Eua Senf

Zurück in die Zukunft

29.03.2016, 15:35 Uhr von:  Gastautor
Zurück in die Zukunft

Die Diskussion um eine mögliche Rückkehr von Mario Götze zum BVB löst gerade in der Länderspielpause einige klare Positionierungen aus. Auch von euch kam ein Gastkommentar, der sich gegen eine Rückkehr des Bayern-Spielers aussprach.

Keine 48 Stunden bevor die Suche nach dem verlorenen Henkelpott im Hinspiel des Halbfinals gegen Real Madrid fortgesetzt werden sollte, wurde der Wechsel eines unserer damaligen Leistungsträger veröffentlicht – zum direkten Konkurrenten, den man zwei Jahre lang in Folge in der Meisterschaft hinter sich lassen und beim Pokalfinale 2012 deklassieren konnte. Direkt vor einem sehr wichtigen Spiel und mitten in die rasante Entwicklung unserer Borussia unter Jürgen Klopp.

Die Aussagen, die im Vorfeld des Wechsels vom Spieler getroffen wurden, sind ihm im Nachgang zum Verhängnis geworden. Zu großen Teilen schossen die Reaktionen der Fans natürlich über das Ziel hinaus. Allerdings war dieser Wechsel eben doch etwas ganz anderes als der Wechsel von Nuri Sahin oder Shinji Kagawa. Dieser Spieler war ein großes Versprechen auf die Zukunft des Teams, welches zwei Meistertitel in Folge holen konnte und gerade Málaga in einem der bedeutendsten Spiele der jüngeren Vereinsgeschichte auf europäischer Bühne ausschalten konnte. Man war unter die besten vier Teams Europas vorgestoßen und hatte ein junges, hochveranlagtes Team beisammen. Dieser Wechsel tat aber den meisten Fans weh, weil man eben nicht mehr der Überraschungsmeister war und Real Madrid oder der Wunschverein aus England beim Japaner anklopfte. Im April 2013 war die Situation dank der internationalen Erfolge eine rosige, welche durch die Transferankündigung einen herben Dämpfer erhielt.

Für die Erwartungen, die man als Fan in diesen Spieler gesteckt hat, konnte er aber nun auch nichts. Deshalb ist auch etwas mehr Verständnis für die damaligen Beweggründe angebracht. Schließlich wurde ihm von den Bayern vermittelt, dass er der Wunschspieler des neuen Trainers sei – obwohl dies im Nachhinein wie Hohn klingen muss. Finanziell wurde der Wechsel mit dem Aufstieg zu einem der bestbezahlten Spieler in Deutschland verknüpft.

Nachdem der Wechsel publik wurde, hatte er einen Spießrutenlauf durchzustehen.

Rückkehrer?

Auch wenn sicherlich etwas Folklore mitklang, gab das Jahrhunderttalent nach seinem Wechsel bekannt, dass es ein logischer Karriereschritt war, zu den Bayern zu gehen. „Ich wollte das so – aus Überzeugung. Ich will beim FC Bayern den nächsten Schritt in meiner Karriere machen.“ Vor allem die Äußerungen, dass das Gesamtpaket der Bayern aus Verein, Mannschaft, Trainer, Philosophie und Perspektive genau das richtige sei, haben viele Borussen verärgert.

Ein Verein, der ihm zu Füßen lag, langsam aufgebaut hat, nie öffentlichen Druck ausgeübt hat und immer zu ihm stand.

Ein Team voller Freunde mit offensichtlich großem Zusammenhalt und der Bereitschaft, füreinander sprichwörtlich durchs Feuer zu gehen.

Ein Trainer, der sicherlich einen großen Anteil an der Entwicklung des Spielers hatte und auf ihn gesetzt hat. Der sich leer fühlte, nachdem er vom Wechsel erfuhr.

Eine Philosophie der jungen Wilden, mit genug Möglichkeiten, diesen Spieler im Zentrum des Spiels und Vereinsbilds zu etablieren.

Eine Perspektive, mit dem Jugendverein ins Champions League-Finale einzuziehen.

Alles war nicht mehr gut genug, damit man Pep Guardiola und die Topstars der Bayern endlich mal aus nächster Nähe sehen konnte.

Nun hat es mit dem nächsten Schritt in der Karriere nicht so recht geklappt. Der Spieler hat zwar durchaus gute Spiele gezeigt, in 67 Ligaspielen 34 Torbeteiligungen beigesteuert und einige Titel gesammelt. Allerdings war er nie eine prägende Figur und findet sich aktuell nicht nur in wichtigen Spielen auf der Bank wieder. Da erscheint es für den einen oder anderen doch sinnvoll, mal wieder die Reset-Taste zu drücken. Seit Wochen wird der Spieler auch in den Medien wieder mit uns in Verbindung gebracht; auch wenn die journalistische Qualität per se und im Besonderen im Sportbereich zusehends sinkt, beschäftigt man sich aufgrund der mit diesem Spieler verbundenen Emotionen, die bei einem Großteil der Stadionbesucher negativ sein dürften.

Ein Spieler, der konsequent und von einem großen Teil des Stadions ausgepfiffen wird. Dem es nicht möglich ist, sich außerhalb des Gästebereichs oder dem Spielertunnel warm zu machen. Der von vielen Fans vor allem mit dem Gefühl von Hass in Verbindung gebracht wird; auch wenn das mitunter etwas kleingeistig sein mag.

Viele derer, die in ihm einen künftigen Superstar, der lange bei seinem „Heimatverein“ bleiben würde, gesehen haben, werden es wohl kaum verstehen, dass man die Persona non grata zurückholt. Nur, weil der Spieler es bei seinem logischen nächsten Karriereschritt nicht geschafft hat, eine ähnliche Rolle einzunehmen.

Bald wieder in schwarz-gelb?
Ein etwaiger Transfer würde polarisieren. Es gibt sicherlich auch einige Fürsprecher. Allerdings hoffen sicherlich (ebenso) viele BVB-Fans, dass unser Geschäftsführer weiterhin eher für populäre Entscheidungen bekannt sein möchte und nicht den Bruch mit Teilen der Fans riskiert. Schließlich würde eine Rückholaktion vor allem eins zeigen: Es geht nur noch um Erfolg, nicht mehr um Werte wie „Echte Liebe“, die jahrelang als Markenkern vorgegeben wurden. Man müsste sich neu erfinden, ohne die Gewissheit, dass es von den Fans akzeptiert wird oder der Spieler hier funktioniert. Der Spieler, der noch vor wenigen Monaten das künftige Gesicht des FC Bayern prägen wollte, soll nun also zurück zur Borussia. Wie will man das „verkaufen“? Würde ein kurzer Video-Einspieler des Spielers („Sorry, mir/uns ist da ein Fehler unterlaufen!“) ausreichen? Oder wäre es nur ein erster Schritt in einer breit angelegten Social Media-Kampagne?

Sollten wir uns analog zu einer etwaigen Rückholaktion künftig nun nur noch um Spieler kümmern, die uns sportlich weiterbringen?

Vielleicht sollten wir dann jetzt den Torhüter der Blauen holen. Auch ein Arjen Robben wäre durchaus eine weitere Option für die Offensive; warum also sollte der geliebte Arjen nicht seine Karriere bei uns ausklingen lassen können? Was ist mit Mandžukić, der uns in Wembley ebenfalls „mitten ins Herz“ getroffen hat?

Wenn es nur noch um Erfolg geht, sind wir nicht mehr der Verein, der anders ist als der Liga-Primus. Man wäre Bayern München II, bei dem Spieler wie RL9 oder der GE-Ultra (inzwischen) auf Händen durch die Arena getragen werden.

Möglicherweise ist es an der Zeit, den Verein neu zu erfinden und auf den bedingungslosen Erfolg einzustimmen. Möglicherweise sollte man diesen Spieler zurückholen, weil er eventuell wieder funktionieren könnte. Obwohl der einstige Publikumsliebling Shinji nicht mehr die Form der Meisterjahre erreicht hat und als mögliche Blaupause für die Rückkehr des einstigen BVB-Jugendspielers dienen könnte.

Letztlich vertraue ich unserer Führungsriege und muss wie jeder die Entscheidungen dieser Personen respektieren. Obwohl ich mir sicher bin, dass es etliche negative Reaktionen und mitunter auch Austritte geben wird, ist es mir dieser Spieler einfach nicht wert. Er hat es nicht verdient, dass seine theoretische Anwesenheit dazu führt, dass ich mit meinem Verein breche. Der BVB ist für mich nicht die Summe seiner Einzelspieler und geht über das reine Spiel hinaus. Allerdings würde seine Rückkehr bei dem einen oder anderen mehr zerstören, als es dessen angeblich logischer Karriereschritt damals getan hat. Ein Fußballverein, der dem Erfolg alles andere unterordnet und jeden Spieler zurückholt, der es woanders nicht schafft und sich vorher wie die Axt im Wald verhalten darf, ist zumindest nicht mein Idealbild des Ballspielvereins Borussia.


geschrieben von Stefan

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