Spieler im Fokus

Von Monaco zum BVB - Victor Ikpeba im Porträt

10.04.2017, 19:39 Uhr von:  Redaktion

Manchmal gibt es Spieler, die kommen mit vielen Vorschusslorbeeren und können ihre PS beim neuen Verein einfach nicht auf den Platz bringen. Der eine wird von Mannschaftskollegen nie zum Essen eingeladen, der andere ist dauernd verletzt und dann ist da Victor Ikpeba: Zunächst stand sein Ego ihm wohl am meisten im Wege und dann wurde er vom Schicksal gebeutelt.

Wenn Dr. Niebaum einen Spieler verpflichtet, dann darf das nicht irgendein Spieler sein. Es muss ein Weltstar sein, einer, der Qualität in die Mannschaft bringt und vor allem eines ist: teuer. Zwölf bis 15 Millionen Mark soll der Transfer von Ikpeba den BVB damals gekostet haben. Wenn man Handgeldzahlung und weitere Nebenkosten für Berater, etc. dazurechnet, vermutlich noch deutlich mehr. Egal, der BVB hatte die Kohle und selbst wenn nicht, einen Gerd Niebaum interessieren solche Kleinigkeiten nicht. Er wollte die Bayern angreifen, kein zweiter Leuchtturm, sondern DER deutsche Leuchtturm sein. Koste es, was es wolle. Dann passte es natürlich nicht so richtig ins Bild, dass der Wunschtransfer Paolo Sergio ausgerechnet zu den Bayern ging. Man kann sich vorstellen, wie Niebaum damals ins Büro seines Managers Michael Meier kam: „Michael, wir müssen einen besseren, einen teureren Spieler verpflichten“. Und so landete man bei Victor Ikpeba: Afrikas Fußballer des Jahres, Olympiasieger 1996, französischer Meister mit dem AS Monaco. Damit nicht genug. Ikpeba hatte schon mit Weltstars zusammengespielt. Klinsmann, die halbe französische Nationalmannschaft, die 1998 Weltmeister werden sollte, trainiert von Wegner und später Tigana. Genau so jemanden braucht man, wenn man eine Mannschaft gespickt mit Stars aufbauen will. Dass die größten Jahre von Victor Ikpeba schon vorbei waren, geschenkt. Beim AS Monaco auf dem absteigenden Ast und mit immer weniger Einsatzzeit, konnte Ikpeba in der Saison 98/99 nicht mehr an seine vorherigen Leistungen anknüpfen, bevor er im Sommer 1999 zum BVB wechselte.

Der Kaufpreis verblendete die BVB-Verantwortlichen vermutlich zur damaligen Zeit und so verpflichtete man Victor Ikpeba. Damit nahm das Missverständnis seinen Lauf. Ikpeba hatte von Anfang an Probleme, sich mit dem Lebensstil im Ruhrgebiet zu arrangieren. Niebaum kommentierte das nur süffisant, dass es schon eine gewisse Umstellung sei. Dortmund ist halt nicht Monaco, aber Ikpebas Verhalten schien nicht nur auf den vermeintlichen Kulturschock zurückführbar zu sein, den ein Wechsel vom Jetset-Leben im „Paradies“ Monaco in die „graue Arbeiterstadt“ mit sich brachte. Vielmehr lagen wohl auch charakterliche Defizite vor. Öffentliche Kritik am Trainer, eine Meinungsverschiedenheit mit Andreas Möller, eine handfeste mit Sead Kapetanovic sogar und auch die Gesetzeshüter waren nicht vor ihm sicher. Seine Leistungen hingegen wurden immer schlechter.

Mit fortschreitender Zeit wurde aber auch bekannt, dass Ikpebas Leistungsloch nicht nur mit seinem schwierigen Charakter zusammenhing. Im Mai 2000 starb Ikpebas Frau und Mutter seiner Kinder im viel zu jungen Alter von 24 Jahren an Brustkrebs. Ein Schicksalsschlag, dessen Schmerz hoffentlich nur wenige selber erleben müssen. Mannschaft, Medien und Fans waren hart mit ihm ins Gericht gegangen und mussten nun ihre Kritik relativieren. Manager Michael Meier war eingeweiht und begleitete Ikpeba sogar ans Sterbebett seiner Frau. Wenn sich kaufmännisches Geschick und Empathie umgekehrt proportional verhalten, hat man in diesem Fall in Michael Meier wohl das beste Beispiel.

Victor Ikpeba versuchte, den Schmerz mit Fußballspielen zu verdrängen, was ihm unter Matthias Sammer auch fast gelungen wäre. Allerdings war der neue Stil des BVB mit mehr Intensität und Laufpensum nicht der Stil des ehemaligen Monegassen. Bei seinem Wechsel war er körperlich schon in schlechter Verfassung und auch wenn es sich gebesserte hatte, konnte Ikpeba nicht mehr zu 100% mithalten. Nach einer Leihe zu Betis Sevilla in 2001 wechselte er endgültig im Jahr 2002 den Verein. Bis zu seinem Karriereende 2005 spielte er beim libyschen Verein Al Itihad. Danach blieb er dem Fußball als TV-Experte erhalten.

Wenn morgen der BVB auf AS Monaco trifft, prallen Großteile von Ikpebas Karrierverlauf aufeinander. Ob er mit einem der beiden Vereine noch mitfiebert?


Seb, 09.03+1.2017

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