Warmlaufen

VfL Wolfsburg allez!

10.05.2013, 12:02 Uhr von:  Redaktion

Was alles am VfL Wolfsburg Scheiße ist, muss man auf einer Seite für BVB-Fans eigentlich nicht mehr aufzählen. Wir versuchen uns trotzdem daran. Und gucken auch auf das Positive. Jaja.

Als im Hamburger Volkspark Schiedsrichter Jochen Drees ein letztes Mal für diesen Sonntag in sein Arbeitsgerät pustete, beendete er nicht nur ein Fußballspiel, sondern auch eine Hoffnung, die es in den vergangenen Jahren immer gegeben hatte: Der VfL Wolfsburg möge sich doch für das internationale Geschäft qualifizieren. Diego, Ivica Olic, Mario Mandzukic, Naldo, Patrick Helmes, Bas Dost, Simon Kjaer, Srdjan Lakic, Arne Friedrich sind große Namen im Fußball, die alle nach Niedersachsen wechselten, um mit den dort lagernden Konzernmillionen Europa aufzurollen und denen es verwehrt blieb. 90 Millionen Euro beträgt der von Volkswagen bereitwillig aufgefüllte Spieler-Etat der zuende gehenden Saison. Und seit Hamburg am vergangenen Wochenende steht fest, dass es auch mit dem neuen Führungsduo Klaus Allofs und Dieter Hecking wieder nicht gereicht hat.

Wüstenzuschlag

Das sorgt republikweit vermutlich für ein schadenfrohes Grinsen. Trotzdem wollen wir uns einmal (kurz!) in diejenigen hineinversetzen, die es auch beim VfL gibt: Treue Fans, einen harten Kern, Ultras, Allesfahrer, Schichttauscher, Schulschwänzer, Choreoplaner, Buscharterer, Forenschreiber, Trainingsplatzbesucher. Sprechen wir nicht über deren Anzahl, sondern deren Leidenschaft. Sie wohnen in einer miesen Stadt, die ständig zwischen Reichtum und Weltkonzern auf der einen und Provinz und Minderwertigkeitskomplex auf der anderen Seite oszilliert. Sie lieben ihre Heimat, auch, weil sie ihnen einen guten Lebensstandard sichert und Profifußball bietet. Jede Saison bekommen sie aufs Neue erzählt, dass ihr Klub diesmal sicher oben mitspielen wird, vielleicht kann er an die Sensations-Meisterschaft von 2009 anknüpfen. Es kommen teure Kicker, die mit dem in der Branche „Wüstenzuschlag“ genannten Extrageld gelockt werden.

Fünf Fahnen, zwei Grad

Dann rollt der Ball, die Erfolge bleiben wie gehabt aus. Das Stadion ist längst nicht ausverkauft (dieses Jahr 26.479 Zuschauer im Schnitt). Auswärts in Hoffenheim bekommt man als Wolfsburger maximal zwei Busse voll. Wie viel Spaß es macht, mit 10.000 Mann irgendwo aufzukreuzen, wissen die Dortmunder der Gegenwart genau, aber wie steht es sich in einem halbleeren Gästeblock? Wie eskaliert man mit fünf Fahnen bei zwei Grad? Wie traurig hallt ein Megafon von unbesetzten Betonstufen wider? Wer das in Kombination mit gelangweilten Fußballsöldnern auf dem Rasen und Fast-Abstiegen aushält, ist wahrlich eine harte Sau. Ur-Borussen des Kalibers Sechzig-München-auswärts-an-einem-Freitag werden eine grobe Vorstellung haben.

Als der BVB die Titel der 90er auf Kosten der späteren Fast-Pleite errang, hat kein Schwarzgelber protestiert. Brasilianer? Her damit! Stars? Immer gerne! So sprach und spricht man auch an der Aller, jedoch mehren sich die Stimmen, die auf die Bedeutung von Nachwuchsarbeit hinweisen. Die ist in Wolfsburg wahrlich nicht schlecht. Aber erst die Post-Magath-Ära erlaubt es, dass ein Talent wie Maximilian Arnold kürzlich seine ersten drei Bundesliga-Tore schießen konnte. Der 18-Jährige ist Teil der A-Jugend-Mannschaft, die 2011 Deutscher Meister wurde und sich mittlerweile über Profiteams im ganzen Land verteilt hat. Es muss frustrierend zu sein, die ganzen viel versprechenden Jungs in anderen Trikots zu sehen.

Eine Fan-Initiative zur Wiedereinführung des alten VfL-Vereinswappens prallte an Marketing-Geschäftsführer Thomas Röttgermann ab wie sonst nur Verteidiger an Robert Lewandowski.

Für Frust sorgen zudem diese nervigen Dortmunder, die in Person von Hans-Joachim Watzke bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonen, der VfL betreibe wegen des Tochterstatus bei VW Wettbewerbsverzerrung. Wie soll der Fan darauf reagieren? Die Wahrheit quittiert man am besten schnell mit einem „BVB H*-ren-sö-hö-ne“. Zu hören wieder am Samstag, spätestens ab 15.30 Uhr.

Eintracht Braunschweig nervt

Noch schlimmer geht dem Wolfsburger aber der Nachbar aus dem Süden auf den Geist. Eintracht Braunschweig zieht seit Jahren mit atemlosen Fußball und emotionalen Fans alle Blicke auf sich und freut sich nach Jahren der Entbehrung über den Aufstieg in die erste Liga. Traditionsverein nennt man sich mit Recht in Braunschweig und verlacht die 1945 irgendwie zusammengegründeten Grün-Weißen als Radkappen, Schrauber und Freikartenempfänger. Bittere Schmähungen für die real existierenden echten Fans jenseits der A2.

Eintracht-Coach Torsten Lieberknecht ist ein guter Kumpel von Jürgen Klopp. Über die „Wölfe“ werden Sie sich noch nicht ausgetauscht haben, und der kleine Exkurs in die Wolfsburger Seele soll natürlich auch nicht davon ablenken, dass Borussia der geilste Klub der Welt, der VfL Müll und seine Heimat ein bizarrer Ort ist. Alles eine Frage der Perspektive.

Selbstverständlich wird der Gästeblock wieder randvoll sein, obwohl sich Dortmunder in diesen Tagen mental eher west- statt ostwärts orientieren. Das Duell ist völlig belanglos, den VfL kann man auch nicht mehr in die zweite Liga schießen. Muss Hoffenheim eben eine Woche später dran glauben.

Freuen wir uns also über die kurze Anreise, genießen den Ausflug aufs Land, bleiben die ersten 20 Minuten aus Protest gegen Topspielzuschläge vor der Tür und singen uns für London warm.

So könnten sie spielen

Wolfsburg: Benaglio - Hasebe, Naldo, Knoche, Rodriguez - Medojevic, Polak - Vieirinha, Diego, Arnold - Olic.

Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Kehl, Sahin - Blaszczykowski, Reus, Großkreutz - Lewandowski.

Schiedsrichter: Günter Perl (Pullach)


Felix, 10.05.2013

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