Spielbericht Jugend

Der erste Fan-Flieger!

23.02.2003, 00:00 Uhr von:  Jens
Der erste Fan-Flieger!
Der schwatzgelbe Fan-Flieger nach Madrid

Schon seit Jahren hatte es in unseren Köpfen gespukt: Endlich mal einen "eigenen Flieger" organisieren. Vor zwei Jahren hatte der BVB-Fanclub Borussen-Bulldogs erstmals einen eigenen Sonderzug organisiert und mit Hilfe des BVB auch genügend Karten dafür erhalten. Der Zug war ein Erfolg, und auch der wieder von den Bulldogs organisierte Zug nach Rotterdam klappte perfekt. Jedes mal dabei: die Fanclubs AwaySupsWerdohl, Rude Boys Dortmund und schwatzgelb.de. Gemeinsam sorgten wir für die Organisation, den ordentlichen Ablauf und natürlich für eine ausgebuchte Reise.

Also machten wir uns gleich nach der Auslosung daran, endlich einen Flieger zu chartern. Im Zeitalter der Billigflieger rechneten wir natürlich mit guten und günstigen Preisen. Doch denkste. Seit dem 11. September 2001 haben viele Fluggesellschaften Teile ihrer Flotten außer Dienst gestellt. Durch diese Verknappung des Angebots haben sich die Preise für Chartermaschinen leider erhöht. Auch war das kommerzielle Reisebüro des BVB, Best, nicht untätig und hatte schnell zwei Maschinen bei den "Billigairlines" geblockt. Wir waren damit außen vor und mussten uns bei den "Großen" durchfragen. Dank Achim von den Bulldogs, der bei einer großen deutschen Fluggesellschaft arbeitet, bekamen wir bald die ersten Angebote. Wir entschieden uns schließlich noch im Dezember für eine Maschine der LTU, die uns einen Preis von 240 Euro pro Fluggast ermöglichte. Anfangs dachten wir noch über einen Bustransfer von und zum Stadion nach, doch diese Möglichkeit mussten wir aufgrund der ständig steigenden Kosten schnell ad acta legen.

Für den Fanflieger sah alles gut aus. Doch das dicke Ende kam erst noch: Am Donnerstag, also sechs Tage vor Abflug, erfuhren wir plötzlich, dass ein Fanclub komplett absagte. Der Vorsitzende hatte angeblich einen Aushang gemacht, mehrere Leute hätten überwiesen, und dann sei ihnen in einem Reisebüro (Wieso fragen sie in einem Reisebüro?) gesagt worden, dass unser Flug nicht stattfinde. Dann hätten sie angeblich das bereits überwiesene (!) Geld zurückgebucht. Das war zumindest die Erklärung des Fanclubs. Jeder, der sich ein wenig mit Banken auskennt, weiß, was von solch einer Erklärung zu halten ist....

Warten auf den Abflug

Nun hatten die Organisatoren von den Borussen-Bulldogs also ein echtes Problem! 32 Leute fehlten auf einmal, der eigentlich volle Flieger war plötzlich wieder gefährdet. Was tun?

Sofort versuchten die anderen Mit-Organisatoren zu helfen. Innerhalb eines Tages schaffte es schwatzgelb.de einen Sponsor aufzutreiben: Lycos griff uns mit einem hübschen Sümmchen unter die Arme. Dafür ein fettes "Danke schön" und auch einen Werbebanner hier im Bericht :-)

Doch damit alleine war es einfach nicht getan. Dank des Fanprojekts gelang es, Kontakt zum BVB zu knüpfen, der sofort eine Meldung auf seiner Homepage schaltete (auch dafür "Danke sehr!") und eine Pressemitteilung herausgab. Die Dortmunder Tageszeitungen griffen die freien Plätze ebenfalls auf, und in den Samstagsausgaben war dann von freien Plätzen zu lesen. Dank dieser Hilfe gelang es uns, den Flieger soweit zu füllen, dass er bezahlt werden konnte. Leider gab es noch Probleme mit einer Überweisung, die sich dank der überweisenden Bank verzögerte, so dass wir alle noch bis Montag Nachmittag schwitzen mussten, bis endlich alles in trockenen Tüchern war!

Und so trafen sich am Mittwoch morgen ab 7:30 Uhr die ersten Bekloppten im "Hirschen" auf der Brückstraße, um sich für den Flug einzustimmen. Radio Do91,2 war ebenfalls anwesend und probierte es noch mit einem Live-Interview, außerdem wurde noch ein Termin für den nächsten Morgen in der Do91,2 Redaktion vereinbart, in der wir schildern sollten, wie es war (dazu am Ende mehr).

Um 9:45 Uhr nahmen wir dann den Zug nach Düsseldorf, in dem es wohl nur selten so früh morgens so hoch her gegangen sein dürfte. Etliche tranken sich Mut gegen ihre Flugangst an.

Am Flughafen ging es zum Einchecken, wo sich die LTU-Angestellten ob der Kaltgetränke schon ins Hemd machten und uns darauf hinwiesen, dass sie den Flug auch streichen könnten, wenn zuviel getrunken würde.

Ankunft in Madrid

Irgendwann bewegten wir uns endlich Richtung Abflughalle und schließlich in den Flieger. Die Stewardessen waren angesichts einer Horde gröhlender und leicht angeheiterter Fans schwer begeistert. Zum Flug selbst gibt es nicht viel zu sagen. Aber einige Leute sollten mal drüber nachdenken, dass ein Flug über 1.200 km keine Busfahrt nach München ist. Wenn gesagt wird, dass aus Sicherheitsgründen bitte nicht auf der Toilette geraucht werden soll, weil der Flug ein kompletter Nichtraucherflug ist, dann sollte doch jeder in der Lage sein, sich daran zu halten. Es ging um lumpige zweieinhalb Stunden, aber einige schaffen es einfach nicht. Der Kracher auch bei Ankunft des Flugzeuges, die Luft riecht geradezu nach Kerosin und trotzdem zünden sich einige Passagiere direkt vor der Maschine Zigaretten an. Da fällt einem echt nichts mehr ein.....

Vom Flughafen konnten wir mit der U-Bahn direkt in Richtung Innenstadt düsen. Dazu mussten wir aber zunächst einen Gewaltmarsch durch den kompletten Flughafen hinter uns bringen. Die U-Bahn ist übrigens super sauber und sehr günstig, mit einem 10er Ticket kommt man für 0,55 EURO/Person überall hin, wenn man die Bahn nicht verlässt. Wir fuhren mit einer kleinen Gruppe dann zum „Sol“. Rund um diese U-Bahnstation sollte sich etliche Kneipen und Restaurants befinden. Abgesehen davon war die Ecke einfach schön. Viele alte Gebäude, große Plätze und eben auch viele Kneipen.

Wir verbrachten ein wenig Zeit in einem Irish Pub und fuhren dann endlich in Richtung Stadion. Als wir aus der U-Bahn stiegen, konnten wir das Estadio Bernabeu erstmals in voller Pracht sehen. Von außen wirkt es nicht so spektakulär wie San Siro in Mailand, aber ein mächtiger Klotz ist es trotzdem. Die Aufgänge befanden sich an den 4 Ecken des Stadions und erinnern stark an Mailand. Die Einlasskontrolle war – zumindest bei mir – sehr penibel. So durchsuchte der vor sich hin grummelnde Polizist sogar meine mitgebrachten Fanzines und blätterte sie durch.

Die "Gäste" sind in Madrid ganz gastfreundlich weit oben unter dem Dach untergebracht, wo man sie nicht sehen kann. Also hieß es zunächst einmal die Tribüne zu erklimmen.

Der Block war um diese Zeit (ca. 20:15 Uhr) schon sehr gut gefüllt, mehr als 2.000 Dortmunder waren am Ende vor Ort. Leider waren auch an diesem Abend wieder Leute darunter, die sich einfach nicht zurückhalten können und wollen. Wieder einmal ertönte, leider ab und an hörbar "Gelsenkirchen Juden!" (nach der Melodie von Moonlight-Shadow). Abgesehen davon, dass ich es einfach unterirdisch finde, hat diese politische Scheiße nix im Stadion zu suchen! Behaltet Eure "Meinung" für Euch, hier spielt Borussia und nichts anderes zählt im Stadion!

Im Stadion

Abgesehen davon war die Stimmung im Block wirklich sehr, sehr gut. Die mitgereisten Borussen machten praktisch ausnahmslos gut mit, und so war die erste Halbzeit voll in unserer Hand. Auch sportlich sah es zunächst sehr gut aus, Dede hatte Figo im Griff, und Borussia erspielte sich Chancen. Dann fiel das 1:0, und wie sooft stellte sich Zufriedenheit ein - unsere Mannschaft machte einfach nicht weiter. So fiel zwangsläufig der Ausgleich. Doch unser Team wurde weiter toll unterstützt.

In der Halbzeit stellte dann einer unserer Mitflieger fest, dass er im Block beklaut worden war. Und damit war er offenbar nicht der einzige. Kameras und Geldbörsen waren verschwunden, die Polizei zeigte weitgehend Desinteresse. Anders gingen die Beamten zu Werke, wenn es darum ging, Fans darauf aufmerksam zu machen, dass sie im Weg standen. In diesen Fällen wurde nicht wirklich zaghaft Strafe und Verhaftung angedroht.

Die zweite Hälfte begann, und Madrid machte nun von Anfang an Druck. Das 2:1 fiel, und irgendwie schien klar, dass das Spiel nicht mehr zu kippen sein würde. Trotzdem machten wir weiter und sangen uns die Kehle aus dem Leib. Unsere "Helden" kämpften, schafften aber nicht mehr den Ausgleich, da sie einfach zu zögerlich vor dem Tor waren und wie gewohnt nicht einmal aus der Ferne abzogen.

Die Stimmung im Bernabeu ist übrigens alles andere als südländisch. Einzig die hinter dem Tor stehenden "Ultras Sur" verbreiten Stimmung, zumindest ist das optisch für uns zu erkennen gewesen. Hören konnten wir sie nicht einmal bei uns oben unter dem Dach. Nur das Bepöbeln des Schiedsrichters und der zweimalige Gesang „Madrid, Madrid“ war laut und deutlich zu vernehmen. Einfach traurig, wie schlecht die Stimmung in einem Stadion wie diesem sein kann. Die 200 Ultras machen den Eindruck, als seien sie nett hinter dem Tor drapiert worden, um den Fernsehzuschauern den Eindruck zu vermitteln, dass hier tolle Stimmung herrscht. Gleiches gilt wohl auch für die Außenmikrophone, die fast nur die Stimmung unter den Madrilenen aufschnappten.

Nach dem Spiel wieder einmal das gleiche Bild: Die Mannschaft hat einfach Null Respekt vor den eigenen Fans. Da machen sich „mal eben“ 2.300 Fans auf den weiten Weg nach Madrid, geben teilweise mehrere Hundert EURO aus, nehmen Urlaub und tagelange Busfahrten auf sich, und die Mannschaft interessiert es nicht die Bohne. Sie verschwindet – Ausnahme Koller und Lehmann – in der Kabine. Die beiden bedankten sich klatschend bei den Fans. Natürlich sind die Spieler enttäuscht, dass sie verloren haben, alles verständlich. Aber warum denken nur zwei Spieler an die Fans, während der Rest verschwindet? Und warum müssen wir darauf nun schon seit Jahren gebetsmühlenartig hinweisen? Warum geht das bei anderen Vereinen und bei uns nicht? Es zeugt in meinen Augen auch von geringer Berufsauffassung, wenn man nicht mal in der Lage ist, seinen Fans zuzuwinken und damit zu zeigen, dass auch diese Fans wichtig sind.

Warten auf dem Rückflug
Wir sammelten uns vor dem Ausgang, um gemeinsam mit der U-Bahn zurück zum Flughafen zu fahren. Schließlich soll die Gegend rund ums Bernabeu für Gästefans nicht ganz so ungefährlich sein.


Am Flughafen konnten wir schon gegen 23:30 Uhr einchecken, unser Flieger ging jedoch erst um 03:30 Uhr. Der eine oder andere verbrachte diese Zeit in der Flughafenbar, um sich endgültig zu betäuben, andere wiederum schliefen in der Abflughalle oder brachten sonst wie die Zeit rum.

Bei Abflug fehlte am Ende tatsächlich ein Mädel aus unserem Flieger, die auch bis zum Start, der ihretwegen extra um gut 40 Minuten verschoben worden war, nicht mehr auftauchte. Die Polizei schien – wie schon im Stadion – eher desinteressiert zu sein. Leider hatten wir ihren Rucksack und damit ihre sämtlichen Papiere an Bord. Gottlob tauchte sie am nächsten Tag wieder auf und konnte mit Hilfe der Botschaft Donnerstag nacht zurück nach Deutschland fliegen.

Gegen 6 Uhr landeten wir in Düsseldorf und erwischten einen Zug über Gelsenkirchen *g* nach Dortmund.

Kasper – der extra aus Dänemark angereist war – und ich schnupperten dann noch beim örtlichen Lokalsender vorbei, um unsere Eindrücke wiederzugeben. Leider erfüllten wir wohl nicht ganz die vorgefertigten Erwartungen: Es war nicht kalt in Madrid, die Stimmung der Spanier war mies, und Kasper ist auch noch Däne.

Hier beende ich dann meinen Bericht. Die Müdigkeit forderte schließlich ihren Tribut, und der Tag neigte sich schon um 9 Uhr morgens dem Ende zu.....

Weitere Fotos aus Madrid!

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel