Fehlfarben

Rudis Sündenböcke und die Affäre Möllemann (Teil 1)

08.02.2002, 00:00 Uhr von:  Klopfer

Erfolgsautor und Regisseur Dieter Wedel braucht Jahre, um sich einen solchen Knüller auszudenken. Alles passt zusammen: Ein Bundesligaverein, in dem dreistellige Millionensummen umgesetzt werden, ein Manager, dem zur Machterhaltung keine Intrige zu fies ist, ein ehemaliger Mitarbeiter des Bauordnungsamtes (zuständig für die Baugenhemigung der "Arena auf Schlacke") der zum Verwalter der Schlacke- Immobilien befördert wurde und ein ehem. Aufsichtsratsvorsitzender, der zum wiederholten Male Politik und Wirtschaft unzulässig verbindet. Eine Geschichte, die das Leben schrieb dient als Vorlage für UNSERE Serie - der klassische Mehrteiler bei schwatzgelb.de.

Neues aus dem Rattenloch - heute der erste Teil: Und er fault doch!

Nicht zum Fussballspielen geeignet: Der Acker in Herne-West
Nicht zum Fussballspielen geeignet: Der Acker in Herne-West
© Foto: Onlinesport

Die Hinrunde der Bundesliga: Fussball-Schmalkost wurde aufgetischt und der Fan als Blauer ja auch nicht unbedingt die Treue in Person, wenn es um das Ertragen der Mittelmassigkeit geht (siehe Zuschauerschnitt im letzten Rattenlochjahr bevor die Meisterschaft greifbar war), wendete sich bereits gelangweilt ab und schaute sich lieber spannenden Wintersport im Fernsehen an. Das liess den Assel-Rudi nicht mehr in Zufriedenheit seine Zigarre geniessen und auf seinen geliebten Vogelkäfig blicken, sondern stellte sein Lebenswerk in Frage. Denn was soll das zur Zeit teuerste Deutsche Stadion, errichtet auf einem Riesenschuldenberg (Arena auf Schlacke genannt), ohne attraktives Innenleben ?

Was wurde im letzten Jahr nicht alles versucht, um das Elend endlich zu beenden, aber nichts gelang wirklich. Fast die Meisterschaft und dann als Trostpreis die Champions-League, die als Garant für den Goldregen galt und eine High-Tech- Rasenschublade, die der Welt zeigen sollte, wie's richtig geht mit dem Rasenbau. Alles ging schief - die CL war ein Strohfeuer, das Stadion eher Belastung als Ansporn und der Rasen wurde zum Acker - trotz 17 Mio. DM Zusatzkosten. Die Kicker des FC Schlacke liessen sich von der Akustik eher irritieren als antreiben, die Nationalmannschaft wurde hier bis auf die Knochen von den sogenannten Fans durch heftige Pfeifkonzerte blamiert (Könner haben in Dortmund gezeigt wie's besser geht) und der supitolle Rasen ist auch schon in Fäulnis übergegangen, zuviel Hirse im Unterbau war die Diagnose. Ein Bildnis, wie es treffender in bester Literatur nicht zu finden ist.

Wer den Rudi kennt, der weiß, wie sehr es ihn ärgert, dass die Konzeption des rasenden Rasens nun unter die Kategorie "gut gedacht und schlecht gemacht" fällt. 17 Millionen für Technik wurden sozusagen in den Humus gesetzt, die Wiesen der Strafräume bereits ausgetauscht und der Rest kommt einem Acker gleich, der das Heimspiel gegen die Bayern zu einem Zufallskick werden lies.

Rudi noch "unverdorben" 1966 beim BVB
Rudi noch "unverdorben" 1966 beim BVB
© Foto: Onlinesport

Dabei sollte doch alles ganz anders werden, als in den vergleichbaren Arenen mit komfortabler Überdachung. Nun müssen peinliche Ausreden herhalten, nach dem Motto: "im Winter wächst ja nix" ( da wären wir sicher nicht drauf gekommen :-)) - na dann warten wir mal auf den Sommer. Vielleicht reicht die knappe Kasse ja dann aus, den Rasen regelmässig spazieren zu fahren. Fäulnis überall - die Stimmung droht zu kippen und was bringt den Fan mehr in Schwung, als guter Fussball ?

Richtig: Markige Sprüche und die Aussicht auf gute Fussballer - Beine statt Steine, besser gesagt die Ausgewogenheit der Investitionen liess bei den Blauen in der letzten Zeit ohnehin zu wünschen übrig, damit sank zwangsläufig auch die Spielkultur.

Also war Handeln angesagt und immer wenn es darum geht, ein Zeichen zu setzten schaut der Rudi auf die von ihm zutiefst verhassten Glückskinder aus Dortmund mit denen er anno 66 immerhin Europapokalsieger wurde und ohne die er noch nie so richtig erfolgreich war. Ausserdem haben die Schwarzgelben mit einem Vorsprung von satten 10 Punkten Vorsprung zum Jahreswechsel mal wieder klar gezeigt, wo's langgeht, auch das ist schon ein Vorbild.

Poulsen dem BVB wegschnappen - koste es, was es wolle

Rudi mit seinem Markenzeichen
Rudi mit seinem Markenzeichen
© Fotos Onlinesport

"Susi soll besser die Klappe halten. Wenn er von einem Amoklauf redet, dann ist das unterste Schublade. Das gehört sich nicht für einen solchen Verein." Was war passiert, dass Rudi Cigar sich das Recht herausnimmt, Michael Zorc so zu titulieren ?

Nichts Bewegendes eigentlich - Zorc hatte lediglich betont, dass der finazielle Rahmen der Dortmunder von den Schalkern überboten worden war. Das passte nicht in das Bild von Rudi, der doch immer den tuffigen Familiensinn seines Vereins kutivieren möchte - fast umsonst spielen sie halt, weil der Papi so nett, das Stadion so schön warm und die Fans so liebevoll sind.

Na ja - und die Erde ist 'ne Scheibe, alles klar.

Dann folgte noch eine Kostprobe: "Ich hätte mich im umgekehrten Fall zwar auch ganz schön geärgert. Aber zum Sport gehört die Niederlage. Und gerade dann sollte man fair bleiben."

Der Ärger hielt sich in Dortmund sicher in Grenzen ( es gibt ja immer noch einen Sebastian Kehl), aber Rudi vergisst zuweilen eines: Noch schlimmer als schlechte Verlierer sind schlechte Gewinner und das ist wohl der Grund, weshalb den Asseln das Siegen so oft vergönnt wird.

Was soll's, das Ergebnis zählt - findet der Prolet in Nadelstreifen.

Und mit der Verpflichtung war zwar ein Problem gelöst, aber damit hatte er sogleich das nächste erzeugt. Neue Leute bedeuten auch neue Kosten und da der Verein an seiner jährlichen Schuldenlast von DM 17 Mio. auf Jahre hinaus schwer zu tragen haben wird, das Wintertrainingslager wurde aus Kostengründen gestrichen (und die früher so häufigen Benefiz-Spiele zur Rettung der Schlacker Existenz rücken wieder näher) und ein vorhandener Gehaltsempfänger musste verunglimpft werden:

"Assauer droht Böhme mit Rauswurf"

Der nicht mehr so ganz junge Neu- Nationalspieler wagte es sich darüber zu beklagen, dass er und Mannschaftskollege Asamoah als Sündenböcke herhalten mussten. «Kein Wunder, dass wir so eine Grütze spielen», beklagte sich Böhme nach dem grottenschlechten Spiel in Wolfsburg und zog sich damit den Bannstrahl von Asselrudi zu.

Rudi der I., aber ohne Meisterehren
Rudi der I., aber ohne Meisterehren
© Foto: Onlinesport

«Wenn er das wirklich gesagt hat, dann kann ich nur sagen: Bitte suche Dir einen neuen Verein», fauchte der unanfechtbare Regent auf Schlacke und verschärfte damit in der seit Wochen schwelenden Auseinandesetzung die Tonart. Das Monopol auf die Sprache der Gosse hat im Asselland nur einer und das ist Rudi-Cigar höchstpersönlich - und gibt dann auch gerne eine weitere Kostprobe seines tiefergelegten Wortschatzes: «Es ist mir scheißegal, ob wir für Böhme noch eine Ablöse kriegen. Die paar Mark fünfzig, die ich für ihn bezahlt habe, kriege ich schon wieder rein.

»Kein Fluch ohne Wahrheit und hier verbirgt sich eine alte Kaufmannsregel: Im Einkauf liegt der Segen - durch Rudi neu entdeckt. Böhme für DM 1, 5 Mio (DM) letztens erst gekommen, bringt als Nationalspieler frisch geadelt sicher ein nettes Sümmchen mehr in die leeren Kassen. Auserdem lässt er sich problemlos abstossen, da seine nicht gerade sympathische Art ohnehin die Massen auf Schlacke nicht begeistern kann.

Also ist das das der ideale Zeitpunkt um ihn abzuschiessen, zumal das auch wieder mehr Angst unter den Schutzbefohlenen verbreitet und Angst bedeutet bekanntermassen Macht, nach dem Motto: Wer den König von Schlacke angreift, fliegt raus !

Applaus - Bravo, das gefällt, so etwas kommt bei den Fans an. Sind sie doch vor allem ihre eigenen Schwächen gewohnt, die sich gelegentlich sogar in Form von heftigen Weinkrämpfen äussern (wir berichteten davon). So verzeihen sie dem Mann mit den Nadelstreifen und der Zigarre absolut alles, Hauptsache er zeigt Stärke. Das primitive Leben der kleinen Assel ist der lebende Beweis für die Theorie von Hermann Hesse:

"Den Führer braucht und verlangt, wer selbst nicht denken mag."

Das ist sein sein Nährboden, die dumme Masse, so einer wie der Zigarren-Rudi kann nur hier existieren.


Und was liegt also näher, als die Macht weiter auszubauen. Unter den Umständen, in diesem hörigen Umfeld werden Diktatoren geboren und Rudi Ciagar wäre nicht die wahre Oberassel, würde er das nicht konsequent ausnutzen.

Mehr dazu kommt in Teil 2 : "Die Marionetten"

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