Unsa Senf

Die fetten Jahre sind vorbei

09.01.2014, 08:21 Uhr von:  DerJungeMitDemBall
Die fetten Jahre sind vorbei

Die fetten Jahre sind vorbei? Keine Panik, bei der gewählten Überschrift handelt es sich lediglich um eine überspitzte Formulierung. Es folgt ausdrücklich kein Ruf nach dem Untergang des schwarzgelben Abendlandes.

Meisterschalenübergabe 2012

Den Anstoß für diesen kleinen Kommentar bildete vielmehr dieser Tweet, welcher den Wechsel von Robert Lewandowski zum deutschen Branchenprimus FC Bayern München mit dem endgültigen Ende der Dortmunder Romantik gleichsetzte.

Seit der letzten Veränderung des Traineramtes 2008 gleicht das Leben mit Borussia Dortmund und Jürgen Klopp einer Achterbahnfahrt. Und bis dato erlebten wir auf dieser Achterbahnfahrt Dinge, die wir uns nach dem Beinahekollaps 2005 kaum vorstellen vermochten. Das Erwachsenwerden der „jungen Wilden“ um Marcel Schmelzer, Mats Hummels, Neven Subotic, Nuri Sahin & Co, das Scheitern in Gladbach und die damit verbundene Häme der Ponies 2009, die Meisterschaft 2011, das Double 2012 und letztendlich ein wilder Ritt durch die Champions League 2013, den erst Arjen Robben kurz vor der Verlängerung stoppen konnte.

Abpfiff Gladbach Meisterfeier

Ständiger Begleiter in all diesen Jahren war ein Gefühl der Einheit und des Zusammenhalts. Eine Mannschaft, welche sich als wirkliches Team präsentierte und sich auf dem Platz füreinander zerriss. Möglicherweise war es eben genau jenes Gefühl der „elf Freunde aus Dortmund“, welches das Band zwischen Mannschaft und Fans auf so spezielle Art und Weise festigte. Eine junge, hungrige und entwicklungsfähige Mannschaft, die auch durch die Unterstützung der Fans dazu bereit war, alles aus sich herauszuholen. 90 Minuten Kampfbereitschaft auf dem Feld wurde mit 90 Minuten Support und der Bereitschaft des Publikums, auch gröbere Fehler zu verzeihen, belohnt.

Mit Genuss erinnert man sich an Krimis wie gegen Lwiw, Köln, Hamburg, Malaga oder Marseille, in denen das Spiel auch wirklich erst dann beendet war, wenn die Pfeife des Schiedsrichters ertönte. Momentan macht die Borussia biszuweilen den Eindruck, als wolle man die genannten Tugenden mit angezogener Handbremse erzwingen. Ähnlich wie es wohl einigen Fans zurzeit an Schmetterlingen im Bauch mangelt, mangelt es der Mannschaft an jugendlicher Leichtigkeit, die sie zu dem formte was sie ist.

Abpfiff Marseille
Durch den Abgang von Mario Götze und dem damit verbundenen "Vertrauensbruch", schließlich durchlief er alle Jugendmannschaften und widmete sogar BVB-Idol Dede ein Tor, erhielt der zuvor erläuterte „Gefühlskomplex“ bereits einen ersten tiefen Kratzer. Nach dem Transfer von Robert Lewandowski muss man wohl konstatieren: Die Dortmunder Fußballromantik ist (zunächst) verflogen. Selbstverständlich hatte Robert Lewandowski niemals das Standing eines Kevin Großkreutz, sein Stellenwert für die jüngsten Erfolge könnte jedoch kaum größer sein. Natürlich sollte man nicht so tun, als seien diese zwei Abgänge die absoluten Ausnahmen, schließlich verließen Shinji Kagawa und Nuri Sahin ebenfalls den Verein der sie groß machte, um anderenorts ihr Glück zu suchen. Eingestehen sollte man sich jedoch, dass mit jedem weiteren Wechsel eines Spielers der „fetten Jahre“, auch der „Gefühlskomplex“ weiter schrumpfen wird.

In der harten Welt des Fußballs bot Borussia Dortmund für eine kurze, unvergessliche Zeit eine Art Zufluchtsort für Fußballromantiker - für Personen die es eben doch für möglich hielten, dass elf Spieler sich füreinander opfern und sich eben wirklich vorstellen könnten, ihre Karriere bei diesem Verein zu beenden. Letztendlich muss man sich jedoch realistisch eingestehen: Die meisten Fußballer üben eben einfach einen Beruf aus.

Wir müssen in Zukunft keine Angst um Borussia Dortmund haben, wir sollten uns aber mit dem Gedanken anfreunden, dass speziell 2010-2013 absolute Ausnahmejahre waren. Mit der Zeit kommt die bittere Gewissheit, dass man in Zukunft, egal wieviel Liebe im Spiel ist, nie wieder so unverkopft und unbeschwert liebt und genießt wie beim ersten Mal. Und so werden uns sicherlich mit der Zeit weitere Spieler der „fetten Jahre“ verlassen - die Erinnerungen an Spieler und Erfolge bleiben jedoch bestehen. Es tut weh die erste ernsthafte Beziehung zu beenden, eine neue Freundin muss allerdings nicht zwangsläufig schlechter sein. Nur ist sie wohl einfach anders.

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