Unsa Senf

Änderungsantrag mit Fragezeichen

24.10.2013, 19:09 Uhr von:  Redaktion

„Die Vorstandsmitglieder sind im Verein ehrenamtlich tätig." - so steht es in der Satzung des Borussia Dortmund e.V. geschrieben. Zumindest noch, wenn es nach einem Antrag zur Änderung der Vereinssatzung durch den Wirtschaftsrat geht. Wie in der aktuellen Mitgliederzeitschrift zu lesen ist, steht bei der Mitgliederversammlung am 24.11. in der Westfalenhalle ein Antrag zur Abstimmung, nachdem auf Beschluss des Wirtschaftsrats bis zu einem Vorstandsmitglied eine „angemessene Vergütung" gewährleistet werden kann.

Eins vorweg: am schwatzgelben Herzen der derzeitigen Vorstandsmitglieder Dr. Reinhard Rauball, Gerd Pieper und Dr. Reinhold Lunow kann ebensowenig gezweifelt werden wie an ihrer Integrität als Vereinsvorstand. Persönliche Bereicherungsinteressen durch eine entsprechende Satzungsänderung können ausgeschlossen werden. Dennoch handelt es sich hierbei um eine tiefgreifende Änderung der Vereinssatzung, die auch auf die nachfolgenden Vereinsvorstände Auswirkungen haben kann. Deshalb lohnt es sich, sich diesen Antrag einmal genauer anzuschauen.

Zur Begründung des Antrags zur Satzungsänderung wird angeführt:

„[...]Entsprechend der heutigen Bedeutung des BV Borussia 09 e.V. Dortmund haben sich auch die Rahmenbedingungen für den Vorstand verändert, der einen Verein mit nunmehr mehr als 93.000 Mitgliedern leitet. Der Wirtschaftsrat und seine Mitglieder halten es für erforderlich, diesen veränderten Rahmenbedingungen sowie den gestiegenen Pflichten und Verantwortung des Vorstandes Rechnung zu tragen. Daher ist es, wie auch in anderen Vereinen mit vergleichbarem Profil üblich, geboten, die Möglichkeit der Zahlung einer angemessenen Vergütung für die Tätigkeit bis zu eines Vorstandsmitglieds zu eröffnen, sofern dieses Vorstandsmitglied in besonderer Weise einer hohen zeitlichen Beanspruchung ausgesetzt ist und zahlreiche Repräsentationsaufgaben wahrnehmen sowie einen erhöhten Organisations- und Verwaltungsaufwand bewältigen muss. [...]"

Sind jetzt alle Fragezeichen über den Köpfen verschwunden? Nein? Gut so. So geht es auch dem Autoren dieser Zeilen. Wünschenswert wäre eine Konkretisierung der veränderten Notwendigkeiten. Der exorbitante Anstieg der Mitgliederzahlen allein, erklärt diese Notwendigkeit auf den ersten Blick zumindest nicht. Höhere Mitgliederzahlen bedeuten in erster Linie einen höheren Aufwand in der Mitgliederverwaltung. Stammdatenpflege, Bearbeitung von Neuanträgen und Beantwortung von Fragen der Vereinsmitglieder. Tätigkeiten des Tagesgeschäftes, die aber in der Regel nicht durch den Vorstand erledigt werden, sondern von den ausführenden Ebenen darunter.

Und ist die Verwantwortung des Vereinsvorstandes wirklich durch wachsende Vereinsgröße gestiegen? Erinnern wir uns: 2005 stand auch der e.V. aufgrund der unglückseeligen Verflechtung mit der KGaA und des rasant gefallenen Aktienkurses kurz vor der Insolvenz. Wo der Vorstand heute einen Überfluss verwaltet, musste er es damals mit einem Mangel tun. So stand beispielsweise auch die Handballmannschaft der Damen kurz vor dem Aus und konnte nur durch massive Etatkürzungen den Spielbetrieb in der zweiten Bundesliga aufrecht erhalten. Die Art der Verantwortung mag sich in den letzten 10 Jahren vielleicht gewandelt haben, aber dass sie wirklich gestiegen ist, lässt sich zuerst einmal nicht erkennen.

Gleiches gilt für den Bereich der represäntativen Pflichten. Natürlich, nach den Erfolgen der letzten Jahre ist die Beachtung des BVB nicht nur deutschlandweit, sondern in ganz Europa enorm gestiegen. Dennoch hatte unsere Borussia auch in den Jahren davor eine bewegte Geschichte. Champions-League Sieger 1997, Skandalnudel und Konkurskandidat in der Folgezeit. Ein Vorstandsposten beim BVB stand schon immer stärker im Fokus als vergleichbare Funktionen bei Vereinen wie beispielsweise Mainz oder Freiburg.
Die zwingende Notwendigkeit einer Vergütung erschließt sich somit erst einmal nicht. Und genausowenig klar und deutlich sind die Rahmenbedingungen dieser Satzungsänderung. Warum wird eine Vergütung auf nur ein Vorstandsmitglied begrenzt? Nach welchen Kriterien wird beurteilt, ab wann eine zeitliche Beanspruchung „in besonderer Weise" vorliegt und in welchem finanziellen Rahmen bewegt sich eine „angemessene Vergütung"? Gibt es eine Höchstgrenze, diese Vergütung nicht überschreiten darf? Die eingereichte Begründung kann alles bedeuten und nichts.

Ein Vorstandsposten beim BV Borussia 09 e.V. Dortmund ist ein wahres Ehren-Amt. Neben den anfallenden Pflichten und Aufgaben resultierend aus ihrer Tätigkeit im Vereinsvorstand profitieren die Vorstandsmitglieder auch von der hohen Reputation und öffentlichen Aufmerksamkeit, die ihr Amt mit sich bringt. Sollte es darüber hinaus als notwendig angesehen werden, eine derartige Tätigkeit zu vergüten, so bedarf es einer intensiven Erklärung.

Es wäre mehr als wünschenswert, gar notwendig, wenn die Antragssteller ihren Antrag detailliert in Hinsicht auf Handlungsgrund, Umfang und Bewertungskriterien ausformulieren und den Mitgliedern die Plausibilität näher bringen würden.

Sollte der Antrag positiv beschieden werden, sollte es auch die Fairness gebieten, zu überprüfen, ob eine derartige Vergütung allein auf die Vorstandsebene beschränkt wird. Auch die unteren Ebenen, wie zum Beispiel die Abteilungsleitungen leisten ehrenamtlich und nebenberuflich einen enormen Aufwand für den Gesamtverein. So haben allein in der Fanabteilung in der Vergangenheit mehrere Vorstandsvorsitzende ihre Aufgabe nicht weiter wahrnehmen können, weil sie den zeitlichen Aufwand nicht mehr bewältigen konnten. Und auch in den anderen Abteilungen dürfte der Arbeitsumfang nicht wesentlich geringer sein. All diese Personen verwenden viel Zeit für die Organisation ihrer Abteilungen und sorgen mit ihrem Engagement und ihrer Arbeit für ein reibungsloses Miteinander unter dem Dach unserer Borussia. Ihre Arbeit sollte dann auch genau so eine Wertschätzung erfahren wie die des Vorstandes.

Sascha, 21.10.2013

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