Warmlaufen

Von Erinnerungen, Umbrüchen und neuen Hoffnungen

19.08.2018, 00:00 Uhr von:  Vanni
Hier geht es am Montag weiter

Da geht sie nun also hin, die Sommerpause. Von vielen BVB-Fans war sie lange ersehnt, verlief die letzte Saison doch sportlich nicht den Erwartungen entsprechend und auch fernab des Platzes gab es viele Dinge, über die man sich als Fan des Ballspielvereins vorzüglich ärgern konnte. Knatsch mit dem DFB, die Stimmung im Westfalenstadion, wechselnde Trainer an der Seitenlinie. Ja, die meisten von uns waren wohl wirklich froh, dass die Bundesliga zu Ende war und der BVB somit Zeit hatte, sich neu aufzustellen und an den Problemen der Vergangenheit (und manchmal noch der Gegenwart) zu arbeiten. Und nun keimt langsam wieder ein Gefühl in mir, von dem ich mir gar nicht sicher war, ob ich es zu Beginn der Saison überhaupt erwarten konnte. Wie ein kleines Pflänzchen bricht dieses Gefühl aus der Erde, wie ein kleines Pflänzchen wird es aber wohl auch viel Pflege benötigen, um nicht in den ersten Wochen der Saison schon wieder kaputt zu gehen. Es ist die Vorfreude auf einen Neuanfang, auf die neue Spielzeit.ie Ursachen für die Vorfreude liegen vor allem in der Tatsache begründet, dass ich in den letzten Monaten seit dem Ende der verkorksten Saison 2017/2018 das Gefühl bekommen habe, dass der BVB viele Probleme aus der Vergangenheit erkannt hat und nun versucht, Stellschrauben zu drehen. Schon gegen Ablauf der Spielzeit zeigte sich dies mit der Ankündigung, dass mit Sebastian Kehl und Matthias Sammer zwei neue Personen installiert wurden, um die sportliche Leitung auf mehrere Schultern zu verteilen, auch wenn Sammer „nur“ eine externe Beraterposition einnimmt. Problem erkannt, Problem gebannt? Das wird erst die Zukunft zeigen.

Die neuen Männer beim BVB im Zwiegespräch

Die komplette sportliche Verantwortung nicht mehr länger nur dem Trainer, Michael Zorc und Hans-Joachim Watzke zu überlassen, ist jedenfalls ein sinnvoller Gedankengang. Ebenfalls gegen Ende der abgelaufenen Saison kündigte Watzke im Interview mit schwatzgelb.de an, bei der Verpflichtung neuer Spieler wieder deutlicheren Wert auf die Charaktere zu legen. Es habe an Führungsspielern gefehlt. Auch hier: Problem erkannt, Problem gebannt? Schaut man auf die Verpflichtungen, die dieser Aussage folgten, bekommt man zumindest schnell das Gefühl. Thomas Delaney hat im Trainingslager bereits früh eine Leader-Rolle auf dem Platz übernommen, dazu verschreibt man sich nicht mehr komplett der Jugend, sondern konnte beispielsweise in Axel Witsel auch einen erfahrenen Recken zum BVB lotsen.

Außerdem nervten in der zurückliegenden Saison die zahlreichen Nebenschauplätze und der sich aufbauende Graben zwischen Mannschaft und Fans. Hier kann man nun noch keine Bewertung vollziehen, ob man seitens des BVB an einer Fehleranalyse und –bewältigung saß, das wird sich wohl tatsächlich erst in den kommenden Wochen zeigen. Trotzdem reicht mir der Blick auf die oben genannten Faktoren, um wirklich wieder Bock auf BVB-Fußball zu haben. Es bleibt aber wohl ein zartes Pflänzchen das schon am Montag beim Spiel gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth in der ersten Runde des DFB-Pokals seine erste kalte Nacht überstehen werden muss. Denn eines darf man keinesfalls erwarten: einen Selbstläufer.

Normalerweise dümpelt man als Erstligaverein ja recht locker in die neue Saison. Vorbereitungsspiele, manchmal noch ein unwichtiges Spiel im Supercup, das man gegen die Bayern dann ja schon mal verlieren kann. Manchmal kämpft man sich durch europäische Kleinstädte, weil man noch drölf Runden in der Qualifikation zur Europa League spielen muss. Dann trifft man im DFB-Pokal auf einen Sechstligisten und erst dann geht es in der Bundesliga wieder richtig zur Sache. Das Los hatte dieses Mal eine andere Route für den BVB parat, trifft man nun auf einen gestandenen Zweitligisten. Nun dürfen wir die Fürther bei allem Respekt nicht stärker machen, als sie wirklich sind – alles als das Erreichen der nächsten Pokalrunde wäre schon eine erste Enttäuschung in der noch jungen Saison. Dennoch bringt dieses Los auch einige Herausforderungen mit sich. Die Fürther sind beispielsweise schon im Pflichtspielrhythmus, weil die 2. Bundesliga bereits vor zwei Wochen begonnen hat und die Spielvereinigung mit vier Punkten aus zwei Spielen noch nicht mal schlecht in diese gestartet ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Fürther in der letzten Saison beinahe den Weg in die dritte Liga antreten mussten. Aber: Der Pokal hat seine eigenen Gesetze (und ich werfe drei Euro ins Phrasenschwein).

In Fürth wohl noch nicht in der Startelf: Axel Witsel

Gleichzeitig ist das Gastspiel in Fürth aber auch ein lustiger Trip in die Vergangenheit, in die Märchen-Zeit des BVB, in die Double-Saison 2011/2012. Damals, als man im Halbfinale echt Probleme hatte, sich gegen das Abwehrbollwerk-der Fürther durchzubeißen. Diese hatten schon mit dem Elfmeterschießen geliebäugelt und extra zu diesem Zweck den Torwart gewechselt, bis ein Schuss von Ilkay Gündogan erst an den Pfosten und dann an den Hinterkopf des eingewechselten Keepers Jasmin Fejzic prallte. Borussia zog somit doch noch ohne den Umweg Elfmeterschießen ins Pokalfinale weiter, wo die Bayern darauf warteten, zwar über 90 Minuten die bessere Mannschaft zu sein, aber trotzdem mit 5:2 unterzugehen.

Schnell neigt man nach so einem kurzen Ausflug in die Vergangenheit ja dazu, sich zu fragen, ob so etwas noch einmal möglich sei. Also, nicht ein Erfolg in Fürth, sondern das Wiederherstellen der eben schon als „Märchen-Zeit“ bezeichneten Erfolgswelle beim BVB. Aber wir tun wohl weiterhin gut daran, nicht zu vergleichen. Dies riet uns schon Jürgen Klopp bei seinem Abschied, bis heute haben die wenigsten BVB-Fans sich wirklich an diesen Rat halten können. Bleiben wir doch besser im Hier und Jetzt: Lucien Favre ist der neue Trainer beim BVB und versucht, wieder mehr Struktur in den BVB-Fußball zu bekommen. Struktur, Angriffe über die Flügel, dabei aber auch sichere Pässe und ein gewisser Zug zum Tor. Dazu kommt die Tatsache, dass ausnahmsweise mal kein Leistungsträger abgegeben werden musste und man somit eher ein Überangebot an fähigen Spielern – vor allem im Mittelfeld – besitzt. Auch das führt vielleicht zur Tatsache, dass ich mal wieder so etwas wie Vorfreude auf die neue Saison empfinde. Man spürt, dass Umbruchzeit ist beim BVB, auch wenn man gleichzeitig merkt, dass dieser Umbruch noch keineswegs abgeschlossen ist. Und damit ist nicht mal nur die aktuelle Diskussion um die Suche nach einem Stürmer gemeint, sondern viel mehr die generelle Annahme, dass die Borussia einfach länger Zeit braucht, um nicht nur wie bisher geschehen an Stellschrauben zu drehen, sondern eben auch komplett neue Weichen zu stellen und den Zug auf diesen fahren zu lassen.

Gute Erinnerungen an das letzte Pokalspiel in Fürth

Aufstellungstechnisch wird man am Montag wohl nicht großartig überrascht werden. Schade ist es unterdessen für Jacob Bruun Larsen, der eine tolle Vorbereitung gespielt hat und eventuell sogar eine Option für das Spiel gewesen wäre, nun aber doch zwei Wochen pausieren muss. Für Axel Witsel dürfte es noch zu knapp sein, um direkt in die Startelf zu springen und man darf Maximilian Philipp in der Rolle des Zielstürmers erwarten.

Die Vorfreude bleibt, die Spannung kommt dazu. Es darf wieder los gehen. Und damit dieses kleine Pflänzchen Vorfreude weiter gedeiht, bräuchte ich dann bitte einen Sieg in Fürth. Auf eine neue und bessere Saison!

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