Spielbericht Profis

Klatsche im ‚Clasico‘ – Bayern eine Nummer zu groß

09.04.2017, 14:21 Uhr von:  Redaktion

Durchwachsener Auftritt im Gästeblock

Noch vor ein paar Jahren beinhaltete dieses Spiel so viel Brisanz, dass man schon in den Tagen zuvor in kaum eine Zeitung mehr gucken konnte, da man die großen Töne, die von links und rechts gespuckt worden sind, kaum mehr hören konnte. Das, was vom grausam getauften deutschen ‚Clasico‘ übrig geblieben ist, ist wohlgemerkt nicht viel. Nur noch ein laues Lüftchen wehte in den Tagen zuvor, längst hat man auf Seiten der Bayern noch weitere Konkurrenz dazubekommen und auch in Dortmund muss man sich aktuell mit ganz anderen Problemen, zum Beispiel der Frage nach der direkten Qualifikation für die Championsleague, herumschlagen. Während auf Seiten der Bayern Neuer und Müller weiterhin ausfielen, musste man in Dortmund auf den zuletzt immer stärker spielenden Kagawa, sowie Piszczek und Weigl verzichten. Für diese rückten Pulisic, Guerreiro und Passlack in die Startelf.

Erste Halbzeit

Die ersten zehn Minuten des Spiels waren dann auch gleich mal eine Lehrstunde, wie man ein Spitzenspiel – oder auch jedes anderen Spiel – nicht starten sollte: mit viel Ballbesitz und zwei Gegentoren. Es erscheint wie ein Paradoxon, denn eigentlich hatte Bayern nicht sonderlich viel von den

Die Südkurve konnte ebenfalls nicht voll überzeugen

ersten Spielminuten und dennoch reichte zweimal schlafen für einen deutlichen Rückstand. Bereits nach 3,5 Minuten klingelte es das erste Mal in unserem Kasten, nachdem Robben auf der rechten Seite völlig unbedrängt den Ball auf Lahm spielen konnte, der dort alle Zeit der Welt hatte diesen quer durch den 16er auf Ribery fliegen zu lassen. Ribery hätte dort dann durchaus eine Decke samt Picknickkorb auspacken können, so alleingelassen stand er da. Dementsprechend war es kein Wunder, dass er auch direkt mal zum 1:0 für die Bayern traf. Brillanter Start. Kaum besser sah es nur wenige Minuten später aus. Nach einem Foul von Bartra an Ribery, schnappt sich Lewandowski den Ball für den Freistsoß. Dembélé hat bei der Formierung der Mauer zwischenzeitlich offenbar beschlossen, dass er Angst vor Bällen hatte, da er sich im Moment des Freistoßes vom Ball wegdruckte, so dass jener genau an dieser Stelle durch die Mauer zum 2:0 ins Tor segeln konnte. Meine Güte. So konnte man sich natürlich auch nach nur 10 Minuten jegliche Chancen auf eine Punktemitnahme hier verbauen.

Weil sich Dembélé duckt sieht Bürki schlecht aus: 2-0

In den folgenden Minuten musste sich Dortmund mehr als einmal schütteln, um den doppelten Schock zu verdauen. Nach 20 Minuten hatte Aubameyang aber genug vom ständigen Hinterherlaufen und schnappte sich den Ball auf links. Da er dort keine direkte Anspielstation hatte, schlug er eine weite Flanke auf Passlack, die zwar in der Mitte des Strafraumes noch abgefangen wurde, von dort aber direkt vor die Füße von Guerreiro flog, der alles auspackte, was er besaß und den Ball mit voller Wucht zum 2:1 ins Tor beförderte. Ging doch. Wer nun ein Aufbäumen von Dortmunder Seite erwartet hatte, sollte enttäuscht werden. Zwar hatte Dortmund sich vom ersten Schock erholt und weitere Großchancen von Bayern schnell unterbunden, so richtig Zug zum Spiel fand man jedoch nicht. Es war ein zerfahrenes Hin- und Hergeschiebe im Mittelfeld und sobald Bayern einmal das schnelle Kurzpassspiel auspackte, hatte man Mühe mitzuhalten, immer hing man irgendwie einen Schritt hinterher, so dass man Schwierigkeiten hatte ein wenig Ruhe in das Spiel zu bringen. In der 30. Minute hieß es dann noch einmal durchatmen. Nach einem Ballverlust von Guerreiro an der Strafraumgrenze der Bayern ging es plötzlich schnell. Da alle Dortmunder in der Vorwärtsbewegung waren, hatte Bayern plötzlich das halbe Spielfeld nur für sich. Die vier zu zwei Überlegenheit wussten sie dennoch nicht auszunutzen, da Bürki einen Schuss

Kurzfristige Hoffnung dank Guerreiro

von Robben über das Tor lenken konnte. Glück für uns. Auf unserer Seite hingegen waren nennenswerte Chancen auch mit einer Lupe nicht wirklich zu finden. Bayern zeigte sich jeder Zeit angriffsbereit und vor allem Arjen Robben schien auch noch Jahre danach ein paar alte, längst beglichene, Traumata gegen uns bewältigen zu müssen. Kam man von Dortmunder Seite dann doch mal in die Nähe des 16ers, wurden die Chancen zu fahrlässig hergegeben, indem man zu einem Dribbling zu viel ansetzte (Dembélé) oder den Ball zu ungenau in den Strafraum brachte, so dass er doch keinen schwarzgelben Abnehmer finden konnte (Dembélé). Auf der anderen Seite dann wieder ein starker Schuss von Robben, den Bürki erneut zur Ecke abwehren musste. Und auch wenige Minuten später hieß es erneut Thiago über links auf Robben, der den Ball zu Lewandowski in den 16er bringt. Dicht bedrängt von Ginter verzog Lewandowski dann jedoch knapp.

Insgesamt hatte Bayern wesentlich mehr von den ersten 45 Spielminuten. Wollte man hier noch etwas mit nach Hause nehmen, so musste man in schwarzgelb noch eine deutliche Schüppe drauflegen.

Zweite Halbzeit

Sebastian Rode, hier gegen Thiago, gab sein Comeback

Zur zweiten Halbzeit hatte sich Tuchel dann scheinbar überlegt, dass Rode der richtige Mann sei um dieses Spiel mindestens auszugleichen, wenn nicht sogar zu drehen. Dass er auf diese Idee gekommen ist, kann vermutlich auch nur damit erklärt werden, dass Bender noch nicht fit genug war und auch Sahin, aus welchen Gründen auch immer, keine Alternative darstellte. Der entscheidende Ballverlust zum 3:1 für Bayern war dann auch gleich mal die Folge eines misslungenen Zweikampfes von eben jenem. Ribery spielte den Ball zügig zu Robben und in Dortmund hatte man scheinbar auch nach etlichen Jahren immer noch nicht verstanden, dass es eigentlich nur eine Variante gibt, wie Robben Tore schießen kann. Zumindest wusste man sie nicht zu verteidigen. Sokratis ließ sich auf rechts überlaufen und auch Schmelzer fiel nichts Besseres ein als halbherzig sein Bein dazwischen zu stellen – zielsicher musste Robben den Ball nur noch ins Tor zirkeln. Tschuldigung, aber muss mal gesagt sein: selten dämlich. Zumal Aubameyang nach schönem Zuspiel von Guerreiro 30 Sekunden früher leider nur das Außennetz getroffen hatte. Irgendwie hatte man sich den Start in die zweite Hälfte anders vorgestellt.

Für diese Aktion gab es Elfmeter und die gelbe Karte für Roman Bürki

Aber auch nach dem Tor ging es immer nur in eine Richtung. Bayern hatte erneut Blut geleckt und spielte aggressiv auf. Dortmund hingegen hatte Mühe dagegen zu halten, so dass sich Bayern förmlich die Seite aussuchen konnte über welche sie gerade frei durchstarten wollten. Bei uns lief einfach nichts zusammen- immer war man einen Schritt zu spät, immer lief man hinterher, immer hatte man Mühe den Ball aus dem eigenen Strafraum zu beseitigen. Dass Robben nach einer guten Stunde Mor und Schmelzer auf der rechten Seite so dermaßen auf der Nase tanzen, dass er sich mit dem Ball zwischen beide Beine durchstehlen konnte, sagt eigentlich alles über diese Partie aus.

In der 67. Minute dann sowas wie ein kleiner Hoffnungsschimmer: Aubameyang steht plötzlich völlig allein vor Ulreichs Tor und versucht den Ball irgendwie an diesem vorbeizupressen. Boateng jedoch kratzt den Ball von der Linie und spielt ihn schnell raus. Im direkten Gegenzug sprintet Lewandowski auf unser Tor zu, fällt über Bürki, tritt ihm dabei noch ganz nonchalant auf dem Fuß – kann man schließlich mal machen- und verwandelt den folgenden Elfmeter – den bekommt man schließlich fürs Auf-den-Fuß-treten - sicher zum 4:1. Da es von Bürki keine Beschwerden gab und von jenem auch keine Bewegung zum Ball zu verzeichnen gab, war es wohl kein so unberechtigter Elfmeter. Das war‘s dann wohl. Dachten sich wohl auch die Bayern und nahmen infolgedessen den Fuß vom Gaspedal. Dass Dortmund heute noch großartig was reißen würde, war nicht mehr wirklich zu erwarten.

Harte Duelle: Bartra und Lewandowski

Pulisic‘ Sololauf durch das Zentrum des Mittelfeldes bis hin zum Tor, war im Abschluss zwar nicht von Erfolg gekrönt, aber immerhin ein Zeichen, dass man sich nicht total aufgegeben hatte. Dass dies nur wenige Minuten vor dem Abpfiff zu spät kam, muss vermutlich nicht weiter erwähnt werden.

Ausblick

Nein, das war wirklich gar nichts heute. Ein deutlicher Klassenunterschied war leider mehr als erkennbar und vielleicht war das Spiel auch einfach nur noch einmal die Erklärung dafür, warum man aktuell um die sicherere Championsleagueteilnahme zittern muss. Viel war heute von internationaler Klasse nicht zu sehen. Man kann nur hoffen, dass man das Spiel unter missglückter Generalprobe für die Championsleague verbuchen kann und man Dienstag ideenreicher auf dem Platz steht. In 2,5 Wochen hat man dann die Möglichkeit sich zu revanchieren. Dann aber mit einer Portion mehr Ideenreichtum. In der Liga trennen einen aktuell 18 Punkte, eine Ziffer, die deutliche Worte spielt.

Und dann war da noch…

Stimmung: Die Stimmung im Block war trotz (oder wegen?) der deutlichen Verhältnisse auf dem Feld durchgängig gut. Nur nach dem 0:2 musste sich kurz geschüttelt werden, danach gab es das, was man typischerweise "spielstandsunabhängigen Support" nennen dürfte. Unterbrochen lediglich von

Enttäuschte Gesichter nach Abpfiff

einem kurzen Schweigen kurz nach der Halbzeit, als man sich so mit einem Gedenkbanner der Münchner solidarisierte. Gegen Ende des zweiten Durchgangs gab man dann als BVB-Block noch bekannt, dass man den Pokal gewinnen würde. Ob aus Ironie, Trotz oder ernstem Anspruch muss jeder Mitsingende wohl für sich selbst beantworten nach dieser Leistung.

Statistik

FC Bayern: Ulreich, Lahm, Boateng, Martinez (79. Hummels), Alaba, Alonso, Vidal, Robben, Thiago, Ribery (74. Costa), Lewandowski (72. Kimmich)

Trainer: Ancelotti

Ballspielverein: Bürki, Passlack, Schmelzer, Bartra, Sokratis, Ginter, Castro (45. Rode), Guerreiro (69. Merino), Pulisic, Dembélé (59. Mor), Aubameyang

Trainer: Tuchel

Schiedsrichter: Fritz (Korb)

Tore: 1:0 Ribery (4. Lahm), 2:0 Lewandowski (10.), 2:1 Guerreiro (20.), 3:1 Robben (49. Ribery), 4:1 Lewandowski (68.)

Allianz-Arena: 75 000 (ausverkauft)

Ida, 09.03+1.2017

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