Spielbericht Profis

Lass das mal den Papa machen...

06.02.2017, 14:53 Uhr von:  Redaktion

Verdienter Jubel nach dem 1:0

Yeah, es geht doch. Endlich mal wieder eins dieser Spiele, für die man samstags ins Stadion geht. Nach den eher, nennen wir sie mal so, ausbaufähigen Auftritten in Bremen und Mainz konnte einem spielerisch ja schon ein bisschen angst und bange werden vor der Brausetruppe. Egal, was man sonst von denen halten mag, in der Regel zeigen sie ein richtig ekliges Pressing wie wir in unseren besten Zeiten um 2011 herum. Nicht gerade eine Spielweise, die unseren sichtbaren Problemen in der Spieleröffnung entgegen kommt. Aber zum Glück hatte der Fußballgott ein Einsehen mit dem BVB und er schickte dankenswerterweise eine produktive Horde Grippeviren nach Leipzig. Den Rest besorgte der DFB mit einer Sperre für Emil Forsberg.

Bartra abgeklärt und souverän

Das soll die Leistung unserer Borussen auf dem Rasen nicht schmälern, aber so ehrlich sollte man sein, zuzugeben, dass die Ausfälle den Gegner geschwächt und uns in die Karten gespielt haben. Trotzdem, man zeigte sich engagiert und konzentriert wie schon lange nicht mehr. In der Innenverteidigung leistete sich Bartra zu Beginn der zweiten Halbzeit einen leichteren Fehler und spielte ansonsten abgeklärt und souverän. Allerdings natürlich noch überboten von einer grandiosen Leistung von „Papa“ Sokratis. Irgendwann um die zwanzigste Minute herum von ihm eine Szene, die eigentlich in die Halbzeit-Highlights gehört hätte. Versuchter Konter des Gegners, Davie Selke, der Mann mit einer Frisur wie aus einer RTL2-Realitysoap, wetzte mit dem Ball über die Außen. Irgendwann auf diesem Weg dürfte er ein Geräusch wie von einem herannahenden ICE vernommen haben und dann war der Ball weg. Mit einer bilderbuchmäßigen Killergrätsche amtlich und fair von Sokratis abgeräumt. Fast noch erstaunlicher allerdings die Reaktion des Griechen, der sonst eher so wirkt, als wäre er emotional in der Tempo-30-Zone unterwegs. Arme hochgerissen, Fans animiert und seine Aktion standesgemäß abgefeiert. Spätestens ab diesem Moment war jedem im Stadion klar, dass sich die Elf auf dem Rasen ordentlich was vorgenommen hat.

Und weil es eh überall thematisiert wird, hier aus Chronistenpflicht: Zur Elf auf dem Rasen gehörten weder André Schürrle noch Mario Götze. Die beiden konnten während der 93 Minuten Spielzeit die vermutlich teuerste Partie "Schiffe versenken" der Welt miteinander spielen.

Der Kampf und die Leidenschaft stimmte also. Leipzig fiel nur durch ein paar fiese Tritte von Keita auf, der auf wundersame Weise ohne eine gelbe Karte davon kam. Torchancen für die Sachsen? Fehlanzeige. Auf der anderen Seite stoppte der Schiri-Assistent an der Osttribüne eine aussichtsreiche Gelegenheit für Aubameyang mit einer falschen Abseitsentscheidung. Nicht die einzige merkwürdige Entscheidung, die bewies, warum es der Sportskamerad nur zum Assistenten gebracht hat.

Aubameyang nach dem 1:0

In der 35. Minute hatte aber auch er keine Einwände gegen die entscheidende Szene des Spiels anzubringen. Auf der rechten Seite fing Piszczek akrobatisch einen Ball der Leipziger ab und spielte ihn vermutlich eher zufällig auf Ousmane Dembélé. Der Franzose kann einen gelegentlich mit seiner unorthodoxen Spielweise in den Wahnsinn treiben, aber dann zeigt er auch immer wieder Aktionen, bei denen jedem Fußballfreund das Herz in der Hose aufgeht. Mit seinen langen Gräten stakste etucher erst in Hochgeschwindigkeit Compper davon, legte die Murmel dann an Willy „In Kaiserslautern mag dich niemand mehr“ Orban vorbei und servierte punktgenau in die Mitte. Einen Spieler wie Aubameyang kann man in so einer Situation natürlich mal alleine lassen, muss man aber auch nicht. Die Sachsen entschieden sich dafür, ihn einfach mal unbegleitet ins Tor einnicken zu lassen. 1:0 und das Stadion bebte.

Damit ging es auch in die Halbzeitpause und es blieben 15 Minuten Zeit, die wichtige Frage zu erörtern, ob unsere Mannschaft so eine Leistung endlich mal über die komplette Spielzeit abrufen kann oder wieder einknickt. Sie konnte.

Reus mit vergebener Chance

Während hinten Roman Bürki ganz stabil und sicher jede halbwegs aussichtsreiche Situation vor dem Gegner wegschnappte, boten sich vorne reihenweise beste Kontergelegenheiten zum zweiten und dritten Tor. Aubameyang zeigte Compper mit einem Hackentrick im vollen Lauf, wo der Frosch die Locken hat, nur um dann einen Torschuss zu fabrizieren, der gerade mal mit viel gutem Willen als Rückgabe durchging. Zumindest ging der Ball aufs Tor, womit er immerhin seinem Kollegen Reus einiges voraus hatte, der gleich drei Mal die Kugel aus aussichtsreicher Position am Pfosten vorbei setzte.

Spätestens als Ginters Schuss in der 91. Minute kurz vor der Linie geklärt wurde, war völlig klar, dass es auf unserer Seite bei dem einen Tor bleiben würde.

Traditionelle Anzeigentafel ohne Logos

Und dann war der Ball auch schon im Netz. In unserem. Dieses verkackte „Ich wusste es, ich wusste es, ich wusste“-Gefühl, das jeder Fan kennt, dem ein sicher geglaubter Sieg mit der letzten Aktion aus den Händen gerissen wurde. Aber Leipzig hatte seine Rechnung ohne den Assistenten vor der Osttribüne gemacht. Bester Mann. Hab ich schon erwähnt, dass diesem unbestechlichen Recken der Schiedsrichterzunft eine große Karriere als Hauptschiedsrichter beschert worden wäre, wenn sein Pflichtbewusstsein ihn nicht zur Fahne gerufen hätte? Abseits. Und das auch noch zu Recht.

Während der Gästetrainer einen wütenden Veitstanz aufführte, konterte Thomas Tuchel mit der bei Fußballfans bekannten Meck-Meck-Geste. Großartig, den Trainer auch mal „out of control“ zu erleben. Und wer ein wenig Häme und „Ihr könnt mich mal“-Attitüde nicht nachvollziehen kann, der hat beim Fußball noch nie richtig mitgezittert. Der Schlusspunkt unter einem sportlich tollen Feburarabend.

06.02.2017, Sascha

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