Spielbericht Profis

Herbstmeisterschaft: Check.

16.12.2018, 18:41 Uhr von:  Vanni
Herbstmeisterschaft: Check.

In der Champions League überwintern. Check. Im DFB-Pokal weiterkommen. Check. Die Bayern schlagen. Check. Derbysieger werden. Check. Nachdem der BVB vier wichtige Dinge auf der To do-Liste einer jeden Saison bereits frühzeitig abhaken konnte, stand das Spiel gegen Werder Bremen nun unter dem Motto „Herbstmeister werden.“ Und auch dieser Punkt konnte am Ende eines knappen, aber letztlich doch nicht gefährdeten 2:1 (2:1)-Sieges abgehakt werden. Im Vordergrund stand dabei vor allem eine schlechte Schiedsrichter-Leistung und die Verabschiedung eines echten Borussen.

Vor dem Spiel

Fahnenintro auf der Südtribüne

Im Vergleich zur B-Elf, die unter der Woche in Monaco gewann, rotierte Lucien Favre nun wieder zurück und schickte mit insgesamt acht Änderungen wohl die beste BVB-Elf auf den Platz, die er aktuell zur Verfügung hat. Hakimi links, Piszczek rechts, das zentrale Mittelfeld mit den Leadern Delaney (der damit gegen seinen Ex-Klub antrat) und offensiv mit Paco vorne drin und Sancho, Reus und Guerreiro, der für die guten Leistungen in den letzten Wochen nun mit einem Startelf-Einsatz belohnt wurde. Viel mehr ist eigentlich nicht möglich. Und beim Blick auf die Namen, die da noch auf der Bank saßen, zeigte sich einmal mehr die breite Qualität des BVB im Jahr 2018/2019.

Ein voll gefüllter Gästeblock

Und da es im Westfalenstadion winterte und es so ziemlich arschkalt war, tat es auch gut, die Sonnenkinder aus Selm wieder begrüßen zu dürfen. Zwar etwas unüblich bereits beim vorletzten Heimspiel des Jahres, dies war aus Terminkonflikten der singenden Kinder aber wohl nicht anders möglich. Und so freute sich die Süd über das bekannte Prozedere mit Jingle Bells und Co., ehe kurz darauf Nuri Sahin offiziell verabschiedet wurde und sich noch einmal (und nicht zum letzten Mal) von „seiner“ Südtribüne verabschieden konnte.

Die Bremer waren mit 8.500 Anhängern zum Gastspiel angereist und sorgten somit auch für einen schönen Rahmen im Flutlicht-Spiel, da der Gästeblock auch gut zum Singen aufgelegt war.

Erste Hälfte

Der BVB legte direkt offensiv los und nahm sein zweifellos vorhandenes Momentum mit in die ersten Minuten der Partie. Schon nach sieben Minuten hätte es fast geklingelt, da Alcacer geschickt wurde und sein Heber von Klaassen in allerletzter Sekunde und unter Einsatz der eigenen körperlichen Unversehrtheit noch an den Pfosten gespitzelt wurde. Wäre der Ball rein gegangen, hätte das Tor aber nicht zählen dürfen, da Paco beim Zuspiel doch recht deutlich im Abseits stand. Das entging dem sehr schwach aufgelegtem Guido Winkmann und seinem Team, wäre aber wohl vom Videoassistenten korrigiert worden. Es begann somit eine Phase, in der VAR und Schiedsrichter deutlich in den Mittelpunkt rückten, da vier Zeigerumdrehungen später die Rollen vertauscht wurden und Paco Reus schickte.

Warten auf die Entscheidung vom VAR

Nach einem Zusammenprall mit Klaassen ging Reus zu Boden, Winkmann verweigerte den fälligen Elfmeterpfiff, obwohl Reus sowohl oben einen Schubser bekam als auch am Fuß getroffen wurde. Es folgte große Verwunderung vor allem bei denjenigen, die sich die Szene noch einmal in Wiederholungen angucken konnten, vor allem, weil man sich (mal wieder) nicht erklären konnte, warum der VAR hier nun nicht eingriff. Vor allem mit Blick auf Reus‘ Foul im Derby letzte Woche oder Szenen rund um Mateta und die SGE am vergangenen Wochenende wurde es tatsächlich schwer, irgendeine Rechtfertigung für das Handeln von Winkmanns Team zu finden. Erst nach dem Spiel wurde die Szene dann wohl aufgelöst, da erst gegen 20.50 Uhr erörtert werden konnte, dass Reus beim Zuspiel wohl im Abseits gestanden hatte. So stand am Ende mit „kein Elfmeter“ die richtige Entscheidung, die fehlende Transparenz rund um den Videoschiedsrichter wird aber weiterhin ein großes Problem bleiben. Auch hier sollte aber betont werden, dass es gar nicht erst zur Diskussion kommt, wenn die im Westfalenstadion tätigen Schiedsrichter und Assistenten ihren Job richtig machen, die Fahne heben und die Szene somit beenden.

Torjubel nach kurzer Wartezeit

Weitere sechs Minuten später stand erneut das Schiedsrichtergespann im Mittelpunkt. Weil Werder Bremen komplett auf die einstudierte Freistoßvariante von Reus und Guerreiro reinfällt. Der Portugiese deutete zunächst einen Schuss an, drehte dann ab, um den Freistoß doch zu treten. Bremen blieb stehen, Paco schaltete und nickte ein, 1:0 für den BVB. „Olé, jetzt kommt der BVB“ wurde dann aber je unterbrochen, da Winkmanns Assisten die Fahne oben hatte – schon wieder eine falsche Entscheidung. Dieses Mal war der Videoassistent dann jedoch zur Stelle, korrigierte den Pfiff und das 1:0 wurde doch gegeben. Wie sich das auf der Tribüne anfühlt, kann man am Fernseher zu Hause nicht beurteilen und auch ich hatte auf der Pressetribüne schnell Zugriff auf Wiederholungen und konnte somit nur noch darauf warten, dass das Tor letzten Endes zählt. Was dies mit den Fans macht, beschreibt unser Redaktionsmitglied Sascha: „Der zappelt im Netz. Und dann wird die altbekannte Routine abgespult. Aufspringen und dabei zum Linienrichter schauen. Die Fahne ist oben und der Torschrei verkümmert auf halber Strecke. Stattdessen ist ärgern angesagt. Schon gefühlt hundert Mal so im Fanleben erlebt. Aber jetzt ist es anders. Köln meldet sich und der Schiri zeigt zum Mittelpunkt. Das Tor zählt. Freude? Ja, schon irgendwie. Mag sein, dass der Fußball dadurch gerechter wird. Er macht ein Tor wie dieses aber zu einem technischen Akt. Das Gefühl fehlt. So wirklich schön ist das nicht.“

Nuri Sahin gegen Jadon Sancho

Erneut sei darauf verwiesen, dass bei all den beschriebenen Szenen vor allem die Schiedsrichter in der Pflicht gewesen wären. Treffen sie keine falschen Entscheidungen, können wir uns die Diskussionen – auch um den VAR – in dieser Form sparen. Nichtsdestotrotz zeigt vor allem die Elfmeterszene um Reus die Problematik der fehlenden Transparenz noch einmal ganz deutlich auf. Hier wird noch weiter an einer Ideallösung gearbeitet werden müssen.

Zurück zum Geschehen auf dem Platz, denn der BVB agierte weiter gefällig nach vorne und profitierte auch davon, dass die Bremer nach Dortmund gereist waren, um Fußball zu spielen und nicht um Fußball zu verhindern. So ergaben sich viele Räume für den BVB, die auch genutzt werden konnten, zum Beispiel bei Reus 2:0 in der 27. Minute. Viele Bremer waren um die insgesamt drei Borussen, die an dieser Szene beteiligt waren, aufgestellt, keiner von ihnen konnte das Gegentor aber wirklich verteidigen. Alles lief auf Herbstmeisterschaft hinaus, Sancho erhöhte sogar noch fast auf 3:0. Auf der anderen Seite kam Bremen dann zunächst durch Möhwalds Distanzschuss zu einer guten Abschlusssituation, die zunächst Bürki abwehren konnte. Bei Kruses Tippkick-Schuss war er dann jedoch chancenlos, ein tolles Tor brachte Bremen zurück in die Partie (35.). Davon ließ der BVB sich jedoch nicht beirren, verpasste es jedoch die Zwei-Tore-Führung noch vor der Pause wiederherzustellen.

Auch beim vermeintlichen 3:1 durch Mario Götze griff der VAR ein

Sie wäre verdient gewesen, kurz vor der Halbzeit nutzte man aber eine 3:2-Überzahl nicht richtig aus und Guerreiro holte letztlich nur eine Ecke heraus. Genauso gut wäre es aber fast mit einem 2:2 in die Kabine gegangen, weil ein vogelwilder Rückpass aus dem Dortmunder Mittelfeld daneben ging und Delaney seinen Worten im Stadionmagazin zum Spiel Taten folgen ließ und mit einem taktischen Foulspiel auch den herausstürmenden, aber nicht an den Ball gelangenden Bürki retten konnte. 2:1, Herbstmeister, aber noch Luft nach oben.

Zweite Hälfte

Nach dem Seitenwechsel wurde es ein wenig Highlight-ärmer, das Spiel blieb aber interessant. Werder kam motiviert aus der Pause zurück und der BVB überließ ihnen zunächst sogar ein wenig die Partie, bis auf einen Kruse-Abschluss sollten die Gäste aber nicht mehr wirklich gefährlich werden. Dennoch bemängelte der immer wieder auf Perfektion abzielende Lucien Favre nach der Partie, dass der BVB insgesamt zu wenig Ballbesitz gehabt habe, insgesamt musste man sich vor allem in der ersten Viertelstunde der zweiten Halbzeit wohl auch den Vorwurf gefallen lassen, zu passiv zu agieren. Positiv kann dann aber festgehalten werden, dass Borussia wieder in der Lage war, einen Gang hochzuschalten, denn nach 60 Minuten holte man sich die Partie wieder zurück, nahm das Spiel wieder mehr in die eigene Hand, ließ aber insgesamt zu viele Chancen und damit auch die Vorentscheidung liegen.

Zum Schluss das gewohnte Bild vor der Südtribüne

Sancho, Paco, Reus… das offensive Dreieck hatte mehrfach die 3:1-Führung auf dem Fuß, so mussten die BVB-Fans am Ende doch noch ein wenig bangen und bibbern (wobei letzteres auch an den Temperaturen im Westfalenstadion gelegen haben könnte). Dazu passte dann auch, dass die Gastgeber in der Nachspielzeit einen Konter absolut fahrlässig ungenutzt ließen. Götze brachte das Leder letztlich zwar im Kasten unter und Nobby Dickel schrie den Namen der Nummer 10 mal wieder drei Mal in sein Mikrofon, erneut musste aber der VAR wieder das unterirdische Winkmann-Team korrigieren, da dieses das überdeutliche Abseits zunächst übersehen hatte. Sei’s drum, der BVB gewinnt am Ende mit 2:1. Vollkommen verdient, letztlich zu knapp, aber eben auch mit dem nächsten „Check“ auf der To do-Liste. Herbstmeister. Sofort wurde wieder die Statistik heraus gekramt, dass der Ballspielverein immer Deutscher Meister wurde, wenn sie zuvor Herbstmeister waren. Abwarten und Bier trinken, die Saison ist schließlich noch lang…

Nach dem Spiel

Nuri vor der Südtribüne nach Abpfiff

Nachdem die Mannschaft nicht nur ihren Heimsieg, sondern auch noch den Erfolg im Derby zusammen mit der Südtribüne feiern konnte, war es noch einmal Zeit für ein wenig Gänsehaut. Verdiente Borussen werden zu Legenden und Publikumslieblingen und wenn sie dann einmal wechseln, dann weiß der treue BVB-Fan das trotzdem zu schätzen. Und so wurde Nuri Sahin noch einmal vom gesamten Stadion gefeiert. Besonders schön war dabei auch zu sehen, wie der BVB-Kader, der schon zu seiner Ehrenrunde im Westfalenstadion angesetzt hatte, reagierte. Man blieb auf Höhe der Mittellinie stehen und applaudierte Nuri Sahin. Einem Spieler, mit dem viele aus dem neuen Kader gar nicht mehr so lange zusammen gespielt haben, von dem man aber dennoch weiß, dass er diesen Applaus verdient hat. Szenen wie diese zeigen, dass man sich im Sommer nicht nur um charakterliche Geschlossenheit bemühte, sondern auch welche erzeugt hat. Chapeau, meine Herren!

Der BVB führt mit neun Punkten Vorsprung die Tabelle an. 24 Punkte sind es sogar bis zu den abstiegsgefährdeten Blauen. Was für eine Hinrunde, schon jetzt, zwei Spieltage vor deren Ende. Sechs Punkte gibt es noch zu holen und vielleicht ist es gar nicht so unrealistisch, dass dies auch gelingt. Als erstes wartet am Dienstag das Auswärtsspiel in Düsseldorf. Was könnte denn der nächste Punkt auf der To do-Liste sein? Vorsprung vergrößern? Wir werden sehen.

Zahlen und Fakten:

Die Welle vor der Südtribüne

BVB: Bürki – Piszczek, Diallo, Akanji, Hakimi – Witsel, Delaney – Sancho (90. Philipp), Reus, Guerreiro (89. Pulisic), Alcacer (81. Götze)

Werder: Pavlenka – Gebre Selassie, Langkamp, Moisander, Augustinsson – Sahin – M. Eggestein (83. Sargent), Klaassen (18. Möhwald), Kruse – Harnik, Rashica (73. Osako)

Tore: 1:0 Alcacer (19.), 2:0 Reus (27.), 2:1 Kruse (35.)

Gelb: Delaney – Langkamp, Harnik, Möhwald, Sargent

Schiedsrichter: Guido Blindmann

Zuschauer: 81.360 (ausverkauftes Westfalenstadion)

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