Männer

BVB siegt in Essen Neues Jahr und alte Sorgen

19.08.2025, 17:19 Uhr von:  Michael    
Guirassy zieht ab, ein Essener grätscht dazwischen

Fünftligist in irgendeiner seelenlosen, halbgefüllten Ausweicharena? Oder ambitionierter Drittligist im stimmungsvollen Heimstadion? Lockerer sportlicher Aufgalopp oder doch schon ein erster Härtetest? In diesem Jahr stand Variante 2 auf dem Plan! Auswärtsspiel beim A40-Nachbarn in Essen!

Ausgangslage

Rot-Weiss Essen war etwas durchwachsen in die Saison gestartet. Als Mitfavorit auf den Aufstieg gehandelt, startete RWE mit einem starken 1:1 gegen Topfavorit 1860 München, das anschließende Remis in Havelse, inklusive Fallrückziehergegentor in der Nachspielzeit, war da schon ein kleiner Rückschlag.

Beim BVB ging es in den vergangenen Wochen nur selten um das Geschehen auf dem Platz. Die endlosen Diskussionen um (ausbleibende) Transfers können zumindest noch dem sportlichen Bereich zugeordnet werden, die unsägliche Schlammschlacht um das Präsidentenamt hat hingegen in den letzten Tagen wieder Fahrt aufgenommen. Die erhoffte Versachlichung scheint in immer weitere Entfernung zu rücken.

Vor dem Spiel

„Freunde zu Gast bei Freunden“ - so beschrieb es der rot-weisse Stadionsprecher vor dem Spiel und rund um das Stadion entstand genau dieser Eindruck. Überall stand schwarzgelb und rotweiss zusammen, der vor einigen Jahren aufgelegte Freundschaftsschal zierte viele Hälse und auch im Stadion gab es jeweils freundlichen Applaus für die Gegenseite, ehe man sich gemeinschaftlich träumend ins Gras legte. 

Gästeblock mit Banner: "Ich bin Pokalsieger, kein Weltmeister. Ruhe in Frieden, Frank Mill."

Sowohl die Essener Westkurve als auch der Gästeblock zeigten sich hervorragend aufgelegt und schufen eine angemessene Pokalatmosphäre. Ebenfalls angemessen war die Schweigeminute für Frank Mill, flankiert von Bannern auf beiden Seiten und einer bewegenden Ansprache.

Auffem Platz

Der BVB begann das Spiel durchaus überraschend. Guirassy prügelte den Ball umgehend absichtlich ins Essener Seitenaus, um die Essener sofort beim eigenen Einwurf unter Druck zu setzen. Eine Variante, die fast Erfolg brachte, kam Sabitzer doch nach der Ballrückeroberung zum Schuss, den Golz parieren konnte. Und auch danach blieb der BVB am Drücker, Nmechas abgefälschter Ball wurde erneut von Golz pariert. Der BVB schien, wie von Kovac gefordert, schnell für klare Verhältnisse sorgen zu wollen und unterband auch mögliche Essener Umschaltgelegenheiten aufmerksam.

Die Westtribüne Essen mit Pyro

Leider hielt dieser Vorsatz nur knappe 15 Minuten ehe sich immer mehr Ungenauigkeiten ins Spiel der Schwarzgelben schlichen. Immer wieder flogen Bälle ins Seitenaus (diesmal nicht mehr absichtlich) und Rot-Weiss Essen begann Spaß an dem Spiel zu finden. Besonders Bensebaini hatte immer wieder Probleme mit dem schnellen Safi und so konnte sich der BVB bei Kobel bedanken, dass es zur Pause noch 0:0 stand.

Auch in der zweiten Halbzeit tat sich der BVB schwer, was sich auch nach der Hereinnahme von Brandt und Bellingham nicht änderte. Torgefahr war weiterhin Mangelware. Die Hafenstraße witterte nun endgültig Morgenluft und immer wieder schaffte es die Westtribüne auch die anderen Tribünen mitzuziehen. Und mitten rein schlug dann die Dortmunder Lebensversicherung zu und zog dem Stadion mal kurz den Stecker: Guirassy erhielt den Ball vor dem Strafraum, zog zwei Schritte in die Mitte und versenkte ihn ansatzlos und präzise im langen Eck (78.) Essen zeigte sich durchaus geschockt und fand nur noch selten den Weg in den Dortmunder Strafraum, so dass zu Beginn der vierminütigen Nachspielzeit alles auf einen glanzlosen Einzug in die zweite Runde hindeutete.

Svensson im Kopfballduell

In der Nachspielzeit gab es dann doch noch eine Schrecksekunde für den BVB. Eine scharfe Hereingabe rutschte zum zweiten Pfosten durch, wo Mane den halbhohen Ball mit dem Fuß klärte. Parallel ging Martinovic mit dem Kopf hin und hätte gerne einen Elfmeter gehabt. Frank Willenborg, der mit dem zwar intensiven aber bis hierhin sehr fairen Spiel seine liebe Mühe hatte, entschied sich jedoch dagegen. Vertretbar, übrigens wie einige Zeit zuvor, als Guirassy im Strafraum mit den Händen bearbeitet wurde.

Couto liegt schreiend am Boden

Nicht mehr vertretbar war allerdings das, was dann folgte: Owusu, kurz zuvor eingewechselt, kam gegen Couto so dermaßen zu spät, dass er diesem mit gestrecktem Bein aufs Knie trat. Willenborg zeigte nur Gelb, eine krasse Fehlentscheidung. Couto erlebt den Abpfiff auf der Trage, ersten Meldungen zufolge scheint er mit einer schweren Knieprellung durchaus glimpflich davon gekommen zu sein.

Apropos nicht vertretbar

Bereits unmittelbar nach dem Spiel kam es in den sozialen Medien zu rassistischen Beleidigungen gegen Owusu. Nun bedarf es keines Kommentars, was in den Köpfen solcher Kommentarschreiber los ist, doch leider fügen sich diese Kommentare in eine Reihe rassistischer Vorfälle am ersten DFB-Pokal-Wochenende ein. Es liegt an uns allen, diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten und klar zu zeigen, dass Rassismus keinen Platz in unserer Gesellschaft hat.

Wie geht’s weiter?

Pflichtaufgabe erfüllt. Alles gut? Mitnichten. Es war wieder einmal erschreckend, wie wenig Ideen der BVB gegen tiefstehende Mannschaften an den Tag legt. Symptomatisch dafür war jeder Torabstoß vom Dortmunder Gehäuse. Bensebaini, Anton und Kobel schauten sich hilflos an und schoben sich dann den Ball zu, bis einer den Ball angesichts der vorrückenden Essener nach vorne drosch. Das zentrale Mittelfeld, mit Sabitzer, Groß und Nmecha eigentlich nicht mit Ballallergikern besetzt, kreierte kaum Überraschungsmomente. Eine der wenigen Ausnahmen: Ein sehr guter Groß-Pass in die Spitze, der in einer Beier-/Guirassy-Doppelchance nach gut einer halben Stunde mündete. Doch insgesamt kommen von den dreien viel zu wenig solcher Aktionen.

Am Samstag wartet nun St. Pauli am Millerntor. Eine Mannschaft, die mit Sicherheit nicht ins offene Messer laufen wird, stellte sie doch in der vergangenen Saison die zweitbeste (!) Defensive der Liga. Gut zu wissen, dass es eine Lebensversicherung gibt.

Pyro im Gäseteblock

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