Unsa Senf

Niederlage in Wembley Lass Dich umarmen, Borussia

04.06.2024, 15:10 Uhr von:  Clemens
Lass Dich umarmen, Borussia
BVB-Fans im Wembley-Stadion unter der Choreographie zum Champions-League-Finale

Borussia Dortmund verliert ein Finale. Wieder einmal. Frust, Trauer, Tränen und vielleicht auch ein paar kurze Zweifel: Warum tue ich mir das alles an? Nur um wenig später wieder zu wissen: Borussia Dortmund, das ist mehr als Sieg oder Niederlage. Ein Dankeschön.

London, Wembley-Stadion, gegen 22 Uhr Ortszeit. Nichts geht mehr. Die Stimme ist weg, die Beine sind wackelig, im Kopf tobt eine wilde Gefühlsmischung aus Trauer, Wut, Müdigkeit und Erschöpfung. Irgendwann später werden Dankbarkeit und Stolz hinzukommen, aber nicht jetzt, nicht hier.

Mit den Händen vors Gesicht geschlagen sitze ich zusammengesunken auf dem roten Klappsitz, der vorher so manchen Tritt der Verzweiflung überstanden hat. Um mich herum herrscht eine traurige Stille, die der klägliche Jubel der sportlichen Sieger nicht zu durchbrechen vermag. Irgendwann steht ein Freund vor mir, legt mir eine Hand auf die Schulter, zieht mich hoch, nimmt mich in den Arm. Wo in Paris noch gemeinsame Freudentränen flossen, sind es jetzt Tränen der Enttäuschung.

Eine Umarmung zwischen zwei Menschen ist ein intimer Moment. Liebe, Freude, Schmerz und Angst werden dabei miteinander geteilt. Eine Umarmung ist ein Zeichen der Zusammengehörigkeit, der Nähe und des Vertrauens. Partner, Verwandte oder Freunde lassen wir in diesen Momenten ganz nah an uns heran.

An diesem Abend in Wembley gibt es viele solcher Umarmungen. Ob auf der Tribüne, vor dem Stadion oder später in der Stadt. Es tut gut, die eigene Frustration und Leere mit Menschen zu teilen, die nachempfinden können, was in einem vorgeht.

Wer kennt sie schon nicht, die Sprüche der Ignoranten? „Ist doch nur ein Spiel“, „War doch nur Fußball“, oder auch: „Na, das hat sich doch gelohnt...“

Wer so redet, wird Szenen wie an diesem Abend nicht nur nie erleben, sondern auch nie verstehen.

Ja, wir haben wieder ein Endspiel um einen großen Titel verloren. Wieder ist das unbeschreibliche Energiegemisch aus Vorfreude, Euphorie und Hoffnung einer großen Leere aus Bestürzung und Ernüchterung gewichen. Und ja, nach dem 0:2 gab es auch in mir den kleinen Moment des Zweifels: Kann oder will ich das überhaupt noch? Zu schmerzhaft schien für einen Moment das (erneute) Platzen des Traums vom großen Triumph mit meinem Verein.

Aber dann? Erst kamen die Gesänge, dann die Umarmungen. Und letztlich das Gewissen: Natürlich war es das wert, natürlich geht es weiter.

Borussia Dortmund ist so viel mehr als Sieg oder Niederlage. Borussia Dortmund, das sind Familienangehörige und Freunde, Wegbegleiter und Leidensgenossen. Das sind Menschen, die eine unvergleichbare Passion teilen, leben und verstehen. Mit denen man die schönsten Momente unnachahmlich feiern kann. Und die dafür sorgen, dass man auch im Moment der größten Niederlage nicht allein ist. Die einen halten. Und umarmen.

Danke, Borussen.

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