Unsa Senf

Neuer BVB-Kapitän Danke, Marco!

28.07.2023, 12:00 Uhr von:  janniksch
Marco Reus am Ball
Marco Reus im letzten Spiel der Saison 2022/23

Die Kapitänsbinde des BVB wandert von Marco Reus zu Emre Can, womit eine 5-jährige Ära endet. Dabei durchlief Marco Reus als Kapitän vor allem Tiefen. Trotzdem ist es Zeit "Danke" zu sagen und gleichzeitig nach vorne zu blicken.

Etwas, das passte und doch nicht zusammengehörte

Schau ich mir die 5 Jahre von Marco Reus als Kapitän an, so bleibt letztlich Leere. Denn wer, wenn nicht Marco Reus, war prädestiniert als BVB-Kapitän eine Legende zu werden? Es passte doch alles! Ein überragender Kicker mit Dortmund-Background und Vertragsverlängerung, trotz attraktiver Angebote aus dem Ausland. Letztlich waren die Vorraussetzungen perfekt! Zu perfekt?

Reus war bereits vor der Übernahme der Kapitänsbinde ein Spieler mit Glasknochen, mit dem keine ganze Saison zu planen war. Retrospektiv kommt es einem schon so vor, als wäre er mehr verletzt als fit gewesen, auch wenn es gar nicht stimmen mag. In vielen Spielen fehlte er jedenfalls und auch wenn er als einzelner Spieler jedesmal stärker aus der Verletzung zurückkam, seine Kapitänsrolle litt gehörig. Reus konnte das Team, sicher auch wegen der vielen Verletzungen, nicht zusammenführen und dann zusammenhalten.

Er war nie der Lautsprecher auf dem Platz, selten neben Platz. Das haben ihm viele angekreidet und als Makel ausgelegt, was ich ungerecht finde. Eine Team anführen heißt nicht brüllend über den Platz zu rennen, sondern erkennen, was die Mannschaft um ihn herum gerade braucht. Daran mangelte es letztlich dann doch. Die Kabineninterna sind mir unbekannt, wie den meisten, die den BVB von außen verfolgen, aber so richtig hinter dem Kapitän sah man die Mannschaft selten.

In großen Spielen sei er "abgetaucht", sprich nicht präsent auf dem Platz. Auch eine Wahrnehmung, die immer wieder im Zusammenhang mit ihm liest. Vorangehen und mit guter Leistung den Weg aufzeigen, gelang ihm in einigen wichtigen und weniger wichtigen Spielen tatsächlich nicht. Er schwamm doch zu oft gemeinsam mit der Mannschaft, statt den Fußballschuh in die schließende Tür zu stellen und zum Gegenangriff zu blasen.

Der Ruf des "Unvollständigen" wird er wohl nicht mehr los. Trotz des Corona-DFB-Pokalsiegs 2020/21 stehen in seiner Vita viele verpasste Titel. Vor allem die Chance auf die Meisterschaft vergangene Saison, die man nur noch am letzten Spieltag klarmachen musste und dann doch verspielte, war irgendwie ein Sinnbild von Marcos Kapitäns-Karriere.

Er wurde letztlich nie die Kapitänslegende, die er hätte werden sollen. Es hat dann doch nicht gepasst.

Und dennoch:

Wenn ich jedoch die Kommentare zu Reus in der Vergangenheit gelesen habe, ist mir das kalte Kotzen gekommen. Die Maßstäbe an denen Marco gemessen wurde, waren komplett überzogen, während gute Leistungen kaum gewürdigt wurden. Und da war ich auch oft enttäuscht vom Stadion. Ein verdienter Spieler, der sich aktiv dafür entschied seine Prime beim BVB zu verbringen, hat vor allem eins bekommen: Lack. Keine Ahnung wie viel davon ihn wirklich erreichte, aber besonders viel Liebe, wie etwa Jude, hat er sicher nicht zu spüren bekommen. Wir wollen doch, dass Spieler beim BVB bleiben und nicht dem endlosen Geld hinterher jagen. Marco hat uns diesen Wunsch erfüllt und hat dafür viel zu viel Häme von uns bekommen. Ob er manchmal der Chance nachtrauert in eine andere, größere Liga gegangen zu sein, kann ich nicht sagen. Verdenken könnte ich es ihm nicht. Am Ende hat er die Kapitänsrolle nicht gut genug ausfüllen können, das stand ihm im Weg. Und unsere endlose Kritik.

Marco wird beim BVB nicht von Brot und Wasser leben und er hat innerhalb der BVB-Fangemeinschaft auch viele Fans. Vielleicht interessiert ihn Fan-Liebe auch garnicht so. Trotzdem haben talentierte Spieler schon mehr Jubel für weniger bekommen. Das ärgert mich. Vielleicht sollten wir erkennen, dass das Kapitänsamt zwar eine Ehre ist, aber auch eine Bürde sein kann. Die nächste Chance haben wir bei Emre.

Nur kurz die Nachfolge

Kapitänsnachfolger von Marco Reus ist Emre Can. Jemand der mit seiner Aggressivität eher in das Klischee-Bild eines Kapitäns passt. Wobei uns ehrlicherweise vor einem Jahr allen die Kinnlade abgefallen wäre, hätte man uns diese Nachfolge verkündet. So schnell geht das im Fußball dann doch. Nach seiner in weiten Teilen grandiosen Rückrunde 2022/23 ist die Entscheidung wahrscheinlich recht schnell gefallen. Hoffen wir, dass es diesmal passt.

Die Befreiung?

Für Marco Reus erhoffe ich mir einfach, dass die Abgabe des Kapitänsamtes für eine Befreiung und einen golden Herbst in seiner Karriere sorgen wird. Ich mag ihn wirklich gerne und die meisten Fans sicher auch. Die Kritik war oft überzogen und jetzt können wir es wieder ein bisschen gut machen. Er wird von vielen Fans jetzt wieder stärker als einer unter vielen gesehen und bleibt dem Team doch im Mannschaftsrat als Ansprechpartner erhalten. Dadurch kann er hoffentlich nochmal richtig Gas geben. Ich wünsche es mir sehr.


Zum Schluss: DANKE, MARCO!

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