Spielbericht Profis

Keine Punkte, schlechte Stimmung, Kreuzbandriss

10.11.2013, 19:27 Uhr von:  Redaktion

Klärungsbedarf nach SchlusspfiffDer BVB schloss eine komplett überflüssige Woche mit einer Niederlage in Wolfsburg ab, die Zweifel aufkommen lässt, ob wir in dieser Saison wirklich um einen Titel mitspielen können. Obwohl die Borussen noch mit einer etwas glücklichen Führung in die Pause gehen konnten, war es am Ende einfach zu wenig, um mit einem Sieg aus der Autostadt zu fahren. Wer diese Niederlage auf Pech oder fehlende Unterstützung von den Rängen schieben möchte, greift wohl zu kurz. Wolfsburg war an diesem Samstagnachmittag einfach besser. Auf dem Platz und auf den Rängen. Klingt schmerzhaft? Ist auch so. Noch schmerzhafter ist allerdings die schwere Verletzung eines Eckpfeilers unserer Mannschaft.

Von Dortmund aus ging es mit dem leersten Sonderzug aller Zeiten ohne Begleitung vom grünen Team in die Autostadt. Scheinbar waren nach Einschätzung der Polizei alle potentiellen Krawallmacher anderweitig angereist, oder gleich zuhause geblieben. Wie die Stimmung im Auswärtsblock sein würde, nachdem der BVB den Dortmunder Ultras die Karten gestrichen hatte, war die vielleicht spannendste Frage des Nachmittags. Als wir uns aus dem halbherzigen Kessel am Bahnhof befreit hatten, versuchten wir uns an einem Ausflug ins sogenannte „Kneipenviertel“ und die Einheimischen wiesen uns auch bereitwillig den Weg. Jedoch entpuppte sich die Amüsiermeile als Aneinanderreihung wenig einladender Containerbauwerke. Also mussten wir den Plan, noch irgendwo ein Bierchen vor dem Anpfiff zu schlürfen, leider aufgeben und begaben uns sofort zum Autohaus. Dort fiel auf, dass ein Großteil der Dortmunder Ultraszene trotz fehlender Tickets angereist war und versuchen wollte, die Mannschaft von außerhalb des Stadions zu unterstützen. Ob von den Gesängen allerdings etwas auf dem Platz angekommen ist, vermag ich nicht wirklich zu beurteilen.

Der Gästeblock: voll, zunächst bemüht und dann verstummtDer Gästeblock wirkte, aus der Ferne betrachtet, gut gefüllt. Scheinbar ist ein Großteil der Karten, die für die ADK der Ultragruppen reserviert waren, noch kurzfristig durch den VfL abgesetzt worden. Neben den Vorsängern schienen aber auch fast alle Fahnen heute draußen geblieben zu sein. So bot der Gästeblock einen zwar hübsch gelben, aber doch recht statischen Anblick. Dennoch machte sich bereits vor Spielbeginn der Dortmunder Anhang einigermaßen lautstark bemerkbar und zwar nicht mit den, von vielen Auswärtsstammgästen befürchteten, Anti-GE Gesängen. Sollte die Fanszene Dortmund etwa auch ohne Ultras funktionieren? Jedenfalls war es hier sicher ein dankbarer Ort zum Ausprobieren, denn es gibt wohl kaum eine leisere Heimkurve in der Liga als bei den Autobauern.

Jürgen Klopp veränderte seine Aufstellung gegenüber der Niederlage gegen Arsenal auf zwei Positionen. Für den erkrankten Kuba, der zuhause geblieben war, durfte Aubemayang ran. Dazu übernahm Hummels wieder seinen Stammplatz in der Innenverteidigung, obwohl Sokratis ihn eigentlich ausgezeichnet vertreten hatte. Aber leider nur eigentlich, denn ihm unterlief gegen die Engländer auch der letztlich spielentscheidende Fehler. Die VW-Werksfans hatten eine kleine und leider ziemlich misslungene Choreo für den ewigen Marcel Schäfer vorbereitet. Die schwarzweiße Blockfahne gehört wohl zum übelsten, was ich an Bastelwerken aus Fankreisen bisher gesehen habe. Eher ein Fox als ein 911 liebe VW-Jünger. Der Gefeierte musste auch zunächst auf der Bank Platz nehmen.

Erste Halbzeit

Der Dortmunder Auswärtsblock bemühte sich von Beginn an um Support, aber die Koordination fiel ohne Vorsänger doch etwas schwer, so dass Ober- und Unterrang wenig synchron sangen. Aber für einen Erstversuch ohne Ultras war das zu Beginn eine respektable Leistung. Dennoch waren die Wochenendbrüder und ihre Arbeitskollegen aus dem VW-Werk lauter und das kennt man hier in WOB eigentlich anders. Beide Mannschaften gönnten sich eine Abtastphase, wobei der BVB schon zu Beginn torgefährlicher erschien. Aber Aubameyang brachte einen Querpass im Strafraum nicht zum Mitspieler und Hummels konnte einen Kopfball nicht drücken. Der angehende Nationalspieler Weidenfeller musste das erste Mal nach einem Freistoß von Rodriguez von halbrechts eingreifen. Die Faustabwehr bereitete ihm aber keine Probleme. Die erste echte Chance hatte Aubameyang nach einem schnell ausgeführten Freistoß. Den hohen Ball aus dem Mittelfeld erlief er ohne Probleme, konnte aber aus spitzem Winkel das Tor nicht mehr treffen. Der Gästeblock präsentierte sich weiter motiviert, aber unkoordiniert. Das Liedgut unterschied sich jedenfalls nicht von den Hits, die von den Vorsängern sonst angestimmt werden.

Aubameyang - bemüht aber glücklosNach gut 20 Minuten hatte auch der VfL eine erste Chance und natürlich war der frühere Borusse und angehende Dortmund-Schreck Perisic beteiligt. Nach einer weiten Flanke von rechts stieg er zum Kopfball hoch und seinen Aufsetzer hätte Weidenfeller wohl kaum mehr gehalten. Zum Glück sprang der Ball neben den Kasten. Selbst nach der Einblendung der Bremer Führung in GE wurden im Gästeblock übrigens nicht die befürchteten „Schalalala Scheiße 04“ Gesänge angestimmt. Jedenfalls nicht in einer Lautstärke die man auf der Haupttribüne wahrgenommen hätte. Wenn der BVB das Spiel mal schnell machte, kamen auch Chancen dabei heraus. Leider war Lewandowskis Flanke auf Reus ein wenig zu ungenau, so dass der Dortmunder Jung seinen Kopfball nur in Rücklage ansetzen konnte und das Tor doch recht deutlich verfehlte.
Nach einer halben Stunde vertändelte Schmelzer den Ball, der seit seiner Rückkehr nach Verletzungspause den Beweis noch nicht antreten konnte, dass er gegenüber Erik Durm mehr Qualität auf den Platz bringt. Ochs brachte eine gute Flanke vors Tor, wo Medojevic von Großkreutz nicht mehr entscheidend gestört werden konnte. Zum Glück verfehlte er aus kurzer Distanz mit seiner Direktabnahme das Tor recht deutlich. Jetzt war der VfL am Drücker. Mkhitaryan verlor den Ball, Arnold legte direkt quer auf Ochs und der zwang Weidenfeller aus der Distanz zur Parade. Doch diese Druckphase der Wölfe erwies sich als Strohfeuer.

Im Anschluss an die erste Dortmunder Ecke kam Schmelzer am Strafraum frei zum Schuss, verzog aber einigermaßen deutlich. Kurze Zeit später versuchte sich Lewandowski nach einem Freistoß von Reus aus der Drehung, aber er traf den Ball nicht voll und sein Schuss ging ein gutes Stück drüber. Der BVB erarbeitete sich in der Schlussphase der ersten Halbzeit ein immer deutlicheres Übergewicht. Großkreutz setzte zu einem Sprint über das halbe Feld an und war nicht vom Ball zu trennen. Seine Rückgabe konnte Schmelzer aber nicht aufs Tor bringen.

Der Tiefpunkt des Nachmittags: Subotic wird schwer verletzt vom Platz getragenNeven Subotic zeigte dann ein wenig schönes Beispiel der Selbstverstümmelung. Er ging übereifrig ins Kopfballduell mit Olic, wurde von diesem unterlaufen und stürzte unglücklich aufs Knie. Der Schiri pfiff wohl zu Recht einen Freistoß für VW und Subotic wurde nach längerer Behandlung vom Platz getragen. Wer Subotic kennt, der weiß, dass er sich nicht ohne triftigen Grund vom Platz tragen lässt. Am Abend bestätigten sich dann die schlimmsten Befürchtungen. Der serbische Abwehrrecke hat sich Kreuz- und Innenband gerissen und muss diese Saison höchstwahrscheinlich komplett abhaken. Das ist wirklich total bitter. Mit Sokratis steht zwar ein wirklich starker Ersatz bereit, aber dahinter wird es wirklich dünn im Dortmunder Kader. Bender hat schon mit wechselhaftem Erfolg auf dieser Position ausgeholfen, aber auf dessen angestammter Position ist die Personaldecke ja auch nicht dicker. Die Nachwuchstalente Günter und Sarr konnten bislang bei den Amas noch nicht nachweisen, dass sie schon die nötige Reife und Abgeklärtheit für Bundesliga oder gar Champions League Einsätze haben.

Beim anschließenden Freistoß machte Weidenfeller bei Fuß- und Faustabwehr und eine wenig glückliche Figur, aber zum Glück hatte Dr. Drees ein Foul am Dortmunder Schlussmann gesehen. In der Nachspielzeit wurde Mkhitaryan kurz vor dem Strafraum gelegt. Den fälligen Freistoß hob Reus mit dem Innenrist wunderbar in die linke Torecke. Benaglio hatte nicht den Hauch einer Abwehrmöglichkeit. Und damit war Halbzeit. Die Führung war sicher eher glücklich, denn der VfL präsentierte sich hier mindestens ebenbürtig. Aber dass man dafür bestraft wird, wenn man seine Chancen nicht nutzt, hat der BVB ja zuletzt auch bitter erfahren müssen. Der Auswärtsblock zeigte sich übrigens lange nicht so schlecht wie befürchtet. GE kam im Liedgut gar nicht vor und es wurde zwar nicht durchgehend laut gesungen, aber der Borussenanhang war auf Höhe der Mittellinie immer wieder gut zu vernehmen. Wolfsburg mag zwar nicht der echte Maßstab sein, aber dafür dass man schon seit Jahren darauf konditioniert ist, dem Vorsänger zu folgen, har man sich in der ersten Halbzeit ohne, gar nicht schlecht verkauft.

Zweite Halbzeit

Nach Wiederanpfiff tat sich zunächst nur wenig. Der BVB spielte nun etwas abwartender und der VfL hatte Probleme, das Spiel zu machen. Eine erste Torchance ergab sich durch einen schönen Konter der Schwarzgelben. Lewandowski zeigte eine seltene Dynamik und legte dann auch noch uneigennützig quer auf Mkhitaryan. Der hatte den Blick für Aubameyang, aber dessen Schuss war dann letztlich doch harmlos und ging am Tor vorbei. Wieder mal wurde die Gelegenheit liegengelassen, für einen beruhigenden Vorsprung zu sorgen. Das sollte sich direkt rächen.

Der Ausgleich tat wehMindestens ebenso harmlos sah kurz darauf die Position aus, von der Rodriguez zum Freistoß antrat. Er schlug eine Flanke von rechts in den Strafraum und Freund und Feind segelten am Ball vorbei. Leider war unter den vorbeisegelnden Feinden auch der angehende Nationalspieler im Dortmunder Tor und so schlug der Ball völlig unverhofft im Netz ein. Der Ausgleich war sicherlich nicht komplett unverdient, aber deshalb auch kein Stück unnötiger. So einen Ball sollte man eigentlich halten, auch wenn Weidenfeller erst spät erkennen konnte, dass niemand mehr an die Flanke herankommen würde. Aber mit nur einem Schritt nach vorn hätte er verhindern können, dass der Ball noch derart unglücklich vor ihm auftickt.

Nun war die Partie wieder komplett offen. Und leider verstummte nun auch der Gästeblock. Wenn man immer darüber meckert, dass die Ultras einen spielbezogenen Support verhindert, dann sollte man auch Gas geben, wenn die Mannschaft Unterstützung nötig hat. Die Schwarzgelben auf den Tribünen sahen das scheinbar anders und das sollte sich auch bis zum Spielende nicht mehr wirklich ändern. Der VfL schien nun überlegen, Chancen spielten sie sich aber zunächst keine heraus. Dann hatte Ivica Olic eine Idee und knallte den Ball vom Strafraumeck mal eben lässig ins lange Toreck. Schmelzer hatte ihm einfach nur Geleitschutz gegeben, anstatt resolut einzugreifen. Und so konnte Olic von der linken Außenbahn unbehelligt nach Innen ziehen, um dort einen Schuss Marke Tor des Monats abzusetzen. Da war Weidenfeller nun wirklich absolut machtlos.

Kurz darauf gab es nach einem Foul von Naldo wieder einen Freistoß für den BVB aus aussichtsreicher Position. Natürlich trat erneut Reus an, aber diesmal hatte er ein wenig zu genau gezielt und zirkelte den Ball an den Außenpfosten. Das passte bestens zum bisherigen Verlauf dieser Woche. Wie sagte es einst der Fußballphilosoph Andy Brehme: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“ Der BVB war zwar weiter bemüht, das Spiel an sich zu reißen. Eine echte Dominanz konnte man aber nicht aufbauen. Bemerkenswert dann, dass Jürgen Klopp lieber den jungen Marvin Ducksch ins Rennen schickte als den erfahreneren Julian Schieber, der gegen Arsenal noch das Mittel der Wahl war, als es galt die Brechstange anzusetzen.

Der zweite Versuch ging leider nur an den PfostenDer Dortmunder Anhang blieb weiter stumm und somit bestätigten sich in der zweiten Halbzeit doch die Befürchtungen, die ich doch in der ersten Halbzeit eigentlich schon ad acta gelegt hatte. Wie auch immer es weiter geht mit Dortmunds Fanszene, ich hoffe stark darauf, dass man sich schnell wieder soweit zusammenrauft, dass die Mannschaft die Unterstützung bekommt, die sie verdient. Ob ohne Ultras und Vorsänger oder mit, wer die schwarzgelben Farben auswärts vertritt, der hat verdammt noch mal zu supporten was die Stimme hergibt. Alles andere ist nicht Borussia.
Aber auch die Borussenelf tat sich schwer, die Fans mitzureißen. Nach dem schweren Spiel gegen Arsenal schien nun auch ein wenig die Kraft zu fehlen. Wolfsburg erspielte sich Chancen und präsentierte sich auch zweikampfstärker. Die BVB Spieler versuchten nun die harte Wolfsburger Gangart mitzugehen und fielen immer wieder durch Fouls auf. Schiri Drees hätte wohl den ein oder anderen Platzverweis verteilen müssen, wenn er seine harte Linie aus der ersten Halbzeit aufrechterhalten hätte, als er die Karten sehr schnell bei der Hand gehabt hatte.

Dann riss Rodriguez Lewandowski im Strafraum zu Boden. Aber dass der Pole keine Elfmeter zu seinen Gunsten gepfiffen bekommt, scheint ein ungeschriebenes Gesetz des Fußballs zu sein. Auch in der Nachspielzeit ging Rodriguez nochmal grenzwertig gegen Lewandowski zu Werke, als er dessen Laufweg kreuzte, ohne eine Möglichkeit zu haben, an den Ball zu kommen, aber wieder blieb die Pfeife stumm. Nach dem Schlusspfiff musste Jürgen Klopp Lewandowski mit vollem Körpereinsatz daran hindern, dem Schiedsrichter an die Gurgel zu gehen. Es wird spannend zu beobachten, ob Lewandowski immer noch durch die Schiedsrichter derart zum Abschuss freigegeben wird, wenn er erstmal in Rot über den Platz läuft.

Der BVB hat sich damit fürs Erste als direkter Konkurrent der Bayern verabschiedet. Von „spanischen Verhältnissen“ in der Bundesliga muss jedenfalls keiner mehr fabulieren. Stattdessen dürfte dem BVB nun eher eine Krise angedichtet werden, obwohl die beiden Spiele in dieser Woche knapp waren und man von durchaus starken Gegnern bezwungen wurde. Das Experiment Dortmund ohne Ultras muss nach diesem Spiel auch als gescheitert betrachtet werden. Nach einer einigermaßen erträglichen Vorstellung in der ersten Halbzeit wurde der Gästeblock in Halbzeit zwei in Grund und Boden gesungen. Von Wolfsburg! Gerade als die Mannschaft Unterstützung nötig gehabt hätte, kam nichts mehr von den mitgereisten Borussen. Das kann man eigentlich auch nicht darauf schieben, dass man es gewöhnt ist, von den Vorsängern die Stimmung vorgegeben zu bekommen. Ein Tortenstück wie den Wolfsburger Gästeblock sollte man eigentlich auch ohne Megaphon einigermaßen koordiniert zum Singen bringen können. Insgesamt ein ziemlich überflüssiger Ausflug in die Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben. Es klingt komisch, aber ich freue mich regelrecht auf die nun anstehende Länderspielpause, die es Mannschaft und Fans ermöglicht, sich vor den anstehenden Prüfungen zu sammeln. Gegen Bayern und Neapel muss einfach jeder ein ganzes Stück mehr bringen, wenn man auch nur den Hauch einer Chance haben möchte, aus diesen Spielen etwas mitzunehmen.

Statistik

Borussia: Weidenfeller – Großkreutz, Subotic (44. Sokratis), Hummels, Schmelzer – Bender (77. Hofmann), Sahin – Aubameyang (77. Ducksch), Mkhitaryan, Reus – Lewandowski

VW: Benaglio – Ochs, Knoche, Naldo, Rodriguez – Medojevic, Luiz Gustavo – Perisic, Arnold (90. Polak), Caligiuri (86. Schäfer) – Olic (79. Dost)

Tore: 0:1 Reus (45.), 1:1 Rodriguez, 2:1 (56.), 2:1 Olic (69.)

Gelbe Karten: Caligiuri (taktisches Foul) Och, Naldo – Bender (überhartes Einsteigen im Mittelfeld), Hummels (wurde im Mittelfeld umgerannt), Mkhitaryan (taktischer Rempler), Lewandowski (Meckern)

30.000 Zuschauer beim VW Händler ihres Vertrauens

Web, 10.11.2013

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