Unsa Senf

4. Juni 2016: Auf die Straße gegen Neonazis!

03.06.2016, 00:02 Uhr von:  Redaktion
4. Juni 2016: Auf die Straße gegen Neonazis!
Kein Bock auf Nazis!

Die Stadt Dortmund steht am kommenden Samstag, 4. Juni, vor einer großen Herausforderung: Neonazis aus ganz Deutschland möchten in der Heimat unseres BVB aufmarschieren. „Tag der deutschen Zukunft“ nennen sie das. Zeigen wir den Faschisten, dass weder sie noch ihre menschenfeindlichen Parolen in unserer Stadt erwünscht sind!

Bis zu 1.000 Neonazis aus ganz Deutschland werden am Wochenende erwartet, darunter auch Aktivisten der HoGeSa-Bewegung. Woher sie marschieren, ist noch unklar. Die Dortmunder Polizei ist entschlossen, die Route so lange wie möglich geheim zu halten (mehr dazu am Ende dieses Artikels). Hinweise verdichten sich jedoch auf den Vorort Huckarde.

Aufruf vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln

Der „Tag der deutschen Zukunft“ ist eine seit 2009 in der Bundesrepublik regelmäßig stattfindende Neonazi-Demonstration. In diesem Jahr steigt sie erstmals in Dortmund. Der Zeit Störungsmelder nennt als Grund unter anderem, dass die Dortmunder Neonazi-Szene unter Druck gerät: Ehemalige Führungsköpfe ziehen sich zurück, andere Neonazis müssen demnächst Haftstrafen antreten. Um die Partei „Die Rechte“, in der sich 2012 die Mitglieder des verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“ (NWDO) versammelten, ist es ruhiger geworden. In der Vergangenheit war ihr um der Provokation Willen noch jedes abstoßende Mittel recht.

Rassismus und Borussia? Passt nicht!

Es ist klar, worum es gehen wird, wenn die Rechtsextremen am Samstag durch Dortmunder Stadtgebiet marschieren: Mal wieder werden sie gegen schutzsuchende Geflüchtete hetzen, sie werden aus ihrem Hass auf alles „Fremde“ keinen Hehl machen, Andersdenkende diffamieren und all die Werte propagieren, die mit „rückständig“ noch freundlich beschrieben sind und die man in Deutschland eigentlich seit 71 Jahren überwunden hoffte.

Was haben der BVB und seine Fans damit zu tun? Mit 24 Fußballspielern aus 15 Nationen steht allein unsere Mannschaft für all das, was die Neonazis so verachten: ein Miteinander von Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen. Für Rassisten ist das ein absolutes Tabu; für unsere Jungs und jeden vernünftig denkenden Menschen keine Grenze im Kopf, denn schließlich entscheiden weder Hautfarbe noch Religionsbekenntnis darüber, ob man gemeinsam etwas erreichen kann. Deshalb sind diese Werte auch in unserer Vereinssatzung fest verankert. Dort heißt es: „Der Verein fördert die Funktion des Sports als verbindendes Element zwischen Nationalitäten, Kulturen, Religionen und sozialen Schichten. Er bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft, Glauben, sozialer Stellung oder sexueller Identität eine sportliche Heimat.“

An alle BVB-Fans: Setzt ein Zeichen in der Stadt

BVB-Fans werden deutlich

Ach ja: Dass den Dortmunder Neonazis Spieler wie Pierre-Emerick Aubameyang, Nuri Şahin oder Adrian Ramos ein Dorn im Auge sind, würden sie natürlich niemals offen sagen. Sie wissen, dass jeglicher Versuch, den BVB, der den Menschen in unserer Stadt so viel bedeutet, auf diese Weise zu verunglimpfen, in die Hose gehen würde – und das nicht erst seit Alexander Gauland. Eine enttarnende Inkonsequenz.

Deshalb sind alle BVB-Fans am Samstag aufgerufen, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen! Besucht die zahlreichen Gegenveranstaltungen, helft mit, den Nazi-Aufmarsch zu blockieren oder zeigt einfach Präsenz in der Stadt – und vergesst bei all dem eure schwarz-gelben Klamotten nicht. Dortmund, das für rund 180.000 Menschen mit Migrationshintergrund eine Heimat ist, ist kein Ort für einen erfolgreichen Neonazi-Aufmarsch.

Hier eine nicht abschließende Auflistung der Gegenveranstaltungen:

  • Bündnis BlockaDO: Treffpunkt ist um 11 Uhr an der U-Bahnhaltestelle Hafen (erreichbar mit der U47) mit dem Ziel, später zur Nazi-Route zu gelangen und diese zu blockieren. Alle Infos findet ihr hier.
  • Spiegelbarrikaden (Schauspiel Dortmund): Die in den vergangenen Wochen gemeinsam mit dem Schauspielhaus und dem Kollektiv „Tools for Action“ erstellten Spiegelbarrikaden sollen unter anderem zum Blockieren der Nazi-Route eingesetzt werden. Alle Infos zur Teilnahme gibt es hier, Vorab-Impressionen beim Nordstadtblogger.
  • Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus: Die Auftakt-Kundgebung beginnt um 11 Uhr am Dortmunder U, danach läuft eine Demo über die Rheinische Straße zum Wilhelmplatz nach Dorstfeld. Infos? Hier.
  • Runder Tisch Dorstfeld: Unter dem Motto „Nie wieder blöd“ startet um 11 Uhr eine Demonstration auf dem Wilhelmplatz in Unterdorstfeld mit Bühnenprogramm. Hier geht’s zum Programm.
  • Bündnis Dortmund gegen Rechts: Die Erinnerungsveranstaltung für die Opfer nationalsozialistischer Gewalt beginnt um 12 Uhr in der Nordstadt. Startpunkt ist die Weißenburger Straße/Ecke Gronaustraße (Haltestelle Geschwister-Scholl-Straße, erreichbar mit der U44). Die Informationen zum Ablauf sind hier gesammelt.
  • Bündnis Huckarde gegen Rechts: Ein multikulturelles Frühstück ab 11 Uhr auf dem Huckarder Marktplatz. Für die Veranstaltung existiert eine Facebook-Seite.
  • Naturfreunde Kreuzviertel: Treffpunkt ist um 10 Uhr auf dem Parkplatz Südbad, es gibt eine Kundgebung und Stolperstein-Aktion mit Abschlusskundgebung im Westpark.
  • Achtung: Um 13 Uhr ist der Dortmunder Hauptbahnhof Treffpunkt der Neonazis, die von dort zu ihrem Aufmarsch-Ort weiterziehen werden.
  • Als Twitter-Hashtags fungieren #nonazisdo, #NOtddz und #do46.

Im Vordergrund dieses Textes steht der Aufruf, am 4. Juni friedlich gegen die Neonazis zu demonstrieren. Da die Polizei nicht nur am Samstag eine wichtige Rolle spielen wird, sondern dies bereits im Vorfeld der (Gegen-)Demonstrationen tat, möchten wir an dieser Stelle einen Blick darauf werfen.

Wie eingangs erwähnt, möchte die Polizei die Route der Neonazi-Demo partout nicht verraten. Damit will sie verhindern, dass sich Gegenprotester frühzeitig und in nächster Nähe oder gar auf der geplanten Strecke der Rechten organisieren können. Die Behörde hat sich im wahrsten Sinne des Wortes für den Weg des geringsten Widerstands entschieden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigte die Polizei unter der Woche in ihrer Praxis: Ein Journalist hatte im Sinne der Pressefreiheit auf die Herausgabe der Wegstrecke geklagt. Das Gericht wies dies jedoch zurück, da es – in diesem Einzelfall – ein „öffentliches Interesse an der Nichtbekanntgabe“ gebe. Aufgrund des „erheblichen Gefährdungspotenzials“ diene die Geheimhaltung „dem Schutz der einzelnen Teilnehmer, unbeteiligter Dritter und der Polizei“, erklärte ein Sprecher des Gerichts.

So wird die Polizei am Freitag, einen Tag vor der Demonstration, 20.000 Infoflyer für Bewohner gleich in mehreren Stadtteilen verteilen, um so Rückschlüsse auf die geplante Route zu vermeiden. Es ist bedauerlich, dass die Polizei auf diese Art versucht, aktiven Gegenprotest zu unterdrücken. Das Interesse der Ordnungsbehörde ist klar: Rechte und Gegendemonstranten voneinander fernhalten, damit die Belastung für die eigenen Beamten möglichst gering ausfällt. Aus Sicht der Polizei grundsätzlich verständlich. Sobald dies aber auf Kosten friedlicher Gegendemonstranten und ihrer Protestformen geht, jedoch höchst fragwürdig. Die Verantwortlichen um Polizeipräsident Gregor Lange erweckten im Vorfeld des 4. Juni nicht den Eindruck, als seien sie an einem Interessenausgleich mit den Anmeldern unterschiedlicher Aktionen gegen die Neonazis interessiert. Man beharrt auf dem eigenen Einsatzkonzept, auf dass der Tag ohne Nebengeräusche verlaufen möge. Doch leider zeigt die Praxis, dass Letzteres selten mit Ersterem erreicht wird.

Die Südtribüne stellt klar, was sie von Nazis hält

Kritik gab es im Vorfeld daher nicht nur von den Dortmunder Grünen und ihrem NRW-Landesverband, sondern auch von der PARTEI Dortmund, die die Verunsicherung vieler Bürger durch die Polizei-Taktik hervorhebt, sowie von antifaschistischen Initiativen, die den rechten Aufmarsch blockieren möchten.

Zugute halten muss man der Polizei, dass sie einen Neonazi-Aufmarsch durch die prominente Innenstadt oder die migrantisch geprägte Nordstadt verhinderte und in einen Außenbezirk der Stadt verlegte. Für eine gegenteilige Taktik hatten unter anderem wir sie im vergangenen Jahr kritisiert.

Dennoch: Viel eindrucksvoller als ein ungestört durch Vororte marschierender Nazi-Mob wäre es, wenn die Rechten am Samstag von friedlichen Gegendemonstranten an diesem Vorhaben gehindert würden. Nach dem Motto: In Dortmund habt ihr keinen Platz!

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