Die BVB-Geschichte

Die Geschichte des BVB - Teil 15: Von 1979 bis 1988 (IV)

29.06.2013, 00:09 Uhr von:  CHS
Die Geschichte des BVB - Teil 15: Von 1979 bis 1988 (IV)

In dieser Rubrik findet ihr ab jetzt einen Rückblick auf über 100 Jahre Borussia Dortmund und ein wenig mehr. Denn wir werfen auch einen kurzen Blick auf die übrige Dortmunder Fußballlandschaft.

Das Jahr 1988 beginnt positiv, denn am 5.01.1988 kommt nach langen Pokerspiel der 20-jährige Andreas Möller für eine Ablösesumme von 2,4 Millionen DM (zuzüglich Mehrwertsteuer) von Eintracht Frankfurt zum BVB. Die Ablösesumme vom deutschen Mittelfeldstar ist die bis dahin höchste, die in Deutschland bezahlt wurde. Der Kicker kommentiert dies mit der Überschrift „Rekord-Kohle aus Dortmund". Zwei Tage später wollen beim ersten Training der Borussen 600 Fans den neuen Spieler sehen.

Allerdings werden sie von Trainer Saftig enttäuscht, denn das Team verschwindet zu einem Waldlauf. Das erste Hallenturnier für den BVB gewinnen die Borussen in Essen vor dem VfL Bochum. Beim heimischen Hallenturnier in der Westfalenhalle beendet der BVB das Turnier nur auf Platz vier. Positiv war da schon eher die Jahreshauptversammlung, auf der Schatzmeister Vogt einen Überschuss von 260.000 DM für die Saison 86/87 vermelden kann. Außerdem wird Präsident Niebaum von den 417 Mitgliedern wiedergewählt.


Zum wiederholten Mal geht es für den BVB nach Spanien ins Trainingslager. In Estepona sollen die Grundlagen für den erfolgreichen Abstiegskampf gelegt werden, es fehlt nur der verletzte Michael Zorc. Das erste Pflichtspiel findet in Uerdingen statt. Im DFB Pokal-Achtelfinale stehen die Dortmunder zweimal vor dem Aus, doch sowohl Dirk Hupe (in der 87. Minute), als auch Günter Kutowski (119. Minute) schaffen den Ausgleich und erzwingen mit einem 3-3 nach Verlängerung noch ein Wiederholungsspiel. Zwar gelingt Andreas Möller sein erstes Tor in der Bundesliga für Dortmund, aber trotzdem verliert der BVB sein Heimspiel gegen VfL Bochum mit 1-2. Auch beim Wiederholungsspiel im DFB-Pokal unterliegt der völlig verunsicherte BVB gegen die keineswegs überzeugenden Uerdinger mit 1-2. Aufgrund der schwachen Heimspielleistungen werden alle Siegprämien bis zum Saisonende eingefroren.

Das scheint zu helfen, denn der BVB gewinnt endlich wieder ein Heimspiel. Beim 3-1 gegen Eintracht Frankfurt ist auch wieder Michael Zorc dabei. Am 26.03.88 findet dann das Derby in Gelsenkirchen statt, allerdings verlieren die Borussen dort klar mit 0-3. Andreas Möller sieht wegen eines Allerweltsfouls eine Rote Karte und Pagelsdorf scheitert mit einem Elfmeter. Für die Gelsenkirchener ist dies allerdings der letzte Sieg in der Bundesligasaison und am Ende steigen sie als Tabellenletzter ab. In der Liga geht es dann weiter auf und ab. Ein kurioses Tor erzielt Frank Mill beim 3-3 gegen Hannover 96. Hannovers Torhüter Raps wirft den Ball zum Abschlag hoch, Mill köpft den Ball weg und schiebt ihn dann ein zur zwischenzeitlichen 2-1-Führung.

Dank Frank Mills 1-1-Ausgleich gegen Polen in der letzten Minute kann die Olympiamannschaft Deutschlands weiterhin auf die Teilnahme in Seoul hoffen. Während die Dortmunder Spieler international Erfolge feiern, landet der BVB nach der 0-2-Niederlage beim VfL Bochum wieder in der Abstiegszone. Erst am 14.05.1988, nach dem 2-2 gegen Bayer Leverkusen, kann der BVB den Klassenerhalt nahezu festmachen. Sportlich ist man zwar man gerettet, aber dafür gibt es wieder Querelen im Verein. Es gibt einen Streit zwischen der Mannschaft, angeführt von Kapitän Mill, gegen Trainer Saftig. Am 17.05. ist das sogar Thema bei einer Vorstandsitzung. Die Mannschaft wirft Saftig mangelnde Härte vor. Frank Mill analysierte: „Er ist keine Persönlichkeit, er ist immer gleich. Er lobt nicht und kritisiert nicht. Er kann einfach nicht aus seiner Haut." Am Rande dieser Sitzung wird bekannt, dass der BVB für die neue Saison Michael Rummenigge für zwei Jahre verpflichtet. Im letzten Bundesligaspiel führt der BVB in Hamburg bereits mit 3-1, kassiert aber in der letzten Viertelstunde drei Tore und verliert das Spiel mit 3-4. So belegt der BVB am Ende einer enttäuschenden Saison den 13. Platz mit 29-39 Punkten und 51-54 Toren.

Während das Gros der Dortmunder Spieler in die Sommerpause verschwindet, müssen einige Kicker zu den Auswahlmannschaften des DFB. So qualifizierte sich die Olympiamannschaft im Westfalenstadion durch einen 3-0-Sieg gegen Rumänien für die Spiele in Seoul. Mit Zorc und Mill sind zwei Dortmunder Spieler dabei. Fünf Tage später findet dann in Bremen ein Länderspiel gegen Jugoslawien statt. Nach einer Pause von zwei Jahren ist Frank Mill bei der A-Nationalmannschaft dabei und wird auch für Rudi Völler eingewechselt. Endstand ist 1-1. Bei der EM im eigenen Land kommt Frank Mill beim 2-0-Sieg gegen Dänemark eine Viertelstunde vor dem Ende ebenfalls zum Einsatz, erneut wieder für Völler eingewechselt. Es ist das insgesamt elfte Länderspiel von Mill. Das zwölfte findet drei Tage später in München beim 2-0-Sieg der Deutschen Mannschaft gegen Spanien statt. Diesmal dauert der Einsatz nur knapp fünf Minuten und er kommt für Klinsmann in die Partie. Beim EM-Halbfinale steht Frank Mill zum ersten Mal in der Anfangself, doch leider beenden die Niederländer bei der 1-2-Niederlage den Traum von einer deutschen Europameisterschaft.

Während der EM ist bereits Trainingsauftakt beim BVB. Einige tausend Fans wollen die Neuzugänge Rummenigge (München), Ruländer (Bremen), Kroth (HSV) und Breitzke (SC Brück) sehen. Die Mannschaft verlassen haben unter anderem Kleppinger, Anderbrügge, Hupe, Raducanu und Simmes. Gerade die Verpflichtung von Michael Rummenigge war bei den BVB-Fans höchst umstritten. Schuld daran ist die sogenannte „Schlosseraffäre". Rummenigge hatte bei einer Telefonaktion einen arbeitslosen Schlosser angegriffen. Schließlich sei ein Schlosser als kleines Rädchen ersetzbar, er selbst sei es nicht. Den Ruf des arroganten Fußballprofis hat „Kalle" damit weg und ist in der Arbeiterstadt Dortmund zu einer Persona non grata geworden. Eine Flut von Protestbriefen ereilt die BVB-Geschäftsstelle und auch eine Demonstration gegen Rummenigge gibt es vor dem Klubheim. Ein weiterer Grund für seine Unbeliebtheit: Für den Ex-Münchener muss der Publikumsliebling Raducanu auf die Bank wechseln. Dieser Spießrutenlauf endet erst nach einer „Goodwill-Tour" von Rummenigge durch die einzelnen BVB-Fanklubs. Den Rest der Fans kann er durch seine Leistungen auf dem Platz überzeugen.

Im Verein herrscht ebenfalls Zoff: An jenem Tag, als die Mannschaft ins Trainingslager nach Erbismühle/Taunus fahren will, erklärt Trainer Saftig seinen sofortigen Rücktritt. Hintergrund ist, dass der Vorstand gegen Saftigs Absicht, Michael Zorc statt Frank Mill zum Kapitän zu machen, sein Veto eingelegt hat. Saftig zu diesem Vorfall: „Das Präsidium ist mir in den Rücken gefallen. Ich hatte im Vertrag alle Vollmachten, in Wirklichkeit hat sie mir der BVB nicht gegeben." Der BVB reagiert schnell, schon ein Tag später heißt der neue Chefcoach Horst Köppel. Er erhält einen Zweijahresvertrag und leitet am selben Tag schon das Training. Damit ist er nicht der einzige neue Verantwortliche beim BVB. Der BVB hat nach dem Desaster mit Tippenhauer einen neuen Manager verpflichtet: Klaus Gerster, der persönliche Manager des Spielers Andreas Möller. Wie sich später herausstellt ist auch er nicht gerade ein Gewinn. Die Westfälische Rundschau nennt Klaus Gerster einen „Manager-Lehrling".

Nach dem die Vorbereitungsspiele relativ erfolgreich waren, verliert der BVB mal wieder das erste Spiel zuhause vor 40.200 Zuschauern mit 1-2 gegen VfB Stuttgart. Erfolgreicher ist der BVB im DFB-Pokal. In der ersten Runde trifft man zuhause auf den Zweitligisten Eintracht Braunschweig und gewinnt klar mit 6-0. In der Liga muss der BVB bis zum 6. Spieltag warten, um endlich den ersten Saisonsieg einzufahren. Bei Waldhof Mannheim gewinnen die Borussen mit 3-0. Allerdings verletzt sich dabei Michael Zorc und muss die Teilnahme an den Olympischen Spielen absagen. Nach dem 4-0-Sieg gegen Hannover 96 und einem ausgeglichenen Punktekonto geht der BVB in die Olympiapause.

Während Frank Mill mit der B-Mannschaft in Seoul um Medaillen kämpft, feiert Andreas Möller sein Debüt in der A-Nationalmannschaft und zeigt eine hervorragende Leistung. Bei der Olympiade gewinnt Frank Mill mit der deutschen Mannschaft eine Bronzemedaille gegen Italien. Eine bessere Platzierung verhindert die Niederlage im Halbfinale gegen Brasilien im Elfmeterschießen. Mills Bilanz: 5 Spiele, 3 Tore und eine Sperre wegen gelber Karten.

Am 03. Oktober 1988 wird BVB-Trainer Horst Köppel vom DFB zu einer Geldstrafe von 1.000 DM verurteilt. Grund ist die Bezeichnung von Linienrichter Albrecht im Spiel gegen Kaiserslautern als „Affe". Möllers Ausflug zum U21-Länderspiel gegen Holland endet mit einer Verletzung. Er zieht sich einen Muskelfaserriss zu und fällt vier Wochen aus. Einen Tag später wird Frank Mill bei der EM-Revanche gegen Holland für Klinsmann eingewechselt.

Ende Oktober erlebt der BVB die höchste Heimniederlage seit 16 Jahren. Gegen den 1. FC Köln kassiert Borussia eine 0-4-Niederlage und bei der Zweitrundenbegegnung im DFB-Pokal gegen FC Homburg enttäuscht der BVB ebenfalls. Nur dank des ersten BVB-Pflichtspieltor von Michael Rummenigge per Elfmeter ziehen die Borussen in die dritte Runde ein.

Dies nimmt Frank Mill zum Anlass und beschwert sich via Medien über die Personalpolitik seines Vereins. Der Vorstand bestraft ihn mit der Zahlung von 5.000 DM und dem Entzug der Kapitänsbinde. Am 12. November gelingt dem BVB nach einer wochenlangen Durststrecke der Befreiungsschlag und man gewinnt gegen den 1. FC Nürnberg mit 4-0. Das nächste Spiel gegen Frankfurt wird mit 6:0 noch deutlicher gewonnen, aber nur drei Tage später wird der BVB-Höhenflug durch den deutschen Meister Werder Bremen gestoppt (0-2-Niederlage). Und nach dem torlosen Unentschieden beim Karlsruher SC belegt der BVB nach Abschluss der Hinrunde den zwölften Platz mit 16-18-Punkten und 23-16-Toren.

Eine Woche nach dem Bundesligaabschluss 1988 tritt der BVB im Achtelfinale des DFB-Pokals beim Reviernachbarn FC Schalke 04 an. Innerhalb von 10 Minuten - zwischen der 60. und 70. Minute - erzielen Rummenigge, Dickel und Zorc die vorentscheidende 3-0-Führung. Am Ende gewinnen die Borussen mit 3-2 und ziehen ins Viertelfinale ein. Bei der anschließenden Pressekonferenz kommt es zum Eklat. Nach diversen Anfeindungen des Bild-Reporter Jürgen Meyer in Richtung Frank Pagelsdorf revanchiert sich dieser, indem er dem Reporter ein Glas Wasser über den Kopf gießt. Meyer weiß sich nur mit Gewalt zu helfen und kontert mit drei Fausthieben. Die Aktion endet mit Stadionverbot für den Reporter und einer schlechten Publicity für den BVB in der Bild.

Einen Tag später findet die Weihnachtsfeier des BVB statt und die Spieler werden in einen vierwöchigen Winterurlaub entlassen. Doch Weihnachtsstimmung herrscht beim BVB nicht. Die Nichtberücksichtigung von Frank Mill beim Derby schlägt hohe Wellen. Mill selbst sah sich nach der Verletzungspause wieder einsatzfähig, aber Trainer Köppel bestreitet dies. Der Streit zwischen den beiden droht zu eskalieren und Mill möchte den Verein sofort verlassen. Ein Tag später setzen sich der Vorstand, Manager Klaus Gerster, Trainer Horst Köppel und Spieler Frank Mill zusammen. Dort werden die Dissonanzen der letzten Zeit ausgeräumt und Frank Mill erklärt: „Es wurde von allen Seiten Fraktur geredet. Das hätte viel eher geschehen müssen." Außerdem kündigt der Stürmer an, er werde seinen bis 1991 laufenden Vertrag erfüllen. Da der BVB weiterhin einen Stürmer sucht und der Schotte Maurice Johnstone zu teuer ist, versucht Manager Gerster den dänischen Jung-Nationalspieler Marc Strudal zu verpflichten. Kurz vor dem Jahreswechsel konkretisieren sich die Pläne mit Strudal, allerdings hat der 1. FC Köln ein Vorkaufsrecht.

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