Im Gespräch mit...

...Olaf Suplicki (Teil1): "Die Fanabteilung ist der Hüter des heiligen Grals"

01.08.2006, 00:00 Uhr von:  Guido Janni
...Olaf Suplicki (Teil1): "Die Fanabteilung ist der Hüter des heiligen Grals"

Nachdem der BVB das neue Trikot vor einer Woche vorgestellt hat und Ausrüster Nike mit einer mehr als peinlichen „Traditions-Kampagne“ die Fans unnötig erzürnt hat, flammt die Diskussion ums neue Leibchen erneut auf in der Fanszene. Wir sprachen mit Olaf Suplicki, erster Vorsitzender der Fanabteilung des BVB, über falsche Farben, Fundamentalismus und den Samson-Löwen.

Als vor ein paar Wochen das neue Trikot durch einen Bild-Artikel publik wurde, habt ihr relativ schnell den Dialog mit Watzke gesucht und zumindest erwirken können, dass das weiß-gelbe Trikot nur eine Saison getragen wird und künftige Trikots wieder schwarzgelb sein werden. Ein Kompromiss mit dem ihr leben könnt, oder ist die Wut immer noch groß, jetzt wo man die Mannschaft erstmalig live in den neuen Jerseys sieht?

Die Wut ist abgeflacht. Wir hatten anfangs die Befürchtung, dass Nike wie Kappa in Bremen einen kompletten Wechsel hin zu einer neuen Farbe auch in den Fanartikeln probieren will, um damit ihren Umsatz entsprechend anzukurbeln, um dann drei Jahre später – siehe jetzt auch wieder Bremen – den Weg wieder zurück zu gehen, damit sich die Fans dann entsprechend wieder neu eindecken. Da sehen wir uns als Fanabteilung natürlich als Hüter des heiligen Grals und sagen da „Wehret den Anfängen“. Da jetzt der Kompromiss gefunden wurde, nur ein Jahr in dem Trikot zu spielen, ist die Sache jetzt für mich erledigt. Im Übrigen habe ich da auch dem Verein nie Böses unterstellt, sondern es ist lediglich eine Unprofessionalität seitens Nike neue Sachen zu probieren, ohne dies vorher mit den Fans abzustimmen. Dass das Trikot dann auch noch zunächst in der BILD veröffentlicht wurde, während wir von der Fanabteilung das Ding vorab nicht zu Gesicht bekommen haben, hat das ja bewiesen. Und das die Fans sehr sensibel reagieren, nach alldem aus der jüngsten Vergangenheit musste jedem klar sein.

schwatzgelb.de: Jetzt soll die Fanabteilung in Zukunft ja in die Trikotentscheidung einbezogen werden. Wie kann man sich das vorstellen? Werden Euch Muster von Nike vorgelegt oder werdet ihr da selber kreativ?

Olaf Suplicki: Das wissen wir selber noch nicht. Nike hat uns vor ein paar Wochen ein Schreiben geschickt in dem sie der Fanabteilung vorwerfen den Trikotabsatz zu gefährden. Darum geht es uns ja gar nicht. Wir möchten uns ganz einfach im Vorfeld zusammensetzen. Dabei geht es gar nicht darum, ob Quer- oder Längsstreifen jetzt schöner sind. Begrüßenswert wäre sicherlich ein Kreativwettbewerb beispielsweise übers Internet, aber wir müssen natürlich auch die Vorplanung von Nike berücksichtigen. Wichtig ist allerdings, dass das Trikot Borussia Dortmund gerecht wird.

schwatzgelb.de: Viele Fans sehen in den falschen Farben ein Produkt wirtschaftlicher Zwänge und befürchten bereits den Verkauf des Vereinsnamens an einen Sponsor in ferner Zukunft. Teilt ihr diese Ängste um unsere Borussia oder fällt das Trikot mehr in die Kategorie "versehentlicher Griff ins Klo"?

Olaf Suplicki: Das ganze ist einfach stümperhaft abgelaufen. Es gibt sicherlich kein Interesse von außen - weder von Nike und schon gar nicht von der RAG. Leider zieht sich diese Unprofessionalität durch viele Bereiche, wo einfach das Fingerspitzengefühl fehlt, sei es beim Merchandising oder beim Stadionprogramm. Man muss allerdings auch die Verhältnismäßigkeit sehen. Niebaum und Meier haben unser Logo verpfändet und unser Stadion verkauft. Wenn wir uns bezüglich einer Trikotfarbe jetzt so aufreiben, hätten wir die zwei ja fast lynchen müssen. Denn was seinerzeit passiert ist, war fast der Untergang. Wir kommen jetzt heraus aus einer Diktatur und erleben nun gelebte Demokratie. Natürlich muss da einiges ausdiskutiert werden, aber wir müssen an der Stelle jetzt auch mal aufpassen, dass wir uns nicht lächerlich machen. Der Großteil der Fans wird diese Diskussion nämlich nicht verstehen.

schwatzgelb.de: Watzke hat die Gegner von "Gelbweiß" als Fundamentalisten bezeichnet. Wie habt ihr die Aussage aufgegriffen?

Olaf Suplicki: Das war ein flapsiger Ausspruch von ihm, den er bereut hat und für den er sich beim Fan-Stammtisch in aller Deutlichkeit entschuldigt hat. Damit ist die Sache für mich erledigt. Ich rechne ihm das hoch an. Man muss sich mal vorstellen, was bei Bayern München passiert wäre in einer solchen Situation. Da hätte es mit 100%iger Sicherheit einen solch offenen Dialog nicht gegeben.

schwatzgelb.de: Jetzt dreht unsere Marketingabteilung den Spieß plötzlich um, und bezeichnet das gelb-weiße Jersey sogar als Traditionstrikot in Anlehnung an die Gründerzeit des BVB. Viele Fans fühlen sich verhöhnt vom Verein und sind sauer…

Olaf Suplicki: Das ist nicht ganz richtig. Die Idee war wohl wirklich ein Traditionstrikot zu machen. Nur wurde die Idee durch die frühe Veröffentlichung in der Bild Zeitung völlig falsch interpretiert. Die ganze Präsentation von Nike ist absolut unprofessionell. Dieser Bus aus den 60er Jahren, die schlechten Bilder im Flyer. Einfach alles. Und dann noch dieses Foto mit der Unity-Fahne in der Mitte und gefaktem gelb weiß. Das gießt natürlich unnötig Benzin ins Feuer.

schwatzgelb.de: Ist denn der Protest in Form umgedrehter Fahnen und Sprechchöre der richtige Weg?

Olaf Suplicki: Es ist richtig, dem Ärger auch mal Luft zu verschaffen, aber irgendwann muss Schluss sein. Jetzt weiter zu protestieren, ist sicherlich der falsche Weg, immerhin wurde ja ein Kompromiss geschaffen und es ist ja auch illusorisch zu glauben, Nike würde die vorproduzierte Ware einstampfen und ein neues Design bringen. Wir müssen mit diesem Kompromiss jetzt ein Jahr leben. Die FA ist gegründet worden, um solche Probleme zu lösen und wir werden da sicherlich aufpassen, was da in Zukunft beim Verein passiert. Das betrifft im Übrigen auch den Deal mit Morgan Stanley. Wir sind sicherlich nicht in der Lage ein 500-Seiten Vertragswerk zu überprüfen, aber wir vertrauen da Hans-Joachim Watzke und Thomas Treß, die beide ausgezeichnete Arbeit leisten und wenn irgendwas nicht im Sinne von Borussia Dortmund läuft, werden wir den Mund schon aufmachen.

schwatzgelb.de: Jetzt soll es ja auch Fans geben, die das neue Trikot durchaus "chic" finden und das ganze eher locker sehen. Jedem seine Meinung, aber wie vermeidet man als Fanabteilung, dass sich Borussen nicht gegenseitig anpöbeln oder die Szene wegen einer solchen Sache entzweit wird?

Olaf Suplicki: Das ist eigentlich das Gefährlichste was jetzt passieren kann. Nach dem Abgang Niebaums ist die Fanszene sehr eng zusammen gerückt. Es wäre jetzt sehr sehr schade, wenn wegen einer solchen Sache die Fanszene jetzt wieder zerstritten ist. Denn der Verlierer wäre eindeutig Borussia Dortmund. Das darf nicht passieren und daher hoffe ich, dass alle mit dem gefundenen Kompromiss ein Jahr leben können. Ich würde mir viel mehr wünschen, dass die Energie, die manche jetzt in diese Diskussion legen, umgelenkt werden könnte in Arbeit für die Fanabteilung.

schwatzgelb.de: Olaf, jetzt ist es ja nicht das erste mal, dass es unser Verein mit der Tradition nicht so eng sieht. Vor knapp 30 Jahren wurde das BVB-Logo schon mal durch das Logo eines Sponsors (ein Löwe) ersetzt. Wie war das damals -so ganz ohne Internet- mit den Fans? Gab es Proteste und wie war der Dialog mit dem Präsidium?

Olaf Suplicki: Das ist eigentlich ganz witzig. Vor 30 Jahren gab’s diesen Quatsch ja schon mal und kaum einer hat was gemacht. Ich bin damals mit ein paar Leuten vom Fanclub Sturm gelaufen gegen dieses Logo. In der Fanszene hat das aber kaum jemanden außer uns interessiert. Auch im Verein gab es wenig Verständnis für unsere Position. Das war allerdings auch die Zeit in der Jägermeister erstmalig in Deutschland Werbung machte und Samson hat seinerzeit sehr viel Geld bezahlt und der Verein hat sich schützend vor seinen Sponsor gestellt. Lustigerweise gilt das Logo heute ja schon fast als Kult, es ist ja auch neben den anderen alten Logos auf der Borusseums-CD abgebildet. Dass das Logo am Ende wieder abgeschafft wurde, hatte jedoch einen ganz banalen Grund. Und zwar wurde Tabak-Werbung im Fernsehen verboten und damit durfte der BVB auch nicht mehr auf dem Trikot und im Logo dafür werben und so hat sich das Thema glücklicherweise dann von selbst erledigt.

schwatzgelb.de: Deine persönliche Einschätzung: Wie wird sich das neue Trikot verkaufen und was erhofft ihr Euch hinsichtlich der "Traditionswahrung" von unserer Geschäftsführung für die kommende Saison?

Olaf Suplicki: Es ist überzogen, zu glauben, dass Trikot werde das bestverkaufte aller Zeiten. Aber es wird sich auch nicht so schlecht verkaufen, weil es eben ohne Werbung kommt. Grade deshalb ist es schade, dass es eben nicht die traditionellen Farben von Borussia Dortmund hat. Ich persönlich werde mir das Trikot aus dem Grund auch nicht holen. Mein 8-jähriger Sohn will es jedoch unbedingt haben und das ist auch ok so. Wir sind ein freies Land und da muss jeder selbst entscheiden, was er kaufen will. Ich werde ihm jedoch deutlich machen, dass es eben die falschen Farben hat. Wer weiß, vielleicht ist es in 20 Jahren dann ja auch „Kult“.

schwatzgelb.de: Olaf, am Freitag abend fand eine Gesprächsrunde zwischen Teilen der - wir nennen sie mal aktiven Protestierer- und Joachim Watzke statt. Dabei wurde von beiden Seiten offen und ehrlich die Meinung gesagt. Dein Fazit?

Olaf Suplicki: Ich finde, das nach diesem Abend der große Gewinner Borussia Dortmund ist. Auch weil der Streit doch sehr hochgekocht und fast eskaliert ist. Beide Seiten - wenn ich sie denn mal überhaupt so bezeichnen will - können jetzt hoffentlich mehr Verständnis füreinander aufbringen und sind ein Stück näher zusammengerückt. Das ist ganz wichtig.

Hier gehts zum zweiten Teil unseres Interviews: "Den meisten ist es egal, ob da Fußball oder Fanabteilung auf ihrer Mitgliederkarte steht"

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