Spielbericht Profis

Nur noch Drei

22.04.2018, 16:20 Uhr von:  Redaktion

Jubel um Marco Reus über drei Punkte, die vorher nicht jeder eingeplant hatte„Noch vier Spiele, dann ist die Saison geschafft“, waren bei vielen vermutlich die Gedanken am Samstagmorgen. Irgendwie im besten Fall die direkte Champions League Qualifikation durch das Ziel retten und dann hoffen, dass sich alle strukturellen Probleme beim BVB über die Sommerpause plötzlich auflösen. Vermutlich hofft man am Rheinlanddamm im 6. Stock, das irgendwie in der USA-Reise die Lösung der sportlichen Armut schlummert. Die saft- und kraftlosen Auftritte in München und Gelsenkirchen ließen für das Spiel gegen den Werksverein auf jeden Fall schlimmstes befürchten.

So war es für den Autor eine schöne Ablenkung, dass sich Besuch aus dem nördlichen Nachbarland angekündigt hat und man seine Spieltagsroutine durchbrechen konnte. Die Wikinger machten dann mit dem deutschen Premiumprodukt Deutsche Bahn Bekanntschaft und so kam man mit rund einer Stunde Verspätung endlich dazu, sich mit Ruhrpott-Carpaccio und gezapftem Export zu stärken. Bei bestem Wetter konnte man wieder einmal Dortmund am Spieltag genießen. Überall Schwarzgelbe auf der Straße auf dem Weg ins Westfalenstadion. Es könnte so schön sein.

Anfangs starke Mitmachquote, später maximal Durchschnitt

Für Leverkusener Verhältnisse hatte es auch eine stattliche Anzahl der Werksfans nach Dortmund geschafft. Dieser Übermut führt dann dem Vernehmen nach zu allerlei großspurigem Gepose am Innenbereich der Nordtribüne, als die Dortmunder Szene am Stadion ankam. Als sich dann plötzlich eine Tor öffnete und der schützende Zaun nicht mehr schützte, „wurden die Klappen ganz klein und die Turnschuhe sehr schnell“, wie es ein unbeteiligter Zuschauer der Szenerie beschrieb.

Durch den späten Termin des Topspiels wussten alle auch schon, dass die Leipziger im El Plastico untergegangen sind und somit hinter den Champions League-Plätzen die Verfolger einen Platztausch durchgeführt hatten. Trotzdem war kein wirklicher Optimismus zu spüren. Beim Einlaufen und zu Spielbeginn wurde die Mannschaft dann auch mit mehr oder weniger deutlichen Worten begrüßt.

Bei den Spruchbändern gegen das Team gingen die Meinungen stark auseinander

Der Kicker stellte in der Nachbetrachtung sogar eine Verbindung her und hielt das für eine mögliche Motivationsspitze - nunja. Was aber bleibt, ist ein Auftritt in einer Art und Weise, die man diese Saison viel zu selten zu sehen bekommen hat. Von der ersten Minute an zeigten die elf Schwarzgelben auf dem Feld eine ganz andere Körpersprache, als man es die ganzen trostlosen Wochen ertragen hatte. Insbesondere Sancho wusste zu imponieren und er deutet an, was man sich von ihm versprochen hatte. Bereits in der 12. Minute hatte der junge Engländer die Führung auf den Fuß - vergab aber noch. Kaum eine Minute später machte er es dann aber besser und der BVB ging verdient in Führung.

Das neue Auftreten der Mannschaft wurde dann auch ziemlich schnell von der Tribüne registriert. Die zuletzt meist eher maue Stimmung konnte sich auch aus ihrem Tief retten. Es bleibt einfach dabei, Stimmung ist ein Wechselelement mit dem Dargebotenen auf dem Platz. Dabei muss der Fußball gar nicht Hacke, Spitze 1-2-3 sein, sondern es ist die Körpersprache und der Einsatz, der genauso gut oder fast noch besser das Westfalenstadion mitziehen kann.

Henrichs gegen Piszczek

Nach dem 1:0 hatte der BVB das Spiel absolut im Griff und ohne dabei ewig langes Ballgeschiebe zu fabrizieren. Immer wieder kam man mit schnellen Spielzügen und aggressiven Powerplay an den Leverkusenern vorbei. Kurz vor der Pause noch die üblichen Aufreger. Erst der elendige VAR – dieses Mal zum Nachteil vom BVB, aber wie schon früher gesagt, die Umsetzung dieser „tollen“ Errungschaft ist einfach miserabel. Im Frankfurter Elfenbeinturm ist man aber weiterhin vom eigenen Handeln komplett überzeugt.

Danach ein typisches Dortmunder Phänomen. Gefühlt sind wir das schlechteste Team der Welt bei Elfmetern. Das ist vermutlich nur ein sehr subjektiver Eindruck, aber das folgende Schüsschen ließ einen erhaben in dem Gefühl sein, Recht zu haben. So ging es für die Leverkusener sehr glücklich mit nur einem Tor Rückstand in die Pause. Typischerweise bedeutet Pause aber auch, dass man ein anderes Spiel zu sehen bekommt. Die Sorge vor einem Abfall Leistungsintensität ist da nicht ganz unbegründet. Man hat sich in der Vergangenheit einfach schon zu viele schnelle Gegentreffer gefangen.

Marco Reus war der Matchwinner

Die Leverkusener kamen dann auch besser eingestellt aus der Kabine, doch am heutigen Tag war das in der Summe einfach zu wenig von den Bayer-Angestellten. Der BVB spielte konsequent sein Spiel zu Ende und insbesondere Sancho/Reus zeigten Spielfreude. Nach dem zweiten Tor in der 55. Minute war dann das Spiel gelaufen. In der Folge netzten dann Philipp und ein weiteres Mal Reus. Einem Tor am nächsten kamen die Leverkusener auf der Anzeigetafel, die fälschlicherweise zwischenzeitlich 3:1 und 3:2 auswies. Insgesamt hat das mal wieder richtig Spaß gemacht.

Wie indifferent die Stimmung nach wie vor ist beim BVB, zeigte dann die Nachspielphase. Teile der Südtribüne hatten nach diesem nahezu einmaligen Ereignis, in der Rückrunde ein überzeugendes Spiel gesehen zu haben, keine Lust Friede, Freude, Eierkuchen vorzuturnen. So wurde die Mannschaft mit teilweise wohl rüden Gesten weggeschickt. Gleichzeitig zeigte man sein Gespür für Ehemalige und so bekam Sven Bender seine eigene kleine Verabschiedung. Ohne großes Werbevideo und Blumenstrauß, aber mit umso mehr Anerkennung.

Manni verabschiedete sich von der Südtribüne

In der Diskussion um die Stimmungslage ging dann auch die Degradierung von Kapitän Schmelzer unter. Der Kapitän wurde vom Feld auf die Tribüne befördert. Offiziell waren sportliche Gründe ausschlaggebend, doch vielen scheint mehr dahinter zu stecken. Auch nach dem Spiel machte Stöger nicht den Eindruck, als ob Schmelle nah dran ist, wieder auf dem Spielberichtsbogen aufzutauchen. In der Außenbetrachtung mutet dieser Vorgang eher wie die Spitze des Eisberges an, wo unter der Wasserfläche noch viel mehr steckt.

Bis zur Sommerpause sind es jetzt noch drei Pflichtspiele. Kommenden Sonntag geht es an die Weser zu den Bremern, die mit einem beeindruckenden Lauf sich fast komplett aus dem Abstiegskampf verabschiedet haben. Danach noch das letzte Heimspiel gegen die akut abstiegsbedrohten Mainzer und dann droht ein Endspiel um die Champions League in der Provinz bei den Sinsheimer Trottelbauern.

Ab dem 13.05. heißt es dann Urlaub, Weltmeisterschaft, Transfertheater. Was man halt so im Sommer macht.

Nicolai, 22.03+1.2018

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