Die BVB-Geschichte

schwatzgelb.de im Rückspiegel

25.03.2020, 09:14 Uhr von:  DocKay
schwatzgelb.de im Rückspiegel

Aktuelle Ereignisse werfen ihre Schatten zurück und Jubiläen wollen gefeiert werden. Für uns ein Anlass die schwatzgelben Jahrbücher des BVB aufzuschlagen.

Im Jahr 2020 feien wir ein 20-jähriges Jubiläum in vielfacher Hinsicht. Dabei wollen wir zunächst einen Blick auf das von Chaos geprägte Jahr 2000 werfen. Dazu ist es notwendig, einen kurzen Abstecher in die letzten Monate des Jahres 1999 zu machen. Die Hinrunde der Saison 1999/2000 beendete unser BVB, nach durchwachsenen Leistungen und einem 4:0 Erfolg gegen Hertha BSC, auf dem fünften Tabellenplatz der Liga mit 28 Punkten und 24:13 Toren. Bei der am 28.11.1999 einberufenen Jahreshauptversammlung unter der Führung durch den BVB-Präsidenten Dr. Gerd Niebaum und den Manager Michael Meier erfolgte die Zustimmung von 98,7% der anwesenden Mitglieder, den Traditionsclub in eine Kommanditgesellschaft auf Aktie umzuwandeln. Hier kann man sicher von einem historischen Ereignis sprechen.

Das neue Jahr 2000 begann dann mit einem Paukenschlag. Am 9. Januar flatterte die Meldung über den Äther, dass es zu keiner Vertragsverlängerung mit dem Ausrüster NIKE kommen würde. Grund war der Nachweis des Giftes TBT (Tributylinzinn-Verbindungen) in manchen Trikots des Sportartikelherstellers. Diese wurden bei der Herstellung von Kunststoffen als Stabilisatoren und Katalysatoren eingesetzt und sind inzwischen aufgrund der giftigen Nebenwirkungen verboten. Damals kamen Abbauprodukte nachweislich in bedruckten Textilien vor.

Auf dem grünen Rasen zog sich Andy Möller im Training einen Muskelbündelriss zu. Es sollten nicht die letzten Hiobsbotschaften in diesem Jahr bleiben. Nach einer erneuten spielerischen Durststrecke trat Trainer Michael Skibbe am sechsten Februar von seinem Traineramt zurück und kam damit seinem Rauswurf zuvor. Er reihte sich wieder als Nachwuchs-Koordinator in die zweite Reihe ein. Der ehemalige Dortmunder Spieler Bernd Krauss wurde neuer Cheftrainer des BVB. Neue Besen kehren bekanntlich gut und so schmiss die Trainerneuerwerbung erst einmal Evanilson und Dede aus dem Kader und Fredi Bobic aus der Anfangself für das Spiel gegen die Eintracht aus Frankfurt. Aber auch der „Neue“ konnte die Erfolgslosigkeit der Mannschaft nicht stoppen.

Am 29.03. ging in Dortmund die Angst um. Folgte man der schreibenden Presse, kalkulierte Michael Meier schon einmal das Budget für die 2. Liga. Inzwischen war man in 12 aufeinander folgenden Spielen sieglos gewesen und im Achtelfinale des UEFA-Cups gegen Galatasaray Istanbul ausgeschieden. Nach einer erneuten Heimniederlage gegen den HSV (0:1) war man gerade noch drei Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt. Für den Kicker und andere Medien galt die Borussia bereits als heißer Anwärter auf einen Abstiegsplatz. In einer Internetumfrage des Magazins rechneten 63% der Teilnehmer mit einem Abstieg des BVB aus dem Fußballoberhaus. Zu allem Überfluss erlitt auch noch Christian Nerlinger einen Kreuzbandriss. Alles in allem Grund genug für den Ballspielverein, erneut die Reißleine zu ziehen. Nach nur 67 Tagen im Amt ohne einen Sieg (vier Unentschieden und sieben Niederlagen) wurde der Übungsleiter Bernd Krauss auf die Straße gesetzt. Jetzt waren Krisenmanager gefordert und das Gespann Udo Lattek und Matthias Sammer wurden dafür auserkoren.

Sammer war schon in den vergangenen Wochen als – wie man heute sagen würde – Mentalcoach aufgetreten. Und für Udo Lattek, der laut eigenen Aussagen das Gehalt selber bestimmen konnte, war dieses Engagement ein spätes Dankeschön für den ersten, von persönlichen Leid durchzogenen, Job beim BVB. Hier stimmte der BVB trotz Vertrag einer Vertragsauflösung zu und ermöglichte die Flucht ins Ausland.

Sammer denkt, Lattek lenkt“

Dieser Spruch war damals in aller Munde. Sammer teilte allerdings direkt mit, dass er auf Dauer noch nicht beabsichtigen würde Chef-Trainer zu werden. Diese und andere Aussagen heizten weitere Spekulationen hinsichtlich der dauerhaften Trainerfrage an. So gab es tägliche Meldungen über mögliche Kandidaten und Namen wie Trapatoni, Vogts, Heynckes, Wenger und vor allem Christoph Daum machten die Runde. Rückblickend und in die aktuelle Zeit schauend kommen einem 20 Jahre manchmal gar nicht so lange vor. Udo Lattek heizte zusätzliche Spekulationen an und beschrieb treffend die damalige Situation bei unserem BVB.

Zitat:

Um weiter zu machen müsste ich einen gewissen Grad an Bescheuertheit haben, oder es müsste eine Gehirnwindung bei mir aussetzen“

Sportlich konnte man zunächst nicht von wesentlichen Fortschritten sprechen. Der BVB beendete die Saison auf Platz 11 mit 40 Punkten und 41:38 Toren. Nach einem kümmerlichen Derby rettete Nijhuis mit seinem Tor in der 82. Minute und dem 1:1 im Heimspiel gegen die Blauen den Klassenerhalt. Außerdem hatte man eine bemerkenswerte Serie hingelegt. In der gesamten Rückrunde konnte man kein einziges Heimspiel gewinnen! Schließlich ließ Matthias Sammer Gnade vor Recht ergehen und wurde am 31.05. neuer Cheftrainer des BVB. Zwar wurde angeblich auch Lattek ein Angebot unterbreitet, aber dieser lehnte aufgrund seiner Gesundheit ab. Der Trainerposten galt im Jahr 2000 als „heißester Stuhl“ der Bundesliga. Matthias Sammer kommentierte dies mit den Worten

Ich habe den Trainerstuhl ohnehin lieber ein bisschen wärmer als zu kalt“

Zur gleichen Zeit kam es zum sensationellen Wechsel von Andy Möller in die verbotene Stadt. Es war der zweite Schlag in das Gesicht der Fans, nachdem bei seinem ersten Abgang aus Dortmund schon viel kaputt gemacht wurde. Bei der durch viele Verletzte gebeutelten Mannschaft tauchten dann zum Trainingsauftakt in die neue Spielzeit der Rückkehrer Jörg Heinrich vom AC Florenz, der spätere Fremdgänger Christoph Metzelder von Preußen Münster und Sunday Oliseh von Juventus Turin auf. Als zweiten Torhüter verpflichtete man erneut Philipp Laux vom SSV Ulm 46.

Zuvor gelang es Michael Meier einen neuen Hauptsponsor zu präsentieren. Man konnte den „Stromerzeuger EON“ für ein sportliches Engagement gewinnen. Dieser ließ einen zeitlich verteilten Geldsegen von jährlich mindestens 12 Millionen D-Mark in einem Zeitraum von drei Jahren über den damals nicht erfolgsverwöhnten BVB regnen. Gleichzeitig lief die Uhr von Michael Skibbe mit seinem Wechsel zum DFB beim BVB endgültig ab.

Der Abschluss eines ereignisreichen 1. Halbjahres lag hinter Mannschaft und seinem Gefolge. Das 2. Halbjahr hat seine eigene Geschichte und wird von uns in der nächsten Folge des Rückspiegels unter die Lupe genommen. Also demnächst mehr dazu im gleichen Kino.

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