Warmlaufen

Weder Neid noch Eifersucht

24.10.2022, 14:18 Uhr von:  Nina T.
Die BVB-Confetti-Choreo aus der Saison 19/20 gegen Barcelona: Aufnahme der Südtribüne in einer der wenigen Sekunden, in der Schriftzug "BVB" zu sehen war.
Wäre auch am Dienstagabend schön: Champions League Choreo aus der Saison 19/20

Im Vorfeld zur Champions-League-Begegnung mit Manchester City verspürt unsere Autorin weder Neid noch Eifersucht auf das, was der Gegner hat. Obwohl das viel ist, bleibt fraglich, ob das alles so toll ist.

Dienstagabend, Flutlicht, Champions League. Wir erwarten den aktuellen Meister der Premier League mit allem, was er zu bieten hat. Man könnte neidisch werden… Der beste Trainer, die besten Spieler!

Allein der Unterschied der Social-Media-Zahlen: 35,4 gegen 16,9 Millionen Follower auf Instagram - unser englischer Account bringt es auf 2,9 Millionen. Immer wieder ist die Rede davon, dass englische Vereine allein aufgrund der Sprache immense Vorteile haben. Nun ja, ich für meinen Teil bin ausgesprochen dankbar, dass nicht die halbe Welt Deutsch spricht und der Wahnsinnige, der dieses Ziel hatte, gescheitert ist. Und ob das im Falle der englischen Sprache - durch die Kolonialzeit - wirklich so toll ist, würde ich ebenfalls anzweifeln. Schon mal nichts, worauf ich neidisch wäre.

Wenn es nach dem Willen der Verantwortlichen geht, soll die deutsche Bundesliga aber der englischen Premier League nacheifern. In meinem Kopf höre ich dann immer:

Es gibt Fußballfans, die von England nach Deutschland reisen. Einfach nur, um die Atmosphäre zu erleben. Die Bundesliga wirbt im Ausland mit dem Slogan ‘Football as it’s meant to be’ - ‘Fußball wie er sein sollte’. Und damit kann nur eines gemeint sein: Laut, emotional, wild und bunt. Denn sind wir mal ganz ehrlich, dass (...) dieselbe Mannschaft Meister wird und Traditionsvereine mit riesigen Fan-Scharen in der Versenkung versinken, das kann ja wohl kaum das Alleinstellungsmerkmal sein. (...) Denn die größte Triebfeder im europäischen Fußball, und auch in der Bundesliga, ist finanzieller Profit. Denn aktive Fans, und allen voran Ultras, sind - im Irrglauben, dass die Bundesliga mit der Premier League konkurrieren müsste, oder überhaupt könnte - für sportliche Entscheider, nichts anderes mehr als ein Klotz am Bein. Und wenn Deutschland seine Ultras verliert, verlieren wir als nächstes die 50+1-Regel, als nächstes die Stehplätze… Und dann? Was sind wir dann? Der kleine, beschissene Bruder von der Premier League.


Nico Heymer für OneFootball am 02. März 2020 in “DFB vs. Ultras: Es geht nicht um Dietmar Hopp”

Das fasst für mich am besten und schnellsten zusammen, warum so eine Zukunft für mich eher Albtraum als Traum wäre.

Unser Gegner

Nun bekommen wir Besuch eines Prototypen des Premier-League-Clubs: Mit absoluter Starbesetzung, ausgesprochen erfolgreich und im Besitz der “City Football Group”. Was so romantisch-vereinsnah klingt, gehört mehrheitlich der Herrscherfamilie des arabischen Emirats Abu Dhabi. Dabei blicken die Skyblues auf eine lange Tradition zurück und ihre Fans haben, auch in schwierigen Zeiten, immer zu ihnen gestanden. Trotz des Abstiegs in den späten 90er Jahren erschienen konstant 32.000 Fans zu den ausverkauften Spielen.

Aber diese Fanbase existiert nur noch in Wohnzimmern und Pubs - wenn überhaupt. Der 1,06 Milliarden* wertvolle Kader von 23 Spielern, davon 69,09 % Legionäre, spielt zu Hause im Etihad Stadium vor 55.017 Zuschauern - nicht Fans. Der Stadionbesuch ist ein Event, ein 3D-Film, nur luftiger als im Kino. Wieder keine Eifersucht.

(* unser Kader hat einen Wert von 483,15 Millionen - und für die Einordnung: Vor 483 Millionen Sekunden war es 2013, vor einer Milliarde Sekunden war es 1990.)

Möglicherweise kommen am Dienstag ein paar aus den Wohnzimmern und den Pubs in unser Westfalenstadion, denn dass die Ticketpreise bei £ 16,50 beginnen, dürfte Seltenheitswert haben. Aber zumindest benötigt man ein “Matchday Membership” (eine Vereinsmitgliedschaft für einen Tag?), weil das Ticket personalisiert werden muss und nicht weitergegeben werden darf. Wieder nichts, was ich für erstrebenswert halte.

Eigentlich hätte unser Gegner nahezu exakt das gleiche Programm gehabt, wie wir: Allerdings wurde das Nachholspiel gegen den englischen Tabellenführer Arsenal am 19. Oktober (wegen Covid-Quarantäne) abgesagt, während wir unser Pokalspiel in Hannover 95 Minuten - wieder mal unter hohen Verlusten und mit viel Aufwand - ausgetragen haben. Sie hatten also eine Pause, die uns mehr als fehlte. Nennenswerte Ausfälle sind für die Partie nicht zu erwarten: Manchester City wird in Dortmund Bestbesetzung antreten. Das bedeutet aber auch einfach nur, wir müssen nochmal umso mehr für unsere (verbliebenen) Jungs da sein.

Die Voraussetzungen

So schaut aktuell die Tabelle der Gruppe G aus:

1. Manchester City - 11:1 Tore - 10 Punkte

2. Borussia Dortmund - 9:4 Tore - 7 Punkte

3. FC Sevilla - 2:9 Tore - 2 Punkte

4. FC Kopenhagen - 0:8 Tore - 2 Punkte

Es sind noch sechs Punkte zu vergeben, in den letzten Spielen wurden die Punkte "fair" geteilt. Für die Plätze zwei bis vier ist also weiterhin alles drin, auch wenn wir die beste Ausgangslage haben. Wie Kopenhagen gegen City die Null gehalten hat, sollten wir uns zumindest mal angesehen haben. Apropos, Kopenhagen: Wenn wir nicht zocken wollen, ob es uns - möglicherweise komplett ohne Auswärtsfans - gelingt, etwas aus Dänemark mitzunehmen, sollten wir gegen die Skyblues etwas in Dortmund behalten. Und sei es bei dieser finanziellen und sportlichen Übermacht auch “nur” ein moralischer Sieg.

Egal, was auf dem Platz passiert: Dieses Spiel müssen wir auf den Tribünen dreckig durchziehen! “Laut, emotional, wild und bunt.” Nun ja, schwarzgelb. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir eine Choreo wünschen. Mats Hummels sagte vor ein paar Jahren, dass man sich in den ersten Minuten gegen Real Madrid auf dem Platz kaum verständigen konnte. Das brauchen wir wieder! Scheiß auf Funken am Dienstagabend, wir müssen uns selbst anzünden. Lasst uns die Euphorie vom Wochenende mitnehmen! Und der Mannschaft empfehle ich, sich möglichst vor dem Spiel alles zu sagen, was sie sich zu sagen haben.

Der verlorene Liebling

Es darf 90+ Minuten auch keine Sentimentalität geben, völlig schnuppe, wie dolle ihr euch freut, dass “euer Erling'' zu Besuch kommt: Das ist unser Gegner! Es geht nicht um Eifersucht, weil er zu einem anderen Verein gewechselt ist. Sowas passiert, er bleibt dennoch ein guter Junge und er hat schließlich nie einen Hehl aus seinen Zielen gemacht. No bad feelings at all. Aber da kann er tweeten, was er will: Im Spiel ist er der Feind, der Top-Scorer, den wir aufhalten müssen.

Feiert ihn halt nach dem Spiel, ruft ihn meinetwegen nach Abpfiff zu euch. (Falls ihr nicht früher gehen müsst, wegen der Staus.) Das ging mit Neven, das ging mit Kuba. Also sollte das auch mit Erling Haaland möglich sein: Vor dem Spiel keinerlei rührselige Szenen.

Mögliche Aufstellung - Platz und Tribüne

Da wir neuerdings auch richtig gut sind in sehr kurzfristigen Ausfällen: Keine Ahnung mehr, wer noch übrig bleibt oder vielleicht zurück kommt. Auch 32 Stunden vor Anpfiff gibt es kaum Sicherheit...

Von den sieben Langzeitausfällen abgesehen - zu denen nun auch Thomas Meunier zählt - bleiben Donny Malen, ebenso wie Marco Reus fraglich. Zur Pressekonferenz um 13:00 Uhr war bei beiden noch nicht klar, ob es reichen wird. Neu auf der Liste der angeschlagenen Spieler sind Nico Schlotterbeck, Mats Hummels und Rapha Guerreiro. Bei dieser Gruppe sah es wohl allerdings gestern schon gut aus, sodass der Faktor "Hoffnung" für sie ein bisschen höher ist.
Sicher hingegen ist, dass Salih Özcan gelb-gesperrt nicht zur Verfügung stehen wird.

Immerhin scheinen uns massive Ausfälle auf den Tribünen erspart zu bleiben:

Zeigt die stilisierte Übersicht der Tribünen mit vereinzelten freien Plätzen
Screenshot aus dem BVB Ticket Shop vom Sonntagabend

Wobei es tatsächlich beinahe skurril ist, dass für dieses Spiel am Sonntagabend überhaupt noch Tickets verfügbar waren.

Fazit

Für nichts auf der Welt würde ich tauschen. Ich will nicht, was ManCity hat, ich will das, was wir haben - und zwar von jeder/jedem, die/der dort sein wird. Wir müssen, egal ob nach der Arbeit oder vor der Arbeit, schlicht alles im Westfalenstadion lassen!

Wir wollen doch schließlich alle nächstes Jahr herausfinden, was drin wäre, wenn wir mal ansatzweise mit dem Kader spielen können, der für diese Saison zusammen gestellt wurde.

...scheißegal! Borussia Dortmund international!

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