Im Gespräch mit...

...dem BVB (Teil 1): Was macht eigentlich das Borusseum?

19.09.2006, 00:00 Uhr von:  CHS Pini
...dem BVB (Teil 1): Was macht eigentlich das Borusseum?

Mit viel Tamtam wurde am 16.11.2005 das Projekt "Borusseum" der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Von einer Eröffnung noch vor der WM war sogar die Rede. Nach anfänglicher Euphorie war vom Borusseum nun lange nichts mehr zu hören. Auskunft über die Zukunft des BVB-Museums erteilen im Gespräch mit schwatzgelb.de Dr. Reinhard Rauball, Dr. Reinhold Lunow und Olaf Suplicki.

schwatzgelb.de: Herr Dr. Rauball, Herr Dr. Lunow, Herr Suplicki, nachdem das Projekt Borusseum öffentlich zunächst so euphorisch begonnen wurde, scheint es für Außenstehende nun so, als seien die Arbeiten am BVB-Museum eingeschlafen. Auf der BVB-Homepage wurde es das letztes Mal im Mai im Zusammenhang mit der Becher-Aktion der Fanabteilung erwähnt. Wie sieht es denn intern aus? Woran wird momentan gearbeitet?

Rauball: Das Projekt ist nicht eingeschlafen. Das Projekt war allerdings in zweierlei Hinsicht ehrgeizig. Zum einen, was die zeitliche Vorstellung anbelangt, und zum Zweiten, was die vorgestellten Kosten des Projektes anbelangt, unter Einschluss der Fortführungskosten. Es gibt nun einen Ausschuss, zu dem Herr Suplicki gehört, an dem Dr. Lunow seitens des Vorstandes teilnimmt, und zu dem noch einige andere gehören. Die sollen jeweils dort ihre Kompetenz einbringen. Es hat sich herausgestellt, dass wir da lernen müssen, nämlich dass ein Museum nicht so zu erstellen ist wie ein Büro, das man nur einrichtet, sondern dass in diesem Falle bestimmte Anforderungen vor allem baurechtlicher Art da sind. Und wenn es Anforderungen baurechtlicher Art gibt, dann ist das natürlich immer etwas, was Geld kostet. Die Kalkulation, die wir ursprünglich mal mit 400.000 - 450.000 Euro aufgrund des Zurufes von anderen Seiten ins Auge gefasst hatten, die sind nicht annähernd einzuhalten, wenn die Quadratmeterfläche von 900 beibehalten bleibt. Die Berechnungen, die ich kenne, liegen bei etwa 1.000 Euro pro Quadratmeter. Da kommen wir dann in einen Bereich, der finanziell nicht mehr darstellbar ist. Warum? Wir haben neben der Erblast in der KGaA - diese Zahlen kennen Sie alle und Sie haben ja auch Herrn Watzke kürzlich gesprochen - natürlich auch eine Erblast im eigenen Verein durch diesen unsäglichen Pre-IPO-Deal?

schwatzgelb.de: Durch den Aktiendeal?

Rauball: Ja, so kann man es eigentlich auch ausdrücken. Pre-IPO heißt: bevor es überhaupt zur Emission kam, ist das schon gemacht worden, und das führte ja in Verbindung mit der eingegangenen Rückkaufoption zu einer Darlehensbelastung des Vereines, die im Grunde genommen von den Mitgliedern des Vereines gar nicht mehr zu stemmen war. Durch den Verkauf von Aktien an Herrn Geske, der uns dort eine bestimmte Position abgenommen und bezahlt hat, haben wir die Verbindlichkeiten heruntergedrückt auf derzeit, hochgerechnet zum 30.9.2006, 3,3 Millionen. Vorher waren sie ja mal in der Größenordnung von 8 Millionen. Da sind wir jetzt runtergegangen, aber das heißt natürlich immer noch, dass wir Kapitaldienst gegenüber der kreditierenden Bank leisten müssen. Wir haben in dem Moment nur ein Mitgliedervolumen, das sich in etwa um 1.000 gesteigert hat. Wir sind nun wieder bei 25.000. Wir arbeiten auch daran, die Mitgliederzahl anzukurbeln, um Leute zu gewinnen, die nicht nur mit ihrem Herzen zu Borussia Dortmund stehen, sondern auch Leute zu gewinnen, die auch als Mitglied aktiv dem Verein zur Verfügung stehen. Durch dieses Aufkommen würde sich das ja wieder in einen Bereich entwickeln, in dem man überlegen kann, ob wir ein Kreditrisiko eingehen können. Soweit die Erklärung, warum es etwas ruhiger geworden ist. Das gilt aber nur extern, intern wird sehr intensiv daran gearbeitet. (zu Dr. Lunow) Du warst gerade noch im Museum unseres westlichen Nachbarn hier. Das kannst du gleich selbst beichten?

Ich habe drei Ansätze: Erstens wollen wir den Zeitdruck rausnehmen und sehen als Ziel die Hundertjahrfeier, also 2009. Da soll es und da muss das Borusseum auch stehen. Das Zweite ist: Das Projekt ist in der ehrgeizigen Form, in der wir es bislang betrachtet haben, nicht zu stemmen. Es gibt zwei Möglichkeiten, die ich beide parallel verfolge. Erstens: Ich habe Kontakt mit einem Kreditinstitut aufgenommen, um neben einem ordentlichen Fundus an Eigenkapital den Rest zu finanzieren und es dann über die Zeit zurückzuführen. Das setzt aber, um ehrlich zu sein, mehr voraus, als das, was dankenswerterweise durch viele Aktionen, die die Fanabteilung gemacht hat - wir haben das mit der RAG gemacht - vorhanden ist. Aktueller Stand: knapp unter 200.000 Euro. Das muss noch aufgestockt werden.

schwatzgelb.de: Welche Möglichkeiten sehen Sie dazu?

Rauball: Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wir veräußern noch einmal ein kleines Aktienpaket, was ich im Moment aber nicht möchte, um auch die Bedeutung des e.V. im Gesamtkonstrukt KGaA bedeutsam zu halten. Deswegen habe ich bereits mit Hans-Joachim Watzke ein Gespräch geführt, das ist die andere Möglichkeit, über die Frage, was kann man kreditieren? Ich bin im Gespräch mit einem Kreditinstitut, das mir in der nächsten Woche einen Vorschlag machen wird, inwieweit man das aufteilen kann: wie viel Prozent Eigenkapital, wie viel Prozent fremdfinanziert, über welche Laufzeit, wie lässt sich das machen. Dazu müssen wir aber noch ein bisschen Hausarbeit machen, was den Business-Plan anbelangt, also mit Einnahmemöglichkeiten, und was im Mitgliedervolumen machbar ist. Hans-Joachim Watzke und ich, wir sind uns beide vom Grundsatz her einig, dass ein Borusseum sowohl den e.V. als den Hüter der Tradition, als auch die KgaA angeht. Ich weiß, dass die Fanabteilung sehr gute Arbeit leistet. Ich weiß auch, dass sie manchmal im Feuer der Kritik steht, aber ich nehme sie da sehr in Schutz, weil sie sehr viel anschiebt, weil sie sehr viel bewegt, weil sie auch beim Borusseum der Motor gewesen ist und weil sie das Projekt weiter intensiv begleitet. Ich habe also mit Hans-Joachim Watzke darüber gesprochen, wie man dieses Projekt gemeinsam stemmt, was die entscheidende Frage der Finanzierbarkeit erleichtern würde. Da muss man aber gucken, erstens ob (da müssen auch noch andere gefragt werden), und zweitens, in welcher Form man dann zusammenfinden kann. Und drittens muss man da auch noch mal prüfen, ob es da steuerliche Hindernisse gibt. Das ist also die Konzeption, die wir in der Frage des Borusseums verfolgen.

schwatzgelb.de: Sie haben jetzt gesagt, dass sich ein paar Sachen ändern. Das heißt ja wahrscheinlich auch, dass sich das bislang präsentierte Konzept ändert.

Rauball: Die Leute, die hier an dem Projekt gearbeitet haben, haben alle gute Arbeit gemacht. Und ich muss auch sagen, dass ich sehr dankbar dafür bin, weil das, was geleistet worden ist, im überwiegenden Bereich kostenlos gemacht worden ist, weil man da mit Feuereifer dabei war, und mit Spaß und Freude, und weil man diese Idee unterstützen wollte. Deswegen bin ich weit weg davon, irgendjemanden zu kritisieren, sondern ich sage nur: Wenn andere Parameter nicht stimmen, wie die Finanzierbarkeit, dann muss man von dem Konzept, was andere schon entwickelt haben - und auch gut entwickelt haben nach unseren Annahmen, die wir am Anfang auch für richtig hielten -, dann muss man überlegen, ob man da Kompromisse eingeht.

Suplicki: Gerade zu Herrn Drahtler muss man sagen, der hat sich bei der Planung wirklich sehr intensiv eingebracht und sehr gute Arbeit geleistet hat. Dann sind Kosten auf den Tisch gekommen, die im Vorfeld bei der Planung noch gar nicht berücksichtigt werden konnten. Zum Beispiel, dass der Raum im Stadion, über den wir sprechen , ja ein Rohbau ist?

Rauball: Das sind Zusatzkosten, die in der Zukunft bei der Erstellung entstehen, nicht bei der Planung.

Suplicki: Wir haben durch den Kontakt von Reinhold Lunow zum Haus der Geschichte in Bonn ja auch viel dazu gelernt. Ich bin auch kein Museumsbauer, wir sind alle drei in dieser Runde keine Museumsbauer, und ich finde es sehr gut, wenn man sich auch außerhalb noch mal informiert: Wie entsteht denn so ein Museum? Was muss ich denn dabei beachten? Ich denke, wenn man hier die Verantwortung hat und für Borussia Dortmund so etwas machen möchte, dann muss man natürlich auch darüber nachdenken und sagen: Ich mache das hier nicht für einen "Wald- und Wiesenverein", sondern ich mache das für Borussia Dortmund. Das ist auch etwas, was über Zeiten hinaus bestehen kann. Das muss allen gefallen, und das muss vor allem die Tradition von Borussia Dortmund widerspiegeln. Da muss man sich schon die Mühe machen, sich vielleicht ein bisschen zurückzunehmen und zu sagen: Okay, lass uns mal lieber noch zwei Mal nachdenken, bevor wir einen Schritt falsch machen. Von daher ist es schon richtig gesagt, wir fahren das Projekt etwas zurück. Auf der anderen Seite gebe ich dem Präsidenten auch Recht, dass wir natürlich tollkühne Pläne aufgestellt haben. Wir haben gesagt: Im Juli machen wir auf, und das konnte eigentlich nicht funktionieren. Vielleicht haben wir auch als Fanabteilung den Verein ein bisschen überfahren im ersten Schritt und haben die Vorstellung gehabt, wir müssten hier die Tradition hochhalten. Aber wir waren ja auch noch gebeutelt durch die Historie der Tage, in denen das entstanden ist, und waren da vielleicht etwas voreilig, aber grundsätzlich?

Rauball: Gut, das haben wir dann ein bisschen korrigiert, und das ist ja auch nicht dramatisch, dass man da zeitlich zu ehrgeizig und vielleicht auch das Volumen unklar war. Man kann es auch keinem übel nehmen, dass da Dinge auf den Tisch gekommen sind, die man erst richtig einordnen konnte, nachdem der Fachmann sagte, das sei zwingend erforderlich.

Lunow: Ein anderer Ansatzpunkt ist auch, dass es schwierig ist, von der Gestaltung auf die Inhalte zu gehen. Stattdessen muss man sich erst klar werden über die Inhalte, und dann kann man sich überlegen, wie man die Gestaltung macht. Das war ja ein fertiges Konzept im Grunde genommen mit dem Zeittunnel, wo es dann schwierig wird, variabel zu bleiben. Das ist uns bei den Gesprächen im Haus der Geschichte in Bonn klar geworden, dass es keinen Sinn hat, diesen Weg zu gehen. Und über die Inhalte klar werden, ist auch nicht ganz einfach. Sicher, jeder sagt, BVB-Geschichte kann man überall nachlesen, und wenn man das wiederbringt, ist das wunderschön. Wenn man das aber in eine Museumswelt oder eine Objektwelt oder eine Installation bringt, ist dies bedeutend schwieriger. Und alleine dieser Weg bedeutet viel Zeit, und da wird jeder Pfad professionell sein müssen. Wie Olaf vorhin sagte: Wir haben mit der Museumswelt bislang ja gar nichts zu tun gehabt. Ich selbst sammele seit zehn Jahren, habe den ganzen Keller voll - zum Leidwesen meiner Frau -, und habe auch immer gesagt, in meiner Praxis nehme ich mal zwei Räume und dann mache ich mal so eine Ausstellung. Aber es ist ein Unterschied, ob man das für sich selbst macht oder ob man für so einen Verein verantwortlich ist, ein Museum zu konzipieren. Da wird halt jeden Tag klar, dass man, wenn man da professionell sein will, erst mal viele Informationen sammeln muss, viele Leute kennen lernen muss. Ich habe bestimmt 20 Museumsfachleute inzwischen gesprochen. Jeder hat was anderes zu erzählen, und jedes Mal muss man sich selbst korrigieren. Da sieht man, dass alleine von der Qualität her ein langer Zeitraum notwendig ist, abgesehen vom Finanziellen.

Rauball: Darf ich dich da mal einen kleinen Moment unterbrechen? Dass das Projekt ja doch sehr ehrgeizig auch intern angegangen wurde, zeigt sich ja dadurch, dass wir in unseren Akten einen Bauantrag haben, der vom 20. Dezember des letzten Jahres datiert. Der sollte unterschrieben und eingereicht werden. Das habe ich gestoppt und habe gesagt, das können wir erst tun, wenn uns der finanzielle Account hier deutlicher ist und wir auch wissen, wie wir nicht nur die erste Schüppe bezahlen können, sondern auch die letzte. Wir gehen kein weiteres Abenteuer mehr ein und haben ja auch Verantwortung gegenüber allen Mitgliedern. Deswegen haben wir diesen Bauantrag damals noch nicht unterschrieben.

schwatzgelb.de: Vorhin war die Rede von einem Ausschuss, der sich mit dem Borusseum befasst. Wer gehört denn außer Herrn Dr. Lunow und Herrn Suplicki diesem Ausschuss an?

Suplicki: Wichtig ist bei einem Museum von Borussia Dortmund, dass es Leute gibt, die sich mit der Geschichte des BVB beschäftigt haben. Wie zum Beispiel unser Fachmann Gerd Kolbe, der mit am Tisch ist und auch regelmäßig mit eingebunden wird. Der hat ja auch eine große Sammlung. Ich war noch vor vier Wochen bei ihm, und wir haben da in seinem Büro gestanden. Da waren alles alte Sachen, das war auch schon sehr schön, weil man merkte, dass die Geschichte dadurch lebt. Der hat Sachen, das habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Herr Drahtler ist natürlich auch weiterhin beratend dabei. Wir brauchen eine kompetente Beratung. Die haben wir erweitert um Herrn Schulze-Marmeling und Herrn Grabowsky.

Lunow: Das Haus der Geschichte hat angefangen mit Prof. Dr. Klaus Hildebrand, einem der führenden deutschen Historiker und gleichzeitig einem riesigen BVB-Fan. Der hat die Kontakte zum Haus der Geschichte geschaffen, dort gibt es Dr. Preißler, der ist Sammlungsdirektor, auch fußballorientiert. Dann gibt es Dr. Reichel, der ist Ausstellungsleiter. Diese Herren haben uns Kontakt zu Herrn Dr. Grabowsky vermittelt. Der arbeitet auch im Haus der Geschichte, wohnt aber in Dortmund. Er hat auch schon mehrere Ausstellungen gemacht, wenn auch nicht im Bereich Sport. Dr. Grabowsky hat sich auch schon mit der Fanabteilung getroffen und uns ein Konzept geschrieben. Dann hat uns von der Firma Facts & Fiction Stefan Paul geholfen. Das ist einer der Initiatoren des Deutschen Fußball Museums. Der kannte wiederum Herrn Fuchs und Herrn Trauthäuser. Die haben mehrere Heimatmuseen gemacht, die haben das Museum vom 1. FC Köln gemacht, die haben das Museum am Nürburgring gemacht. Dann habe ich hinzugenommen Herrn Schafsgang, das ist der Geschäftsführer vom Deutschen Sport- und Olympiamuseums in Köln. Die haben ein Museum, das sehr, sehr schön ist, das eine sehr schöne Installation hinsichtlich des Tors des Monats hat. Wenn man sich dort die Tore des Monats interaktiv ansehen will, dann kommen die auf einer riesigen Leinwand. Weiterhin gehört Herr Schulze-Marmeling dazu, mit dem stehe ich auch ständig in Kontakt. Herrn Kolbe haben wir schon aufgezählt. Dann von der Baubegleitung, also Projektbetreuung, haben wir Herrn Ansgar Wiesemann. Der ist Bauingenieur und macht Baumanagement. Und natürlich die Fanabteilung. Und vom BVB die Herren Kopetzky, Dr. Hockenjos und Ruben.

Rauball: Also wir haben den Kreis sehr weit gezogen, um die gesamte Kompetenz dabei zu haben.

Lunow: Wir haben eine Museumspädagogin, Frau Tötzler, dabei gehabt. Die macht die Borsigplatz-Führungen mit dem Hoesch-Museum zusammen. Das ist wichtig, damit man überhaupt mal jemanden kennen lernt aus dem Bereich Museumspädagogik, auch da gibt es eine eigene Ebene, die wir später entwickeln müssen.

Der zweite Teil des Interviews folgt morgen.

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