Unsa Senf

Was wollt Ihr?

03.03.2019, 16:08 Uhr von:  Sascha
Was wollt Ihr?

Liebe Mannschaft, in der Hinrunde wurde viel von einem Lauf, in dem alles gelingt, gesprochen. Von Spielglück, das sich gleich eimerweise über Euch ergossen hat. Viele Spiele hatten einen für uns äußerst günstigen Verlauf, keine Frage. Trotzdem hatte das wenig mit Glück zu tun. Ich habe eine Mannschaft gesehen, die schlicht und ergreifend gewinnen wollte. Bei einem 0:2 in Leverkusen genau so sehr wie bei einem 3:3 kurz vor Spielende zuhause gegen Augsburg. Das klingt wenig und natürlich auch nach Stammtisch, aber für mich war es ausschlaggebend. Das Spiel gewinnen. Ein relativ kleines Ziel, aber ein absolut positives. Etwas, das man erreichen möchte und mit dem sich die ganze Mannschaft identifizieren kann.

Jeder Dortmunder kennt das Zitat von Jürgen Klopp, wonach er nicht daran glaube, dass die Angst vor dem Verlieren einen eher zum Sieger macht als die Lust aufs Gewinnen.

Und genau diese Angst muss sich irgendwann während des Spiels in Frankfurt und dem Pokalaus gegen Werder Bremen eingeschlichen haben. Euch wurde plötzlich bewusst, dass man auch verlieren kann. Kein Betriebsunfall wie in Düsseldorf, sondern aus einem Wettbwerb ausscheiden. Ein Ziel unwiderbringlich zu verpassen. Von da an sah man keine Mannschaft mehr, die ein positives Ziel erreichen, sondern nur einen Vorsprung von sieben Punkten auf die Bayern nicht verlieren wollte. Egal wie oft ihr erklärt habt, nicht auf die Bayern zu schauen und nur von Spiel zu Spiel zu denken, das Bild auf dem Platz sagte etwas anderes. Lieber einen Punkt sichern, statt drei zu gewinnen. Ihr habt nicht mehr nach vorne geschaut, sondern zurück auf den zweiten Tabellenplatz und den Abstand, der immer geringer wurde. Bis er jetzt auf mickrige drei Törchen zusammengeschmolzen ist.

Novakovic macht das 2:0 gegen Leverkusen und das Stadion steht Kopf

Jetzt ist der letzte Zeitpunkt, an dem Ihr Euch klar werden müsst, was ihr wollt. Wollt ihr einfach nur eine gute Saison spielen, an deren Ende Ihr das Minimalziel Champions-League Qualifikation geschafft habt und die schon nach mit dem Abpfiff am letzten Spieltag nur noch eine von Vielen ist. Oder wollt Ihr eine Saison, an die Ihr und wir uns immer erinnern werden?

Wollt Ihr ein Spiel erleben, wie am drittletzten Spieltag zuhause gegen Nürnberg, wo sich überall auf den Tribünen wellenartig die Kunde vom 2:0 der Kölner gegen Leverkusen verteilte und sich Nobbys Stimme überschlug, als er dem ganzen Stadion diesen Zwischenstand mitteilte. Alles schrie, tobte und lag sich in den Armen. Niemand konnte uns mehr einholen. Wir waren der frischgebackene Meister. Kevin Großkreutz erzählte, wie auch die Spieler auf dem Platz Inne hielten, sich anschauten und alle wussten, dass sie es geschafft hatten.

Im Anschluss fuhr Neven Subotic in seinem ziemlich nagelneuen Sportwagen mit einer Kamera durch die Stadt und filmte, wie sich eine ganze Stadt als deutscher Meister fühlte. Wie ihm die Leute auf der Straße zujubelten, bis er irgendwann im Kreuzviertel landete, auf sein Auto stieg und halb nackt mit den Fans eine wilde und ausgelassene Straßenparty feierte.

Und natürlich gab es nach der Übergabe der Schale am letzten Spieltag einen großen Korso durch die Stadt. Ich glaube nicht, dass irgendjemand von Euch schonmal so viele Menschen auf einem Haufen gesehen hat. Die Straßen waren voller Fans, die Häuser in den schönsten Farben der Welt geschmückt. Alle wollten die Schale sehen und die Mannschaft feiern.

Fragt Eure Mitspieler Schmelzer, Götze und Piszczek, die damals dabei waren, ob sie das vergessen haben. Ich wette, dass sich diese Erinnerungen auch bei Ihnen unwiderruflich eingebrannt haben. Momente für die Ewigkeit, die weit wertvoller sind als eine schnöde Meisterschaftsprämie. Gar wertvoller als die Meisterschale an sich.

Es spielt keine Rolle, ob Ihr jung und noch wenig erfahren im Profifußball seid, oder schon alte Hasen. Es gibt keine Sonderpunkte für Jugend. Es ist auch egal, ob Ihr so langsam die lange Saison in den Beinen spürt, oder nicht. Der Gegner wird keine Rücksicht darauf nehmen und deshalb einen Meter weniger gegen Euch laufen. Das, was wirklich wichtig ist, ist jetzt eine Entscheidung zu treffen. Wollt Ihr weiterhin die Buchse voll haben, weil der Gegner gewinnen könnte, oder wollt Ihr etwas erreichen, das Unvergesslich ist und auf dem Weg dahin alles aus dem Weg räumen, was Euch von diesem Ziel abhält? Wollt Ihr großartige Bilder und Erinnerungen mit Euren Freunden und Familien teilen, oder später im Rückblick Eure Karriere als bloße Abfolge von beliebigen Tabellenplätzen betrachten? Wollt Ihr etwas Großes erschaffen, oder einfach nur eine Erwartung bestätigen?

Der Ball liegt bei Euch. Entscheidet Euch!

Unterstütze uns mit steady

Weitere Artikel