Spielbericht Profis

To B or not to B – Drei Bs retten den BVB ins Achtelfinale

11.12.2019, 20:54 Uhr von:  Michael
To B or not to B – Drei Bs retten den BVB ins Achtelfinale

Schein oder nicht Schein, das war hier die Frage. Als ein überschaubar talentierter angelsächsischer Verseschmied diese Worte in etwas abgewandelter Form von sich gab, dachte er wohl nicht an ein Champions League-Vorrundenspiel. Zugegeben, anstelle der großen Sinnfrage, ging es gestern erst mal nur um schnöde Geldscheine, aber davon eine ganze Menge. Champions League-Achtelfinale für 9,5 Millionen oder Europa League-Zwischenrunde für 0,5 Millionen. Von der Differenz kann man schon das Gehalt des einen oder anderen Bankdrückers für eine Saison bezahlen. Doch damit weg von den zwanghaft bemühten Anleihen bei Shakespeare und hin zum BVB, der in Sachen Dramatik dem Vorgenannten mühelos den Rang abläuft.

Gewohntes Westfalenstadion-Intro auf der Südtribüne

Die Ausgangslage für den BVB war klar. Mindestens ein Punkt mehr als Inter holen und es geht gegen Paris, Liverpool oder Valencia, ansonsten warten Cluj, Getafe oder Nikosia.

Slavia Prag begann so, wie man es als Mannschaft tun kann, wenn es um nichts geht. Visier hoch und rein ins Vergnügen. Die Rot-Weißen hatten sichtlich Bock auf dieses Spiel und brachten die Dortmunder Abwehr früh in Verlegenheit. Im Gegenzug ergaben sich für die Schwarz-Gelben große Freiräume in der gegnerischen Hälfte – ein frühes Tor schien in diesem Spiel nur eine Frage der Zeit. Und in der 8. Minute war es dann soweit: Olayinka kam aus 10 Metern völlig frei zum Kopfball und auf der Pressetribüne suchte der Autor dieser Zeilen schon hektisch die beste Zugverbindung nach Ludogorez Rasgrad raus. Aber: Das erste B trat auf den Plan.

Bürki

Der Fußreflex, mit dem er den Kopfball abwehrte, war der Auftakt einer spektakulären Leistung. In der 21. Minute lenkte er in höchster Not den Flachschuss von Stanciu um den Pfosten. Nur 8 Minuten später tauchte Skoda alleine vor Bürki auf, scheiterte aber ebenfalls am Schweizer. Und in der 34. Minute gab es dann die Szene, bei der alle Youtube-Highlight-Video-Gucker ein paar Tränen verdrücken. Slavia spielte einen Freistoß aus dem Halbfeld per Bauerntrick an den Strafraum und Masopust zog aus 16 Metern flach ab. Bürki war bereits auf dem Weg ins Eck, als sich Marco Reus spontan entschied den Ball einfach mal hoch abzufälschen. Bürki roch den Braten, schraubte sich hoch und lenkte den Ball über die Latte.

Auch in der zweiten Halbzeit blieb es spektakulär. Nach einem Freistoß kratzte er auch den Kopfball von Yusuf aus dem Eck. Zwar hätte der Treffen wegen Abseits nicht gezählt, aber Bürki zeigte deutlich, wer im Westfalenstadion das Sagen hat. Dass er in der ersten Halbzeit einmal das Glück des Tüchtigen hatte, als ihm Mats Hummels beim Abfangen einer Flanke ins Gehege kam und Takacs den Ball übers Tor schaufelte, sei ihm verziehen. Am Gegentor in der 43. Minute konnte allerdings auch Bürki nichts ändern, Soucek überwand den Schlussmann aus kurzer Distanz.

Dass das Tor von Soucek nur der Ausgleich war, dafür hatte zuvor das zweite B gesorgt.

Jadon Sancho sorgte wieder für den Führungstreffer

Brandt

Nach den herausragenden Leistungen der letzten Spiele, war es auch heute wieder Brandt vorbehalten, das Angriffsspiel anzukurbeln. Und zunächst ging es so weiter wie zuletzt. Traumpass auf den startenden Reus, der legte quer auf Sancho, der den Ball zum 1:0 einschob (10.). Im Anschluss war es dann allerdings kein überragendes Spiel von Brandt. Zu häufig kamen die Bälle in die Spitze ungenau, zu häufig folgte auf eine gute Idee eine schlechte Ausführung. Wenn man sich trotzdem am Ende des Spiels als einer der Matchwinner fühlen darf, sagt das einiges über Brandts derzeitige Form aus. Grund dafür war vor allem seine Direktabnahme in die kurze Ecke, die das Spiel entschied. Diverse Teamkollegen hätten aus dieser Position noch mal quer gelegt oder wären abgedreht.

Dazu kam die klügste Gelbe Karte seit Otze Ordenewitz. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit machten sich zwei Prager an der Mittellinie alleine auf dem Weg Richtung Mats Hummels. Brandts Foul machte die Chance schon im Ansatz zunichte.

Dass der BVB bis zum Ende der (zugegeben ziemlich lächerlichen) 2 Minuten Nachspielzeit zittern musste, lag an den eklatanten Ungenauigkeiten im Angriffsspiel. Alleine Reus stand zweimal frei vor dem Tor und scheiterte kläglich, aber auch der Rest der Offensive machte jeglichen guten Ansatz mit Fehlpässen kaputt. Ein halbwegs sauberes Ausspielen der Konter in der zweiten Halbzeit hätte diverse Herzattacken verhindert. Die Pulszunahme im Stadion, als Kudela in der 74. Minute den Ball aus 50 Zentimetern neben das leere Tor köpfte, war auch ohne Messinstrumente deutlich wahrnehmbar.

Es war ein Spiel, an dem vor allem neutrale Zuschauer und Kardiologen ihren Spaß hatten. Mit zwei schwächeren Torhütern wäre hier ein 6:3, ein 3:4 oder ein 5:5 im Bereich des Möglichen gewesen. Da aber Fußball immer noch im Westfalenstadion und nicht im Konjunktiv gespielt wird,(Wenn ich mal Geld habe, kaufe ich mir ein Stadion und nenne es Konjunktiv. Dann kann ich immer sagen, Fußball wird doch im Konjunktiv gespielt), siegte Borussia schlussendlich mit 2:1. Ein Sieg, der umsonst gewesen wäre, wenn nicht das dritte B mitgeholfen hätte:

Julian Brandt sorgte für den Endstand

Barca

Was war nicht vorher alles geunkt worden. Abschenken, C-Team und so weiter und so fort. Doch Barca lieferte in Mailand auch ohne Messi, Ter Stegen und die anderen halbwegs talentierten Spielern ab. Ansu Fati löste Peter Ofori-Quaye (hier stand mal Felix Passlack, das war natürlich falsch) als jüngsten CL-Torschützen der Geschichte ab und in Dortmund wahre Begeisterungsstürme aus. Warum man das allerdings mit dem Schalldruck einer startenden F16 ins Stadion brüllen muss, wie Norbert Dickel es tat, erschließt sich mir noch nicht ganz (mit Klingeln in den Ohren gesendet).

Der katalanische Sieg sorgte schlussendlich dafür, dass der BVB-Sieg kein Muster ohne Wert blieb und reihte sich als drittes B in die Reihe Bürki, Brandt und Barca ein.

Rund ums Spiel

Auf dem Weg zum Spiel fielen vor allem zwei Dinge auf: In den U-Bahnen wurde tschechisch gesprochen und auf die Strobeallee passen verdammt viele Polizeifahrzeuge. Angesichts der friedlichen Atmosphäre wirkten insbesondere die vermummten Polizeieinheiten in der Nähe des Gästeeingangs eher bedrohlich. Es fällt einem immer wieder schwer zu glauben, dass der Kräfteansatz wirklich nötig ist.

Die Stimmung war ein weiteres Mal enttäuschend. Es kam kaum Champions League-Feeling auf. Lediglich zu Beginn der zweiten Halbzeit machte sich die Südtribüne laut und deutlich bemerkbar. Auch die Prager Gäste deuteten nur selten ihr Potenzial an, dass in dem mit Bauzäunen (sah mega gastfreundlich aus) abgetrennten Eckbereich vorhanden war.

Bezeichnenderweise wurde es nach dem Spiel am Lautesten, als die Dortmunder den Einzug ins Achtelfinale und die Prager Fans, völlig zurecht, ihre Mannschaft feierten.

Schalparaden gibt es nur noch beim Gegner und nicht mehr auf der Südtribüne

Der Ausblick

Die möglichen Gegner stehen auch vor den abschließenden Spielen schon fest. Manchester City, FC Liverpool, Juventus Turin, Paris St. Germain oder der FC Valencia werden am 18./19.02. in Dortmund vorstellig werden. Allesamt Gegner, bei denen ein guter Bürki alleine nicht reichen wird. Die Auslosung findet am 16.12. statt.

Einzelkritik

Bürki: Ich bin mir nicht sicher, ich glaube, da hab ich oben schon was zu geschrieben.

Zagadou: Hatte Kollegin Ida den Redaktionsliebling im Vorbericht noch auf die Bank verbannt, zeigte Favre mehr Sachverstand. Bildete die linke Seite der Dreierkette. Fügte sich phasenweise in die vogelwilde Vorstellung ein, konnte aber einige entscheidende Zweikämpfe für sich gewinnen.

Hummels: Mit einigen starken Balleroberungen, rückte aber vor dem Ausgleich unnötig raus und gab dadurch das Zentrum frei. Konnte in den wilden Phasen die Abwehr nicht ordnen. Starker Pass in die Spitze für Reus (15.).

Akanji: Nicht frei von Unsicherheiten, insbesondere der Fehlpass vor der gelben Karte von Brandt war gefährlich.

Siegerwelle vor der Südtribüne

Weigl: Sollte die Witsel-Aufgabe übernehmen und Brandt absichern. Das gelang größtenteils mehr schlecht als recht. Zwar gewohnt ballsicher bei eigenem Ballbesitz, aber mit ausbaubarem Stellungsspiel bei gegnerischen Angriffen. Dazu mit der ersten gelben Karte weil er überlaufen wurde. Dann etwas Pech, da sein zweites Foul nicht unbedingt gelbwürdig war.

Hakimi (bis 83.): Sehr aktiv, aber zu ungenau und hektisch. Dafür ein ruhender Pol, wenn es darum geht, bei einer Auswechslung vom Platz zu schleichen.

Guerreiro: Fast überall auf dem Platz zu finden, forcierte dadurch aber auch die Unordnung in der eigenen Defensive.

Brandt: Hier bin ich mir sicher, da hab ich schon was zu geschrieben.

Hazard (bis 83.): Wie immer mangelte es ihm nicht an Einsatzwillen. Litt aber massiv unter den Ungenauigkeiten der anderen Kollegen, wodurch ihm einige vielversprechende Aktionen entgingen.

Reus: In Berlin von mir noch als Mr. Unsichtbar bezeichnet, folgte gestern die Transformation zu Mr. Unglücklich. Hätte früh für klare Verhältnisse sorgen können, brachte den Ball aber mehrfach nicht im Tor unter.

Sancho (bis 87.): Mmmh, ein Tor, eine Torvorlage. Klingt erstmal gar nicht schlecht. Trotzdem gestern mit einigen haarsträubenden Aktionen. Insbesondere nach dem Platzverweis hätte er mit dem 3:1 Ruhe reinbringen können, stellte sich vor dem Tor aber umständlicher an, als eine Omma beim Kleingeldsuchen an der Supermarktkasse.

Piszczek (ab 83.): Sollte den Laden defensiv zusammenhalten, was auch gelang.

Balerdi (ab 83.): Seine beste Aktion war die Einwechslung, da Hakimi dabei so viel Zeit von der Uhr nahm, dass man einen gegnerischen Spieler in Grund und Boden gepfiffen hätte. Übernahm anschließend die Weigl-Position.

Dahoud (ab 87.): Kam, sah und siegte. Für mehr war keine Zeit.

Fazit

KEINE SONNTAGSSPIELE!!!! Einen schönen Gruß an alle anderen Amateurfußballer!

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