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Was geschah rund um das Derby am 26. Oktober 2013? - Teil 3

13.03.2014, 12:00 Uhr von:  DM

Im ersten und zweiten Teil unserer Derby-Serie blickten wir zurück auf die Ereignisse rund um das Revierderby am 26. Oktober 2013. Im abschließenden dritten Teil widmen wir uns den Konsequenzen aus den damaligen Vorfällen sowie denen aus der vergangenen Saison beim Derby in Dortmund, die in einem neuen Sicherheitskonzept mündeten, das einige Veränderungen mit sich bringen wird.

Das Sicherheitskonzept für das Derby am 25. März

Derby am 20.10.2012 im Dortmunder Westfalenstadion
„Andere Wege für mehr Sicherheit“ - so fasste Andreas Wien, Leiter des Vorbereitungsstabes zur Ausarbeitung eines neuen Sicherheitskonzeptes, die Strategie für das Revierderby am 25. März zusammen: „Es wird bei einer Vielzahl von Fans für Veränderungen sorgen.“

Das Grundziel des neuen Sicherheitskonzeptes sei eine striktere Fantrennung rund um das Westfalenstadion als in der Vergangenheit. Hierzu sollen die ankommenden Fans bereits im Dortmunder Hauptbahnhof strikt auseinander gehalten werden. Die Schwatzgelben sollen über den Haupteingang am Königswall hinausgeleitet werden. Die Polizei bittet darum, die Abgänge zur U-Bahn an der linken Seite im Bereich des NH-Hotels zu nutzen. Als Haltepunkt stehe für die Heim-Fans im Stadionbereich nur die Haltestelle „Stadion“ zur Verfügung, die Haltestellen „Westfalenhallen“ und „Remydamm“ würden nicht angefahren.

Für Autofahrer teilte die Polizei mit, dass die Parkplätze A3, A4 und D2 beim Derby für Dortmund-Fans nicht zur Verfügung stünden. Diese seien am Derby-Spieltag exklusiv für die blau-weißen Gästefans vorgesehen. Am Hauptbahnhof sollen die ankommenden Schalker über den Nordausgang in Richtung der U-Bahn-Haltestelle „Hauptbahnhof“ geleitet werden, von wo ein direkter Transfer zur Haltestelle „Westfalenhallen“ geplant sei.

Die Dortmunder Fans, die sich zu Fuß aus dem Kreuzviertel in Richtung Stadion begeben wollen, müssen ebenfalls Umwege in Kauf nehmen. Die Fußgängerbrücke über die B1 im Bereich Lindemannstraße/Max-Ophüls-Platz soll von Dortmundern am Derby-Tag nicht überquert werden dürfen. Als Alternativwege stünden die Routen von der Lindemannstraße über die Wittekindstraße und Im Rabenloh sowie über die Joseph-Scherer-Straße, Maurice-Vast-Straße, die nördliche Wendeschleife an der Westfalenhalle und die Strobelallee zur Verfügung.

Vollkontrollen hinter der B1-Brücke, 1.000 Ordner, 77.000 Zuschauer

Dr. Christian Hockenjos, Direktor Organisation beim BVB, erklärte hierzu, dass hinter der Brücke von der Lindemannstraße zwischen den Westfalenhallen „etwa 20 temporäre Vereinzelungsanlagen“ eingerichtet würden, in denen die Gästefans einer ersten Vollkontrolle unterzogen werden sollen, die später am Gästebereich wiederholt würden. Dies sei bei Spielen des BVB ein Novum und habe es bislang nur bei der Weltmeisterschaft 2006 gegeben. Ebenfalls nicht nutzen dürfen die BVB-Anhänger nach dem vorliegenden Konzept an jenem Tag die Grünanlage an der Signal-Iduna-Versicherung südlich der B1.

Hockenjos teilte ferner mit, dass am Derbytag rund 1.000 Ordner im Einsatz seien, „sonst sind es 850 beim Derby“. Im Stadion werde es „signifikante Puffer“ rund um den Gästebereich geben. Man habe auf den Verkauf von rund 3.000 Karten verzichtet, sodass man diesmal bei schon bei rund 77.600 Zuschauern „ausverkauft“ melden werde. Im Gäste-Stehblock selbst soll es keinen Puffer geben, dort seien nur weniger Karten verkauft worden als normalerweise: „Dort wird es etwas luftiger“, so Hockenjos. Der Puffer entstehe unter anderem dadurch, dass im angrenzenden Block 62 zum Gästebereich hin in allen Reihen zehn Plätze frei blieben. Den Dauerkarteninhabern seien entsprechende Alternativplätze zugewiesen worden. Auch im Oberrang würden in den Reihen jeweils acht Plätze zum Gästebereich hin als Puffer freigehalten.

Andreas Wien appellierte in einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Sicherheitskonzeptes in Richtung der Fußballfans: „Reisen Sie frühzeitig an. Informieren Sie sich über die Anreisewege.“ Michael Meinders, der Pressesprecher der Stadt Dortmund, erinnerte zugleich an das Glasverbot: „Kauft euch Dosen, kauft euch Plastikflaschen, aber bitte kein Glas.“ Mit dem nun vorgelegten Sicherheitskonzept verbindet er eine Hoffnung: „Das soll ein Sieg für die friedlichen Fußballfans werden.“

Sicherheitskonzept der Ausdruck eines blinden Aktionismus

Soweit also das Konzept und die Ideen dahinter - doch wer sich intensiver mit dem Konzept beschäftigt, den beschleicht der Eindruck, dass dieses nichts weiter als ein Ausdruck eines blinden Aktionismus darstellt, um der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass man ja sein Bestmöglichstes getan hat - um am Ende im schlimmsten Falle körperlicher Auseinandersetzungen drastische Strafmaßnahmen wie den kompletten Verzicht auf Gästefans besser umsetzen zu können!?

Die Fantrennung in der Gestalt, in der sie praktiziert werden soll, ist mutmaßlich wenig praktikabel. So erscheint es wenig sinnvoll, den Parkplatz D2 für Gästefans zu sperren, während die angrenzenden Parkplätze D1 und F1 bis F3 Dortmundern vorbehalten ist, die wiederum von ebenjenen Orten schon geografisch bedingt am königsblauen D2 vorbeimüssen - und spätestens auf der Strobelallee auch mit jenen Gästefans zusammentreffen, die mit der Bahn bis zur Haltestelle „Westfalenhallen“ transportiert wurden.

Ein Irrsinn ist ebenfalls die Sperrung der Brücke über die B1, womit uns Schwatzgelben der direkte Zugang zum Stadion aus dem Kreuzviertel versperrt wird. Gerade in den dort liegenden Kneipen sammeln sich die Borussen gerne bei ein paar Pils, um sodann den Weg zum Stadion zu nehmen. Hier muss man sich am Derby-Tag also ebenfalls umstellen.

Widersprüche innerhalb des Konzeptes

Doch wofür? Hinter der Brücke warten auf die Gästefans schließlich die „Vereinzelungsanlagen“. Aber glauben die Planer tatsächlich, dass die UGE und Konsorten dann den Weg über die Lindemannstraße nimmt, wohl wissend, dass dort eine zusätzliche Kontrolle auf sie wartet? Und wieso gibt es diese zweite, vorgelagerte Kontrolle eigentlich nur dort und beispielsweise nicht auch für die ankommenden Gästefans aus dem Bereich der U-Bahn-Haltestelle „Westfalenhallen“? Wieso wird also ein Teil der Gästefans doppelt kontrolliert und der andere nur einmal? Andreas Wien teilte hierzu mit, dass man sich über das Konzept hinaus „auf Arten konspirativer Anreise“ vorbereite. Warum es im Stadion einen Puffer um den Gästeblock geben muss, obwohl es aus diesem in den vergangenen Jahren nie zu problematischen Situationen in Richtung der Nachbarblöcke gekommen ist, erschließt sich ebenfalls nicht.

Derby am 20.10.2012 im Dortmunder Westfalenstadion
Generell verloren die Planer des „Arbeitskreises Derby“ - dem neben Wien, Dr. Hockenjos und Meinders auch Oliver Humpert (Bundespolizei-Inspektion Dortmund), Volker Fürderer (Direktor Fanbelange Schalke 04) und Bernd Winkelmann (Pressesprecher DSW21) angehören - zudem kein Wort darüber, wie genau eigentlich die Fantrennung im stets kritischen Bereich der Strobelallee und insbesondere im Bereich der Nordtribüne aussehen soll. Etwaige Regelungen nach dem Schlusspfiff fanden ebenfalls keine Erwähnung. So stellt sich hier seit Jahren die Frage, warum die bei internationalen Spielen übliche Blocksperre gerade beim Heimderbys eigentlich in Dortmund bei den Derbys nicht angewendet wird. So könnte ein direktes Aufeinandertreffen tausender Dortmunder und Schalker verhindert werden.

Ebenfalls wäre es denkbar, dass die ankommenden Schalker vom Hauptbahnhof mit Shuttle-Bussen direkt in die Nähe des Gästebereiches gebracht werden, anstatt eine komplizierte Bahn-Verbindung auszutüfteln, an deren Ende doch wieder die Vermischung von Schalkern und Dortmundern im Bereich der Westfalenhalle 1 steht.

Die Idee separater Parkplätze nur für Gästefans ist grundsätzlich auch nicht schlecht, ebendiese Parkplätze dann jedoch mitten in „gelbes“ Gebiet zu legen, erscheint auch wenig zielführend. Auch hier könnte man über Parkplätze außerhalb des Stadionbereiches nachdenken, von wo die ankommenden Zuschauer ebenfalls mit Shuttle-Bussen zum Stadion transportiert werden könnten.

Brauchen wir überhaupt ein derartiges Papier?

Doch letztlich stellt sich eine ganz andere Frage: Ist ein solches Konzept überhaupt notwendig? Die große Masse an Derby-Zuschauern bewegt sich seit Jahren friedlich in Richtung Westfalenstadion. Die Ausschreitungen, die es gerade in der vergangenen Saison gegeben hat, wurden von Personen geführt, die sich mutmaßlich von keinem Konzept einfangen lassen. Es ist trotz dieses Konzeptes davon auszugehen, dass die Hartgesottenen unter den Gästefans ihren Weg nach Dortmund finden werden - und dass es höchstwahrscheinlich trotz dieses augenwischenden Konzeptes zu bengalischen Lichtern in den Blöcken 60 und 61 kommen wird.

Und genau hier lauert die Gefahr: Wenn es trotz dieses Unsicherheitskonzeptes nun dennoch zu Auseinandersetzungen oder pyrotechnischen Aktionen kommt, so werden sich insbesondere profilierungssüchtige Polizeiführer und Politiker bemüßigt fühlen, noch viel weitreichendere Maßnahmen zu fordern als nur die jetzt geltende sinnlose Einschränkung der Bewegungsfreiheit für Zehntausende friedliche Fußballfans.

Bei den vorliegenden Planungen scheint es sich vielmehr um ein Unsicherheitskonzept zu handeln. Aufgrund der teilweise ungewohnten und sich sinnlos verlängernden Wege, die seitens der Fans beschritten werden müssen, droht sich viel mehr Konfliktpotenzial auch bei eigentlich friedlichen Fans zu entwickeln als es ohne das neue Konzept der Fall wäre. Und dann werden Gruppierungen wie die in Bezug auf den Fußball ultrapopulistischen Polizeigewerkschaften und Politfunktionäre wie Innenminister Ralf Jäger den Fußball wieder für ihre Gräuelpropaganda gegen die Fußballfans nutzen: Es droht das letzte Derby mit Gästefans auf Jahre hinaus.

Kleines Derby in Essen als Ausdruck eines planerischen Dilettantismus

In diesen planerischen Dilettantismus fügt sich wunderbar die Planung, am Abend des Derbys auch ein kleines Regionalliga-Derby im Ruhrgebiet stattfinden zu lassen. So soll RW Essen am 25. März ab 19 Uhr die zweite Mannschaft des FC Schalke 04 empfangen. Was treibt die entscheidenden Herren dazu, an einem solchen Abend völlig ohne Not auch noch die Fanszene von RW Essen in die Szenerie mit einzubeziehen und auf die Straße zu locken - in einer zentralen Transit-Stadt für reisende Zuschauer des „großen“ Revierderbys. Und das ganze verkauft das Nachrichtenportal „Der Westen“ übrigens völlig unkritisch in propagandistischer Polizeidiktion unter der Überschrift „Mehr Sicherheit durch Doppel-Derby von S04 gegen BVB und RWE“.

Man darf also auf den Ablauf des Derbytages gespannt sein. Es bleibt zu hoffen, dass man sich als Fußballfan an diesem Tag über gelungene Spielszenen, schöne Tore und idealerweise einen schwarzgelben Sieg freuen kann - und der Tag nicht überlagert wird von den Taten einiger weniger Verrückter, denen die geifernden Medien nur allzu gerne eine Plattform bieten. Es bleibt daher der Appell: Keep calm and enjoy the derby.

Weitere Informationen über die Anreisewege zum Revierderby finden sich auf dem Internetauftritt der Polizei Dortmund.

Ende der Serie.

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