Spielbericht Profis

Irgendwo zwischen Europapokal und der Prärie des Ostens

31.08.2008, 14:09 Uhr von:  Christoph
Irgendwo zwischen Europapokal und der Prärie des Ostens
Die Erleichterung nach dem Sieg war groß

"Nachdenklich sind sie bei der Anreise in die Lausitz gewesen"- sagt ein Kenner der Mannschaft. Auch Klopp soll während des Fluges nach Cottbus sehr ruhig und ernst gewesen sein- „halt anders als sonst". Die Gedanken schon bei Udinese? Oder gar Sorgen vor der Aufgabe in Cottbus?

Die Euphorie unter den Fans scheint zumindest nach dem Highlight des letzten Jahres, dem Pokalfinale in Berlin, neu entfacht zu sein. Eifrig plante man schon auf der Fahrt nach Cottbus mögliche Europapokal-Fahrten. Das Thema Cottbus war zweitrangig, schließlich hatte man in Cottbus bisher eine weiße Weste und konnte die drei Punkte fest einplanen. Der Weg zum verdienten Sieg sollte dieses mal ein weiter sein.

Vorspiel

Die Sonne war im Osten noch nicht aufgegangen, da machten sich schon die ersten Borussen auf den langen Weg nach Cottbus. Die Autobahn A2 war fest in schwatzgelber Hand. Immer wieder überholten wir einige der zahlreichen Fanbusse oder wurden von schwatzgelb geschmückten Pkws überholt. Über 2.000 Dortmunder wurden in Cottbus erwartet. Doch durch viele Fans aus den umliegenden Regionen sollten es knapp 3.000 Borussen sein, die ihre schwatzgelben Jungs unterstützen wollten. Bereits zwei Stunden vor Spielbeginn trafen die meisten Dortmunder am Stadion ein. Die Fanbusse hielten wie in den Jahren zuvor direkt am Gästeblock. Die Ankunft verlief unter der Aufsicht der Fanbetreuer weitestgehend reibungslos. Das Erste, was die ankommenden Dortmunder zu Gesicht bekamen, war Blech. Seit dem letzten Auftritt der Borussia hat sich in Cottbus einiges getan.

Choreografie der Desperados im Gästeblock

Dort wo in der letzten Saison noch Bäume und eine unbedachte Kurve zu finden waren, prangte jetzt die neue Südtribüne. Komfortabler und moderner erstrahlte sie in ihrem grauen Blech. Ein kleines, reines Fußballstadion ist entstanden, welches sich optisch von den 0815 Arenen abgrenzt.

Eine lange Warteschlange und die sehr ausführlichen Kontrollen beim Einlass konnten die Vorfreude auf das Spiel nicht trüben. Schnell war der Gästestehplatzblock gefüllt und präsentierte sich schon weit vor dem Anpfiff lautstark. Durch einen rot-weißes Fahnenmeer (Stadtfahne von Dortmund) sorgte man auch optisch für eine Überlegenheit gegenüber der Cottbusser- Fantribüne, die nicht mehr als vereinzelte Fahnen zu bieten hatte. Nachdem am ersten Spieltag eine Choreographie mit Papptafeln aus Brandschutzgründen verboten wurde, scheint man nun in Cottbus zum anderen Extrem übergegangen zu sein.

Tamas Hajnal war der Moto im Mittelfeld

Der ein oder andere mag sich sicher gewundert haben, weshalb der Gästeblock mit Fahnen und dem Emblem der Stadt Dortmund verziert wurde. Die Antwort auf die Frage ist laut eines Insiders, der an dieser Stelle nicht genannt werden möchte, ganz einfach: Nachdem beim letzten Auswärtsspiel einige Fangruppen mit auffälligen roten T-Shirts im Gästeblock standen, wollte man nun Nachhilfeunterricht in der "Vereinsfarbenlehre" geben und diskret darauf hinweisen, dass es sich bei den Farben Rot und Weiß um die Farben der Stadt Dortmund handelt. Aber nun zum wichtigstem, dem Spiel.

Zum Spiel

Jürgen Klopp schickte exakt dieselbe Mannschaft auf den Platz, die gegen Bayern München eine Woche zuvor aufgelaufen war. Auch die während der Woche noch angeschlagenen Mohamed Zidan und Kuba standen auf dem Platz.

Die Cottbusser leiden hingegen unter einer chronischen Torlosigkeit. Im Sturm drückt den Lausitzern der Schuh. Nach einer 3:0 Klatsche gegen Hoffenheim, erkämpfte man sich immerhin ein 0:0 gegen Hannover und hatte sogar den Siegtreffer auf dem Fuß.

Gleich zu Beginn des Spiels die erste große Chance für Dortmund nach einem Hajnal-Freistoss. Doch Hummels per Kopf und Valdez konnten den Ball nicht im Cottbusser Gehäuse unterbringen.

Kehl im Luftkampf

Die Spieler passten sich in den ersten Minuten des Spiels der Stimmung im Stadion an. Dauernd und laut waren die Fangesänge beider Lager. Auf dem Platz entwickelte sich ein schnelles Spiel. Zweikämpfe wurden gesucht und intensiv geführt. Jeder gewonnene Zweikampf wurde von den Fans bejubelt.

Leidenschaftlich unterstützten die Cottbusser ihre Mannschaft durch einen sehr spielbezogenen Support. Die Cottbusser Mannschaft dankte es durch gut herausgespielte Tormöglichkeiten. Mehrmals flogen die Bälle, gefährlich von der halbrechten Mittelfeldposition geschlagen, in den Dortmunder Strafraum. Besonders die Spieler Rangelov und Rivic verstanden es die Dortmunder Abwehrreihe zu beschäftigen.

Nach einer lebendigen Anfangsphase, in der die Dortmunder aggressiv zu Werke gingen, neutralisierten sich beide Mannschaften gegenseitig durch ihr ungenaues Zuspiel. Dortmund war vor allem bei Freistößen brandgefährlich. So auch in der 30. Minute, als nach einem Hajnal Freistoss Zidan den Ball fein auf Kringe verlängert, der jedoch den Ball knapp über das Tor köpft. Kurz darauf eine weitere Chance durch einen Schuss von Hajnal von der linken Strafraumgrenze, der das Tornetz zappeln lässt. Jedoch streift der Ball nur das Außennetz.Es war Pfeffer in der Partie. In den letzten 10 Minuten der ersten Halbzeit arbeiten beide Mannschaften überwiegend mit hohen, langen Bällen nach vorne. Kurz vor der Halbzeit dann fast die Cottbusser Führung. Angelov führt im Mittelfeld Regie, spielt seinen Mitspieler Iliev gefühlvoll im Strafraum an. Dieser lässt Schmelzer mit einem "Bauerntrick" aussteigen und hat freie Bahn zum Tor, vergibt allerdings kläglich. Im Gegenzug kann sich Schmelzer auf der linken Seite gut durchsetzten. Doch seine Flanke verfehlt den Adressaten. Zur Halbzeit hin kühlte auch die hitzige Stimmung unter den Fans etwas ab. Lediglich Entscheidungen des Schiedsrichters sorgen für Unruhe.

Grenzenloser Jubel um Neven Subotic

Ein „Highlight" unter den Cottbusser Gesängen war sicherlich der Schlager: "Schlacke und der BvB". Ein Hit, der aufgrund seiner Kreativität sicherlich ganz oben in den deutschen Stadion-Charts anzusiedeln ist. In der 45. Minute- oder 10 Sekunden vor der Halbzeitpause- dann doch noch die 1:0 Führung durch Sobotic. Zuvor konnte Tremmel noch einen fulminanten Schuss von Kringe zur Ecke klären. Die Ecke, von Hajnal getreten, landet über einen kurzen Umweg (Kringes Kopf) auf dem Fuß von Subotic, der aus 5 Metern nur noch den Ball einschieben muss. Dortmund führt 1:0! Übrigens schon das zweite Tor des jungen Abwehrspielers!- Halbzeit.

Die zweite Halbzeit beginnt wie bereits die Erste. Die Stimmung auf beiden Seiten prächtig. Auf Dortmunder Seite ein lauter Dauergesang. Die Cottbusser machen ebenfalls durch laute Schlachtenrufe auf sich aufmerksam. Das Spiel ist geprägt durch seine Intensität, läuferisch wie kämpferisch. Dann die 50. Minute. Freistoß Cottbus aus knapp 17 Metern zentraler Position. Ein Schuss wie ein Strich direkt auf die Brust von Ziegler, von wo aus der Ball nach vorne abprallt und von einem Dortmunder geklärt werden kann. Glück für die Dortmunder!

Action im Gästeblock

Doch Cottbus macht weiter Druck. Doch auch Dortmund erspielt sich Großchancen. Kringe setzt sich auf der linken Seite durch und bedient Valdez, dessen Kopfball nur knapp am Pfosten vorbeistreicht. Die beiden Stürmer Valdez und Zidan konnten bis zu diesem Zeitpunkt kaum überzeugen. Zidan wirkte Phasenweise zu verspielt, wurde allerfings auch teilweise von seinen Mitspielern äußerst ungünstig angespielt. Hohe Bälle sind halt nicht seine Stärke.

Die Stimmung im Dortmunder Block ist bestens. Auch die Sitzplätze beteiligen sich an diversen Hüpf- und Gesangseinlagen. Lauter Dauergesang schallt aus dem Block. Aber auch die Cotbusser unterstützen ihre Mannschaft vorbildlich. Kaum Pfiffe und immer wieder aufmunternde Anfeuerungsrufe.

In der 68. Minute dann erneut eine 100% Chance für Cottbus. Nach einer schönen Hereingabe unterschätz Ziegler den Ball. Dieser prallt von der Latte ab und fällt direkt auf den Kopf von Rangelov. Dieser scheint völlig überrascht und köpft den Ball aus einem Meter Entfernung über das Tor.

Die Welle nach dem Spiel

Unglaublich diesen Ball nicht unterzubringen. Cottbus drängt in der Folgezeit weiter auf den Ausgleich. Begünstigt durch schlampige Ballverluste der Dortmunder im Spielaufbau bestimmt Cottbus das Spielgeschehen. In der Schlussphase dann das übliche Bild. Dortmund igelt sich ein und hofft auf die Erlösung durch den Schiedsrichter. Der Dortmunder Block feiert und muss doch bis zum Ende zittern. Der Block skandiert "AUSWÄRTSSIEG!" und ohne weitere Höhepunkte beendet Schiedsrichter Perl die Partie. Es ist geschafft, Dortmund feiert den zweiten Auswärtssieg in Folge und erwartet jetzt zum absoluten Spitzenspiel den FC Schalenlos.

Notizen am Rande

Die Heimreise wurde für viele Dortmunder zu einer feucht fröhlichen Angelegenheit. Berichten zufolge soll es einen Skandal im Fanabteilungsbus gegeben haben. Aus Redaktionskreisen wurde bekannt, dass einige Dortmund Fans, darunter "leider" auch Redaktionsmitglieder, sich zu einer "Po"-Parade im Bus haben verleiten lassen. Dabei wurde der Po blankgezogen und gegen die Busscheibe gedrückt. Zur Verteidigung dieser Übeltäter muss gesagt werden, dass die Aufforderung zu dieser "Schandtat", per Telefon aus einem zu dem Zeitpunkt vorbeifahrenden Fahrzeug kam.

Jubel nach Abpfiff

Aufstellungen

Energie Cottbus: Tremmel - Radeljic, Kukielka, Cvitanovic, Cagdas - Angelov, Rost - Rivic, Skela, Iliev - Rangelov.

Borussia Dortmund: Ziegler - Rukavina, Subotic, Hummels, Schmelzer - Kuba, Hajnal, Kehl, Kringe - Zidan, Valdez.

Einwechselungen: 46. Sörensen für Rivic, 62. Jelic für Iliev, 78. Jula für Skela - 63. Klimowicz für Zidan, 78. Sahin für Hajnal, 83.Owomoyela für Kuba.

Tor: 0:1 Subotic

Eckstöße: 3:4 (Halbzeit 1:3)

Chancenverhältnis: 6:5 (1:4)

Schiedsrichter: Perl (München)

Gelbe Karten: Sörensen - Rukavina

Zuschauer: 18.180.

Spielerbenotung

Ziegler hatte die Partie im Griff

Ziegler: Zeigte Unsicherheiten bei der Beherrschung des Luftraumes im Fünfmeterraum. Ansonsten eine solide Leistung. (3)

Subotic: Erzielte das 1:0 und bemühte sich beim Spiel nach vorne. Besonders bei Standards sorgte er für Unruhe im gegnerischen Strafraum. Seine Gegenspieler hatte er stets im Griff (1-)

Kehl: Konnte seiner Leaderrolle nicht gerecht werden. Fehlpässe und leichte Ballverluste waren keine Seltenheit. Teilweise konnte man den Eindruck gewinnen, dass das Spiel an ihm vorbeilief (3-)

Kringe: Engagiert, lauffreudig und im Abschluss mal hui und dann wieder pfui (3+)

Valdez: Immer noch kein „Killer", sorgte kaum für Gefahr im gegnerischen Strafraum. Ansonsten überzeugte er durch seine Laufbereitschaft (3-)

Zidan: Sehr verspielt und hatte kaum Durchschlagskraft im Angriff. Seine Lauffreudigkeit nahm mit zunehmender Spieldauer ab. (4)

Rukavina: Hatte seinen Gegenspieler im Griff und glänzte durch ein gutes Stellungsspiel. Sein Offensivspiel ist sicherlich noch ausbaufähig. (3+)

Hummels: Starke Leistung für einen so jungen Spieler. Stand wie ein Fels in der Brandung und war neben Subotic bester Mann auf dem Platz. (2+)

Bestnote in der IV

Kuba: Ging engagiert und giftig zu Werke ohne dabei große Akzente setzten zu können (3)

Schmelzer: Ein großes Talent, das erst sein zweites Bundesligaspiel von Beginn an bestritt. Bedenkt man, dass der Junge erst eine Saison Regionalliga gespielt hat, hat er seine Aufgabe gut gelöst. (keine Benotung: JUGENDSCHUTZ)

Hajnal: Der kleine Dirigent wirbelte besonders in der ersten Halbzeit durch das Mittelfeld. Seine Freistöße bewirkten fast immer Gefahr im gegnerischen Strafraum. In der zweiten Halbzeit baute seine Leistung stetig ab (3)

Stimmen zum Spiel

Sebastian Kehl zu der Frage: Sieben Punkte nach drei Spielen. Ein fast perfekter Start, oder?

Kehl: Der Auftakt ist in der Tat gelungen. Ich denke, das war auch sehr wichtig für die Spieler, die Fans und den Verein Borussia Dortmund. Jetzt ist Pause, dann kommt Schalke. Da kann alles gehen.

Auf die Frage, wie er die Leistung des "Kinderriegels" in der Abwehr beurteilt:

Kehl: Es war von beiden eine tolle Leistung. Wichtig ist, dass sie jetzt den Ball flach halten.

Subotic angesprochen auf die gute Leistung der Abwehr am heutigen Tag:

Subotic: Weil wir noch so jung sind, sind wir besonders hoch motiviert. Natürlich steckt auch eine Menge harte Arbeit dahinter. Jetzt ist es richtig nachzulegen. Es ist sehr hilfreich, wenn 80.000 im Stadion "BvB" schreien.

Auf die Frage wie er die Ansetzung der ersten beiden Heimspiele (Bayern und Schalke) findet:

Subotic: Geil, besser geht's nicht.

Jürgen Klopp und Tamas Hajnal

Trainerstimmen

Jürgen Klopp:

"Cottbus hat mit viel Leidenschaft gespielt. Darauf waren wir eingestellt und haben ebenfalls mit Leidenschaft gut dagegen gehalten. Ich bin ein großer Fan der Art von Fußball, die Cottbus hier gezeigt hat. Am Ende haben wir zwar glücklich aber nicht unverdient gewonnen."

"Ich sehe nicht das Problem, dass man in Dortmund zu euphorisch wird. Jetzt geht es ausschließlich darum, dass wir gegen Schlacke gewinnen."

"Im September haben wir im Uefa-Cup gegen Udinese, im Pokal gegen Hertha und in der Bundeliga ein volles Programm. Glücklicherweise kommen demnächst mit Alexander Frei und Tinga wichtige spieler zurück in den Kader. Dazu wird Owomoyela immer stärker und wir haben Lee verpflichtet. Ich hoffe, dass unser Programm noch lange anstrengend bleibt..."

Bojan Prasnikar

"Ich bin nicht zufrieden. Wir waren viel zu ängstlich, haben den Gegner spielen lassen. In der zweiten Halbzeit haben wir zwar mehr Druck gemacht, waren aber trotzdem noch zu ungefährlich."

Weitere Fotos vom Auswärtssieg gibt es demnächst auf unserer Fotoseite foto.schwatzgelb.de.

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