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Inne Ecke - Alter watten Spiel!!! Ein Kacktor für die Optimisten

11.04.2013, 03:00 Uhr von:  Desperado09
Inne Ecke - Alter watten Spiel!!! Ein Kacktor für die Optimisten

Da kann man doch ne Menge von mit nach Hause nehmen, oder? Euphorie sowieso. Und vor allem die Erkenntnis, das schöner Fußball nicht erfolgreich sein muss, bzw. Umgekehrt: Erfolgreicher Fußball muss nicht schön sein. Gut, das wussten wir Dortmunder schon lange, meist allerdings als Opfer der goldenen Regel, dass auch der in Schönheit Gestorbene am Ende einfach nur tot ist.

Diesmal war es anders. Unser 1:1 war wunderschön, wäre aber völlig fürn Arsch gewesen, wenn wir nicht mit so wahnsinnig-wunderbar altmodisch-hässlich nach vorne gekloppten Bällen zum Erfolg gekommen wären. Und mit zwei echten Kacktoren, die ich bittebittebitte am Sonntag bei Zeigler sehen will! Was sind so Kacktore geil, oder? Reingewürgt wie damals Jürgen Wegmann. Stolpertore, die so sinnbildlich dafür stehen, dass Kampf eben am Ende doch belohnt wird. Ja, ich bin altmodisch und romantisch. Ich mag Kacktore - wenn meine Mannschaft sie schießt.

Aber eigentlich treibt mich nach diesem verrückten Spiel etwas ganz Anderes um.

Ich muss mir nämlich endlich angewöhnen, den oft viel zu kühlen Kopf im Stadion auszuschalten. Beim 0:1 habe ich noch fest ans Weiterkommen geglaubt, und trotzdem beim 1:1 kaum gejubelt, sondern eher Erleichterung verspürt, dass es wirklich klappen könnte. Beim 1:2 die finstersten Ahnungen bestätigt gesehen und überlegt, ob es klug wäre, schon mal zur Bahn zu gehen (ich gehe nie vorher, spiele aber immer gerne aus Lust an der Qual mit dem Gedanken). Dem kühlen Kopf war klar, dass hier nicht die schlechtere Mannschaft aus dem Wettbewerb fliegt, sondern einfach die unerfahrenere. Und ich fand es okay. Für mich sind wir einfach die kleine Borussia, die da oben mit den Großen pöhlen darf und vielleicht sogar von Zeit zu Zeit einen kleinen Dämpfer braucht, um schön mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben.

Ich hatte absolut meinen Frieden mit der Tatsache gemacht, dass wir aus dem Wettbewerb fliegen, weil wir nicht am Gegner, sondern an der besonderen Situation gescheitert sind. Alles gut, kein Groll, nur etwas Enttäuschung, weil es halt nicht nötig gewesen wäre. Aber eben auch Erleichterung, dass meine kleine Borussia wirklich nicht zu den Großen gehört.

Selbst beim 2:2 habe ich so gut wie gar nicht gejubelt, weil der Kopf sagte: Ergebniskosmetik, arschlecken. Um mich herum die ganze Ecke am hüpfen, ich nicht wirklich. Hatte mich abgefunden.

Aber irgendwo in mir war diese Stimme, die voller Überzeugung gebrüllt hat: "Das klappt!!!" Und auf diese Stimme sollte ich vielleicht doch öfter hören.

Irgendwie hat es diese Stimme geschafft, den Kopf zu übertrumpfen und nur noch das Herz und den Bauch handeln zu lassen. Ich habe gebrüllt, geschrien, geglaubt, gehofft, gebangt. Dieses Stadion schießt Tore! Das weiß ich doch, habe ich schon so oft gesehen in all den Jahren, die ich in den Tempel pilgere. Die Südtribüne schießt Tore! Der große Vorteil: Der zwölfte Mann steht nicht im Abseits, egal, wer wann auf wen flankt.

Den Spielzug habe ich in Zeitlupe gesehen und gewusst, dass es jetzt passiert. Ich hatte keine Ahnung, wie es passieren würde, aber es war keine Frage des Ob, sondern einzig des Wer und des Wie. Jetzt oder nie? Quatsch! JETZT, wann sonst?! Alles in Superzeitlupe. Schiebers komische Abspielgrätsche, Santana stupst den Ball über die Linie, der Kopf flüstert: "Abseits, Scheiße." Der Mund brüllt, das Herz explodiert. Der Kopf fährt einen verzweifelten letzten Konter und schickt ganz kurz die Erinnerung an die Meisterschaft 2002 vors innere Auge: Ewerthon aus ganz spitzem Winkel, der Ball trudelt irgendwie ins Tor, Koller stochert in Abseitsposition mit seiner langen Gräte am Ball vorbei - nur weil er NICHT trifft, werden wir Meister! Und jetzt dieser Idiot Santana - trifft den Ball!!! Doch alles jubelt.

Ich sehe Spieler auf dem Rasen übereinander herfallen, ich umarme fremde Menschen, sehe den Kollegen Sascha von schwatzgelb.de wild an seinem Platz gestikulieren, hüpfen und über alle vier Backen strahlen.

Geschafft!!! Der kühle Kopf funkt kurz irgendwas von Real Madrid und Ausgleich in den Jubel. Bei jedem Ball, der Richtung Nordtribüne fliegt, kommt die geflüsterte Warnung: "Denk an Madrid." Der Jubel, die Erleichterung, als der Schiri abpfeift - unbeschreiblich.

Was lerne ich daraus? Dass ich mir das Fanlleben ständig unnötig schwer mache, natürlich. Wo es nur geht, unke ich und suche (und finde) das Haar in der Suppe. Finde 1000 Gründe, warum wir verlieren. Muss ich das ändern? Was wäre dann besser? Ich wäre so oft enttäuscht, wenn der Gegner das entscheidende Kacktor schießt. Andererseits würde ich an Kacktore für und nicht nur solche gegen den BVB glauben. Ich würde mit Erwartungen ins Stadion gehen, die vermutlich in 60 Prozent der Fälle nicht erfüllt würden. Aber sind 40 Prozent nicht auch viel? Wäre ich nicht ein viel traurigerer Fan, wenn ich mit positiven Erwartungen ins Stadion gehen würde?

Aber ich würde vielleicht mal über ein 1:1 jubeln.

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