Unsa Senf

Bereits jetzt schwärmen alle von "Rosa" - Trainer Sammer hat die Qual der Wahl

25.01.2001, 13:00 Uhr von:  BoKa

Es wurde gut gearbeitet und die Stimmung ist gut. Alles super? Nicht ganz, denn Matthias Sammer brütet im warmen Andalusien über der Anfangsformation für das erste Bundesligaspiel des Jahres am Samstag gegen Energie Cottbus und tritt weiterhin böse auf die Euphoriebremse.

Tomas Rosicky versetzt schon jetzt Trainer und Kollegen in Verzückung.

Der BVB-Coach steht nun erstmals vor der Qual der Wahl. Die Themen Meisterschaft und Champions League sind im spanischen Trainingslager in Jerez trotz des Top-Neuzugänge Tomas Rosicky sowie der Verpflichtung von Jan Derek Sörensen absolut tabu. "Fußball ist Arbeit. Die haben wir konzentriert geleistet. Mal sehen, was für eine Platzierung am Ende herausspringt", sagt der ehemalige Nationalspieler mit verkniffener Mine. Platz drei, ein Punkt hinter Spitzenreiter und [Noch-] Tabellenführer Sch*lke 04 und zuletzt sieben(!) Spiele ohne Niederlage machen allerdings auch der riesengroßen schwatzgelben Fangemeinde reichlich Appetit auf mehr.

Bereits im Vorfeld des Anstoßes zur Rückrunde schreibt auch BVB-Präsident Dr. Gerd Niebaum allen "euphorischen Jubelpersern" ins Stammbuch: "Wir sind eine Kapitalgesellschaft und unseren Aktionären gegenüber zum Erfolg verpflichtet. Der Kader wurde zwar verändert, aber nicht unsere Ziele. Wir wollen wieder auf die internationale Bühne -mehr nicht."

Und schon schwärmen alle vom neuen Mittelfeldlenker

Der BVB-Boss vertraut absolut auf den Weitblick von Matthias Sammer, der ja schon jetzt die Erwartungen der vereinsverantwortlichen weit übertroffen habe und auch wachsenden Konkurrenzkampf im Starensemble künftig meistern werde. Denn durch das "Juwel" Tomas Rosicky und den norwegische Flügelflitzer Jan-Derek Sörensen wurden zwei weitere Hochkaräter verpflichtet. "Uns ist jeder willkommen, der uns weiterhilft", hatte bereits "Mittelfeldgrätscher Miroslac Stevic zerknirscht verlautbart, sicherlich in weiser Voraussicht dessen, daß er vermutlich ab sofort auch wesentlich weniger Standards ausführen darf...

Gegen Energie Cottbus am Samstag wird also Tomas Rosicky sein Bundesliga-Debüt feiern. Seine Mitspieler schwärmen schon jetzt in den höchsten Tönen vom Tschechen. "Das ist ein Riesenkicker", urteilte vorgestern Routinier Jürgen Kohler über den 20-Jährigen, der sich im Trainingslager das Zimmer mit dem wiedergenesenen Defensivallrounder Christoph Metzelder (Patellasehnenriss) teilt. Und Sammer ergänzt freudig: "Rosicky hat eine gute Mentalität. Die Integration verläuft reibungslos". Besonders die bescheidene Art des Supertalents kommt bei allen gut an. Allerdings werden sich die Medienvertreter davon zunächst keinen tiefschöpfenden Einblick verschaffen können, denn Sammer schirmt den Nationalspieler derzeit vor allen Versuchungen kategorisch ab und erteilte ihm einstweilen ein striktes Interview-Verbot.

Der neue „Kopf“ der BVB-Kreativ-Abteilung

BVB-Trainer Matthias Sammer: Im Stile der tibetanischen Gebetsmühle: Der BVB-Trainer warnt alle vor übersteigerten Erwartungen.

Tomas Rosicky soll der Kopf der Kreativ-Abteilung werden. Nach Sammers Vorstellungen soll sich der Techniker im Mittelfeld "herumtreiben, damit er nicht so leicht auszurechnen ist".

Niemanden wirklich wundert da die Wahl von Lars Ricken als geeignetem Co-Partner, mit dem "Matthes" in der Rückrunde ebenfalls Großes vorhat. Den gebürtigen Dortmunder und BVB-Publikumsliebling will er kurzfristig wieder zu alter Stärke und zum Sprung in die Nationalmannschaft verhelfen.

"Borussia Dortmund ist mit der mittel- und langfristigen Personalpolitik auf dem richtigen Weg", zollt Jürgen Kohler seinem Verein ein großes Kompliment und bezweifelt eine nochmalige Odyseé wie in der vergangenen Rückrunde im vorigen Jahr, als die Talfahrt des Weltpokalsiegers von 1997 fast schnurstracks in die zweite Liga geführt hätte. Heute sei der Kader in sich weitaus gefestigter und es herrsche eine gute Kameradschaft. Präsi Niebaum sieht sich indes in seiner Rolle als Mahner dennoch gefordert: "Mannschaft und Fans haben aus diesem Schock ihre Lehren gezogen. Deshalb können wir nach einer solchen Saison nicht gleich vom Titel reden."

Ende des BVB-Trainingslagers: Kaum Kritik, aber großes Lob

Am letzten Tag des zweiten Trainingslagers in Jerez zieht Matthias Sammer gegenüber der Westfälischen Rundschau eine positive Bilanz: "Das war eine richtige Entscheidung", erklärt er in dem Blatt: "Wir haben hier sehr gut arbeiten können."

Dennoch sprach der Dortmunder Coach auch einige Kleinigkeiten an, die ihn nach eigenem Bekunden "rasend" machen. Ein Kritikpunkt: Nachlässigkeiten beim Auslaufen seines Teams nach dem Testspiel gegen Waalwijk. - "Für ihn beinahe eine Todsünde", kommentiert die BILD-Zeitung und bemerkt: "Typisch Sammer. Er malocht rund um die Uhr. Und ist geradezu besessen davon, immer alles perfekt zu machen."

Doch neben kleiner Kritik war es vor allem großes Lob, das der Borussen-Trainer seiner Mannschaft machte. Körperlich, so Sammer, sei das Team in einem "sehr guten Zustand". Jetzt müsse man sich nur noch "konzentriert mit dem Kopf auf Cottbus vorbereiten".

Auch die Ruhr Nachrichten blicken schon auf den kommenden Samstag im Westfalenstadion. Ihre Spekulationen zur Aufstellung der Schwarzgelben: "Die Generalprobe von Jerez hatte der Coach mit Lehmann; Evanilson Wörns, Kohler, Dede; Stevic, Heinrich, Ricken; Rosicky, Bobic, Reina begonnen - war das auch das Anfangsteam für den kommenden Samstag?"

Er habe sich auch angesichts erstklassiger Alternativen noch nicht festgelegt, betont Matthias Sammer gegenüber dem Blatt, doch die RN vermuten: "Lediglich im Mittelfeld könnte es noch Veränderungen geben, ansonsten dürfte die 3:0-Mannschaft gegen Waalwijk schon das ´Basisteam´ für Cottbus sein. Zumal Addo, Oliseh und Ikpeba als Ausweichmöglichkeiten ausfallen, weil sie mit Ghana und Nigeria WM-Qualifikationen spielen müssen."

Matthias Sammer mit Trainerlegende Udo Lattek

Udo Lattek nennt Dortmund "eine ganz heiße Kiste"!

Währenddessen gibt sich Altmeister Udo Lattek meisterlichen Gedankenspielen hin: "Das Team der Borussia kenne ich aus der vorigen Saison sehr gut und meine: Diese Mannschaft ist noch nicht so weit. Nun kam noch Tomas Rosicky, der in der Rolle des Spielmachers die Unterstützung der Kollegen benötigt. Gerade er bringt aber ein großes Konfliktpotenzial ein, wegen der hohen Ablösesumme und des entsprechenden Gehalts. Da entsteht eine Menge Missgunst, vor allem wenn es nicht läuft. Schon im vergangenen Jahr durchfurchten tiefe Gräben den Kader der Borussia, diese Mannschaft ist nicht so leicht in den Griff zu kriegen. Matthias Sammer ist sich dessen durchaus bewusst, dass das in Dortmund eine ganz heiße Kiste ist".

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