Im Gespräch mit...

...Arnd Zeigler: schwatzgelb.des wunderbare Welt des Fußballs

13.12.2010, 21:00 Uhr von:  Guerriero Jakob Gastautor
...Arnd Zeigler: schwatzgelb.des wunderbare Welt des Fußballs
Arnd und sein Sohn

Borussia Dortmund hatte kurz zuvor 2-0 gegen Werder Bremen gewonnen, doch Arnd Zeigler trat trotzdem tapfer zu einem spontanen "Kurzinterview" an. Während sich der Pressebereich im Westfalenstadion zusehends leerte und Nobby in der Westtribüne mit nem Pils in der Hand auf ihn wartete, sprach Arnd mit uns über Werders schwierige Phase, Borussias Höhenflug, über Psychologie, Sympathie und sein legendäres Interview mit Jürgen Klopp. Am Ende wurden es 25 Minuten Gespräch und ein Einblick in die wunderbare Gefühlswelt des Fußballfans Arnd Zeigler.

schwatzgelb.de: Macht’s Dir eigentlich noch Spaß?

Arnd Zeigler (lacht): Was genau? War heute irgendwas?

schwatzgelb.de: Bist du froh, dass du jetzt nicht direkt nach dem Spiel Deine Sendung (Anm. Red. „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“) machen musst?

Arnd Zeigler: Ja, doch es macht generell schon noch Spaß. Ich ticke da nicht anders als jeder andere Fan auch. Ich bin auch jemand, der die Zeitung nicht so gerne liest, wenn wir verloren haben. Oder auch, der am nächsten Tag nicht so gerne zur Arbeit geht, weil er weiß, dass man da dann Fans anderer Vereine trifft.

Deswegen ist es auch nicht schön, direkt nach einem solchen Spiel die Sendung zu haben. Ich glaube, ich bin dann schlecht drauf, wie jeder andere Fan schlecht drauf ist, wenn sein Verein verliert. Extrem ist es, wenn wir dann sonntags zu Hause spielen und ich dann nach einer Heimniederlage die Sendung machen muss. Das hatte ich in jener Saison, als wir 0:2 gegen Wolfsburg verloren haben. War nicht schön.

schwatzgelb.de: Journalistisch neutral betrachtet: Wie bewertest du denn das heutige Spiel?

Arnd Zeigler: Ich find das immer ganz furchtbar, wenn ich selbst zu so Phrasen greife, die ich bei anderen Leuten ganz schlimm finde. Aber solche Spiele wie das heute gewinnt am Ende eben dann doch die Mannschaft, die oben steht und wo sich eine Art Eigendynamik entwickelt hat. Am Ende ist eine Saison, die erfolgreich zu Ende geht, nicht eine Aneinanderreihung von Gala-6:0-Siegen, sondern es gehören eben auch solche Spiele wie das heute dazu; diese Spiele, die man dann eben von A bis Z runterspielt und am Ende zwar verdient, aber ohne zu glänzen gewinnt. Das sind am Ende die Spiele, die sich dann summieren und die letztendlich das Zünglein an der Waage sein können.

schwatzgelb.de: Also spielt der psychologische Faktor in so einem Fall und bei so einem Spiel eine große Rolle?

Arnd Zeigler: Ich denke, das ist zurzeit bei eurem Verein das Plus, dass man das Gefühl hat, dass diese Truppe gut durch die Saison geht und dass man weiß, dass es hier jetzt nicht nochmal groß Turbulenzen geben wird. Ich meine, selbst wenn ihr jetzt mal drei Spiele verlieren solltet, dann würde eben einfach weiter gemacht. Das läuft eben zurzeit bei euch anders als bei zwei Dritteln der anderen Vereine, wo du ganz genau weißt, die sind nicht so stabil und da kann immer mal etwas umkippen. Und das ist hier in Dortmund aufgrund der handelnden Personen und der Mannschaft einfach nicht denkbar.

schwatzgelb.de: Aus Werder-Sicht…

Arnd Zeigler: … da ist es zurzeit das Gegenteil…

schwatzgelb.de: Findest Du es schade, dass Winterpause ist, jetzt wo Werder sich so ein bisschen im Aufwärtstrend befindet?

Arnd Zeigler: Nein, ein Aufwärtstrend ist das noch nicht wirklich. Man hat auch heute gemerkt, dass das zwar teilweise ganz guter Fußball war, dass die Mannschaft auf der anderen Seite aber auch nicht nachlegen kann. Derzeit, mit den angeschlagenen Pizarro und Arnautovic, sowie dem gesperrten Almeida, haben wir vorne einfach nicht mehr viel. Und wenn du dann einen Rückstand aufholen willst und musst dann Sandro Wagner und U-19-Spieler einwechseln, dann sieht man eben, dass es im Moment nicht so gut aussieht. Wir müssen jetzt irgendwie in die Winterpause kommen und meine große Hoffnung ist, dass man dann noch eine riesige Zäsur macht und nochmal bei null anfängt. Das wird nicht für die Plätze 1-3 reichen, aber ich denke dahinter ist alles völlig offen. Ich sehe wirklich euch und Leverkusen oben, dahinter ist eigentlich noch nichts so wirklich zementiert. Mainz wird zwar nicht weit abrutschen, sie werden aber auch nicht auf drei bleiben. Hannover und Freiburg werden nicht da oben bleiben, da wird nochmal bunt gemischt werden.

Im Prinzip geht es für Mannschaften wie Werder und Wolfsburg nochmal bei null los, also den Mannschaften, die eben Potenzial und bislang eine Grotten-Saison gespielt haben. Die haben alle die Chance in der Rückrunde, wenn sie die ersten drei Spiele gewinnen, vielleicht noch auf Platz 4 zu landen. Da unten ist ja doch alles recht eng beisammen. Ich hab heute mit Überraschung gesehen, dass Freiburg mit acht Siegen und sieben Niederlagen Vierter ist, was früher eine Mittelfeld-Bilanz gewesen wäre.

schwatzgelb.de: Du hast gerade drei Fans vor Dir sitzen, die gar nicht fassen können, was hier gerade abgeht. Vor zwei Jahren waren die Vorzeichen vor dem Duell BVB-Werder komplett umgekehrt, ihr ganz oben und wir unten drin. Ist das nicht irre, wie schnell sich das Bild in der Liga und bei den Vereinen wandelt?

Arnd Zeigler: Ja, deswegen weiß man so Phasen, wie ihr sie gerade durchlebt, glaube ich, erst richtig zu schätzen, nachdem man richtig in der Scheiße gesessen hat. Bei euch war’s ja eher finanzieller Natur, gar nicht mal so rein sportlich. Aber wenn man mal bei null ist und gar nicht weiß, welche Perspektive der Verein noch hat und dann eine Phase wie diese kommt, dann ist das ein Geschenk!

schwatzgelb.de: Man kann einfach nicht fassen, was gerade passiert. Immer, wenn Borussia in den vergangenen Jahren eine Phase hatte, in der sich so etwas verselbständigen konnte, kam der Rückschlag. Selbst vor dem heutigen Spiel war ich skeptisch, das Spiel war eines der schwierigsten in dieser Saison und ich habe Werder dann auch als einen der besten Gegner gesehen, selbst wenn das Spiel an sich zerfahren war. Wenige Mannschaften haben Borussia vor solche Probleme gestellt. Von unserem hohen Ross herab können wir sagen, dass euch das Hoffnung geben sollte.

Arnd Zeigler: Mich erinnert das sehr stark an die Saison, in der wir das Double gewonnen haben. Das war genauso eine Spielzeit, in der uns keiner was zugetraut hatte, als wir aus einer ähnlichen Situation heraus gekommen sind, dann auch ganz früh auf Platz eins waren und ganz früh sehr viel Vorsprung hatten. Bei uns gab’s damals ein Spiel in der Rückrunde, das wir 2:0 in Wolfsburg gewonnen haben und nach dem wir dann neun Punkte Vorsprung hatten. Man dachte dann auch „Das kannst du jetzt gar nicht mehr verspielen, aber… das kann doch eigentlich nicht sein!“. Da hast du die ganze Zeit überlegt, was noch schiefgehen kann. Und dann haben wir auch noch das Kaiserslautern-Heimspiel, das werde ich nicht vergessen, durch einen Ailton-Elfmeter in der Nachspielzeit 2:1 gewonnen und bei den Ergebnissen von den anderen Plätzen kam dann raus, dass Bayern in der Schlussminute noch mit 0:1 verloren hat und ich dachte „Das kann doch jetzt nicht auch noch klappen!“. Das Komische an der Saison war, und das wird euch vielleicht auch so gehen, dass einem fast ein bisschen die Spannung fehlt, wenn man so einen hohen Vorsprung hat, weil man keinen Widersacher hat, mit dem man sich so beharkt. Man weiß gar nicht, wer der Gegner ist…

schwatzgelb.de: Mainz vielleicht, ganz am Anfang!

Arnd Zeigler: Ich hab' das Spiel vorhin im Barrock geguckt und dann erstaunt festgestellt, wie viel Angst ihr vor Leverkusen habt. Bei jedem Leverkusener Tor gab’s da ein Raunen.

schwatzgelb.de: Ich persönlich hätte am Anfang der Saison gedacht, wenn mir jemand gesagt hätte, dass wir 10 Punkte Vorsprung auf Platz 2 haben, dass das Stadion tobt. Wie hast du das heute erlebt?

Arnd Zeigler: Ich muss das etwas umfassender beschreiben. Ihr befindet euch in einem Zustand, um den ich euch etwas beneide. Es gibt im Fußball bei der Stimmung verschiedene Phasen. Man hat Phasen, wo man als Fan total satt ist, weil der Verein dreimal Meister wurde, wo man anfängt verwöhnt zu werden und dann sauer ist, wenn man mal nur auf Platz drei steht oder in der Champions-League nicht ins Halbfinale kommt, weil die Meisterschaft nicht mehr interessant ist. Dann gibt’s Phasen, in denen man total hungrig ist und seit Jahren nach etwas giert, weil der Verein nichts erreicht hat. Und bei euch ist‘s aktuell die Phase, in der man einfach wirklich genießt; wo man was mitnimmt und nicht satt ist, weil man eben kein Favorit war und damit gar nicht rechnen konnte; wo man das staunend aber erfreut zur Kenntnis nimmt, was da passiert. Das Angenehme daran ist, dass man dadurch auch nicht arrogant ist und so hoch finde ich das Ross bei euch gar nicht. Hier im Stadion merkst du, dass die Leute sich an der Situation berauschen, aber dadurch, dass ihr noch nicht so lange da oben steht, trauen sie dem Frieden noch nicht so ganz, es ist zerbrechlich und man hat Angst, denn es könnte durchaus wieder vorbeigehen – nicht wie bei Bayern, die zwischendurch mal Zweiter und dann wieder dreimal Meister werden. Es ist etwas, das gerade wächst und, wofür euch wahrscheinlich alle Schalker hassen, das auf eine sehr sympathische Art. Jemanden wie Kagawa kann man sicher irgendwo für 10 Millionen irgendwo kaufen, aber es ist toller, den für 200.000 aus der zweiten japanischen Liga zu holen. Das sind alles kleine Faktoren, wo man denkt, das sind so Mosaiksteine; die Art wie man Fußball spielt, dann hat man nicht nur einen Götze, sondern vier oder fünf Spieler in dem Alter im Kader stehen... das ist fast schon zu viel!

Ich sollte letztens eine Kolumne für den RevierSport schreiben, in der es eigentlich nur um euch und Schalke gehen sollte und wollte damit anfangen, eure Vorrunde ein bisschen zusammenfassen und die entscheidenden Spieler zu nennen – da willst du dann auch keinen weglassen! Du fängst dann mit Barrios an, dann spielt Weidenfeller ‘ne super Saison, du nennst Götze, hast da Kagawa, musst dann aber auch Schmelzer und wen nicht noch alles nennen. Und auf einmal merkst du, dass das eine Mannschaft ist, in der überhaupt niemand abfällt. Das ist keine Mannschaft mit drei Superstars und vier Wasserträgern.

schwatzgelb.de: Du hast gerade das Erfolgsrezept bei uns angesprochen: Eine Mannschaft, die untereinander sehr gut klar kommt und bei der man merkt, dass die Chemie einfach stimmt. Ich glaube, dass das momentan mit der größte Erfolgsfaktor ist.

Arnd Zeigler: Ja, und was wirklich eine ganz, ganz große Rolle spielt, ist die Mentalität und der Charakter des Trainers. Das ist so abstrus zu hören, dass Bayern sich damals Gedanken über Klopp gemacht hat und man dann Klinsmann geholt hat.

schwatzgelb.de: Aber mit Klopp kann man gute Interviews führen.

Arnd Zeigler: Und wenn man dann mal denkt: Was wäre, wenn es damals anders gelaufen wäre? Der HSV zum Beispiel. Der wollte Klopp holen und war nicht überzeugt, ob er nun der Richtige ist. Dann haben sie, aufgrund bestimmter Strömungen, Martin Jol genommen. Das sind so Zufälle, wo man gleich das Gefühl hat: Das passt einfach. Wenn ich Fan einer Mannschaft wäre, wo Armin Veh der Trainer ist, würde ich damit unheimliche Probleme haben. Also du hast eben das Gefühl, du kannst dich mit den Leuten identifizieren. Die Leute haben eine Art der Sprache, die man versteht. Das klingt nach Autorität, sie zeigen keine Schwächen.

schwatzgelb.de: Die Borussia spielt ja einen unheimlichen Powerfußball zurzeit. Glaubst du, dass uns ein Überwintern in der Europa League am Ende Puste kosten könnte? Oder ist das Gerede von Kraftverlust durch englische Wochen alles nur ein Märchen?

Arnd Zeigler: Sagen wir mal so: Es wäre sicherlich nicht kraftfördernd, da drin zu bleiben. Auf der anderen Seite gibt es da auch immer wieder Gegenbeispiele. Das ist genauso, wenn ich sage: Ein Gefoulter soll den Elfmeter nicht selber schießen. Da gibt es immer wieder Belege, dass es manchmal stimmt und manchmal stimmt’s eben auch nicht. Genauso ist es im Europapokal. Ich weiß, dass wir im letzten Jahr, als wir noch Champions League gespielt haben, ganz oft Spiele hatten, wo du immer wieder gelesen hast: „Große Hoffnung!“, weil Werder am Mittwoch noch Champions League gespielt hat. Also danach haben wir immer gewonnen. Letztendlich kommst du wahrscheinlich schon auf dem Zahnfleisch durch die Saison, aber das sind auch Abende, die dir auch was geben. Ich weiß, vor langer, langer Zeit – es muss in den Neunzigern gewesen sein – als der BVB im UEFA-Cup ganz weit gekommen ist: Da haben sie so viel Geld verdient, dass das Ganze der Startschuss für das folgende war. Als du eine totale Euphorie-Welle hattest und dadurch auch immer mehr gewachsen bist. Ich glaube, es wäre kein schlimmer Rückschlag, wenn der BVB es diesmal nicht schafft. Es wäre so, dass man das abhaken könnte und sagen würde: Dann jetzt halt Bundesliga. Aber es wäre auch nicht von Nachteil, wenn ihr das schafft.

schwatzgelb.de: Was ist denn in Bremen los? Darf man da überhaupt was gegen Thomas Schaaf sagen? Ich habe gerade mitbekommen, dass die Fans eigentlich super zufrieden sind. Liegt das daran, dass er schon ein Jahrzehnt da ist?

Arnd Zeigler: Also Thomas Schaaf ist eigentlich ein ähnliches Beispiel wie Jürgen Klopp. Er ist ähnlich verwurzelt und ähnlich verankert. Das ist kein Trainer, den man geholt und ihm eine teure Mannschaft hingestellt hat. Sondern der hat sich das alles gebaut, was da jetzt gerade ist. Auf der anderen Seite ist es auch eben so: In den besseren Phasen hörst du dauernd irgendwelche Interviews anderer Vereine, die beneiden, wie kontinuierlich in Bremen gearbeitet wird. Dass das alles über Jahre wachsen darf und dass man auch nicht panisch wird, wenn’s mal nicht läuft. Daran muss man sich eben auch erinnern, wenn es mal drei Monate richtig schlecht läuft. Man muss sagen: Okay, wenn Kontinuität, dann muss man auch solche Phasen mal aushalten. Was bei uns anders ist: Wir haben die letzten sieben Jahre international gespielt und waren bis letzte Saison eigentlich auch immer Titelanwärter. Wir sind in einer Phase, in der wir auf Platz elf stehen und die Leute eben nicht vollkommen euphorisiert ins Stadion gehen, wenn man ein Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt hat. Dann nimmt man das mal eben so mit und das ist ein bisschen gefährlich.

schwatzgelb.de: Wobei, um das mal zu relativieren, man muss ja auch realistisch sein und sagen, dass das heute bei uns auch keine bombastische Stimmung war. Es gewöhnen sich nun einmal viele an den Zustand. Hätte uns einer gesagt, dass wir zehn Punkte Vorsprung auf Platz 2 haben, hätte wohl jeder gedacht, die Bude bebt.

Arnd Zeigler: Achso, genau das wollte ich vorhin damit sagen. Das Komische ist dieser hohe Vorsprung. Bei uns war das damals dann so, dass wir wirklich zwei oder drei Spieltage vor Schluss Meister waren. Man spürte schon diese Begeisterung, aber es fehlte eben diese Spannung. Du hast keine Endspiele, du hast keine Spiele auf Biegen und Brechen, wo du jetzt gewinnen musst um deinen Vorsprung zu halten. Erst schrumpfte der Vorsprung auf sieben Punkte, danach hast du wieder neun. Das ist irgendwie merkwürdig. Du hast den Spannungsbogen halt nicht.

schwatzgelb.de: Bestes Beispiel für Spannung: Die letzte Deutsche Meisterschaft des BVB, der letzte Spieltag...

Arnd Zeigler: Ja, da war ich auch hier... (alle lachen)

schwatzgelb.de: Aki Watzke hat ja gerade in der Pressekonferenz gesagt, dass das ein sehr kollegiales und faires Miteinander zwischen dem BVB und Werder ist und es ist bekannt, dass du mit Norbert Dickel ein sehr, sehr gutes Verhältnis hast. Ist das was Dauerhaftes oder ist das irgendwann, wenn beide Vereine mal wieder direkte Kontrahenten sind, vielleicht nicht mehr so?

Arnd Zeigler: Ich muss das mal ganz deutlich machen: Zu der Zeit, als der BVB diesen Mit-dem-Geld-um-sich-schmeißen-Wahnsinn gemacht hat, waren bei mir die Sympathien anders verteilt. Da war Schalke eher der sympathische Verein, der auf dem Boden geblieben ist. Der BVB war eher so ein Tausendsassa-Verein, der nach den Sternen greift und merkwürdige Dinge tut. Da gab es ja auch diese Animositäten zwischen Hoeneß und dem BVB, wo Hoeneß sinngemäß gesagt hat: „Wir sind an Spieler XY interessiert, aber sobald der BVB wieder anfängt, irgendwelche Fabelangebote zu machen, kann man das vergessen.“ Da war der BVB für den Außenstehenden kein so sympathischer Verein. Aber das ist einfach jetzt so gewachsen, dass ich mittlerweile sage: Es gibt in der Bundesliga neben meinem Verein noch zwei, drei andere Vereine, die ich sympathisch finde. Und das liegt zum großen Teil wirklich an den handelnden Personen. Es liegt daran, dass ich euren Pressesprecher (Josef Schneck, Anm. d. Redaktion) mag, dass ich Norbert Dickel mag, dass ich Jürgen Klopp mag...

schwatzgelb.de: Dass du schwatzgelb.de magst…

Arnd Zeigler: Stimmt, wir haben ja auch schon länger Kontakt. Letztlich setzt sich das aus vielen Kuchenteilen zusammen, wo ich sage: Das mag ich, und das mag ich... Es ist die Atmosphäre, es ist die Mannschaft.

schwatzgelb.de: Wie ist das deiner neutralen Sicht als der Fernseh-Arnd-Zeigler, der die Wunderbare Welt des Fußballs moderiert? Siehst du, dass der BVB wirklich so sympathisch gesehen wird, wie du ihn siehst oder gibt es jetzt auch Neider, die sagen, der Verein ist schon ein bisschen der Wirklichkeit entrückt?

Arnd Zeigler: Ich glaube nicht, dass es Neider in dem Sinne gibt, weil ihr es euch auch erarbeitet habt. Der BVB ist ja nicht so wie Vereine, die – ohne jetzt Namen zu nennen – die für 120 Millionen Euro Kredite aufnehmen oder von Sponsoren zu geschissen werden und deswegen im Geld schwimmen und sich alles ergaunern können, was sie erreicht haben. Deswegen ist „Neider“ denke ich das falsche Wort. Was ich mir vorstellen kann, wobei das natürlich eine völlig diffuse Sache ist, dass das manchen Leuten alles zu viel wird mit den ganzen Lobhudeleien.

(Arnds Smartphone klingelt. Norbert Dickel ist am anderen Ende der Leitung.)

schwatzgelb.de: Du persönlich bist ja jetzt nicht die deutsche Berühmtheit, aber dein Interview mit Klopp hatte direkt nach einer halben Woche eine halbe Million Klicks. Was denkst du darüber?

Arnd Zeigler: Also ich muss schon sagen, ohne jetzt zu viel zu sehr zu kokettieren, aber das lag schon mehr am Klopp als an mir.

schwatzgelb.de: Aber man muss die Fragen auch erst einmal so stellen und dann nicht lachen können.

Arnd Zeigler: Es war aber einfach auch ein Glücksfall. Wir hatten diesen Interview-Termin mit ihm. Wir haben uns auf dem Weg nach Hannover überlegt, dass wir doch jetzt nicht wieder so ein Interview machen können, indem wir ihn fragen: „Seid ihr jetzt ein Titelanwärter? Wie ist denn jetzt die Chance?“. Ich hasse nichts mehr, als Interviews mit einem von euren Verantwortlichen, wo dann die „M-Frage“ gestellt wird. Das finde ich furchtbar. Als wenn das jetzt einen Mehrwert hätte, wenn einer von euch sagen würde: „Ja, wir wollen Meister werden!“. Das hat ja keinerlei Bedeutung. Wir mussten irgendwas anderes machen. Dann war glücklicherweise der Spielverlauf so, dass es ein hoher Sieg wurde. So passte es noch besser und dann war klar, dass ich das so versuche. Ich dachte allerdings währenddessen, dass Klopp irgendwann abbricht und zwischendurch anfängt zu kichern und sagt: „Jetzt lass' mal gut sein.“ und weg geht.

schwatzgelb.de: Also war das tatsächlich spontan?

Arnd Zeigler: Das war total spontan. Ich habe ihm kurz gesagt: „Jetzt pass' mal auf, wir machen ein kritisches Interview.“ (alle lachen). Und ich wollte ihn eigentlich kurz warnen, aber er meinte, wir sollten einfach anfangen. Die meisten Leute in der Bundesliga hätten, glaube ich, große Berührungsängste bei so etwas. Die würden erst einmal ihren Pressechef vorschicken und fragen, ob das alles so in Ordnung ist. So würden gucken, ob sie sich angreifbar machen. Ich glaube, dass Klopp dadurch sehr viele Sympathiepunkte gesammelt hat. Mehr, als er ohnehin schon hatte.

schwatzgelb.de: Manche haben es ihm als Arroganz ausgelegt.

Arnd Zeigler: Aber niemand von euch, oder?

schwatzgelb.de: Nein, von der anderen Seite...

Arnd Zeigler: Ja, das fand ich relativ hilflos. Da war ja nichts Arrogantes dabei, das war auch keine Überheblichkeit.

schwatzgelb.de: Danke, dass du dir spontan Zeit für uns genommen hast!

Arnd Zeigler verlässt den Presseraum und fragt nach dem Weg zur VIP-Tribüne, denn da wartet Nobby auf ihn. Das Bier für Arnd dürfte er da schon selbst getrunken haben.

Das Interview führten Sven, Jakob und Tobias Westerfellhaus.

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