Unsa Senf

Wie geht es nach dem Derby weiter? Die sg.de Redaktion macht sich Gedanken

31.10.2013, 17:19 Uhr von:  Redaktion

Pyroaktion in GE läuft aus dem RuderSeit dem Derbysieg sind ein paar Tage ins Land gegangen, in denen sowohl in den Medien wie auch in unserem Forum hauptsächlich die Vorfälle auf den Tribünen thematisiert wurden und das sportliche Geschehen, der überragende Derbysieg, in den Hintergrund getreten ist. Natürlich wurde auch innerhalb der schwatzgelb.de-Redaktion heiß und kontrovers darüber diskutiert, wie man mit dem Verhalten einiger BVB-Fans in Gelsenkirchen, die unbeteiligte Zuschauer durch Pyrotechnik in Gefahr gebracht haben, umgehen soll und welche Konsequenzen sich daraus für das weitere Zusammenleben auf der Südtribüne und auswärts im Gästeblock ergeben.

Es ist eine Stärke von schwatzgelb.de, dass in unserer Redaktion Fans aller Schattierungen vertreten sind. Vom Ultra bis zur Kutte, vom Schüler bis zum Rentner, vom Allesfahrer bis zum Fernsehsesselfan ist so ziemlich alles dabei. Wir haben uns daher dafür entschieden, dass jeder Redakteur die Möglichkeit erhalten soll, sich in einem kurzen Text dazu zu äußern, welche Gedanken ihn nach den Vorfällen in GE bewegen, mit welchen Erwartungen er am Freitag ins Stadion gehen wird und was er sich für die Zukunft auf der Tribüne erhofft oder befürchtet. Dabei sind sehr unterschiedliche Texte herausgekommen, die wir Euch an dieser Stelle präsentieren möchten.


Schon einmal ist in sportlich erfolgreichen Zeiten die Stimmung im Westfalenstadion vor die Hunde gegangen. Damals traten die Ultras auf den Plan, die sich zunächst noch primär als „Supporter“ verstanden, Unterstützer der Mannschaft durch Stimmung auf den Tribünen. Schon deren Gruppennamen „The Unity“ habe ich immer so verstanden, dass es diesen Leuten darum geht, im Stadion eine Einheit herzustellen, eine Einheit zwischen den Ultras, den übrigen Fans und der Mannschaft, mit dem Ziel, den Ballspielverein nach vorne zu bringen. Nach meinem Eindruck ist da auch jahrelang in weiten Teilen ein verdammt guter Job gemacht worden. Und das hat mich als Borussen auch immer stolz gemacht, dass es in unserer Fanszene nicht so krasse Gegensätze gibt, wie man sie von anderswo immer wieder mitbekommt.

Jedoch scheint es in letzter Zeit ein wenig in Vergessenheit geraten zu sein, dass wer vorangeht die anderen mitnehmen muss, um eine Einheit zu bilden. Wenn man erwartet, dass der Rest der Tribüne oder gar des Stadions mitzieht, dann muss man sich auch immer wieder erklären und darf nicht im Stillen sein eigenes Süppchen kochen. Ahnungslose Fans zu einem Treffpunkt zu bestellen und ihnen dort schicke Shirts zu verkaufen, damit sie eine bessere Deckung und Kulisse für die eigene, maßlose Pyroshow abgeben, ist so ziemlich das Gegenteil davon. So verarscht man die, die am Freitag wieder den Vorsängern folgen sollen.

Anscheinend ist auch nach dem Derby der Vertrauensvorschuss noch nicht komplett aufgebraucht, den sich weite Teile der Dortmunder Ultras über Jahre hinweg erarbeitet haben. Auch die Verkündung der Unterschrift des großen Klopp dürfte einiges dazu beitragen, dass der sich abzeichnende Riss in der Fanszene am Freitag noch nicht offen zu Tage tritt. Damit das so bleibt, ist aber unerlässlich, dass die Dortmunder Ultras einen großen Schritt auf den Rest der Tribünen zu machen. Seit Gelsenkirchen sollte auch der Letzte begriffen haben, dass TU&co. in der Bringschuld sind.

Zumindest ein öffentliches Eingeständnis, dass die Sache in Gelsenkirchen nicht so geplant war und komplett aus dem Ruder gelaufen ist, erwarte ich auch noch vor dem Spiel gegen Stuttgart. Durch ein wenig Offenheit könnte man zumindest einen Teil des verlorenen Vertrauens zurückgewinnen und sich Zeit für die gründliche Interne Aufarbeitung erkaufen. Ich hoffe und wünsche mir, dass am Ende dieser Aufarbeitung ein Perspektivwechsel steht und der Fokus sich wieder darauf richtet, eine Einheit auf der Tribüne und im Block zu bilden, um die Mannschaft so gut zu supporten, wie es geht. Denn das hat sich diese Mannschaft auch ohne Wenn und Aber verdient.

Web


"Boa, was war denn Samstag in Gelsenkirchen los? Da schämt man sich als Dortmund-Fan, oder?" Solche Sätze habe ich seit dem Revierderby zu Hauf zu hören bekommen. Und nein, ich schäme mich nicht! Ich schäme mich nicht für Sachen, die ich nicht selbst zu verantworten habe. Ich schäme mich auch nicht für meinen Vordermann an der Rewe-Wursttheke, wenn er die Verkäuferin anpampt, weil das Stück Leberwurst zu klein ist. Dass ich mich nicht schäme, bedeutet aber nicht, dass ich gut finde, was Samstag im Gästeblock passiert ist.

Aber müssen wir wirklich noch darüber reden, dass Pyro nur in den Block und nicht aufs Spielfeld gehört? Nicht auf Sitzplatztribünen, nicht auf andere Fans, nicht auf Schalker??? Nein, das ist selbstverständlich für mich und deshalb habe ich es satt. Ich bin müde, mich für Taten anderer Leute zu rechtfertigen. "Distanziert euch von diesen Leuten", heißt es. Doch wie soll ich mich von Gruppen distanzieren, zu denen gar ich nicht gehöre? Ist das nicht Distanz genug? Oder hätte ich am Samstag den Steher verlassen sollen? Nein, denn von solchen Aktionen lasse ich mich nicht in meinem "Fan-Sein" einschränken.

Und deshalb werde ich auch Freitag wieder in mein Stadion ziehen und meinen Verein unterstützen. Wie heißt es in einem Lied: "Ich bin stolz, Borusse zu sein." Ich halte es da mit Kevin Großkreutz: Ich muss mich nicht schämen! Die "Raketenwerfer" müssen es, der Rest der Südtribüne muss es nicht. Für Freitag wünsche ich mir, dass für alle endlich wieder das wirklich Wichtige in den Mittelpunkt rückt: Borussia Dortmund.

Wir kehren als Derbysieger zurück ins Westfalenstadion! Lasst uns das nicht vergessen! Auch zu Hause will ich das noch mit den anderen Fans feiern. Ja, vielleicht mache ich es mir zu einfach. Doch was tun? "Ultras raus" oder "Pyrotechnik ist ein Verbrechen" schreien? Nein, denn das ist mir zu einfach gedacht und nicht meine Meinung. Aber jeder Fan muss für sich entscheiden, wie er mit den Geschehnissen vom Derby umgeht und Stellung beziehen. Das habe ich. Jetzt sind die Verantwortlichen an der Reihe...

Leonie


In den Anfängen von Block Drölf wurde viel Zeit darin investiert, gemeinsam eine Stimmung auf der Südtribüne zu schaffen, die unserem Stadion würdig ist. Heute ist es nicht nur das martialische Auftreten beim Derby, das vielen Nicht-Ultras kaum noch zu vermitteln ist, auch viele "Kleinigkeiten" gehen mir als Durchschnittsfan im Westfalenstadion auf den Sack. Ein paar willkürliche Beispiele:

  • Wird wie nach 12:12 davon gesprochen, dass es beim Spiel in Hoffenheim keinen organsierten Support geben soll: Egal. Versucht sich irgendwer anders an Support, wird er niedergesungen.
  • Wird gegen Freiburg irgendwo versucht, eine La Ola zu starten: Dagegen. Ist kein Ultra-Style, wird niedergesungen.
  • Werden Ultragruppen vor einem Heimspiel von der Polizei kontrolliert, fällt erneut der organsierte Support aus, muss nach Jahren der Gewöhnung also leider die ganze Tribüne schweigen.

Als das mit Block Drölf begann, waren die Ultras sowas wie "Erste unter Gleichen". Exponiert durch den Vorsänger, aber größtenteils ohne die Attitüde, quasi die Fanszene an sich zu sein. Heute wirkt es so, als sei es sämtlichen Ultragruppen wichtiger, wie das Binnenklima zwischen den eigenen paar hundert Leutchen (incl. der Experten von Gelsenkirchen samt auswärtiger Freunde) eigentlich so ist, als was eigentlich die 20.000 Fans im Rest der Tribüne so denken. Wenn diese zur Schau gestellte Dominanz der Ultras wieder dem respektvollen Umgang miteinander weichen würde (und man so auch ganz nebenbei die paar Problemfälle isolieren könnte), wäre viel gewonnen. So wie jetzt, mit den diversen Privilegien, wird es ohne das Wohlwollen der normalen Fans jedenfalls nicht bleiben.

Scherben


Für die Zukunft unserer aller Tribüne erwarte ich einfach, dass vermieden wird, die Tribüne zu spalten in die Ultras und die anderen. Weiterhin wünsche ich mir, das sich die, die den Stimmungskern bilden und Ihr Fansein besonders extrem ausleben, sich wieder darauf besinnen, warum wir alle dort stehen und nebenan sitzen, nämlich um unsere Mannschaft, die unfassbare Borussia zu unterstützen und alles dafür zu geben, dass das Team das Spiel gewinnt. Und die Nebenschauplätze einfach Nebenschauplätze sein zu lassen.

kha



Am Freitagabend spielt der BVB gegen Stuttgart. Bundesliga. Pflichtspiel. Derbysieg mit einem Heimsieg versilbern. Allerdings fürchte ich, dass die Nummer in die Hose geht, weil wir Fans mehr mit uns selbst beschäftigt sein werden als mit dem Spiel. Das hatten wir beim mühevollen 1:0 gegen Braunschweig schon. Der Anlass zur Selbstbeschäftigung ist diesmal konkreter als damals gegen Braunschweig und betrifft viel mehr Fans. Eine kleine Gruppe hat es geschafft, dass ein ganzes Stadion kriminalisiert wird. Eine kleine Gruppe.

Daher wünsche ich mir für Freitag zwei Dinge:

Ich wünsche mir, dass sich alle Fans, die nichts mit dem, was am Samstag in der Turnhalle passiert ist, zu tun haben - also im Prinzip alle Fans -, sich der Tatsache bewusst sind, dass es sich eben "nur" um eine kleine Gruppe gehandelt hat. Genauso, wie ich von Lokalzeit-Vorspann-Cuttern nicht in Sippenhaft mit Bengalowerfern genommen werden will, will ich nicht, dass kluge Köpfe in unserer Ultra-Szene in Sippenhaft mit Randalierern genommen werden. Es bringt nichts, "Ultras raus" zu brüllen. Es ist keine Lösung.

Und ich wünsche mir eine offene Kommunikation von den betroffenen Gruppen. Die Fans müssen begreifen, was da am Samstag passiert ist und sie müssen glaubhaft gesagt bekommen, dass das, was passiert ist, nicht die Zukunft von Fußball in Dortmund ist. Wenn die Ultras das nicht schaffen, muss ich mir noch eine ganze Menge anderer Sachen wünschen.

desperado09


Indiskutabel ist das, was am Samstag passierte. Indiskutabel ist aber auch das, was in den nächsten Tagen und kommenden Spielen passieren sollte. Eine Trennung, oder besser gesagt eine Aufsplittung innerhalb der Dortmunder Fanstrukturen, und vor allem auf der Süd, wäre das Schlimmste, was unserem Ballspielverein wiederfahren könnte. Gerade in dieser sportlich so grandiosen Phase hat sich die Mannschaft eine weiterhin tolle schwarzgelbe Atmosphäre verdient. Und wir Fans auch.

Es kann schlichtweg nicht sein, dass am Dienstag über 90 Minuten ein stimmgewaltiger Gästeblock ganz England beeindruckt und ein paar Tage später alles den Bach runtergeht – denn laut medialer Berichterstattung scheint es ja durchaus so zu sein. Ich schäme mich für so manches deutsches Medium. Zwietracht unter Dortmunder Anhängern zu säen, ist das letzte, was es braucht.

Die Süd wird selbst die passende Antwort und Reaktion parat haben und in Ultra-Kreisen wird wohl kaum versucht werden, das Geschehene zu negieren oder herunterzuspielen. Eine Emanzipation der Süd von den Ultras ist überflüssig, weil nie eine Abhängigkeit bestand, weder von der einen, noch von der anderen Seite. Aber das Beispiel Braunschweig hat gezeigt, dass ein entsprechendes Wechselspiel uns allen gut zu Gesicht steht – und noch viel mehr unserer Mannschaft.

Tim


Freitagabend, Flutlicht, Heimspiel gegen Stuttgart, März 2012: das Westfalenstadion schießt in einem denkwürdigen Spiel zwei Tore. Auch wenn in den offiziellen Statistiken die Namen Hummels und Perisic verewigt sind, wir wissen es besser. Gut anderthalb Jahre später haben wir wieder Freitagabend, Flutlicht, Heimspiel gegen Stuttgart und eine gespaltene Fanszene, in der das Obengenannte unmöglich scheint. Am letzten Samstag wurde eine Grenze überschritten. Nicht von "den BVB-Fans", nicht von "den Ultras" und nicht von "TU", sondern von einer Handvoll Idioten, die es zu jedem Silvester und an jedem Oktoberfest auch zu bewundern gibt. Dazu kamen Moralapostel, die konsequent das Bisschen gelben Rauch mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen verwechselten, und wir stehen vor der Frage, wie es weitergehen soll.

Dass man Leute, die es aus unerfindlichen Gründen für sinnvoll erachten, Feuerwerkskörper aufs Spielfeld und in Blöcke zu schmeißen und Glasscheiben zu zertrümmern, aus Gruppe und Stadion ausschließen muss, halte ich für undiskutabel. Und ich hoffe und glaube, dass dies in den entsprechenden Gruppen genauso gesehen wird. Dies jedoch nun zum Anlass zu nehmen, den Kampf zwischen Ultras und Anti-Ultras mit noch härteren Bandagen zu führen, wäre äußerst traurig.

Ich wünsche mir, dass jeder, der am Freitag die flutlichtbeleuchteten Pylonen des schönsten Stadions der Welt sieht, sich fragt, weshalb er ins Stadion geht. Jeder, dessen Antwort etwas beinhaltet, was mit der Liebe zum BVB zu tun hat, sollte sich bewusst machen, dass es hier nicht um die Macht auf der Tribüne, sondern um die Macht der Tribüne geht. Ich für meinen Teil werde jedenfalls mit aller Macht den BVB nach vorne schreien. Nicht für oder gegen die Ultras, nicht trotz oder wegen des Derbys, sondern um meinen bescheidenen Teil beizutragen zum einzigen Stadion, das Tore schießen kann.

Nadja


„Forget the football, here’s why the Germans can also claim to have No 1 fans as Dortmund take over the Emirates” – keine zehn Tage ist diese Schlagzeile der Daily Mail her und doch fühlt es sich an wie eine Ewigkeit. Dortmunder Ultras, die in den letzten Monaten sehr viel zum positiven Erscheinungsbild des BVB beigetragen haben, rissen mit ihrer maßlosen Aktion während des Revierderbys nicht nur die Arbeit all derjenigen mit dem Hintern ein, die sich mit viel Engagement für Fanrechte einsetzen, sondern sabotierten im Nachgang auch ihre eigene Leistung. Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob nur eine kontrollierte Pyroaktion geplant war, die dann aus dem Ruder gelaufen ist. Wer sich vermummt und Pyrotechnik einsetzt, der trägt auch Mitverantwortung, wenn Einzelne den geschaffenen Spielraum für Grenzüberschreitungen nutzen.

Ich hoffe, dass die verantwortlichen Gruppen wissen, welchen Mist sie gebaut haben – und dies am Freitag auch im Stadion dokumentieren. Sie sind klar in der Bringschuld und da sind mir irgendwelche Ehrenkodexe oder sonstigen Ultraspielregeln herzlich egal. Eine Entschuldigung und die Zusage, auf solche Aktionen zukünftig zu verzichten, sind nötig. Ich empfände es auch als positives Signal, wenn das Gesangsrepertoire der Situation angepasst würde. So scheinen mir Solidaritätsadressen zugunsten von Stadionverbotlern eher zynisch. Stattdessen könnte man mal auf Gesänge aus den Ecken oder anderen Teilen der Süd eingehen und so zeigen, dass man sich weiterhin als Teil des Ganzen versteht und keine Egotouren fahren möchte.

Ich hoffe aber auch, dass seitens des Vereins und des Verbandes dann solche Signale auch aufgenommen werden und Kollektivstrafen unterbleiben. Denn auch wenn das Verhalten einiger Fans auf Schalke ein Rückschlag für den Einsatz von Fanrechten war, bleibt die Forderung „Individuelle Bestrafung für strafwürdiges Vergehen“ rechtsstaatlich und fanpolitisch richtig.

PatBorm


Erwarten tu ich in erster Linie ein gutes Spiel am Freitag mit hoffentlich drei Punkten. Und sonst?

Ich weiß ja nicht, wer so alles beteiligt war an den Vorfällen in Gelsenkirchen, aber ich gestehe The Unity und Co. zu, dass bei einer Aufarbeitung Sorgfalt vor Schnelligkeit geht. Sollte es eine öffentliche Reaktion geben, wäre mir eine fundierte und ernst gemeinte in ein paar Wochen daher allemal lieber als eine halbherzige bereits am Freitag, die nur dem ausgeübten Druck geschuldet ist, wo am Ende aber nichts hintersteckt.

Dass eine Reaktion kommen muss, dürfte aber unstrittig sein. "Die Ultras" nehmen eine Sonderstellung für sich auf der Tribüne in Anspruch und genießen Privilegien und Respekt, die sie sich in meinen Augen auch über jahrelange Arbeit verdient haben. Daraus resultiert aber auch, dass sie eine besondere Verantwortung tragen - und dieser sind sie in Gelsenkirchen sicherlich nicht gerecht geworden. Geworfene oder abgeschossene Pyrotechnik und massenhaft Vermummte im Block werfen ein ganz schlechtes Licht und machen viel von dem kaputt, was über Jahre aufgebaut worden ist. Das kann im Grunde auch nicht im Interesse der Gruppen sein.

Daher wünsche ich mir eine ehrliche Aufarbeitung innerhalb der Gruppen. Ohne falsch verstandene Solidariäten. Nicht in der Öffentlichkeit, weil mir das eher kontraproduktiv und hinderlich erscheint, wenn man sich neben internen Gesprächen auch stets um das öffentliche Bild kümmern muss. Aber grundsätzlich muss eine deutliche Aufarbeitung geschehen und es müssen entsprechende Lehren gezogen werden. Wenn man nicht den eigenen guten Ruf - und damit in der öffentlichen Wahrnehmung leider auch den der BVB-Fans insgesamt - ruinieren möchte, führt da kein Weg dran vorbei. Insofern ist meine Erwartung in erster Linie ein anderes Auftreten in den nächsten Wochen, Monaten und vor allem Derbys.

Arne


Jeder der am Freitag auf der Südtribüne steht sollte sich am Freitag darüber im Klaren sein, dass er ausschließlich für die elf Jungs auf dem Rasen singt. Aus Protest nicht in Gesänge einzusteigen oder gar gegen Gesänge anzusingen, bringt weder unsere Kurve noch die Spieler auf den Platz nach vorne. Die Spieler haben den bestmöglichsten Support verdient, gerade weil das Lob für den Derbysieg in dieser Woche durch die andauernde Pyrodiskussion fast komplett untergegangen ist.

Tommy


Im Internet wurde in den letzten Monaten und Jahren oft über Pyrotechnik und aus unterschiedlichen Anlässen über die Ultragruppen in Dortmund diskutiert. Bis auf den bitteren Abend gegen Hannover letztes Jahr sind diese Debatten aber eigentlich nie wirklich im Stadion angekommen. Die Gründe dafür waren vielfältig und reichten von der Gleichgültigkeit vieler Borussen bis zu einem gewissen Respekt und Grundvertrauen gegenüber den Ultragruppen bzw. zumindest gegenüber der führenden Gruppe THE UNITY.

Ich befürchte, dass die Vorkommnissen des letzten Samstags vor allem auch im Zusammenhang mit anderen Ereignissen der jüngeren Vergangenheit (z.B. Stimmungsboykott gegen Braunschweig) das Potential haben, erstmals einen sichtbaren und dauerhaften Keil zwischen weite Teile der Süd und die Ultras zu treiben. Für mich persönlich wäre das ein ziemlich großes Desaster, denn Borussia bedeutet für mich vor allem auch, dass unterschiedlichste Menschen zusammen kommen, vergessen was sie eigentlich trennt und gemeinsam an einem Strang ziehen. Ich bin auf der einen Seite der festen Überzeugung, dass Borussia Dortmund eine rebellische Subkultur wie die Ultrabewegung als Avantgarde, Motor und Reibungspunkt gut tut, aber auf der anderen Seite auch der Meinung, dass die Ultras sich immer wieder bewusst machen müssen, dass sie Teil von etwas viel Größerem sind und sich davon nicht lösen dürfen. Letzteres wurde jedoch am Freitag durchaus in Frage gestellt.

In diesem Sinne hoffe ich, dass es auch zukünftig ein Miteinander und kein Gegeneinander geben wird. Das verlangt als erstes Mal Einsicht von den Ultras, dass am letzten Samstag eine Grenze überschritten wurde und man nun in der Verantwortung steht, zu zeigen, dass man dies verstanden hat. Mir persönlich ist da eine ehrliche Einsicht nach internen Diskussionen lieber als eine schnelle Stellungnahme. Borussia wird wohl auch Konsequenzen ergreifen und solange diese nicht darauf zielen, die Ultrabewegung in Dortmund komplett in Frage zu stellen, werden die Gruppen diese ohne zu Jammern über sich ergehen lassen müssen. Ich hoffe jedoch, dass die Strafen nicht die gewohnten Strukturen zur Unterstützung der Mannschaft im Stadion in Frage stellen. Ansonsten würde ich mir wünschen, dass in den kommenden Tagen weniger Borussen über die Ultras und mehr mit ihnen über das Geschehene reden und die Ultras sich nach ihren internen Diskussionen aus der Deckung wagen und diesen Gesprächen stellen. Eine Zukunft kann es auch nach Samstag für mich nur zusammen und nicht gegeneinander geben. Ich hoffe wir bekommen das alle gemeinsam hin, denn ansonsten hätte Borussia Dortmund einen sehr hohen Preis für die Dummheiten von einigen wenigen bezahlt.

qiub


So viel Respekt muss man sich erst einmal erarbeiten. Dass trotz der Vorfälle in der Turnhalle nicht gleich die komplette Meute über die Tribüne, über die Fans hergefallen ist. Weil Borussia-Fans was draufhaben, weil sie gezeigt haben, dass sie etwas gerissen bekommen, weil sie sich immer auch für die Rechte anderer Fans interessiert haben.

Diesen Vertrauensvorschuss sollten wir jetzt nicht herschenken. Wir, also ihr, da ich nur noch selten dabei bin, müssen uns dann aber auch klar werden, in welcher Atmosphäre das ablaufen soll? Die Ultra-Gruppierungen müssen sich klar werden, wie sie die Turnhallen-Vorfälle – und damit sind natürlich in erster Linie die Angriffe auf Unbeteiligte gemeint - vergessen machen und das intern gelöst wird.

Der Rest der Tribüne muss sich klar werden, wie sie mit den bösen Ultras umgeht, die zum Großteil, das wissen ja auch alle, überhaupt nicht böse sind, sondern eben einfach ihr Ding machen, unser Ding machen und – wie alle anderen auch, ob Kutte oder Normalo – die Fans von Borussia Dortmund zu dem machen, was wir sind. Ein unfassbar großartiger Fußballverein.

Jetzt haben wir richtig Scheiße gebaut. Und es wird nichts bringen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Nicht, wenn nichts passiert. Der Rest soll intern passieren.

Gegeneinander wird es nicht funktionieren. Und wie das dieser Tage vielzitierte Ausgrenzen funktionieren soll, kann dann auch niemand erklären. Schon gar nicht aus der Ferne.

Richtiger Mist wäre aber, den Vertrauensvorschuss jetzt aufs Spiel zu setzen. Richtiger Mist wäre es auch, als großer Rest den Stimmungskern abzustrafen. Im großen Ganzen ein ziemlich miese Situation. Eins ist jedoch klar: Die Mannschaft kann für die Ereignisse in der Turnhalle genau nichts. Die Mannschaft hat gewonnen. Klopp hat verlängert. Sie hat Unterstützung verdient.

Steph


Seit Samstag sehe ich The Unity am Scheideweg. Sie sind die führende Gruppe in Dortmund und die meisten werden ihr wohl die Aktion anhängen, völlig unabhängig von der Größe des eigenen Anteils an der Aktion am Samstag. In meinen Augen müssen sie sich klar positionieren und sagen, dass die Aktion aus dem Ruder gelaufen ist und man damit dem Ansehen der Fanszene (und logischerweise auch sich selbst) ebenso massiv geschadet hat wie dem Verein. Auch ein öffentliches Bekenntnis, dass Pyrotechnik zwar geil aussieht, man dies aber nicht zu 100% kontrollieren kann und man daher in Zukunft darauf verzichten wird, wäre in dieser Situation sicherlich hilfreich.

Von der Tribüne wünsche ich mir am Freitag, dass sie ihren berechtigten Unmut gerne in persönlichen Gesprächen äußern, sich aber auf der Tribüne mit der Unterstützung des Derbysiegers beschäftigen, unabhängig davon, was TU und Co. machen.

VM



Ein 3:1-Derbysieg und keiner redet darüber? In der Tat ist diese Entwicklung leider eingetreten.

Die hässlichen Bilder von angeblichen BVB-Anhängern in der Gästekurve der Veltins Arena bestimmen seit Samstagabend die Sportnachrichten und Diskussionen rund um’s Derby. „Entscheidend is auf’m Platz“ hat mal Altborusse Adi Preißler gesagt. Wenn man sich die Bilder vom Samstag aus dem Gelsenkirchener Stadion ansieht, muss man den Eindruck gewinnen, für einige Leute heißt es da wohl eher „Entscheidend is auf‘e Tribüne“. Vermummte, kräftig gebaute Männer werfen brennende Feuerwerkskörper in ihre unmittelbare Nachbarschaft und posieren dabei wie Gestalten auf den Propagandaplakaten dunkelster deutscher Vergangenheit. Dabei will ich gar nicht sagen, dass es sich bei diesen Leuten um Neonazis handelt, denn ich weiß rein gar nichts über sie. Es interessiert mich aktuell auch nicht sehr, was ihre Motivation für diese – nennen wir es mal „Aktion“ - ist. Sicherlich zu einem großen Teil das Bedürfnis nach Selbstdarstellung, aber Fakt ist, dass sie es in Kauf nehmen, völlig Unbeteiligte, die sie vorher noch nie in ihrem Leben gesehen haben, schwer zu verletzen und das ist nicht nur im Fußballstadion ein absolutes Tabu!

Was wurde im Vorfeld nicht alles diskutiert oder an Faninitiativen durchgeführt, die der Allgemeinheit zeigen sollten, dass der Besuch eines Fußballspiels ungefährlich ist, dass er ein fester Bestandteil von unserer Freizeit ist, die wir alle so richtig toll und vor allem gefahrlos genießen können. „Ich fühl mich sicher“, „Aktion 12:12“ sind hier nur zwei Beispiele. Wie kritisiert und ins Lächerliche gezogen, wurde die Aktion eines Fernsehmoderators, der die Gefährlichkeit von Feuerwerkskörpern an einer Schaufensterpuppe demonstrierte!

Seit dem vergangenen Samstag sieht einiges anders aus! Viele gutgemeinte Aktionen wie „Ich fühl mich sicher“ haben durch den Auftritt der Sturmmaskenträger in Gelsenkirchen schlagartig an Glaubwürdigkeit verloren. Transparente, die in den Kurven hochgehalten wurden, die Polizeieinsätze in DO und GE kritisierten, haben vor einigen Wochen noch Verständnis auch bei den Leuten gefunden, welche viele Fans gerne als „Normalos“ bezeichnen. Jetzt wirken sie auf viele Leute wie eine schlechte Satire. Was bei einer vernünftigen Aufarbeitung der jüngsten Vorfälle ebenfalls nicht dienlich ist, ist die zunehmende Hinwendung auf Nebenkriegsschauplätze die keinem weiterhelfen: „Was für eine Art Feuerwerkskörper wurde denn da geworfen?“ „Der WDR hat die Südtribüne aus seinem Vorspann genommen!“ Ehrlich gesagt, interessieren mich solche Fragen und ihre Antworten im Moment nicht, und auch der gern zitierte und mittlerweile arg überstrapazierte Vergleich, dass der Besuch des Oktoberfestes gefährlicher ist, als der eines Fußballspiels bringt uns alle, d.h. Fans, Vereine, Ordnungskräfte und Polizei keinen Millimeter weiter.

Und wenn jetzt die Frage gestellt wird, wie wird denn wohl die Südtribüne beim Spiel gegen Stuttgart auf die Vorfälle in GE reagieren, kann ich im Moment nur sagen: „Ich weiß es nicht!“ Und wenn dort vielleicht Transparente hochgehalten werden, die sich deutlich von Gewalt im Stadion distanzieren, wird bei vielen Zuschauern im Stadion und am Fernseher ein schlimmer Verdacht aufkommen, der noch nicht einmal entkräftet werden kann: „Wer von denen, die das Transparent erstellt haben und es jetzt auf der Tribüne präsentieren, hat nicht noch vergangenen Samstag in schwarzer Vermummung in GE randaliert?“ Großer Verlierer sind die Fans, egal ob Ultras, Kuttenträger oder Normalos – der Nacktscanner vor dem Stadion ist näher gekommen! „Herzlichen Dank“ an die Vermummten vom Derby! Und noch eine Bitte an die Vermummten, mag bei diesem Thema reichlich kleinkariert klingen, aber viele Dauerkarteninhaber haben den gleichen Gedanken: Sollte es im Westfalenstadion zu einem Geisterspiel kommen, wie können wir Euch unsere Bankverbindung mitteilen, damit Ihr uns den Ticketpreis für das uns entgangene Heimspiel überweist?

Henry


Was für eine groteske Woche. Auf der einen Seite Jubel über den hochverdienten Derbysieg in der Turnhalle, auf der anderen die Diskussionen über die Vorfälle unmittelbar vor Anpfiff der Partie. Das unkontrollierte Abbrennen und Werfen von Pyrotechnik auf andere Fans ist ein Tabubruch und absolut zu verurteilen. Viele Schwarz-Gelbe sind zu Recht sauer auf die Verursacher. Bisher haben sich die drei Dortmunder Ultra-Gruppierungen, die im Fokus der Diskussionen stehen, noch nicht zu den Vorfällen am Samstag geäußert. Ich persönlich finde es wichtig, dass dies vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart geschieht. Denn ein wortloser Übergang zum Tagesgeschäft könnte dem für Ligaverhältnisse überdurchschnittlich guten Verhältnis zwischen Ultras und Nicht-Ultras in Dortmund Kratzer bescheren.

Die drei Gruppen, allen voran The Unity, hegen den Anspruch, als Motor der Südtribüne eine exponierte Stellung in der BVB-Fanlandschaft einzunehmen. Als kreatives Element und wichtiges Korrektiv zur voranschreitenden Kommerzialisierung des Fußballs finde ich das legitim. Indes bitten die Ultras von Zeit zu Zeit und zur Durchsetzung eigener Interessen auch um die Solidarität der schwarz-gelben Masse. Wie jüngst nach den unverhältnismäßigen Polizeikontrollen beim Spiel gegen Braunschweig. Auch das ist legitim und ich zeige mich gerne solidarisch – vorausgesetzt, ich weiß, woran ich bin. Nach den Vorfällen in Gelsenkirchen fiele es mir schwer, morgen Abend einfach weiterzumachen, als sei nichts passiert. Denn die Übeltäter haben wissentlich auch denjenigen geschadet, die in ihrer Freizeit gegen die Forderungen nach verschärften Sicherheitsmaßnahmen kämpfen. Ein herber Rückschlag, der sich keinesfalls wiederholen soll.

Deshalb möchte ich wissen, ob die Aktion von Anfang an so geplant war. Ob Einzelne über die Stränge geschlagen haben oder die Gruppen mehrheitlich hinter diesem Verhalten stehen. Und ob ernsthaftes Interesse besteht, dass so etwas nicht wieder passiert. Niemand fordert fünf Tage nach dem Derby eine umfassende Erklärung inklusive handfester Konsequenzen, schließlich wollen die Vorfälle mit allen Beteiligten sorgfältig aufgearbeitet werden. Kommunikation nach außen kann das erleichtern und Druck aus dem Kessel nehmen - und wäre allen übrigen BVB-Fans gegenüber nur fair.

MalteS

Redaktion, 31.10.2013

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