Unsa Senf

Lieber Robert

31.07.2013, 23:09 Uhr von:  Redaktion
Lieber Robert

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass dir dieser Ausflug in die Öffentlichkeit nichts ausmacht. Eigentlich wären diese Worte nur für deine Augen und Ohren bestimmt, aber du weißt ja wie das im Leben manchmal ist. Da sagt man etwas, das eigentlich nur sechs bis acht Augen betrifft, mal vor einem Mikrofon oder einer Fernsehkamera und trägt damit Persönliches an die Öffentlichkeit. Als Marke gehört das offenbar dazu, egal ob es positiv oder negativ ist.

Vorweg: Ich weiß nicht, was du mit Aki Watzke und Michael Zorc persönlich besprochen hast. Und ich weiß nicht, was du mit Kalle Rummenigge und Uli Hoeneß persönlich besprochen hast. Zuletzt weiß ich nicht, was du mit Maik Barthel und Cezary Kucharski persönlich besprichst. Ich weiß aber, dass du einen vierjährigen Arbeitsvertrag mit Borussia Dortmund zu festgelegten Konditionen unterschrieben hast, der nur dann seine Gültigkeit verliert, wenn du und der BVB einen Auflösungsvertrag vereinbaren, der noch festzulegenden Bedingungen unterliegt. Und da diese offenbar noch nicht von beiden Seiten einvernehmlich erfüllt wurden, bist du Angestellter bei Borussia Dortmund - vertraglich fixiert und von dir höchstselbst unterschrieben.

Warum du daran unbedingt rütteln willst, ist mir aktuell schleierhaft. Klar, ich bin da als Fan des BVB natürlich auch nicht ganz objektiv und würde mir, wie viele Millionen weiterer Menschen auf diesem Planeten, vermutlich ein Bein ausreißen, wenn man mir nur die kleinste Möglichkeit offenbaren würde, unter Jürgen Klopp für Borussia im Westfalenstadion aufzulaufen. Aber ich kann versuchen, das alles auszublenden, um dir eventuell aufzuzeigen, weshalb du es mit dem BVB offenbar nicht ganz so schlecht getroffen hast. Zuerst sind da die Hauptverantwortlichen, die sich schon vor vier bis fünf Jahren mit deinen Leistungen auseinandergesetzt haben und sich über den gesamten Zeitraum mit deinen Beratern herumschlagen mussten. Sie haben in dir schon vor langer Zeit riesiges Talent und unermessliches Potenzial gesehen und sind große Risiken eingegangen, als sie dich aus Polen verpflichtet haben.

Und sie haben dieses Potenzial geweckt! Jürgen Klopp ist mit großer Sicherheit einer der Gründe für deine steile Karriere. Schon zu Beginn deiner Zeit beim BVB hat er dich gefördert und gefordert, selbst wenn du nicht spielen durftest. Und er hat dich zu jeder Zeit geschützt! Erinnerst du dich nicht daran, wie er einen polnischen Journalisten vor versammelter Mannschaft zur Schnecke gemacht hat, weil dieser ernsthaft in Frage stellte, dass du gut genug für den BVB oder die Bundesliga bist? "Ihr wisst gar nicht, wie gut der Junge wirklich ist!" hat er damals gebellt - und er hatte recht. Du bist verdammt gut, nachdem du dich unter Jürgen Klopp derart entwickeln durftest und er dich und das Team so ideal auf deine Fähigkeiten zugeschnitten hat.

Denn das ist ein weiteres Erfolgsgeheimnis des BVB: ihr seid eine Mannschaft, die ideal komponiert ist! Ihr seid ein Team, bei dem die Spieler aufgrund ihrer Fähigkeiten und nicht aufgrund ihres Namen verpflichtet wurden. Ihr seid ein Team, das die Stärken jedes Einzelnen ideal hervorhebt und die Schwächen des Einzelnen wunderbar kaschiert. Frag doch mal deine (Ex-) Kollegen, wie sie in anderen Teams zurechtkommen oder -kamen! Frag Marcel Schmelzer, wie gut er bei der Nationalmannschaft integriert ist, nachdem er unumstrittener Stammspieler beim damaligen deutschen Double-Sieger war! Oder frag Nuri Sahin, wie der sich in Madrid oder Liverpool zurechtfand, nachdem ihn deine Kollegen aus der gesamten Nation 2011 zum besten Spieler der Bundesliga kührten. Frag Shinji Kagawa, welche Rolle er bei Manchester United einnahm, nachdem diese ihn für viel Geld aus Dortmund loseisten. Und frag mal Mats Hummels, ob der seine gefährlichen langen Pässe auch bei der WM im kommenden Sommer spielen wird. Jürgen Klopp zählt auf dich, er baut auf dich und er baute sein Team um dich herum. Nirgends wirst du deine Stärken derart zur Geltung bringen können wie aktuell beim BVB. Oder glaubst du wirklich, dass Pep Guardiola, der gerade die wohl beste Mannschaft der Welt komplett auf links krempelt, sein System so nach dir und deinem Können ausrichtet, wie Jürgen Klopp es tat und tut? Überhaupt frage ich mich, weshalb du unbedingt nach München willst. Ist es die Stadt? Ist es das Geld? Aus Gesichtspunkten der Markenbildung kann ich das nämlich kaum nachvollziehen. Du wirst untergehen in einem Ensemble von Stars, die schon seit Jahren dort spielen und deinen Aufstieg, den du beim BVB erleben konntest, massiv einbremsen. Du wirst nicht mehr der Star des Teams und das Gesicht vieler Tore sein, du wirst dich vielleicht sogar nur noch auf der Bank wiederfinden. Passt das wirklich mit deinem Wunsch zusammen, Polens herausragender Fußballer zu werden? Ich bin mir sicher, dass auch der BVB dir mehr als nur ein paar Euro zahlen kann und dass das Ruhrgebiet ganz wunderhübsche Plätze bietet, wenn du es als großes Ganzes betrachtest.

Und selbst wenn es nicht der BVB bleiben soll und du dich unbedingt verändern willst, wärest du in der britischen Premier League sicher besser aufgehoben, wenn du deine Bekanntheit und dein Image aufpolieren willst. José Mourinho hat schon vor einem Jahr von dir geschwärmt, Chelsea kann sicher genau so gut zahlen wie der FC Bayern und London ist eine herausragende Stadt - davon durften du und ich uns ja jetzt bereits mehrfach mit dem BVB überzeugen.

Doch auch wenn du unbedingt nach München willst, was für viele BVB-Fans ja schon einer Todsünde gleichkommt, so solltest du dich in deinem Verhalten nicht schon vorher den dort geltenden Gesetzen anpassen. Nur weil der Präsident des FC Bayern ein geständiger Steuersünder ist und auch der Vorstandsvorsitzende an der Grenze mal die Deklarierung vergisst, nur weil der Mannschaftsarzt bei jedweder Beschwerde Recherchen der WAZ zufolge auf fragwürdige Art und Weise mit halblegalen Medikamenten hantiert und der Trainer einigen ungeklärten Dopingverdächten gegenübersteht, musst du dich doch nicht auch noch charakterlich verändern und Leute öffentlich attackieren, die dich durch harte Arbeit, großes Vertrauen und viel Risiko letzten Endes zu dem Topstürmer gemacht haben, der du jetzt bist. Das ist kein guter Stil und vor allem nicht der Stil des Robert Lewandowski, den ich als Sportler kennen- und schätzen gelernt habe. Im Sinne deiner "Markenbildung" ist unprofessionelles Verhalten nämlich selten wirklich vorteilhaft.
Zum Abschluss möchte ich dich fragen, wieso du dich freiwillig von Barthel und Kucharski vertreten lässt. Welche Leichen hast du im Keller, von denen die beiden wissen, damit du dich auf ihr unprofessionelles Niveau herab begibst? Fühlst du dich wirklich gut aufgehoben bei zwei Menschen, die in der Öffentlichkeit viele BVB-Fans beleidigen, indem sie bei twitter abfällige Bemerkungen anderer teilen und weiterverbreiten? ("Viele von denen, die da gegen Hoeneß singen, haben doch noch nie Steuern gezahlt...")* BVB-Fans, die lange und oft auch Fans von dir waren und sind. Fans, die dich erst vermarktbar machen und letzten Endes dann auch dein Gehalt bezahlen, weil sie ins Stadion kommen um dich spielen zu sehen. Findest du das professionell und deiner eigenen Leistung auf dem Platz wirklich angemessen?
Lieber Robert, ich würde mir wünschen, dass du dir als Sportler und vor allem als Mensch noch mal überlegst, was du willst und wie du es erreichen möchtest. In den letzten Wochen haben du und deine Bevollmächtigten nämlich leider einiges dafür getan, dass dein potenzielles Denkmal beim BVB ordentliche Risse bekommen hat. Wenn man hier an dich denkt, erinnert man sich vornehmlich nicht mehr an deine vier-Tore-Gala gegen das große Real Madrid, man denkt an deine Berater und deine eigenen unsauberen Äußerungen. Ist es das wirklich alles wert? Denk mal drüber nach! Vielleicht merkst du ja endlich, was du am BVB hast - oder zumindest, was du ihm verdankst.
Liebe Grüße,ein Fan

* = DISCLAIMER: Der Text wurde an dieser Stelle nach freundlicher Bitte der Eurosportsmanagement GmbH mit Sitz in Liechtenstein und Polen konkretisiert, um Missverständnissen vorzubeugen.

NeusserJens, 31.07.2013

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