Spielbericht Profis

Wieder kein Topspiel gewonnen

22.09.2001, 00:00 Uhr von:  Klopfer
Gute Stimmung vor dem Spiel!
Gute Stimmung vor dem Spiel!

Der BVB hat die große Chance verpasst endlich einmal ein Big-Point-Match für sich zu entscheiden. Sie waren nahe dran, aber in der ersten Halbzeit haben sie ihre hervorragenden Tormöglichkeiten nur unzureichend genutzt und in der zweiten Hälfte konnten ihnen die Leverkusener den Schneid abkaufen. Insgesamt ein glücklicher und unverdienter Punktgewinn für Toppmöllers Chemiebaukasten. Aber es gab auch gute Neuigkeiten: Die Brasilianer beim BVB haben sich mal wieder vermehrt.

Bayer Leverkusen - ein Gegner, wie ihn der BVB im Augenblick eigentlich gar nicht gebrauchen konnte. Zum Aufbau der Moral nach der schlechten Serie gegen die Top-Teams taugten sie nicht, dafür waren die Rheinländer schon immer ein sehr unbequemer Gegner im Westfalenstadion. Und die Stimmung unter den Fans war auch schon mal besser, viel Zuversicht war vor dem Spiel nicht zu vernehmen, die Anfangseuphorie ist wohl verflogen. Bangen um die Tabellenposition ist der Hoffnung auf den Titel gewichen.

Und vor dem Spiel ein Spielchen: Der Münzwurf

Der erste wichtige Zweikampf im Westfalenstadion findet immer kurz vor dem Anpfiff statt. Wenn die Leverkusener die Seitenwahl gewinnen, wird es wieder richtig blöd, weil der BVB dann in der 2. Halbzeit im Richtung Nordtribüne spielen muss. Dass das ein wirksamer Stimmungskiller in der entscheidenden Phase ist, haben die Spitzenteams natürlich längst begriffen. Und die letzten Bigpoint-Spiele gegen Bayern und Bayer waren immer verkehrt herum und liefen dann auch verkehrt, also Spannung gleich zu Beginn - Schiedsrichter Jansen wirft...und: Bravo, Stefan Reuter - wir haben die Süd, dann kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.

Die Startformation entsprach der im letzten CL-Spiel gegen Liverpool - also mit Sörensen, Koller und Amoroso in der Spitze. Nach verhaltenem Beginn die erste Gute Torchance Koller nach Evanilson-Zuspiel frei vorm Tor und zu weit vorgelegt - leider beim Torwart. Aber man kann nicht alles haben, denn wäre der drin gewesen hätte es die nächste Szene wohl nicht gegeben und die führte schon zum frühen Erfolg:

Die Anzeigentafel beweist: Amoroso ist schneller als But
Die Anzeigentafel beweist: Amoroso ist schneller als But

7. Min. der schlecht aufgebaute Gegenangriff der Leverkusen wird schnell abgefangen und dann kommt die Traumkombination, die uns diese Saison schon einige Male entzücken ließ: Rosicky erwischt mit einem blitzgescheiten Pass auf seinen kongenialen Partner Amoroso die Leverkusener in der Vorwärtsbewegung. Der Brasilianer geht allein auf's Tor und macht das 1: 0 - Weltklassefußball, leider nur punktuell. Das Zusammenspiel zwischen dem Regisseur und dem leichtfüßigen Vollstrecker ist eine Augenweide. Niemand sonst spielt solche Pässe und Amorosos Treffsicherheit in solchen Situationen ist eine Klasse für sich. Danach gibt es in kurzen Abständen eine ganze Reihe hochkarätiger Torschancen für den BVB. 10. Minute Riesenchance für Wörns, aber leider nur ein schwacher Oberschenkelabpraller, den Butt mit etwas Verrenkung halten kann und in der 13.Minute kann Dede der Bayer-Verteidiger Sebescen den Ball abluchsen und geht alleine aufs Tor zu, doch leider ist das nun mal nicht seine Spezialität cool am Torwart vorbei zu spielen und wieder kann Butt den leicht auszurechnenden Schuss halten. Eine Zeit lang sah es dann so aus, als wenn der BVB die Farbenkleckser in Grund und Boden spielen würde, aber leider verflachte die Sache dann etwas.

Eigentlich hätte der BVB nun 3:0 führen müssen und das 4:0 hätte dann Sörensen in der 20. Minute machen sollen, als er alleine in den Strafraum ging und erst in letzter Sekunde gestoppt werden konnte - schade Jan-Derek, das hätte dein Spiel werden können.

Aber dummerweise stand es immer noch nur 1:0 - und das sollte sich noch rächen. Mitte der ersten Halbzeit bekommen dann die rotschwarzen mehr Spielanteile, besonders Bernd Schneider hat vor dem Dortmunder immer öfter die Möglichkeit, die Bälle nach belieben zu verteilen. Danach gab es zwar noch weitere Torchancen für den BVB, aber die Zeit der Hochkaräter war vorbei.

24. Min- Freistoss nach einem Foul an Evanilson 15m hinter der Mittellinie auf der rechten Seite. Rosicky schlägt den Ball auf das linke Ecke des 5m-Raumes auf Stevic, doch der vergibt ungeschickt.

Koller wird behandelt
Koller wird behandelt

Nach und nach verschärft Bayer Leverkusen die Gangart und Schiedsrichter Jansen unterstützt dies durch eine Reihe eklatanter Fehlentscheidungen, zeitweise lag seine Fehlerquote so hoch, dass sich die Zuschauer ständig an die Köpfe fassten. In der 25. Minute gibt es ein Foul von Ramelow an Koller und wird noch mit der gelben Karte geahndet, in der 32. ist wieder Koller das Opfer einer brutalen Attacke. Nowotny schlägt ihn am Hals und Jansen sieht nur einen "einfachen" Freistoss - ohne Karte.

Auf jeden Fall schafft es Bayer Leverkusen auf diese Weise den Dortmundern den Schwung zu nehmen, außer einem Vorstoß durch die Mitte(!) von Evanilson, der im Strafraum abgefangen wird, kam nun vorerst kein gefährlicher Angriff mehr.

Dafür hatten die Filialangestellten des Chemiegiganten in der 41. Minute ihre erste echte Tormöglichkeit durch Kirsten, der verpasst die Flanke ohne einen Gegenspieler bei sich zu haben und Schiedsrichter Jansen gibt ihm einen Eckball dafür, damit der Ulf sich nicht allzu sehr ärgern muss.

Ärgern tut sich die Südtribüne, eine so krasse Fehlentscheidung vor deren Nase führt zu heftigen Protesten. Auch die BVB Spieler lassen sich davon anstecken und natürlich Matthias Sammer. Aber alles hilft nichts, Jansen wäre wohl der erste Schiedsrichter der Welt gewesen, der eine Tatsachenentscheidung, die auf falschen Tatsachen beruht, zurückgenommen hätte.

Kurz vor dem Pausenpfiff bekommt dann noch mal Kirsten nach schlechter Abwehrleistung des BVB den Ball einschussbereit aufgelegt, vergibt aber.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit sah es so aus, als wenn die Pillendreher vom Rhein den Spieler ihrer Betriebssportgemeinschaft in der Pause mal eben eine Überdosis Adrenalin-forte gespritzt hätten. Auf jeden Fall gehörten ihnen sofort die ersten 3 großen Chancen bis zur 49. Minute des zweiten Durchgangs und es hätte durchaus den, bis dahin allerdings noch unverdienten, Ausgleichstreffer geben können.

Bis dann in der 50. Minute Amoroso noch einmal einen Kunstschuss aus 20 m ansetzen konnte, der aber leider in der Höhe nicht so ganz ins Tor passte - diese war auch die letzte echte Torchance für den BVB bis kurz vor dem Schluss.

Das eben erwähnte Adrenalin-forte förderte vor allem auch die Aggressivität der Rheinländer, gut zu sehen als Lucio in der 54. Minute mit einem brutalen Foul Amoroso mindestens 3m durch die Luft fliegen lies und dafür nur die gelbe Karte bekam, später fällt Lucio noch durch ein absichtliches Handspiel auf, aber Schiedsrichter Jansen lies auch dies ungeahndet.

Originelle Spielzüge waren beim BVB in dieser Phase überhaupt nicht mehr zu sehen - immer wieder lange diagonale Bälle auf Koller, dessen Lufthoheit ausgenutzt werden sollte, sorgten vorrangig dafür, dass der 2.02m-Mann ständig mit dem Rücken zum Tor stand und seiner Effektivität als Goalgetter völlig beraubt wurde.

Durch ihre Aggressivität gepuscht, dominierten die Bayer-Spieler immer mehr das Geschehen und in der 54. Minute kam Neuville zu seiner einzigen guten Szene, als er bei einem schnellen Konter den Ball scharf in den Strafraum spielen konnte, Kirsten aber knapp verpasste.

Auch die Einwechselung von Lars Ricken für Sörensen in der 58. Minuten konnte daran nichts daran ändern, dass die Spielanteile sich mehr und mehr zugunsten der Leverkusener entwickelten .

In der 66. Minute sah dann Rosicky für ein vergleichsweise harmloses Foul die gelbe Karte, dafür durften die Rheinländer weiter ungestraft böse in die Gegner einsteigen. Denn als in der 70. Minute Ricken alleine durch war und nur noch den Torhüter vor sich hatte, wurde er von Nowotny von den Beinen geholt. Der Übeltäter versteckte sich vorsichtshalber hinter seinen Mannschaftskameraden und hatte Glück, Jansen lies Sympathie vor Recht ergehen und zeigte ihm nur den gelben Karton. (Zur Erinnerung: Nowotny hätte nach seinem Kollerfoul schon mindestens die Gelbe bekommen müssen.)

Die Leverkusener Chancen häuften sich zum Ende des Spiels und man spürte, dass sie mittlerweile dem Ausgleich näher waren, als die Borussen dem 2:0. In der 75. Minute kam Sebescen nach einer Ecke freistehend zum Kopfball, der allerdings knapp drüber ging.

Unglaublich: Feiernde Leverkusener - nach dem Ausgleich, bis dahin waren sie überhaupt nicht zu hören.
Unglaublich: Feiernde Leverkusener - nach dem Ausgleich, bis dahin waren sie überhaupt nicht zu hören.

Es war die 78. Minute als Heiko Herrlich für Amoroso eingewechselt wurde - schade, denn Amoroso war bis dahin der einzige Stürmer, der immer für Gefahr sorgte, wenn er angespielt wurde. Und Heiko machte auch mit seinem ersten Ballkontakt den entscheidenden Fehler in der 82. Minute: Fehlpass von ihm auf Ze Roberto, dann ein paar schnelle Spielzüge, Bradaric spielt auf Berbatov und der macht den Ausgleich - 1:1. Kurz vor Schluss gab es dann noch die Chance für den BVB als Rosicky den Ball noch einmal gefährlich in den Straufraum spielen konnte - allerdings verfehlten Herrlich und Koller.

Als dann das Spiel noch einmal richtig spannend zu werden drohte und Dortmund noch mal einen Freistoss aus vielversprechender Position hätte bekommen müssen, pfiff der wohl nicht ganz Unparteiische kurzerhand ab. Es gab zwar eine ganze Reihe von Spielverzögerungen, aber die wurden nicht für eine Nachspielzeit berücksichtigt. Schluss ist, wenn der Schiedsrichter pfeift, aber die letzten Pfiffe galten ihm: Gellendes Pfeifkonzert für das Schiedsrichtergespann - dieses Match hätte sicher ein sportlicheres Ende verdient. Nach Pressegerüchten hat Herr Jansen längere Zeit in Dormagen (Hallo Bayer !) gelebt - dies wäre Erklärung genug dafür, dass die Objektivität etwas getrübt war und überhaupt liegt Essen ja auch im Rheinland, genau wie Leverkusen.

Fazit: Es bleibt dabei, der BVB kann seine Top-Spiele nicht gewinnen und die Negativserie bleibt auch erhalten. Allerdings waren die Dortmunder die bessere Mannschaft und dieses 1:1 gehört wohl zu den Unentschieden, die für die Zukunft hoffen lassen. Zeitweise spielten sie ähnlich gut wie gegen Wolfsburg oder Hertha, nur gegen echte Spitzenmannschaften ist eine gute Halbzeit einfach zu wenig. Das Zusammenspiel auf der rechten Seite zwischen Sörensen und Evanilson wird besser, zumindest war der Norweger effektiver als der für ihn eingewechselte Ricken. Und Heiko Herrlich ist noch nicht so weit, dass er der Mannschaft wirklich weiterhelfen könnte, sein Einsatz war nicht ganz glücklich. Ansonsten war es die typische Borussia 2001: Probleme im Spielaufbau von hinten heraus und sehenswerte Kombinationen im Sturmspiel, wenn der Ball im Mittelfeld abgefangen werden kann. Noch eine wichtige Erkenntnis: Spiele können in der 2. Halbzeit auch dann dumm laufen, wenn richtig herum gespielt wird - Hallo Südtribüne.

Ein fröhlicher Toppmöller und nicht halb so fröhliche Dortmunder
Ein fröhlicher Toppmöller und nicht halb so fröhliche Dortmunder

Die Meinung der Trainer: Klaus Toppmöller erklärte in der anschließenden Pressekonferenz, dass der Punktgewinn seiner Mannschaft glücklich gewesen sei. Matthias Sammer meinte: "Wir hätten 5:0 führen müssen, wenn nicht, dann wenigstens 3:0. Und dann hätte uns niemand mehr den Sieg genommen. So wurde es schwierig und wir haben uns von hinten heraus schwer getan. Das 1:1 war wie ein Gesichtsschlag..." Eine gute Analyse und zu Heiko Herrlich hat er sich ungefragt geäußert. "Herrlich wird noch ein ganz wichtiger Spieler für uns." Heiko ist in die Kabine gekommen und hat sich bei seinen Mitspielern entschuldigt: "Jungs, es tut mir leid." Zum Thema Schiedsrichter wollte Sammer erst schweigen, konnte sich aber dann, nachdem Fragen dazu kamen doch nicht so ganz zurückhalten: "Nachdem wir schon in Schalke beschissen wurden...hier wurde klar eher abgepfiffen." Darauf Toppmöller: "Wir hätten auch gerne noch weiter gespielt."

Die Erklärung des Präsidenten
Der krönende Abschluss der Pressekonferenz blieb dann dem Präsidenten Dr. Niebaum vorbehalten. Er gab offiziell die Verpflichtung des brasilianischen Stürmers und Nationalspieler Ewerthon bekannt: "Wundern sie sich nicht, wenn beim Training Morgen eine neues Gesicht erscheint. Ewerthon ist verpflichtet. Und weil sie immer alles genau wissen wollen sage ich ihnen auch den Preis. Für 50% der Transferrechte zahlen wir 3,4 Millionen $. Die anderen 50 % können wir jederzeit nachlösen."

Kabinengeflüster
Auch Michael Meier musste heute seine Erklärung abgeben, lag ihm die Sache mit Christian Wörns beim Länderspiel gegen England offensichtlich schwer im Magen. Vor der Spielerkabine meinte er: "Franz Beckenbauer kann sich nicht einzelne Spieler rauspicken, das empfinde ich als Attacke gegen den BVB. Es kann nicht sein, dass einer Personalpolitik macht, der nicht für die Trainingsarbeit verantwortlich ist. Der DFB und die Bundestrainer sollten sich für Christian Wörns aussprechen."

BVB mit Noten: Lehmann (2,5), Wörns (2), Kohler (2), Evanilson (4,5), Reuter (4), Stevic (4,5), Dede (2,5), Rosicky (3), Sörensen (3,5) (Ricken 58.(4,5)), Koller (4), Amoroso (2,5) (Herrlich 78. (-))

Leverkusen (ohne Noten - wär ja noch schöner): Butt, Sebescen, Lucio, Novotny, Placente, Schneider, Ze Roberto, Ramelow, Bastürk, Neuville, Kirsten - später kamen noch Berbatov und Bradaric

Schiedsrichter: Jürgen Jansen aus Essen (5)

Zuschauer: 64500

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