Spielbericht Profis

... und nächste Woche dann noch mal

11.05.2014, 12:09 Uhr von:  Redaktion

Choreo GB BerlinBerlin. Olympiastadion. Von der Pressetribüne geht der Blick zunächst nach links. Gelb. Links vom Marathontor. Rechts vom Marathontor. Nicht wenige gelbe Flecken auch auf der Gegengerade und der Haupttribüne. Sogar in den Ummantelungen der Ostkurve ist der eine oder andere Borusse auszumachen. Die Sonne scheint über Berlin, der Rasen strotzt vor Grün. 34. Spieltag.

Zum letzten Mal in der Saison 2013/14 geht es für den BVB um Bundesligapunkte, genauso wie für die Gastgeber des Berliner Sportclubs, auf dessen Seite zwei langjährige und verdiente Spieler verabschiedet werden. Der eine ist mittlerweile so alt, dass er Stefan Effenberg bei dessen ersten Gehversuchen getackelt hat. Mit Levan Kobiashvili verlässt ein Inventarstück mit zarten 39 Jahren und mehr als 300 Oberhauseinsätzen die Liga. Der andere, der Berlin den Rücken kehren wird, dürfte bekannt sein. Adrian Ramos soll zusammen mit dem zweiten Stürmer XY die Lewandowski Lücke schließen oder zumindest den Verlust versuchen ansatzweise aufzufangen.

Friedrich im ZweikampfRamos ist ein Startelfeinsatz nicht vergönnt. Vielleicht haben ihn die Worte seines zukünftigen Übungsleiters („Wenn er drei Tore macht und Lewandowski die Torjägerkanone wegnimmt, bin ich sehr sauer.“) auch einfach zu sehr eingeschüchtert. Es könnte aber auch am mangelhaften Fitnesszustand wegen seiner erst kürzlich auskurierten Verletzung gelegen haben.

Für Hertha BSC ist es vor ausverkauftem Haus ein durchaus lecker bereitetes Auslaufen vor Beginn der Sommerpause. Für die Kicker in schwarzgelb dagegen das Warm-Up fürs Pokalfinale in einer Woche an gleicher Stelle. Allzu viel verändern wird sich nicht. Die Kabine bleibt sogar dieselbe. Nur wird Roman Weidenfeller beim Einmarsch nicht zuerst auf das Marathontor blicken, sondern gen Ostkurve strahlen. Bekanntlich werden wir Borussen uns erstmalig aus der Heimkurve die Kehlen für den Pokalsieg heiser brüllen.

Jetzt aber genug der Vorreden und rein in ein Spiel, dessen Ausgang nicht wirklich für Schweißperlen auf Seiten der Aktiven beider Vereine sorgte. Dafür ging es aber für den BVB darum, den durchaus ansehnlichen 7-Punkte-Vorsprung auf die Blauen zu halten und Berlin wollte in der Tabelle noch ins Einstellige klettern. Nicht wirklich die spektakulärste Ausgangslage für ein Bundesligaspiel, aber immerhin. In vielen Stadien der Republik sah es heute schließlich ähnlich aus. Jürgen Klopp ermöglichte Manuel Friedrich einen letzten Startelfeinsatz in der Bundesliga, Sokratis kann sich schon mal in Ruhe die Stollen für nächste Woche schärfen.

Choreo HerthaBeide Kurven präsentierten zum Einlauf – und sogar schon ein paar Minuten davor – jeweils gelungene Choreos. In der Ostkurve bildete Silber die Hauptfarbe und umrahmte Stadt- und Vereinswappen („Eine Stadt – Ein Verein“). Im Gästeblock wartete im Unterrang, großflächig auf Stoff aufgebracht, die Zeichnung einer Gruppe von Fahne schwenkender Ultras, umrahmt von den Spruchbändern mit der Aufschrift „Hört ihr die Klänge aus der Kurve – Seht ihr die Fahnen, die um uns wehen.“ Dazu gab es, vor allem im Oberrang, einheitlich viele Schwenkfahnen. Ein sehr schickes Bild, für einen Gästeblock.

Die ersten Minuten zeigten deutlich die Marschroute für das Spiel – selbstverständlich neben dem Ziel, den Auswärtsdreier einzufahren: Lewandowskis suchen um ihn in seiner letzten BVB-Saison zum ersten Dortmunder Torschützenkönig seit einem gewissen Marcio Amoroso 2002 zu machen. Nur leider brachte diese inoffizielle Vorgabe in der ersten Viertelstunde des Spiels nicht den geringsten Ertrag. Im Gegenteil. Bewusste Defensivarbeit stand auf dem Plan, wollte man sichtlich nicht in die durchaus gefährlichen Konter der Berliner rennen. Spielkontrolle war auf jedenfalls da, Zug zum Tor ließen die Borussen allerdings fast gänzlich vermissen. Hinten brannte dafür nichts an, lediglich die Eckenstatistik konnte Hertha im ersten Durchgang deutlich für sich verbuchen und damit die bis dato größte Möglichkeit einen Treffer zu erzielen, als Wagner zum Kopfball kam und Sahin auf der Linie klären konnte. Für den einzig richtigen Aufreger in der ersten halben Stunde zeichnete sich der junge Schiri Tobias Stieler verantwortlich, als er beim Trikotzupfer an Mkhitaryan auf Weiterspielen entschied – ein Elfmeterpfiff wäre wohl eher vertretbar gewesen.

Speziale LiberoDie Kurven der Fanlager passten sich im ersten Durchgang weitestgehend der ermüdenden Darbietung auf dem Feld an. Hier mal ein Liedchen, da mal ein Hüpfen, aber alles in gemäßigter Lautstärke. Wäre es hier noch um wichtige Platzierungen gegangen, hätte der Gästeblock wohl ein oder gar zwei Gänge höher schalten können und mehr Betrieb gemacht. Die nächste Woche wird es dann zeigen, denn dann steht ungleich mehr auf dem Spiel. Generell bot sich bei einer solchen Partie für den mitgereisten Mob die Chance, Spruchbänder zu präsentieren, weil das weite Rund eh nicht so viel zu bestaunen hatte und daher den Blick gern auf mehr oder weniger kreative Ablenkungen richtete. „Viele Jahre stark geblieben, Ultras sind nicht kleinzukriegen.“ war da beispielsweise zu lesen. Außerdem gab es Solidaritätsbekundungen mit betroffenen Personen rund ums italienische Pokalfinale. „Speziale libero“ war an diesem Wochenende noch in weiteren Kurven des Landes zu lesen und dürfte die Diskussion in Italien – hoffentlich zum Positiven – weiter anheizen.

Jetzt aber zurück zum Spiel. Langeweile machte sich breit. Doch ab der 35. Minute entwickelte sich so langsam ein Fußballspiel, wenn auch weiterhin im Schatten eines insgesamt doch recht müden Sommerkicks. Dortmund erhöhte den Offensivdruck ein wenig, womit Hertha schon größere Probleme hatte und seinerseits die Ausflüge über die Mittellinie nun endgültig einstellte.

Torjubel LewandowskiUnd dann, aus dem Fast-Nichts stand es 1:0 für den BVB. Mats hatte die unterforderte Nase voll, schnappte sich den Ball, rund 40 Meter vor dem gegnerischen Tor, marschierte los und steckte mustergültig auf Lewandowski durch, der eiskalt ins lange Eck vollstreckte – die hauchzarte Abseitsposition habe ich schon wieder verdrängt. Kurz vor der Halbzeit kam also doch nochmal Feuer ins Spiel.

Danach ging es Schlag auf Schlag. Aber nicht wie eigentlich vermutet an den Pinkelbecken und Bratwurstständen. Denn noch war nicht ganz Schluss. Reus hatte das 2:0 auf dem Fuß. Knapp drüber. Jojic dagegen bewies mehr Gefühl als er nach einem Großkreutz-Pressschlag über halbrechts in den Strafraum ziehen und zwei Herthaner narren konnte. Der sehenswerte Schlenzer in die linke Ecke entschied die bis dahin recht ausgeglichene, weil ereignisarme Partie unerwartet früh.

Kirch kam zu Beginn des zweiten Durchgangs, weil Sahin aus Gründen der Vorsicht in der Kabine blieb. Das Spiel nahm diesmal von Beginn an mehr Fahrt auf, was vor allem an der Borussia lag. Nur ein paar Sekunden nach Wiederanpfiff hätte Reus das 3:0 machen können, vielleicht sogar müssen – ein etwas zu überhasteter Abschluss landete letztendlich über dem Tor.

Ein paar Minuten später hätte Jojic fast sein zweites Tor erzielt, auf kuriose Weise, denn Torwart Kraft entschied sich, einen Ball erst sehr spät zu klären und unserer 14 auf den Oberschenkel zu schießen, von wo das Spielgerät in Richtung Tor sprang – leider zu einige Etagen zu hoch.
In der Folge verflachte die Begegnung wieder zunehmend. Ein paar Ecken für die Berliner. Weidenfeller mit teils starken Paraden. Viel Ballkontrolle für Schwarzgelb. Und dann die Schrecksekunden, die man sich vor einem Pokalfinale gern sparen könnte. Hummels raus- zwar ohne erkennbare Verletzung, aber doch wohl leicht angeschlagen – Sokratis rein. Dann Foul an Reus, der humpelnd den Platz verlässt und für Aubameyang Platz macht. Die wichtigste Aussage folgt im Anschluss von Klopp. Allen geht es gut, Einsätze nächsten Samstag nicht gefährdet! Na dann.

TorjubelNachdem auch Hertha, in einer ausgesprochen fairen Partie, bereits zweimal verletzungsbedingt wechseln musste, war der letzte Wechsel des Spiels geplant. Unter großem Applaus verließ Levan Kobiashvili zum letzten Mal ein Bundesligaspiel. Von draußen konnte er bestaunen, dass Lewandowski plötzlich auch Freistöße schießen kann. Die Aussicht auf so eine Torjägerkanone kann einiges. Traumtor in den Winkel. 0:3!

Knapp 60 Sekunden später muss der Pole eigentlich den Hattrick eintüten, verzockt sich aber gegen den herausstürmenden Kraft. Aubameyang will den Nachschuss eigentlich aufs Tor bringen, der Querschläger wird so aber zur perfekten Vorlage für den ebenfalls starken Mkhitaryan. Schluss.

Damit ist sie also beendet, die Saison 2013/14. Schön war’s. Also nicht nur dieser Auswärtssieg, sondern so allgemein. 71 Punkte. Damit wäre man 2002 einen Punkt vor dem damaligen Meister, ein gewisser BVB, gelandet. 80 Tore erzielt. Ein Viertel davon geht auf das Konto von Lewandowski, der sich so erstmals die Torschützenkrone in Deutschland sichert. Dreimal hintereinander 20 oder mehr Tore erzielt. Eine mehr als beeindruckende Quote, die er in unserem Trikot leider nicht mehr wird fortsetzen können. Nichtsdestotrotz dürfen es gern wieder drei Buden im Pokalfinale sein.
Der letzte macht das Licht aus… Und sowieso, Berlin, Berlin…

TorjägerkanoneNoten

Weidenfeller: Nicht oft gefordert, aber wenn, dann war der WM-Teilnehmer zur Stelle. 2

Schmelzer: Aktiv nach vorne, hinten war ja auch nicht viel zu tun. Braucht nach seiner Verletzung aber noch etwas Zeit. 3+

Friedrich: Wenn er gebraucht wird, macht er einen soliden Job. Wie immer stark in den Kopfbällen. 3

Hummels: Super Torvorarbeit, defensiv souverän. 2

Piszczek: An alter Wirkungsstätte mit gewohnt offensiver Tatkraft. 3+

Jojic: Gute Leistung auf der wichtigen Position vor der Abwehr. Schönes Tor. 2+

Sahin: Klärte auf der Linie, sonst eher blass, weil Jojic viele Bälle forderte. 3-

Großkreutz: Gewohnt laufstark und arbeitsfreudig, durchaus wieder mit Zug zum Tor. 3+

Mkhitaryan: Ballverteiler, Tempobestimmer, Torschütze. Sehr gutes Spiel. 2+

Reus: Hätte ein Tor verdient gehabt. Riss viele Lücken und erkannte gefährliche Situationen schnell. 3+

Lewandowski: Er beendet seine Dortmunder Zeit so, wie nur er sie beenden kann. Stark! 1

Kirch: Spulte sein Programm ab und unterband das aufkeimende Hertha-Spiel zu Beginn der zweiten Halbzeit. 3

Sokratis: Robust im Zweikampf. Mehr braucht es an einem solchen Tag nicht. 3

Aubameyang: Eigentlich zu spät für eine Bewertung ins Spiel gekommen, aber ey, Tor vorbereitet. 3+

Jürgen Klopp:

"Mit dem Spiel und der Saisonbilanz bin ich hoch zufrieden. Wir wollten die 71 Punkte unbedingt haben. Vor dem Spiel hat mir jemand erzählt, dass wir mit einem Sieg die drittbeste Saisonbilanz der Borussen in der Bundesliga-Geschichte erreichen würden. Das hat uns angespornt. Die Verletzungen bei Nuri Sahin, Marco Reus, Mats Hummels und Robert Lewandowski sind nicht so schlimm. Sie werden nicht länger ausfallen."

Tim, 11.05.2014

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