Unsa Senf

BVB Geschäftsführer zum DFL Investoreneinstieg Erde an Aki Watzke, Erde an Aki Watzke

17.04.2023, 07:00 Uhr von:  Sascha
Block 12 und 13 im Spiel gegen Union Berlin mit vielen Spruchbändern gegen den Investoreneinstieg. Unter anderem "Ihr spekuliert mit der Zukunft der Liga" im TU-Schriftstil

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Unions Dirk Zingler waren im Gespräch mit der Welt zum Thema Investoreneinstieg. Herausgekommen sind dabei Aussagen, die mehr als diskutabel sind und den Puls in die Höhe treiben

In einem Interview mit der Welt nahmen BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Dirk Zingler von Union Berlin Stellung zu den Plänen, die Übertragungsrechte der DFL in eine separate Gesellschaft auszulagern und externe Investoren an dieser Gesellschaft zu beteiligen. Es handelt sich dabei um einen kostenpflichtigen Artikel, der vom SID in den Hauptaussagen zusammengefasst und zur freien Verfügung bereitgestellt wurde. Die dort von Watzke getätigten Aussagen hinterlassen im besten Fall ein Stirnrunzeln, in einer Sache sogar Zornesfalten.

Was man Aki Watzke zumindest zugute halten muss ist, dass er nicht groß darum herum redet, was mit dem Geld passieren soll. Wo zum Beispiel Darmstadt 98-Präsident Fritsch im Kickerinterview noch vorgab, dass das Geld vor allem der Entwicklung der Vermarktung und in Infrastrukturprojekte der Gesamt-DFL fließen soll und nur nachrangig in Transferaktivitäten, wird bei Watzke deutlich, dass er da andere Vorstellungen hat:

Wenn wir es uns als Bundesliga nicht zutrauen, international zu wachsen und verantwortungsbewusst mit dem Geld eines Investors - der übrigens keinerlei Mitbestimmungsrecht bekommt - umzugehen, werden wir auf Sicht ins Hintertreffen geraten und an internationaler Wettbewerbsfähigkeit einbüßen


Hans-Joachim Watzke

Die Schlüsselbegriffe sind hierbei „internationale Wettbewerbsfähigkeit“. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit betrifft in der Regel nur eine handvoll Clubs, für die eine regelmäßige Teilnahme an Champions- und Europa-League das Ziel ist. Für die komplette zweite Liga und mehr als die Hälfte von Liga eins ist es völlig irrelevant, wie man im internationalen Vergleich dasteht. Sie sind auf jeden Fall finanziell abgehängt und es dürfte für diese Vereine auch ziemlich egal sein, ob sie ihre Topspieler jetzt an die Premiere-League oder einen der Top-5-Vereine der ersten Bundesliga verlieren.

Bild der ganzen Süd in der Totalen, auf dem auf der ganzen Tribüne verteilt verschiedene Spruchbänder zu sehen sind. Prominent am Zaun der Süd ein Banner "Nein zu Investoren in der DFL!"

Bei der Aussage zum Mitbestimmungsrecht kommt einem westfälisch direkt die Frage in den Sinn, wen Herr Watzke damit eigentlich für dumm verkaufen will. Zu den angefragten Investoren gehören absolute Schwergewichte im Investmentbereich wie Blackstone. Firmen, die tagtäglich mit milliardenschweren Investitionen jonglieren und knallharte Renditevorstellungen jenseits der Zinserträge eines Girokontos haben. Die Vorstellung, dass diese Konzerne irgendwelchen Ex-Spielern, ehemaligen Geschäftsführern kleiner Mittelständler und was sich da sonst noch in der DFL tummelt, bis zu drei Milliarden Euro in die Hand geben und sagen: „Macht mal was Anständiges damit, wir fragen in zehn Jahren mal nach, was damit passiert ist“, ist geradezu absurd lächerlich. Zumindest die informelle Macht zur Einflussnahme wäre enorm.

Und wo der Puls gerade den Ruhebereich verlassen hat, geht es auch direkt weiter:

Man könne „die drei Jahre Corona nicht ausblenden“, ergänzte er: „Allein wir beim BVB haben dadurch 151 Millionen Euro eingebüßt“. Verluste, die dank Investoren leichter kompensiert werden könnten: „Wir möchten und müssen etwas tun, um unsere Investitionsfähigkeit zu verbessern.

Sorry, aber das ist zu leicht. Dass dem BVB durch Corona Geld verloren gegangen ist, ist unbestritten. Andersherum könnte man aber auch sagen, dass der BVB einen ähnlichen Betrag sicherlich allein in den Transfers von Götze, Schürrle, Schulz und Meunier versenkt hat, wenn man Ablösesummen, Handgelder und Gehälter summiert. Corona ist nicht der Auslöser für finanzielle Probleme der Liga, nur der Dominostein, der alles ins Wanken gebracht hat. Die Geschäftsführer und Sportdirektoren sind es einfach gewohnt gewesen, dass man als Bundesligist das Geld ziemlich sorglos ausgeben konnte, weil gleichzeitig auch die Einnahmenseite immer weiter gesteigert werden konnte. Notfalls konnte man den Spieltag für die Rechteverwerter noch „exklusiver“ gestalten, Eintrittspreise immer weiter erhöhen und jeden noch so großen Quatsch mit Vereinslogo bedrucken und als Merchandiseartikel auf den Markt werfen.

Haaland und Hummels in schwarzen Trikots mit silbernen Druck und schwarzen Hosen, die sich abklatschen. Rechts daneben im Hintergrund Marco Reus
Bei den kolportierten Summen für eine Vertragsverlängerung kann die finanzielle Not nicht so groß sein

Die finanziellen Situation vieler Bundesligisten ist nicht in erster Linie das Ergebnis von Corona, sondern von einer maximal durchschnittlichen Arbeitsweise in den Vereinen, ohne überhaupt groß aufs Geld zu achten. Das scheinen die Entscheider der DFL allerdings mit bemerkenswerter Intensität auszublenden und statt auf eine effizientere Mittelverwendung abzuzielen, reflexartig nach noch mehr Geld zum Verjubeln zu plärren.

Wenn man, speziell auf den BVB bezogen, gerade liest, dass mit Marco Reus und Mats Hummels zwei Spielern im Vorruhestandsalter Verträge mit einem Fixgehalt vorgelegt werden, mit denen die beiden bei dreiviertel aller Bundesligavereine immer noch zu den Spitzenverdienern zählen würden, dann fallen einem spontan andere Möglichkeiten ein, die Investitionsfähigkeit zu verbessern, auch ohne zusätzliche Investorengelder zu bekommen.

Damit kommen wir dann zum Schluss und da wird's fies:

Ohne externe Geldgeber würde dies „wahrscheinlich auch eine deutliche Erhöhung - unter anderem - der Eintrittspreise nach sich ziehen.“ Alles würde viel, viel teurer für die Fans. „Es geht natürlich nicht, internationale Topstars zu halten oder zu kaufen und gleichzeitig die Stehplatzkarte nur acht Euro kosten zu lassen.“

Ganz davon abgesehen, dass man gerne wissen würde, wo man in der ersten Liga ein Spiel noch für acht Euro sehen kann, ist das schlichtweg eine freche Erpressung in Richtung der Fans, die sich aktuell gegen die Pläne der DFL aussprechen. Ist das jetzt die neue Diskussionskultur, die herrschen soll? Ist das die „Demut“, die noch vor wenigen Monaten propagiert wurde? Fresst das oder ihr müsst mehr zahlen.

Wir reden hier von einem Markt, der völlig außer Rand und Band geraten ist. Schurkenstaaten gönnen sich Vereine und pimpen sie mit irren Summen auf. In der Champions-League werden die Prämien immer weiter erhöht und somit die nationalen Ligen verödet und auf Ligaebene arbeiten die Großkopferten daran, die Geldflüsse möglichst auf sich zu konzentrieren. Sieht man aktuell auch an durchaus bemerkenswerten Aussagen von Watzke in Richtung des DFB. Das ganze System Profifußball ist im Kern marode und kaputt – aber statt diese grundlegenden Probleme anzugehen, stellt man sich hin, erklärt diese ganze Scheiße als alternativlos und droht damit, dass irgendjemand die Zeche, die man selber bestellt hat, zahlen müsse. Natürlich nicht Spieler und Funktionäre, die weiterhin mit massiven Gehaltssteigerungen bedacht werden sollen, sondern der Fan. Entweder direkt, indem man bei den Tickets mehr zahlt, oder indirekt, indem man hinterher mit der neuen, investorengerechten Realität leben soll.

Diese Chuzpe muss man erst einmal haben. Vielleicht ist es unsere Aufgabe als BVB-Fans, wieder für mehr Bodenhaftung zu sorgen?

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