Fehlfarben

Rudis Sündenböcke und die Affäre Möllemann (Teil 2)

14.02.2002, 00:00 Uhr von:  Klopfer

Niemand regt sich im mittleren Teil der Ruhrgebiets über diesen absoluten Regenten in Nadelstreifen auf, der sich gerne Manager nennt. Den Beobachtern von Aussen erinnert da vieles an die siebziger Jahre, als die damals hochgelobten Stars in allen Positionen auch die Fans so schön für dumm verkauften. Kein Wunder, war dies doch die Reifezeit des Asselrudi. Früher wie Heute lassen sie es mit sich machen, denn er hält die Fäden seiner Marionetten fest in der Hand.

The Master himself: Rudi Cigar
The Master himself: Rudi Cigar
© Foto: Onlinesport

Rudi ist der Grösste - klatscht man immer noch überall, wenn man Asselfan ist und damals wie heute bleibt die Vereinskritik bei den Oberen in den Logen genauso auf der Strecke wie die Kritik bei den einfachen Veltins-Konsumenten auf Knappenkarte.

Den Geist der siebziger Jahre wiederentdeckt

Wer erinnert sich noch an die legendäre Schlacker Zeit der frühen Siebziger (Stichwort: Meineidskandal) ?

Wir tun das natürlich gerne und die scheuen keinen Vergleich mit den jetzigen Verhältnissen.

Auftretende Probleme werden damals wie Heute gerne mit gewissen Vorteilen für unbeliebte Gegenspieler beseitigt.

Wem man nicht drohen kann, den muss man belohnen, eine alte Weisheit. So wundert es auch im Asseland niemanden ernsthaft, dass der damals zuständige Mitarbeiter des Bauordnungsamtes Gelsenkirchen - Peter Gaj - am 1.11. 2000 mitten in der Bauphase bereitwillig die Seiten wechselte. Mit dem Titel des Technischen Leiters der der "Schalker Immobilien-Verwaltungs KG" war es nun fortan seine Aufgabe wie den reibungslosen Ablauf der Baugenehmigungen so sorgen, die natürlich auch entsprechend abliefen. Wenn man sich das Stadion heute genauer ansieht, dann lassen doch gewisse Sicherheitsprobleme im Gästebereich vermuten, dass ausreichend viel Goodwill bei der Abnahme vorhanden war.

Seitdem steht also ein Mann mehr auf der Gehaltsliste, der im Zweifelsfall seinem neuen Herrn bedingungslosen Gehorsam zollen muss, denn ein zurück wird es für ihn unter diesen Umständen wohl kaum geben.

Und was gibt es für einen Fädenzieher schöneres als die Abhängigkeit seiner Leute.

Deshalb führte er seine Personalwahl auch konsequent in alle Ebenen weiter. Niemand, der dem Manager nicht bereitwillig folgen muss, geniesst sein Vertrauen..

Der letzte Rest der Vernunft geht mit Stevens

Selber denken nicht erwünscht!
Selber denken nicht erwünscht!
© Foto: Onlinesport

Erkannt hat diese missliche Situation auch der sympatische und sachliche Huub ("Huubwagen") Stevens. Auch er spürte es, seine Aktien sanken mit dem Tabellenplatz der Mannschaft. Hier wird nur derjenige etwas, der sich kritiklos einfügt und das Denken dem ranghöchsten Wesen überlässt. Ein falsches Wort und der Regent würde erneut zuschlagen. Niemals wieder würde er bei derart wachsender Macht des Asselrudi sein Traineramt so frei wahrnehmen können, wie es zu Zeiten der kümmerlichen, aber immerhin vorhandenen Erfolge der Fall war.

Die Entscheidung war einfach:

Nur einer kann bleiben, Huub oder Rudi und das Ergebnis ist nicht wirklich schwierig zu verstehen; der Volksmund sagt: "Der Klügere gibt nach" - und verschwindet.

Freiwilliger Abschied heisst die einzige Lösung für ihn, seinen Anstand zu bewahren, bevor es richtig zur Sache geht.

Die Anzeichen für die totale Machtübernahme (auch hiervon berichteten wir) waren schon lange sichtbar. Kein Platz für einen Trainer, der selbständig denken kann und nicht nur unbedingten Gehorsam leistet.

Nicht nur, dass die verpasste Deutsche Meisterschaft 2001 - wie berichtet - ach so jämmerlich in den Weltpokal des Selbstmitleids umgewandelt wurde und der sang- u. klanglose Abschied aus dem europäischen Fussball erfolgte, jetzt kommen auch wieder Elend und Skandale zurück auf die Bergehalde. Bundesliga-Mittelmaß ohne Perspektive, da dreht vor allem einer durch: The Cigar himself

Neu kommt Frank Neubarth - genau der Richtige in Asselrudis Augen. Einer, der sich seine Sporen erst verdienen muss und schon kommt auch der Machtanspruch als Röhren des Platzhirschen: "Diese Entscheidung habe ich ganz alleine getroffen, was soll ich da auch diskutieren" - damit wäre also lauthals geklärt, wem allein Herr Neubarth sein Glück zu verdanken hat, mithin ein reines Abhängigkeitsverhältnis und diskutieren tut der Rudi sowieso nicht mehr - mit wem denn auch ?

Jedenfalls nicht mehr mit Jürgen W. Möllemann, der ist entmachtet.

Damit wird es für den FC Schlacke natürlich nicht einfacher, Ruhe in den Alltag zu bekommen.

Zu allem Stress kam dann auch noch zeitgleich die Möllemann-Affaire hinzu, im Mittelpunkt der Mann, der als Aufsichtsratsvorsitzender für die Gewaltenteilung im Verein gebürgt hat.

Die Affäre Möllemann

Als sich die Fussballwelt fragte, weshalb denn wohl ausgerechnet "Mr. 18%" völlig unerwartet seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender des FC Schlacke hergeben musste, kam die Enthüllung von der Süddeutschen Zeitung (SZ).

Möllemann taucht ab...
Möllemann taucht ab...
© Foto: Onlinesport

Mölli werden hier einschlägige Kontakte zum zwielichtigen Düsseldorfer "Geschäftsmann" Rolf Wegener nachgesagt, die bei genauerer Betrachtung durchaus auch einen eigenen Sechsteiler nach dem Geschmack Dieter Wedels füllen könnten.

Verknüpfung zwischen Politik, Geschäft und Fussball auf Schlacke sind das Thema und zwieilichtig ist so ziemlich alles daran.

Zitat aus der SZ: "Serienweise hat Wegener in den vergangenen Jahren Nachwuchskicker aus Nigeria importiert. Den bettelarmen Vereinen in Afrika kauft er über den nigerianischen Fußballverband die Transferrechte ab, lockt die Spieler nach Deutschland und spekuliert auf ihren steigenden Marktwert. Wie ein Broker mit Optionsscheinen handelt Wegener mit Nachwuchsspielern"

Wegener kassiert hierbei nach Angaben der SZ bis zu 30 % der Spielergehälter.

Nun hätte niemand eine Verbindung zu den Schlackern hergestellt, hätte sich nicht Mölli selbst bewundert und mit "tollen Kontakten zu Fußball-Talenten in Afrika" angegeben.

Kontakte, die den Transfer von Victor Agali nach Gelsenkirchen ermöglichten. Immerhin erfolgte damit ein Neuzugang auf eine Position, die im letzten Jahr nicht unbedingt zu den Schwächen der Mannschaft gehörte, offensichtlich ein Transfer zum Selbstzweck.

Hier folgt das nächste Zitat aus der SZ, das vieles erklärt: "Die Ablösesumme für Agali taxiert das Fachblatt kicker auf acht Millionen Mark, sein Jahresgehalt bei Schalke auf 3,8 Millionen Mark. Nach diesen Eckwerten bemisst sich - den ungeschrieben Gesetzen der Branche zufolge - die Vermittlungsprovision. Diese beglichen die Schlacker per Scheck in zwei Tranchen zu je 250 000 Mark."..." Damit hat Schalke-Manager Rudi Assauer, wie Möllemann FDP-Mitglied, kein Problem: "Scheißegal, wer am Ende das Geld kriegt. Hauptsache bei uns ist alles sauber gelaufen.?..."

Alle Probleme im Griff!
Alle Probleme im Griff!
© Foto: Onlinesport

Dem Rudi war's - na klar - ziemlich egal, aber der Aufsichtsrat sah das anders.

Dieses Gremium des FC Schalke 04 wurde bis heute über die halbe Million Mark an Vermittlungs-Provision für den Spieler Agali nicht informiert. Zwar sei der millionenschwere Transfer nach Paragraph 7.5 der Vereinssatzung ein "genehmigungsfähiges Geschäft" gewesen, erläutert Schalke-Sprecher Gerd Voss die Klub-Statuten, nicht aber die "Provisions-Vereinbarungen". Hier sei der satzungsgemäße Grenzwert in Höhe von 600000 Mark nicht überschritten worden.

Weiter die SZ:

"Vollends dubios gestaltet sich der Fall Agali seit Anfang November. Obwohl der verletzungsanfällige Stürmer nur in zwei von 15 Saisonspielen über die volle Distanz spielte, verlängerte Schalke den bis 2003 laufenden Vertrag vorzeitig um ein weiteres Jahr. Das Vertragswerk wurde - purer Zufall? - nur wenige Tage vor Möllemanns Abwahl als Aufsichtsratsvorsitzender fixiert.

Obwohl das Kontrollgremium der Schlacker der Vereinbarung noch nicht zugestimmt hat, vermeldete der Klub die vorzeitige Verlängerung mit Agali als perfekt - erstaunlich ahnungslos . Bei einer Vertragsverlängerung fällt in aller Regel nicht nur für den Spieler eine Gehaltsaufbesserung ab, meist kassiert auch der Berater noch einmal kräftig mit. Nach Darstellung der Schalker Klubführung sind beim neuen Agali-Kontrakt weder an Wegener noch an dessen Anwalt Provisionen oder Prämien vom Verein gezahlt worden.

Glaubwürdig klingt das nicht. "Die Macht der Spielerberater ist in den letzten Jahren fast ins Unendliche gestiegen", sagt der erfahrene Fußball-Anwalt Christoph Schickardt, "da ist eine Million Mark für eine Vertragsverlängerung längst keine Seltenheit mehr.?..."

Möllemann wiederum behauptet, er habe als Schlacker Aufsichtsratschef nichts davon gewusst, dass Wegener den Agali-Transfer eingefädelt habe. Nicht einmal, dass Wegener als Berater des neuen Schlacker Spielers wirke, sei ihm bekannt gewesen. Natürlich habe er bemerkt, dass es zwischen Wegener und Agali "Kontakte gab", aber "welcher Natur diese sind", sei ihm nicht geläufig. Möllemann: "Ich weiß nicht, über welche Lizenzen Herr Wegener verfügt. Es interessiert mich auch nicht."

So viel Ahnungslosigkeit erstaunt, zumal Möllemann - neuerdings Dozent für modernes Fußball-Management an der Bochumer Ruhr-Universität - als Aufsichtsratschef auch der oberste Kontrolleur des umsatzstarken Fußball- Bundesligisten war. Immerhin kennt Möllemann laut SZ seit mehr als 20 Jahren den mysteriösen Kaufmann Wegener, der mit Firmen im Energie-, Immobilien- und Fußballgeschäft operiert. Die beiden sind nicht nur alte Freunde, sondern auch enge Geschäftspartner. Gemeinsam betreiben sie seit 1994 die in Möllemanns Heimatstadt Münster ansässige Firma MS Air, eine "Gesellschaft für Flug- und Luftbildservice".

Doch nicht nur diese intensive Beziehung ist auffällig, die SZ hat auch noch weitere gemeinsame Geschäfte recherchiert:

So werden Sie ihn noch öfter erleben, Herr Neubarth!
So werden Sie ihn noch öfter erleben, Herr Neubarth!
© Foto: Onlinesport

"Spende unter Kumpeln - Vorsicht war geboten. Schließlich handelt Möllemanns Kumpel nicht nur mit Fußballern. Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Augsburg (AZ 502/ Js 127135/95) mischte neben dem berüchtigten Waffenhändler Karlheinz Schreiber auch Wegener als diskreter Berater bei dem Verkauf der 36 Fuchs- Spürpanzer durch die Firma Thyssen-Henschel an Saudi-Arabien mit. Wegener soll die Firma Thyssen bei Abwicklung des dubiosen Panzer-Geschäfts im Umgang mit dem anfangs sperrigen Finanzamt Duisburg- Hamborn beraten haben. Von insgesamt 220 Millionen Mark Schmiergeld flossen 8,93 Millionen, zwei Prozent der Auftragssumme, an die Briefkastenfirma Great Aziz in Panama.

Als Treuhänder fungiert Rolf Wegener.

Derart liquide, konnte Wegener seinem Möllemann später finanziell kräftig unterstützen. Als der ehrgeizige Liberale 1996 mit einem spektakulären Comeback den Vorsitz des klammen FDP-Landesverbandes Nordrhein- Westfalen zurück erobert hatte, machte der fotoscheue Kaufmann Wegener über seine Düsseldorfer Immobilienfirma Delphi GmbH 300000 Mark locker. Offenbar hat Möllemann die Annahme des Geldes bis heute nicht gereut:

‘Ich hoffe’, tönt er, ‘weitere Spenden für die FDP folgen.’..."

Somit stellt sich für den Beobachter die Sache als ziemlich eindeutig dar. Möllemann eröffnet Herrn Schreiber das Geschäft über Agali mit Schalke weil er von Herrn Schreiber Parteispenden, förderlich für seine Karriere, als Vorschuss bereits erhalten hatte und weitere erwartete.


Einen solchen Aufsichtsratsvorsitzenden zu feuern ist nachvollziehbar- sogar für einen BVB-Fan. Der Meineidskandal lässt grüssen, die Siebziger sind zurückgekehrt auf Schlacke, damit sind wir auch wieder sehr beruhigt, denn die Vernunft-Ära mit Stevens liess den Verein schon bedrohlich gesund wirken.

Den ersten Teil findet ihr hier.

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