren. Ich bin's nicht. Und dann wünschen wir euch zumindest, bis es wirklich richtig losgeht,

noch eine schöne halbwegs Sommerpause beim BVB startet, die Sommervorbereitung jetzt dann. Und ich mach mir mal Gedanken, wie ich mit diesem ganzen Transfer umgehe, genauso wie ihr. Vielen Dank fürs Zuhören. Lest weiterhin schwatzgelb.de und her BVB.

Outro:

Die Zuhörerzahl, wie immer präsentiert von schwatzgelb.de dem Fanzine über Borussia Dortmund. Auf die Ohren bedankt sich bei 19.009 Zuhörern. Ausverkauft.

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