Unsa Senf

It’s just another manic Monday – I wish it was Saturday

06.07.2015, 12:37 Uhr von:  Redaktion

Die Deutsche Fußball Liga will ab 2017 zwei neue Anstoßzeiten einführen. Ab dann soll in der 1. Bundesliga auch regelmäßig am Sonntagmittag und Montagabend der Ball rollen. Angeblich soll das die Teams entlasten, die donnerstags in der Europa League ran müssen. Letztendlich ist die Zerstückelung des Spieltags jedoch nur ein weiterer Schritt, um unseren geliebten Sport für Verbände und Wirtschaft noch lukrativer zu machen, und ein weiterer Schritt, um dem Fußball seine Seele zu nehmen. Aber eins nach dem anderen.

Als die Premier League vor wenigen Wochen ihren Mega-TV-Deal abgeschlossen hatte, staunte die Bundesliga nicht schlecht. Ab 2016 kassiert das englische Fußball-Oberhaus pro Saison 2,3 Milliarden Euro an Fernsehgeldern, fast so viel wie die Bundesliga für ihren bis 2017 laufenden Vierjahresvertrag insgesamt erhält (2,5 Mrd.). Auch ein Blick auf die TV-Einnahmen der einzelnen englischen Vereine ließ bei manch einem DFL-Funktionär das Wasser im Munde zusammenlaufen. Der Tabellenletzte Queens Park Rangers kassierte in der vergangenen Spielzeit mit 86,8 Millionen Euro deutlich mehr TV-Einnahmen als der deutsche Meister FC Bayern (50,6 Mio.).

Dass die Bundesliga der Premier League in Sachen TV-Einnahmen so weit hinterherhinkt, hat verschiedene Gründe. Zum einen ist das Pay-TV in England wesentlich mehr verbreitet als in Deutschland, was unter anderem daran liegt, dass Live-Fußball im Pay-TV in England mit einer höheren Exklusivität ausgestattet ist, als in Deutschland. Während der deutsche Fußballfan samstags um 18.30 Uhr in der Sportschau bereits umfangreiche Zusammenfassungen der Spiele im Free-TV sehen kann, müsste der Engländer darauf bis in die späte Nacht warten. Außerdem hat der deutsche Fußball in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten seine Auslandsvermarktung völlig verschlafen, was Bundesliga-Clubs nun durch nervende Asien-Reisen in der Vorbereitung nachholen müssen.

Salami-Spieltage ab 2017

Doch demnächst soll alles anders werden, hofft die DFL. Im kommenden Frühjahr wird die Liga einen neuen Vertrag mit Wirkung zum 1. Juli 2017 abschließen. Um den TV-Partnern ein möglichst attraktives Modell verkaufen zu können, kam die DFL nun auf die Idee, ab der Saison 2017/18 auch regelmäßig am Sonntagmittag und Montagabend Spiele anzusetzen. Etwa zehn Mal sollen Partien vom Samstagnachmittag (15:30 Uhr)auf Sonntag (13:30 Uhr) oder Montag (20:15 Uhr) verschoben werden. Darüber hinaus wird es weiterhin die Spiele am Freitagabend (20:30 Uhr), Samstagabend (18:30 Uhr) sowie Sonntagnachmittag (15:30 Uhr und 17:30 Uhr) geben. Außerdem will die DFL die Attraktivität der Bundesliga im Free-TV dadurch schmälern, dass die Sportschau ab 2017 nur noch von 19:15 Uhr bis 20:00 Uhr ausgestrahlt werden darf.
Was aus Sicht der Vermarkter vermutlich zumindest eine Überlegung wert ist, dürfte sich für die meisten Fußballanhänger wohl wie die nächste schallende Ohrfeige im Kampf für fanfreundliche Anstoßzeiten anfühlen. In der 2. Bundesliga protestieren Ultras schon seit Jahren gegen das Montagabendspiel. Die Vereinigung ProFans verleiht seit einiger Zeit monatlich den Negativpreis SAM (SpielAnsetzungsMonster) an die Fanszenen, die sich den ungünstigsten Anstoßzeiten ausgesetzt sahen. Mit den geplanten zusätzlichen Terminen wird der Protest der Fans nun zu Recht noch größer, und bald werden auch immer mehr Fans von Erstliga-Clubs regelmäßig schon zu Wochenbeginn großen Ärger mit ihrem Chef haben.

Touchdown, DFL!

Doch nicht nur für viele Fans wirken die Pläne der DFL wie der nächste Rückschlag im Kampf gegen Windmühlen. Auch der Amateurfußball wird unter den Sonntagsspielen um 13.30 Uhr leiden. Die Amateurvereine haben ohnehin schon unter den Erstliga-Anstoßzeiten um 15:30 Uhr und 17:30 Uhr sowie den Zweitliga-Partien um 13:30 Uhr zu leiden. Viele Zuschauer meiden den Besuch ihres Dorfvereins, weil zeitgleich ihr Lieblingsclub in der 1. Liga spielt. Und auch einige Spieler in den Amateurligen überlegen sich oft zweimal, ob sie sonntags selbst kicken oder lieber ihren Idolen zusehen. Dabei sagen die DFB-Statuten ganz klar, dass zum Schutze des Amateurfußballs am Sonntag vor 17:30 Uhr nach Möglichkeit kein professioneller Fußball stattfinden darf. Auf diese schwammige Regel scheißt die DFL seit Jahren mit einem fetten Grinsen. Ein zusätzliches Erstliga-Spiel am Sonntag um 13:30 Uhr würde dem Ganzen die Krone aufsetzen.

Damit der deutsche Fußball auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt, scheinen Überlegungen wie die eines Salami-Spieltags nahezu unausweichlich. Doch genauso unausweichlich wird der Fußball in den kommenden Jahren bei solchen Entwicklungen immer mehr seine Seele verlieren. Selbst die Fans mit der größten Leidenschaft werden es irgendwann nicht mehr einsehen, sich montags krankzuschreiben und quer durch die Bundesrepublik zu reisen, nur damit das Fußball-Business noch mehr blühen darf. Heißblütige Leidenschaft wird schleichend immer mehr durch kalte Kundschaft ersetzt. Bis eine Bundesliga-Partie in wenigen Jahren den Event-Charakter eine US-Sportveranstaltung hat. Touchdown, DFL!

06.07.2015, Elster

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