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Tatort Bundesliga - der 8. Spieltag: Revierderbys auf Bundesebene

15.10.2000, 13:00 Uhr von:  Sebi
Tatort Bundesliga - der 8. Spieltag: Revierderbys auf Bundesebene
Tatort Bundesliga

So lautet nach diesem Spieltag wohl das Motto der Bundesliga. Denn "Spitzenreiter, Spitzenreiter..." schallte es noch am Freitagabend durch das Westfalenstadion zu Dortmund. Leider währte die Tabellenführung aber nur für knapp 19 Stunden. Schon am Samstag-Nachmittag hörte man diese Rufe nämlich auf Schlacke.

Nach einem deutlichen und meinetwegen auch überzeugenden 4:0-Heimsieg gegen die Frankfurter Eintracht, die sich Auswärts jedoch erneut durch und durch abstiegsreif präsentierte. Zudem waren die Hessen schon zu Beginn der zweiten Hälfte nach einem Platzverweis für Gerd Wimmer personell dezimiert worden. Positiv war daran vielleicht einzig und allein die Tatsache, dass zumindest Andrea Möller sein erstes Bundesligator für Schlacke weiterhin versagt blieb.

Tor für den BVB gegen Freiburg durch Rückkehrer Jörg Heinrich

Der BVB begnügte sich mit einem 1:0-Heimsieg gegen Freiburg, der auch erst in der 83. Minute durch einen Treffer von Italien-Rückkehrer Jörg Heinrich unter Dach und Fach gebracht werden konnte. Allerdings hätte man den Freiburgern, die sich die gesamte zweite Hälfte nur hinten einigelten, mindestens so viele Treffer einschenken können wie auch die Schlacker den Frankfurtern. Man kann sich so und angesichts eines Torschussrekordes (40 an der Zahl) auch vorstellen wie viele Nerven dieses Spiel kostete. Hauptsächlich ist jedoch erst mal, dass der aufkommende Heimkomplex vorerst gestoppt werden konnte.

Weitere Highlights stellten sicherlich die Spiele in Bremen und Stuttgart dar. Dort wurden wieder Geschichten geschrieben, die nur der Fußball schreiben kann. 1:3 stand es aus Bremer Sicht gegen Daums Leverkusener. Etwas Hoffnung hatte man dann als Andy Herzog Minuten vor dem Schlusspfiff zum Elfmeter antrat. Doch Zuberbühler parierte und das Spiel schien endgültig gelaufen. Es schien aber eben nur so. Zuberbühler lenkte den Ball nämlich zur Ecke und diese köpfte Marco Bode wenige Sekunden später zum 2:3 ein. Schon in der Nachspielzeit passierte dann das nicht mehr für möglich gehaltene. Faustschlag Zuberbühler gegen Ernst, Elfmeter für Weder und Rot für den Leverkusener Torhüter! Ailton tritt an und tatsächlich: Es steht 3:3! Leverkusen verliert nicht nur zwei Punkte, sondern in letzter Minute auch seinen Torhüter. Ob das aber ein Nachteil sein muss, wird sich noch zeigen...

Ballflüsterer Ailton

In Stuttgart dagegen sagte Coach Ralf Rangnick einen 4:3-Sieg seiner Elf voraus. Angesichts der Standartergebnisse im Fußball von 1:1 oder 2:1, eine sehr mutige Voraussage. Doch fast hätte er sogar recht behalten. Wenn, ja wenn Balakov mit der Ausführung seines Freistoßes zum 4:3 nur ein paar Sekunden gewartet hätte. So blieb es bei einem spektakulären 3:3. Dabei konnte sich erneut der Ex-Borusse Sergej Barbarez als doppelter Torschütze auszeichnen. Mittlerweile schon zum dritten Mal in dieser Saison, wodurch er nun zum alleinigen Anführer der Torschützenliste aufgestiegen ist (7 Treffer).

In Cottbus fand ein Spiel der ganz besonderen Art statt. Der schier unbezwingbare und übermächtige FC Bayern musste beim absoluten Außenseiter Cottbus eine völlig überraschende Niederlage einstecken (0:1). Torschütze war Sebök und bescherte den Lausitzern damit ein Erfolgserlebnis, von dem wahrscheinlich noch nicht einmal die Berufsoptimisten unter ihnen zu träumen gewagt hatten. Dieses Ergebnis stellte mit Sicherheit die absolute Überraschung des Spieltags dar. Vielleicht neben dem sehr hoch ausgefallenen Sieg der Pfälzer bei den Sechzigern (4:0). Zu dem Spiel kann man sonst noch sagen, dass die Lauterer Macher doch noch drei Wochen mit dem Trainerwechsel hätten warten können. Eben bis nach dem Spiel im Westfalenstadion...

Ach da war doch noch was! Richtig, hätte ich doch mit der Schlammschlacht um Daum und Hoeneß fast ein Thema vergessen. Ob das an der mangelnden Beachtung in den Medien gelegen haben kann???

Schlag unter die Gürtellinie
Wie schlug es sich denn im Bundesliga-Alltag nieder? Vielleicht kann man es mit der Hilfe der Premiere-Übertragungen am besten deutlich machen. Schließlich ist ja mittlerweile jeder deutsche Haushalt mit einem Premiere-Decoder ausgestattet... Am Freitag bekamen die Abonnenten aus dem Westfalenstadion jedenfalls folgendes zu hören: "Sch*iß Uli Hoeneß, wir singen sch*iß Uli Hoeneß..." Zu lesen war LEIDER sogar dieses: "Todesstrafe für U. Hoeneß" Das musste nun wirklich nicht sein. Vor allem nicht im Westfalenstadion, dessen Ruf ohnehin in der letzten Zeit ganz schön gelitten hat. Andererseits zeigt es welche Meinung sich das (Fußball-)Volk in dem Fall gebildet hat. Weiter geht es mit dem Samstag und der Premiere-Konferenzschaltung. Erste Station ist Bremen. Und was hört der Premiere-Abonnent laut und deutlich aus dem Stadion in sein Wohnzimmer schallen? Richtig! "Sch*iß Uli Hoeneß, wir singen sch*iß Uli Hoeneß..." "Erfreut" hat es sicherlich vor allem Daum, der dort wie bekannt mit seinen Leverkusenern gastierte. Ebenso gut getan haben wird ihm der warme Applaus von den Bayer-Fans, aber auch der von den Bremer Fans (Ein Danke geht hier vor allem an Willi Lemke...). Mit einem weiteren Standortwechsel befinden wir uns in Cottbus. Dort sehen wir Uli Hoeneß ins Stadion einlaufen, viele Stinkefinger und hören (natürlich): "Sch*iß Uli Hoeneß, wir singen sch*iß Uli Hoeneß..."

Somit bleibt Täter weiterhin Täter und Opfer weiterhin Opfer. Die Fans machten absolut deutlich, dass sie trotz einer groß inszenierten Pressekonferenz am Dienstag noch einen Gerechtigkeitssinn besitzen und sich auch von den Scheinheiligen Bayern nicht alles bieten lassen. Daum dagegen wird nach all der Kritik ohne Frage eine Art Genugtuung verspürt haben. Zu erkennen sie vielleicht an einem vorsichtigen Lächeln auf seinem Gesicht nach dem Schlusspfiff in Bremen. Hoeneß zeigte sich äußerlich gelassen und wahrscheinlich sah es in dieser Beziehung auch in seinem Inneren so aus. Schließlich ist er Missfallsbekundungen zur Genüge gewohnt.

Nicht wirkungslos dürfte die erneute Bayern-Niederlage an ihm vorübergegangen sein. Noch weniger aber, dass das Revierderby BVB gegen Schlacke sich nun als Kampf um die Bundesligaspitze ausgeweitet hat. Die beiden verhassten Revierklubs mit "Pleite-Meier" und Assauer, der selbst bei einem Vorortklub Widerworte gegen die Bayern-Oberen wagt, zogen am ruhmreichen FC Bayern vorbei. Hoeneß ärgert es also, die Bundesliga und ganz besonders den Ruhrpott freut es natürlich um so mehr. So etwas gab es schließlich lange nicht mehr, wenn es denn überhaupt schon mal der Fall gewesen ist. Insofern also eine schöne Sache, die jedoch einen (gar nicht so) kleinen Schönheitsfehler aufweist. Schließlich steht zur Zeit der völlig falsche Klub vorne...

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