Unsa Senf

Die DFL und der Investorendeal „Der Fußball ist ab sofort erpressbar geworden.“

22.02.2024, 16:56 Uhr von:  Sascha
Anblick der Südtribüne mit Transparenten gegen Investoren

Mit diesem markigen Satz kommentierte der Kolumnist eines bekannten Boulevardblattes Alfred Draxler die gestrige Entwicklung im Profifußball. Was war passiert? Hat Thomas Müller das Original der Meisterschale in seine Gewalt gebracht und forderte im Gegenzug für eine Rückgabe die Freigabe von Xabi Alonos? Nein, die DFL bestätigte, was der Bezahlsender Sky zuerst verkündete: der Verkauf von Anteilen an der DFL-Vermarktungsgesellschaft an Investoren ist gescheitert. Ob endgültig, oder nur vorerst, das wird die Zeit zeigen. Fest steht jedoch, dass der hartnäckige Protest der Fankurven genug Vereine in ihrer Unterstützung für das Projekt ins Wanken gebracht hat und eine Mehrheit plötzlich unsicher war.

Die oben genannte Aussage des bekannten Doppelpass-Stammgastes ist in mehrfacher Hinsicht lustig. Zum einen ignoriert sie komplett den Umstand, dass der Fußball schon lange erpressbar ist – und das nicht von Fanseite aus. Schon Anfang der 2000er Jahre kokettierte beispielsweise Uli Hoeneß mit einem Ende der Zentralvermarktung für den Fall, dass der Anteil der TV-Einnahmen für seine Bayern nicht signifikant gesteigert werden würde. Die bald endende Serie einer öden Abomeisterschaft ist auch das Ergebnis dieser Erp… strategisch klugen Verhandlung. Auch dürfte Draxler die Ironie komplett entgangen sein, dass er seinen Satz in einem Blatt veröffentlicht, dass für sich selbst in Anspruch nimmt, unbequem und kritisch zu sein und den Oberen auf die Finger gucken zu wollen. Womit Draxler nach eigener Deutung irgendwie selber Mitglied einer Erpresserbande wäre. Was übrigens gar nicht so falsch ist, weil in der Vergangenheit die Art der Berichterstattung über Fußballer und Funktionäre häufig merkwürdig korrelierend mit dem Umstand war, wie bereitwillig jemand seinem Hause für Gespräche zur Verfügung stand.

Die Fans als Korrektiv

Aber zurück zur eigentlichen Sache. Man kann gar nicht genug betonen, wie wichtig und großartig dieser Protesterfolg ist. Zum einen zwingt er die Vereine, sich wieder mit tiefgreifenden, strukturellen Problemen im Profifußball auseinander zu setzen, die man bei der DFL zumindest kurzfristig mit Investorengeld übertünchen wollte. Ja, es gibt Vereine die gerade massive Finanzprobleme haben und dafür wird man eine Lösung finden müssen, aber vor dieser Situation hätte man auch mit einem Investor gestanden – nur etwas später. Und natürlich hatten die Fans jedes Recht, sich dagegen auszusprechen. Auch auf mehrfache Nachfrage, wie genau man denn jetzt Erlöse in der Auslandsvermarktung steigern wollte, kam seitens der DFL keine substantielle Antwort. Da ist dann einfach die gemachte Erfahrung der letzten Jahre, dass am Ende wieder der Fan im Stadion mit widrigeren Umständen die Zeche zahlt.

Zum anderen stärkt es für die Zukunft all diejenigen, die fanpolitisch aktiv sind und ein mehr als notwendiges Korrektiv im Profifußball darstellen. Fanpolitisch aktiv zu sein, das hieß in den letzten Jahren in der Regel, ein Rückzugsgefecht zu führen. Ticketpreise, Spieltagszerstückelungen, Anstoßzeiten – immer ging es darum, Maximalforderungen der Profivereine abzuwehren und die zu schluckende Kröte so klein zu halten, das sie nicht komplett quer im Halse stecken blieb. Kein Wunder, dass sich im Laufe der Zeit immer wieder wichtige und gute Leute frustriert und demotiviert aus diesem Prozess zurück gezogen haben. Schon allein dafür war der Erfolg des konsequenten Protests enorm wichtig. Man hat etwas Großes nicht nur abgebremst, sondern aufgehalten. Die DFL war diesmal nicht mehr mit ihrer Taktik erfolgreich, zu nebulösen Dialogen ohne konkrete Zusagen einzuladen in der Hoffnung, dass sich die Fans genug gebauchpinselt fühlen, mit „wichtigen Leuten“ am Tisch zu sitzen und darüber hinaus nicht bemerken, dass der Profifußball parallel Fakten schafft.

Das sollte Mut für mehr machen. Der Protest war konsequent, laut, mutig und teilweise auch wirklich witzig. Schon alleine für die Idee, ferngesteuerte Autos über den Platz fahren zu lassen, sollte man den Kölnern einen Innovationspreis verleihen. Bleibt selbstbewusst und kämpferisch. Der Fußball kann dadurch nur gewinnen.

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