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We don't like mondays - Unsinnige Pläne der DFL

27.11.2015, 15:00 Uhr von:  Jakob Sascha
We don't like mondays - Unsinnige Pläne der DFL
Protest der BVB-Fans beim Amasspiel in Düsseldorf - auf einem Montag

Montagsspiele und ein zusätzlicher Kick am Sonntag zur Essenszeit. Für mehr Geld aus den TV-Rechten scheint die DFL weit gehen zu wollen. Ob das, was man zur Debatte stellt, überhaupt irgenwdie sinnvoll ist, scheint allerdings völlig nebensächlich zu sein.

Das Revierderby ist prädestiniert für ein eventuelles Montagsspiel, weil beide Vereine donnerstags in der Europa-League spielen und deshalb aus rein sportlichen Gründen am Samstag nicht antreten können. Diese Aussage traf Peter Peters im Rahmen einer Gesprächsrunde in Gelsenkirchen am 23. November. Und je nachdem welchem Peter Peters man diese Aussage zuschreibt, bekommt sie eine unterschiedliche Dimension.

Bei Peter Peters, dem Finanzvorstand unserer blauen Nachbarn, hätte sie eine eigentlich ziemlich witzige, weil sie so klingt, als würde man sich in Gelsenkirchen strategisch eher langfristig auf die Teilnahme an der Europa-League einrichten. Natürlich sind derartige Hoffnungen nicht ganz unbegründet, aber noch ist es aus Dortmunder Sicht viel zu früh, sich über eine dauerhaft blauenfreie Königsklasse zu freuen.

Freude kommt jedoch nicht auf, wenn man dieses Gedankenspiel Herrn Peters in seiner Funktion als Vizepräsidenten des Ligaverbandes zuschreibt. Ganz im Gegenteil, es bekommt eine ziemlich bittere Note. Offenbar plant man bei der DFL tatsächlich, verzweifelt der finanziell übermächtigen Premiere-League hinterher zu hecheln und bei den Verhandlungen für die Vergabe der TV-Rechte ab 2017 den Interessenten fünf oder gar mehr Montagsspiele pro Saison anzubieten.

Protest auf der Südtribüne beim Spiel gegen M'Gladbach

Und dabei soll es, wie eingangs erwähnt, nicht um irgendwelche Partien gehen, sondern auch um „Kracher" wie das erwähnte Derby. Eine weitere Änderung, die Peter Peters erwähnte, geht dabei fast ein wenig unter: Für eine bessere Vermarktung der Bundesliga in Asien erwäge man eine dritte Sonntagspartie mit Anstoß um die Mittagszeit (angedacht ist 13:00 Uhr oder 13:30 Uhr). Ein Plan, der in seinen Wurzeln und seiner Begründung durch Herrn Peters auf so vielen Ebenen völliger Schwachsinn ist, dass man sich wirklich fragen muss, auf welchem Planeten diese DFL eigentlich beheimatet ist.

Die Fanebene:

Wer montags den Fernseher anmacht und in das Topspiel der zweiten Liga schaltet, wird bei nahezu jedem Spiel hinter den Toren Banner sehen, auf denen die Fans den TV-Sendern und der DFL für die Segnungen eines solchen Spieltages danken. Äußerungen wie „Montagsspiele abschaffen" und „Scheiß Sport1" gehören da noch zu den zurückhaltenden. Ein Spiel unter der Woche bedeutet immer noch Probleme mit den Arbeitszeiten, leere Auswärtsblöcke, da sich eben nicht viele Leute einen Tag Urlaub nehmen, um sich nachts noch auf den Heimweg zu machen und ganz einfach weniger Fußballspaß, wenn man gerade vom Job ins Stadion gehetzt kommt und anschließend schnell wieder verschwinden muss, weil man auch ein bisschen Schlaf braucht. Was man auf eventuelle Versprechungen der DFL bezüglich der Anzahl von „nur" fünf Partien pro Saison und einer Auswahl der Ansetzungen mit Gegnern, die möglichst nahe beieinander liegen, geben kann, sollte man wissen. In der zweiten Liga scheut man sich auch nicht, die Sankt Paulianer zum Montagskick zu den Löwen in München zu schicken. Und spätestens wenn man wieder mehr Geld via mehr Exklusivität generieren will, stehen auch mehr Einzelspiele am ersten Werktag der Woche zur Disposition. In der zweiten Liga waren es überwiegend die Topmannschaften, die montags über den Rasen und durch das frei empfangbare Fernsehen gejagt wurden.

Leere Plätze wünscht sich kein Verein

Münzt man das auf die Bundesliga, dürfte es den feinen Herren schon bald ziemlich wurscht sein, ob einer der beiden Kontrahenten nun Europa-League spielt oder nicht. Hauptsache die Bayern, Dortmund, die Blauen oder Mönchengladbach sind als Zuschauermagneten dabei. Bei diesen reisefreudigen Fangruppen, die zur Attraktivität des Produkts Bundesliga nicht unerheblich beitragen, wird das nicht ohne Wirkung bleiben; die Atmosphäre leidet und damit auch das Produkt DFL (wir formulieren es in diesem Sprech, damit es auch in Frankfurt verstanden wird). Und sollte es dann doch mal montags zum Topspiel Wolfsburg gegen Leverkusen kommen, dann dürften sich die ARD-Sendeplaner des „Tatort" wohl kaum Sorgen machen, ob der drei gen Sky abgewanderten Zuschauer.

Die Sicherheitsebene:

Das Thema Sicherheit beim Fußball ist nicht erst seit den Anschlägen von Paris ein ganz heißes. Polizeivertreter und Sicherheitsbeauftragte dürften die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben, als sie Peters ausgerechnet von einem Derby am Montagabend haben reden hören. Schon seit längerem wollen die Sicherheitskräfte ein Derby bei Dunkelheit unbedingt vermeiden, weil die Zufahrtswege ohne Tageslicht viel schwerer zu überschauen sind und sich eventuelle Gewalttäter leichter verstecken können. An einem ganz normalen Arbeitstag wird das ganze aber kaum kontrollierbar. Der Einsatz von Fanbussen für die Gästefans wird schwieriger, weil frühe Abfahrtszeiten mit den Berufszeiten kollidieren. Die notorisch verstopften Autobahnen in NRW werden Umlandfans beider Vereine von der Straße in die Züge und S-Bahnen drängen und alles vermischt sich mit vielen tausend Pendlern im Feierabendverkehr. Hier kann man dann eigentlich nur noch ab den Parkplätzen und Haltestellen rund ums Stadion mit Sicherheitskonzepten arbeiten und ansonsten viel Glück bei der Anreise wünschen. Hinzu kommt die sowieso schwierige Situation vor den Stadioneingängen, die sich durch die neuen Sicherheitsmaßnahmen weiter verschärfen werden, wie man am vergangenen Wochenende bereits an einigen Stadien beobachten konnte. Eine Entzerrung der Zuschauerströme an einem Montagabend nach Feierabend dürfte kaum möglich sein, dichtes und gefährliches Gedränge die Folge. Hinzu kommt, dass viele Fans aus dem Umland an einem Montagabend um 23 Uhr kaum eine Möglichkeit mehr haben dürften, mit dem ÖPNV nach Hause zu gelangen. Nur fährt Herr Peters wohl nicht mit der Bahn.

Die Profis:

Szene aus dem Spiel BVB - FK Qabala

Eigentlicher Stein des Anstoßes für die Überlegungen sind, zumindest wenn man den Herren Seifert, Rummenigge und Peters Glauben schenken darf, die sportliche Belastung durch die Europaleague-Spiele am Donnerstag verknüpft mit dem Problem, dass vor allem in der Rückrunde bis zu 5 Teilnehmer an diesem Wettbewerb drohen. Diese alle an einem Sonntag unterzubringen wäre ein leichtes. Die Herren sehen es aus sportlicher Sicht als notwendig an, auch mal auf einen Montag ausweichen zu müssen. Betrachtet man das Thema aus der Perspektive Regeneration, so ist das Schwachsinn. Denn die Championsleague-Teilnehmer spielen im selben zeitlichen Intervall, nur um einen Tag verschoben. Betrachtet man, dass sich diese Europaleague-Vereine den Sonntag teilen müssen, so darf man doch wieder stark Sky als (die Herren vor sich her) treibende Kraft in diesem Gedankenspiel mit dem Montagskick vermuten. Denn es wäre doch ein Einfaches, sonntags jeweils Doppelpartien zu den beiden bestehenden Anstoßzeiten anzusetzen oder gar eine kleine Sonntagskonferenz zu machen. Die Argumentation der handelnden Personen wirkt dabei sehr wirr und man wünscht sich als Fan und Zuschauer einfach nur, dass alle Beteiligten die Hose herunter lassen und erkennen lassen, was sie eigentlich wollen. Allein: Den Sport und die Regeneration der Spieler für die eigentlich niederen Beweggründe für Montagsspiele herhalten zu lassen, das ist schlichtweg Unfug.

Die Amateursportebene:

Ja, für den Amateurfußball im Ruhrgebiet sind die Profivereine ein echtes Problem. Nicht nur die eh schon spärlichen Zuschauerzahlen sinken weiter, wenn der BVB oder Gelsenkirchen parallel spielen. Auch die Krankenstände unter den Spielern steigen häufig genug zu diesen Terminen, weil sie selber auch Fans sind und ins Stadion wollen. Mittlerweile gehen Dortmunder Amateurvereine dazu über, mit dem Gegner eine Spielverlegung zu vereinbaren, wenn der BVB ein Heimspiel hat. Unter diesen Gesichtspunkten ist ein Derby am Sonntag natürlich der GAU für die Vereine in den unteren Ligen. Vielleicht wäre man dort wirklich dankbar, wenn solche Begegnungen nicht mehr mit ihrem Spieltag kollidieren würden. Aber diese Dankbarkeit verfliegt sofort wieder, wenn man den Vereinen gleichzeitig ein drittes Sonntagsspiel zur Mittagszeit vor die Nase setzt. Eine weitere Partie, die dem potentiellen Eintrittszahler bei Schmuddelwetter die Couch und den Pay-TV-Sender schmackhaft macht. Dafür, dass zu dieser Uhrzeit nicht nur Gassenhauer wie Ingolstadt gegen Wolfsburg laufen würden, sorgt nämlich...

Die Vermarktungsebene:

Thomas Tuchel im Gespräch mit dem asiatischem TV
Mit dem Spiel zur Mittagszeit will man explizit stärker auf dem asiatischen Markt präsent sein, schließlich schauen bei 8 Stunden Zeitverschiebung zu Tokyo nur noch wenige Menschen ein Spiel, das in Deutschland um 17.30 Uhr angepfiffen wird. Zwölf Uhr MEZ ist dagegen asiatische Primetime. Aber was will man den Zuschauern dort bieten? Die DFL will sich dort als interessante Liga präsentieren und das schafft man nicht, wenn die Kamera während einer Spielunterbrechung über leere Ränge schwenkt. Es müssen also zwangsläufig Partien sein, die auf reges Zuschauerinteresse stoßen. Und natürlich sollten es Vereinsnamen sein, die man als Fußballfan zumindest mal gehört haben könnte. Unattraktive Partien auf diesen Termin „abzuschieben" wäre also völlig kontraproduktiv. Genau diese Attraktivität bieten aber Partien, bei denen Mannschaften aus Nachbarschaft gegeneinander antreten – und die man dann nach Peters dann aber auf den Montag legen würde. Zudem stellt sich die Frage, wie man zukünftig bei der derzeitigen Schwemme an Retortenclubs noch Topspiele generieren möchte, die den asiatischen Markt interessieren.

Fraglich ist auch, wie eine noch stärkere Entwertung des Samstags als eigentlicher Fußballtag den heimischen TV-Markt beeinflussen und vielleicht sogar zurück werfen würde. Bei einer Umsetzung der von Peters skizzierten Pläne würden nur noch wenige Begegnungen mit einem „Wow-Effekt" für den Samstag übrig bleiben und tendenziell eher weniger Zuschauer zur beliebten Samstagskonferenz locken. Ein Sender wie Sky könnte aber auch nicht sicher sein, dass der Zuschauer seine Fernsehgewohnheiten einfach auf den dann spannenderen Sonntag verlegt, da das noch ein klassischer Familientag ist. Unter Umständen verliert man unter dem Strich Zuschauer. Hier ist die DFL gerade dabei, ihr eigenes Produkt vor die Wand zu fahren und dabei noch zu beschleunigen. Mit auf das Gaspedal drückt dabei der TV-Vertrag der Premiere League, dem man blind nacheifert, ohne zu erkennen, dass die TV-Landschaft in England eine komplett andere ist und dass der Fußball im Stadion dort schlichtweg bereits tot ist. Ein paar Scheichs sitzen zwar noch an ihren Roulette-Tischen, aber das Glitzern der Dukaten ist wirklich das Einzige, was dieser Liga von außen betrachtet noch Glanz verleiht.

Das von Peter Peters vorgestellte Konzept wirkt wie der unausgegorene Versuch, ein Paket zu schnüren, das möglichst viele Interessen streift, in seiner Gesamtheit jedoch eher dazu geeignet ist, großflächig für Unmut zu sorgen. Vor allem für die Stadiongänger stellen die Maßnahmen nur eine weitere Verschlechterung der Gegebenheiten dar und sollten nicht einfach so hingenommen werden. Zumal die Entwicklung vermuten lässt, dass das längst nicht den Endpunkt auf dem Weg zum Salamispieltag, sondern nur einen weiteren Meilenstein darstellen wird. Aber wir müssen ja auch nicht jeden geistigen Darmwind klaglos über uns ergehen lassen.

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