Spielbericht Profis

Dortmund ist die Hölle für Berlin!

27.01.2002, 00:00 Uhr von:  Wade
Spielszene
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© Bilderquelle: TriAss

Seit 30 Jahren hat Hertha BSC nicht mehr in Dortmund gewonnen, und aus Sicht der BVB Fans sollte sich daran auch nichts ändern. Nur kurz war die Winterpause, doch für die Fans ist ein Wochenende ohne Fußball eine Qual. Langweilig wurde es trotzdem nicht. Zuerst der Hickhack um die Verpflichtung von Sebastian Kehl, danach weniger ruhmreiche, aber mittlerweile schon als normal anzusehende Testspielniederlagen gegen solche Topvereine wie Greuther Fürth, Aachen und den niederländischen Ehrendivisionär Heerenveen. Danach die Mitteilungen, dass Christian Wörns bis 2006 Borusse bleibt und mit Roman Weidenfelder zur neuen Saison ein Torwart für die Zukunft zum BVB wechselt, ganz nach dem Vorstellungen von Trainer Sammer.

Und in der Fanszene, was hat sich dort in der Winterpause getan? Nun, die Dortmunder Supporter "The Unity" haben beschlossen, sich endlich der breiten Dortmunder Fanszene zu öffnen. Keine Auflagen mehr (z.B. mindestens 10 Auswärtsfahrten), sondern Zugang für alle Fans, die Interesse haben, Borussia 100íg % zu unterstützen. Außerdem besinnt man sich auf die Historie der Süd. Nicht mehr der Block 82 soll der Treff der "Supportwilligen" sein sondern der legendäre Block 13 ist das Ziel kompromissloser Unterstützung der eigenen Mannschaft, ganz so wie in alten Tagen. Auch die Videowände wurden vor dem Spiel für den Stimmungsaufbau besser genutzt. Einblendungen und Stellungnahmen von Borussenfans sorgten für die nötige Aufmerksamkeit - allemal besser als stupide Werbeblöcke. Außerdem wurde Sebastian Kehl mit einem großen Transparent der "Desperados Dortmund" im Westfalenstadion willkommen geheißen. So war nicht nur glänzende Stimmung vor dem Spiel, auch ein neuer Rasen zeigte sich in neuem Glanz und ließ auf höchsten Fußballgenuss hoffen.

Testspiele sind keine Punktspiele

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Eins war klar: Heute musste ein Sieg her, wollte man das selbsternannte Ziel, die Meisterschaft, nicht aus den Augen verlieren. Borussia begann konzentriert und druckvoll. Die Aktionen der Dortmunder in den ersten Minuten waren um Teil nur mit Fouls zu stoppen und so kassierte bereits in der 4. Minute van Burik, nach einem hitzigen Gefecht mit Ricken, die erste gelbe Karte des Spiels.

Drei Minuten später klingelte es schon im Kasten der Berliner. Metzelder spielte sich auf der rechten Seite wunderbar frei und setzte zu einem sehenswerten Solo an. Erst im Berliner Strafraum wurde er gestoppt. Der Ball kam zu Rosicky, der schob den Ball nach außen auf Reuter und dessen Flanke köpfte "Dino" Koller zur 1:0 Führung ein. Von wegen Ladehemmungen beim langen Tschechen.

Nach der Führung verfiel Borussia wieder in alte Schwächen, zog sich zurück und brachte so die Berliner ins Spiel. In der 14. Minute die erste Chance für die Herthaner, als Rehmer im Dortmunder Strafraum auftauchte und den Ball über den rauseilenden Lehmann lupfte. Metzelder konnte den Ball jedoch über das Tor köpfen.

Borussia spielte zu umständlich gegen die schwachen Berliner, die Außenbahnen wurden zu wenig genutzt: Und das, obwohl man wußte, dass gerade auf der linken Seite der Berliner mit Hartmann ein Spieler steht, der immer Probleme mit seinen Auftritten in Dortmund hat.

In der 24. Minute war es wieder "Metze" der Rosicky auf der rechten Seite schön frei spielte, doch Maas verhinderte mit einem Foul an dem Tschechen eine gute Chance für den BVB. Der Berliner sah dafür die zweite gelbe Karte des Spiels.

Nur zwei Minuten später dann Rosicky, der Ewerthon am Strafraum der Berliner anspielte, seine Flanke ging jedoch an Freund und Feind vorbei und landete beim völlig überraschten Heinrich, der über den Ball trat.

Die Südtribüne schwieg in dieser Phase vor sich hin, kaum Reaktionen von den Rängen. Von den Sitzplätzen kam noch weniger. Nur das von den Spieler so gehasste "Aufstöhnen" nach missglückten Aktionen, sorgte für den akustischen Rahmen. Die Fans passten sich dem Niveau der Kicker auf dem Rasen an. Erst in der 35. Minute sorgte ein mehr als schmeichelhafter Foulelfmeter an Ewerthon für Bewegung auf den Rängen. Was war geschehen? Rosicky hatte den Brasilianer 30 Meter vor dem Berliner Tor wunderbar freigespielt. Ewerthon umspielte Fiedler und kam dann durch Rehmer zu Fall. Elfmeter konnte man geben, musste man nicht. Doch dann sorgte der 20jährige für den nächsten "Aufreger". Die alte Regel, dass der gefoulte Spieler nicht selbst schießen soll, ist dem brasilianischen Flitzer wohl in der Euphorie verloren gegangen und so passierte, was der eine oder andere Fan im Stadion schon befürchtete. Der schwach geschossenen Elfer des Brasilianers war leichte Beute für Fiedler.

In der Halbzeit dann eine schöne Aktion der "Suptras Howi", die im oberen Teil der Süd rund 600 Wunderkerzen verteilten, die dann zur Begrüßung der Mannschaft angezündet wurden. Leider muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass vorher ca. 200 Wunderkerzen von den Ordnern einkassiert wurden. Aber möglicherweise brauchte man diese Wunderkerzen im Berliner Block, um damit den Rauch zu zünden. Vielleicht sollte man endlich beim Ordnungsdienst des BVB darüber nachdenken, das man durch ständige Fahnenverbote immer nur das Gegenteil erreicht. Es wird noch mehr gezündelt als dies sonst der Fall gewesen wäre. Man hat oft den Eindruck, dass es sich mittlerweile schon fast um Protestakte handelt.

2. Halbzeit: "Geht doch!"

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Die ersten fünf Minuten der 2. Halbzeit brachten wenig neues, anscheinend brauchte der BVB diese Anlaufzeit, denn dann brannte Borussia, angetrieben von Rosicky, für einige Minuten ein wahres Feuerwerk ab. Tomas setzte sich auf der linken Seite sehenswert gegen zwei Berliner durch und spielte den Ball von der Grundlinie zurück in den Strafraum, wo Ewerthon einschussbereit stand. Doch dem "Sambafloh" versprang der Ball. Der BVB blieb am Drücker und endlich wurde auch konsequenter über Außen gespielt. Ewerthon ließ den Berliner Hartmann wiederholt alt aussehen. Ein Solo von ihm führte zur 3. Ecke. Rosicky zog den Ball stramm vor das Berliner Tor, Koller setzte sich im Luftkampf durch und köpfte sein 2. Tor. Riesenjubel im Stadion. Borussia führte 2:0. Endlich Stimmung in der Hütte. Dortmunds tschechischem "Riesen" gönnt man diese Treffer besonders.

Unverständlicherweise nahm Borussia dann wieder das Tempo raus und brachte so Hertha zurück ins Spiel. In der 64. Minute musste Lehmann seine ganze Klasse zeigen, um einen Schuss von der Linie zu kratzen. Hertha drängte weiter auf den Anschlusstreffer, hatte in dieser Phase mehr Spielanteile und mit Marcelinho ihren stärksten Mann. Der Brasilianer spielte die Dortmunder Abwehr fast schwindlig und Borussia konnte froh sein, dass der Brasilianer keinen Partner in der Mannschaft hat, der seine Aktionen und Anspiele auch verwehrten kann.

Von der 67. bis zur 70. Minute dann Großalarm im Dortmunder Strafraum. Lehmann parierte im Fünfmeterraum mit einen Riesenreflex einen Schuss von Marcelinho. Bei der folgenden Ecke war der beste "Offensivverteidiger" der Liga, Jan Koller, gleich drei mal zur Stelle um im Strafraum Schüsse der Herthaner auf das Tor von Lehmann abzuwehren. Der letzte abgewehrte Ball landete dann bei Rosicky, der sich mit Ricken auf den Weg zum Berliner Tor machte. Die gute Konterchance verstolperte der in der 2. Halbzeit immer besser spielende Tscheche jedoch kläglich.

In der 71. Minute ist es dann passiert. Marcelinho spielte "Zecke" Neuendorf 20 Meter vor dem Dortmunder Tor an und der Berliner versenkte den Ball mit einem schönen Schuß unhaltbar für Lehmann im linken oberen Toreck. Borussia zeigte sich jedoch davon wenig beeindruckt und in der 75. Minute war es nach einer Ecke Christian Wörns, der mit einem blitzsauberen Kopfballtor den 3:1 Endstand markierte.

Nach diesem Treffer war das Spiel entschieden. Die Berliner fügten sich der Niederlage. Borussia hätte in der Schlussphase auch noch höher gewinnen können.

Fazit:

Der Himmel weinte, doch Borussia lacht. Dortmund gewann verdient, da auch die kurzen Drangperioden der Berliner den BVB nie wirklich in Not brachten, und so geht der erste Bundesligasieg im Jahr 2002 für den BVB absolut in Ordnung. Die erste Pflichtaufgabe ist erfüllt und es darf weiter von der 6. Meisterschaft geträumt werden.

Stimmen zum Spiel

Röber:
Leider hat sich nichts geändert, wir haben zwar ein Tor geschossen, aber wie so oft gehen wir früh in Rückstand. Unser Manko ist, dass wir bei den Standardsituationen nicht richtig beim Mann stehen. Da ist es dann natürlich nicht leicht sich gegen so einen Mann wie Koller durchsetzen. Unterm Strich geht der Sieg des BVB in Ordnung. Ich denke, dass wir trotzdem oben dran bleiben.

Sammer:
Für uns war es heute ein sehr wichtiges Spiel, vor allem nach den schlechten Testspielergebnissen. Die Mannschaft war körperlich präsent, wir müssen jedoch noch cleverer werden. Das erste Spiel hat für mich noch keine Aussagekraft, ob wir nun schon eine Serie hinlegen. Wir haben das nächste Spiel in Wolfsburg und die haben bei St. Pauli verloren. Deshalb wird es keine leichte Aufgabe. Mit dem Einstand von Sebastian Kehl war ich sehr zufrieden.

Die Daten zum Spiel:

Aufstellung: Lehmann (2), Wörns (2), Heinrich (4,5), Reuter (3,5), Kehl (3), Metzelder (2), Ricken (3,5) [85. Stevic (-)], Dede (3), Rosicky (2), Ewerthon (3) [75. Evanilson(-)], Koller (2) [90. Herrlich(-)],

Tore: 1:0 Koller (7.), 2:0 Koller (53.), 3:1 Wörns (75.)

Schiedsrichter: Jürgen Aust (4)

Zuschauer: 62.000

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