Spielbericht Profis

Borussia Dortmund - PAOK Saloniki - Die Suche nach dem gewissen Etwas

11.12.2015, 19:11 Uhr von:  Redaktion

Aris und der BVB - zumindest aus UltrasichtMit einer eher unnötigen 0:1-Niederlage in Südrussland vor knappen zwei Wochen, brachte sich der BVB um die Chance den Gruppensieg in der Europa League perfekt zu machen. So lag die Borussia vor dem Spiel gegen PAOK punktgleich mit 10 Zählern hinter Krasnodar auf Platz 2. Aufgrund des verlorenen direkten Vergleiches brauchten die Schwarzgelben für den angepeilten Gruppensieg nebst einem eigenen Erfolg auch Schützenhilfe von Qäbälä, das im Parallelspiel der Gruppe Krasnodar empfing.

Auch abseits des Platzes sorgte das Spiel im Vorfeld für reichlich Gesprächsstoff. Als Hochsicherheitsspiel eingestuft, verstärkte die Polizei ihre Präsenz vor dem Stadion und in der Stadt deutlich. Der Marsch der PAOK - Anhänger zum Stadion wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, welcher jedoch friedlich und ohne besondere Vorfälle von statten ging. Vor dem Stadion agierte die Polizei leider vereinzelt sehr unentspannt und es kam zu teils handgreiflichen Auseinandersetzungen vermeidbarer Art. Der griechische Pulk versammelte sich unbeeindruckt vor den Eingängen der Nordtribüne, skandierte lauthals und verfiel kurzzeitig in Ekstase, als der Mannschaftsbus von PAOK ins Stadion einfuhr. Der Fanmarsch der Dortmunder wurde zwar zur Kenntnis genommen, zu Auseinandersetzungen oder direkten Konfrontationen kam es jedoch nicht.

Taktik & Personal

Endlich mal wieder ein richtiges Gesangsduell auf den RängenOhne den geschonten Ilkay Gündogan, dafür mit mehreren Überraschungen wartete Thomas Tuchels erste Elf beim letzten Gruppenspiel auf. Pascal Stenzel mit seinem Pflichtspieldebüt bei den Profis, sowie Park, Januzaj und Ramos durften mehr oder weniger unerwartet von Anfang an ran. Ginter als Rechtsverteidiger, der auskurierte Hummels und Geburtstagskind Subotic bildeten die Innenverteidigung. Manni Bender durfte als Bindeglied zwischen Defensive und Offensive fungieren. Hinter der Spitze Ramos stellte sich die offensive Dreierreihe aus Reus, Kagawa und Januzaj zusammen.

Erste Hälfte

Die Borussia tat sich vom Anpfiff weg schwer gegen die sehr defensiv eingestellten Griechen. Trainer Igor Tudor, ehemaliger Abwehrchef von Juventus Turin und damit Experte in Sachen Verteidigungsarbeit, schien seine Elf perfekt eingestellt zu haben. PAOK lauerte auf Ballverluste der Dortmunder und hatte mit Berbatov und Mak vorne offensiv die richtige Balance zwischen Schnelligkeit und Erfahrung.

Ilkay Gündogan stand nicht im KaderDie ersten Minuten verliefen ohne große Highlights. Die erste nennenswerte Aktion von Debütant Pascal Stenzel war ein Foul, der anschließende Freistoß brachte Saloniki die erste Torannäherung. Gute 10 Minuten brauchte der BVB um halbwegs im Spiel zu anzukommen: Kagawa drang über links in den Strafraum und knallte den Ball an den Außenpfosten. Chancen blieben trotz der ersten größeren im Anschluss eher Mangelware. Die zu erwartende Balldominanz war zwar vorhanden, wurde jedoch immer wieder durch Unsicherheiten im Passspiel und die fehlende klare Linie überschattet. Deutlich auffälliger als das Spiel gestaltete sich mit fortlaufender Spieldauer die Leistung der griechischen Fans auf den Tribünen. Knappe 3000 Supporter, mit großer Wahrscheinlichkeit aber mehr, unterstützten ihre Mannschaft auf überragende Art und Weise. Die Süd ließ sich jedoch nicht lange lumpen, antwortete prompt und stimmte das Stadion an sich kollektiv zu erheben. Leider klappte das nur teilweise, und die PAOK - Fans waren deutlichst im Stadionrund zu vernehmen. Zu diesem Zeitpunkt war das Duell der Tribünen spannender als das auf dem Grün.

In den seltenen Fällen in denen PAOK am Ball war, versuchte man vor allem in der Spitze als erste Anspielstation Routinier Berbatov zu finden. Die Griechen verteidigten außerordentlich gut, der BVB agierte langsam, relativ schwerfällig und fand keine Lücken im gegnerischen Abwehrverbund. Es Blieb blass: Adnan Januzajfehlten offensichtlich die Lösungen. Vor allem mit Adnan Januzaj war Thomas Tuchel scheinbar zunehmend unzufrieden. Mehrfach schickte er lauthals Anweisungen in Richtung des Belgiers, mahnte augenscheinlich zur besseren Körpersprache. In Minute 22 stand Januzaj dann auch das erste Mal im Mittelpunkt: im Strafraum gefällt, lauter Aufschrei auf den Tribünen, kein Elfmeter. Die zweite größere Chance im Spiel gehörte dann Ginter, die schöne Vorarbeit von Reus semmelte er jedoch knappe sieben Meter über das Gehäuse. Die griechische Verteidigungsmaschinerie führte dazu, dass das Spiel in der Folgezeit kurz davor stand einzuschlafen. Die kollektive Trance wurde dann in Minute 33 vom ekstatischen Gästeblock in der Nord - Ost Kurve durchbrochen. Aus dem Nichts und mit dem ersten und schließlich auch letzten gefährlichen Angriff machte PAOK das 1:0. Robert Mak wurde steil in den Dortmunder Strafraum geschickt, der aus dem Tor geeilte Weidenfeller umkurvt und aus spitzem Winkel eingeschoben. Beim Steilpass zuvor hatte Park leider deutlich das Abseits aufgehoben.

Bezeichnend für das Spiel des BVB in der ersten Halbzeit war Mats Hummels in Ballbesitz am gegnerischen Strafraum. Ohne brauchbare Anspielstation, musste wieder umgedreht werden. Torgefahr in Ansätzen gab es dann wieder plötzlich kurz vor dem Halbzeitpfiff in Minute 42. Januzaj zog an der Strafraumgrenze nach innen und schloss mit seinem starken linken Fuß ab. Den vom Torhüter gut parierten Schuss setzte Reus im Nachsetzen zum zweiten Aluminiumtreffer des Abends erneut an den Pfosten. Der anschließende Halbzeitpfiff glich nichtsdestotrotz einer kleinen Erlösung.

Zweite Hälfte

Kaum ein Durchkommen: Shinji KagawaThomas Tuchel hatte im ersten Abschnitt offensichtlich genug gesehen und brachte nach der Halbzeitpause mit Mkhitaryan und Weigl zwei frische Kräfte auf den Platz. Reus und Bender mussten weichen. So war es dann auch der Armenier, der in der 47. die erste dicke Torchance hatte, aus 11 Metern jedoch nicht in der Lage war den starken Keeper Glykos zu überwinden. Erneute Doppelchance für die Borussia dann knapp fünf Minuten später: erst scheitert Kagawa per Kopf (!) am wieder stark reagierenden Goalie, dann köpft Ginter nach einer kurz ausgeführten Ecke den Ball zu zentral auf den griechischen Schlussmann. Bis zur 60 Minuten-Marke ist das Dortmunder Spiel dann geprägt von Ballgeschiebe und der Suche nach dem letzten Pass ins Glück. Mkhitaryan hat darauf irgendwann nur noch wenig Lust und setzt den Ball mit einem strammen Schuss knapp rechts am Tor vorbei.

Nach dem Einlauf in der ersten Hälfte seitens des Trainers, versucht vor allem Januzaj immer auffälliger den Ball zu fordern. Das Ergebnis sind dann leider immer wieder verlorene Zweikämpfe und Ballverluste. Trotz der eigentlich drückenden Überlegenheit, verspürt man an diesem Abend nur in wenigen Ausnahmemomenten das Gefühl eines bevorstehenden Ausgleichstreffers. Alle gefährlichen Tormöglichkeiten entstehen mehr oder weniger eher aus dem Nichts. So wie auch der dritte Aluminiumtreffer dieses Abends in der 76. Minute. Die zuvor in der 66. Minute für Kagawa eingewechselte Torgarantie namens Aubameyang köpfte den Ball an den Pfosten. Wieder nur Aluminium. Dem wahrscheinlich endgültigem K.O. ging der BVB in der 82. Minute dann nur mit Glück aus dem Weg. PAOK kam zu einer seiner wenigen Kontergelegenheiten, spielte diese aber zu schlampig aus. Die Schlussminuten prägten letztlich drei glücklose Flanken in Folge von Adnan Januzaj und erfolglose Versuche des BVB mit der Brechstange zum Torerfolg zu kommen.

Kaum Arbeit für Neven SuboticSo stand am Ende eine komische Niederlage, die keiner so recht einzuordnen wusste. Man merkte der Mannschaft und den Umständen rund um das Spiel von Anfang an an, dass die Wichtigkeit dieses Spiels nicht so recht eingeschätzt werden konnte. Genau das spiegelte sich auf dem Feld dann wieder. Mit teilweise viel Pech, aber auch viel Unvermögen verlor Schwarzgelb die zweite Europapokal-Partie in Folge ohne eigenen Torerfolg. Am Montag folgt nun die Auslosung zum Sechzehntelfinale in Nyon. Dort drohen allerdings ganz andere Kaliber als es die bisherigen Gruppengegner waren: Teams wie Manchester United, FC Porto und besonders Liverpool warten auf den BVB im Lostopf.

Was an positiven Eindrücken bleibt an einem eher trostlosen Abend auf internationalem Parkett, ist zum einen das Debüt des 19-jährigen Pascal Stenzel. Zum anderen war der womöglich letzte Auftritt von Neven Subotic im Europapokal für den BVB an diesem Abend leider nicht mehr als eine Randnotiz. Und möglicherweise auch ein unbedachtes Geburtstagsgeschenk von Trainer Thomas Tuchel.

Statistik

BVB: Weidenfeller - Ginter, Subotic, Hummels (C), Park - Stenzel, Bender (46. Weigl) - Kagawa (66. Aubameyang), Reus (46. Mkhitaryan), Januzaj - Hängende Köpfe nach AbpfiffRamos

PAOK: Glykos - Mystakidis (78. Rodrigues), Konstantinidis, Skondras, Malezas, Tzavellas - Tziolis, Kace, Cimirot - Berbatov (71. Sabo), Mak (66. Leovac)

Schiedsrichter: Mattias Gestranius
Assistenten: Jan-Peter Aravirta, Mikko Alakare, Antti Munukka, Dennis Antamo
Vierter Offizieller: Jukka Honkanen
Tore: 0:1 Mak (33.)

Zuschauer: 55.200

Karten: Januzaj - Konstantinidis

Torschüsse: 19:1

Ecken: 5:1

Thomas Tuchel hätte gerne gewonnenBallbesitz: 72:28

Stimmen zum Spiel

Tuchel: „Wir sind enttäuscht weil wir es nicht geschafft haben, das Spiel zu gewinnen. Wir haben zwar große Torchancen herausgespielt, mehr aber leider nicht. Heute hat die letzte Anspannung, auch der nötige Respekt vor der Aufgabe den es braucht, solche Spiele zu gewinnen gefehlt. Das gewisse Etwas hat gefehlt. Wir haben es vernachlässigt, den Aufwand in den Mittelpunkt zu stellen. Die Niederlage ist unnötig und tut weh, muss jetzt aber nicht dramatisiert werden. Auf uns warten noch drei sehr wichtige Spiele in diesem Jahr.“

11.12.2015, Boris Davidovski

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