Spielbericht Amateure

Bescheidenheim war zu gemein

19.08.2013, 00:00 Uhr von:  Redaktion

Niederlage in HeidenheimDie Amateure wurden beim Aufstiegsfavoriten von der Alb auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Nach einem von haarsträubenden Abwehrfehlern der Borussen geprägten Partie wurden sie mit dem Scheißergebnis schlechthin nach Hause geschickt: 04! Das konnte nicht einmal mehr David Wagner schönreden. Das einzig Positive was man aus diesem Spiel mitnehmen konnte, war neben einer gesunden Sonnenbräune der Umstand, dass die drei Punkte aus Heidenheim eigentlich ohnehin schon im Vorfeld abgeschrieben werden konnten. Wenigstens gab es für die Amas nach dem guten Saisonstart eine richtige Klatsche, so dass es nachher nichts zu beschönigen gab. Vielleicht lernen sie ja was draus.

Zu unchristlicher Reisezeit machten wir uns auf den Weg zu den Heiden. Während es in Dortmund zum Sonnenaufgang noch leicht tröpfelte, zeigte sich schnell, dass wir bei unserer Fahrt in den Süden auch der Sonne entgegen strebten. Spätestens als die erste Flasche Export geköpft war, wich die Müdigkeit daher der Vorfreude auf die Partie unserer Zweitvertretung, die in dieser Saison bislang durchaus überzeugen konnte und letzte Woche gegen Unterhaching ihre Fans mit einem berauschenden Sieg begeistert hatte. Heidenheim sollte sich aber leider als Gegner einer anderen Preiskategorie erweisen.

Stadion HeidenheimDas Stadion in Heidenheim präsentiert sich momentan noch auf dem halben Weg vom Dorfplatz zur Zweitliga „Arena“. Idyllisch auf dem Schlossberg gelegen und mit glänzenden Flutlichtmasten, könnte sich dieser Neubau aber als wahres Schmuckkästchen erweisen, wenn er fertiggestellt ist. Der FCH wusste auch mit fanfreundlichen Preisen zu begeistern. Insbesondere die Jungen BVB II Supporter freuten sich, dass die reduzierte Stehplatzkarte schon für schlanke 5€ zu bekommen war. Mit 7.400 Zuchauern hatte das Spiel auch eine durchaus würdige Drittligakulisse.

Nach seiner Sommergrippe stand diesmal wieder der Mann auf dem Platz, der laut Aki Watzke eine siebenstellige Summe gekostet hat und damit die teuerste Neuverpflichtung der Amateure sein dürfte: Marian Sarr. Doch obwohl dem Jungen das Talent förmlich aus den Ohren tropft, zeigt er noch einige Anpassungsprobleme an das Drittliganiveau. Scheinbar muss er noch lernen, dass Unachtsamkeiten bei den Senioren unmittelbarer bestraft werden als im Jugendbereich. Marc Hornschuh rückte dafür wieder aus dem Zentrum auf die rechte Abwehrseite, auch weil Profi Oliver Kirch diesmal nicht im Amateurekader stand. Zudem kehrte Tim Treude für Edisson Jordanov in die Startelf und beackerte die rechte Flanke der BVB Offensive.

Zu Beginn der Partie kreiste ein Flugzeug über dem Stadion, das ein Transparent mit der Aufschrift „Auf geht’s Jungs“ zur Unterstützung der FCH-Truppe hinter sich her zog. Einer solchen Motivationsspritze hätte es aber wohl gar nicht bedurft. Zunächst hielten die Amateure zwar noch einigermaßen mit und versuchten den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Aber schon in der Anfangsphase wurde deutlich, dass die stark besetzte Heidenheimer Offensive für die BVB Abwehr nur schwer zu bremsen sein würde. Immer wieder setzte die Heimmannschaft nach Ballgewinnen überfallartige Konter an. Ein erster Schussversuch von Niederlechner landete nach drei Spielminuten noch am Außennetz.

Meißner im ZweikampfDie Amateure erkämpften sich zwar einige Eckbälle, konnten sich aber keinerlei Torchancen erspielen. Heidenheim blieb weiter brandgefährlich. Zunächst scheiterte Griesbeck mit einem Kopfball aus kurzer Distanz an Bonmann und dann fand auch Niederlechner nach einer Unsicherheit von Meißner im Dortmunder Schlussmann seinen Meister.

Doch dann hatte Marian Sarr seinen momentan scheinbar noch obligatorischen Aussetzer und leitete so wie schon in Osnabrück die Dortmunder Niederlage ein. Total übermotiviert setzte er an der Mittellinie zur Grätsche an, erreichte aber den Ball nicht. So hatte Niederlechner freie Bahn. Seinen Schuss konnte Bonmann zwar noch parieren, aber der Abpraller fiel FCH Kapitän Schnatterer direkt vor die Füße. Auch an dessen Ball kam Bonmann mit einem Superreflex noch ran, aber der Ball hatte die Linie bereits deutlich überschritten, als er ihn noch erreichte.

Heidenheim hat die gleiche Asi-Tormelodie wie der Mythos vom Niederrhein. Leider scheint der Stadionsprecher einen Vertrag mit dem örtlichen Hörgerätehändler zu haben, der ihm einen Bonus für jeden Hörschaden garantiert, den er mittels Dööp-Dööp-Dööp verursacht. Dazu noch das Abfeiern jedes Treffers, als wäre gerade die deutsche Meisterschaft gewonnen. Willkommen beim modernen Provinzfußball!

Die Amateure reagierten wütend auf den Rückstand und drängten auf den Ausgleich. Der FCH überließ dem BVB nun die Initiative und zog sich weiter zurück, um auf Konter zu lauern. Die einzige Torchance für den BVB hatte Bajner nach einer schönen Flanke von Hornschuh. Er erreichte den Ball gerade noch mit dem Kopf und brachte so nur eine Bogenlampe zustande, die sich aber wohl in den Winkel gesenkt hätte, wenn Sattelmaier nicht aufgepasst und den Ball noch abgefangen hätte.

Ansonsten sorgten aber weiter nur die Gastgeber für Torgefahr. Die Dortmunder Abwehr bekam Schnatterer und Niederlechner überhaupt nicht in den Griff. Insbesondere Nothnagel und Sarr wirkten völlig überfordert. Es macht sich wirklich bemerkbar, dass Jürgen Klopp in dieser Saison wieder verstärkt auf den Nachwuchs setzt. Der derzeit verletzte Jannik Bandowski hätte der BVB Abwehr sicher gut getan, von Ducksch, Durm oder gar Shooting Star Hofmann ganz zu schweigen. Aber Dave Wagner muss halt das Beste aus den Jungs machen, die ihm zur Verfügung stehen. Als die Abwehr mal wieder überlaufen wurde, versuchte es Niederlechner mit einem Heber über den herauseilenden Bonmann und sein Ball senkte sich fast noch ins Tor. Dann war Pause. Die Amateure hatten sogar noch Glück, dass sie nur mit einem relativ knappen Rückstand in die Kabine gingen.

Das Pausenprogramm hatte dann mal wieder den provinziellen Charakter hart an der Grenze zum Fremdscham, den man abseits der großen Fußballbühnen so oft geboten bekommt. Ein Fan durfte auftreten und die Busreise zum Auswärtsspiel in Darmstadt anpreisen. Als er sich erdreistete „Albstadion“ in den Mund zu nehmen und nicht etwa den Sponsorennamen der Spielstätte zu nennen, wurde er vom Stadionsprecher rüde unterbrochen. „Ich weiß, dass du ein Hardcorefan bist, aber hier muss ich dich korrigieren. Es heißt…“ Echt Hardcore, so ein Ausflug aufs Land.

Nyarko agierte in der Innenverteidigung sehr unglücklichCoach Wagner zog in der Halbzeit Konsequenzen und brachte Amini und Jordanov in die Partie. Für den glücklosen Sarr rückte Nyarko in die Innenverteidigung. Für Jordanov musste der Held des Haching Spiels, Julian-Maurice Derstroff weichen, der in Heidenheim aber auch kein Land gesehen hatte.

Jordanov setzte sich auch gleich mit einem schönen Schuss von der Strafraumgrenze in Szene, der nur ganz knapp über die Latte strich. Dann hatte Kapitän David Solga, der mit seiner Profi-Erfahrung eigentlich für Stabilität sorgen soll, einen kompletten Aussetzer im Spielaufbau. Nach seinem furchtbaren Fehlpass durfte Niederlechner erneut allein Richtung Bonmann laufen. Diesmal legte er sich den Ball aber ein wenig zu weit zur Seite, so dass er aus dem spitzen Winkel das leere Tor verfehlte.

Heidenheim blieb nun klar am Drücker. Die Amateure hatten dem Sturmlauf des Aufstiegsfavoriten nicht mehr viel entgegen zu setzen. Trotzdem war wieder ein totaler Blackout in der BVB Abwehr nötig, damit der FCH zu einem Treffer kam. Diesmal war Evans Nyarko an der Reihe, der eine eigentlich harmlose Flanke von Titsch-Ribeiro ins eigene Tor grätschte. Da machste natürlich nix mehr, wenn man sich die Tore schon selbst einschenkt. Dementsprechend ging es dann auch weiter. Der BVB brach komplett auseinander und eine ambitionierte Mannschaft wie Heidenheim weiß daraus natürlich auch Kapital zu schlagen.

Der Heidenheimer Regisseur Sven Sökler zeigte erst das typische Verhalten eines Fußballprofis, der es nie nach ganz oben schaffen wird. Der Schiri pfeift gegen ihn, also pöhlt er den Ball auf die Tribüne und rennt wild gestikulierend auf den Unparteiischen zu. Der zeigte sich wenig beeindruckt und ließ sogar unverständlicherweise den gelben Karton stecken. Bei nächster Gelegenheit durfte er dann aber jubeln. Der wieder einmal überragende Marc Schnatterer servierte ihm einen Ball so mundgerecht, dass er gar nicht mehr anders konnte als ihn zum 3:0 über die Linie zu drücken. Schnatterer hat es scheinbar vorgezogen in der Dritten Liga der Schwan unter den hässlichen Entlein zu sein. Sein Talent hätte wohl auch für den Abstiegskampf in Bundesliga Eins gereicht.

Evans Nyarko stand dann auch beim nächsten Heidenheimer Treffer Pate. Diesmal war Neuzugang Smail Morabit, der erst kurzfristig vom VfL Bochum ausgeliehen wurde, der glückliche Abnehmer. Nyarko versuchte im Mittelfeld einen Freistoß zu schinden und sank theatralisch zu Boden, im Fluge schon wild in Richtung Schiedsrichter gestikulierend. Leider werden besonders dramatische Schauspielleistungen im Fußball selten honoriert und so lief das Spiel weiter und Morabit nutzte die Chance sich seinen neuen Fans gleich mit einem Treffer zu präsentieren.

Die Klasse von Heidenheims Kader unterstrich dann auch noch der Umstand, dass der aus der Bundesliga wohlbekannte Michael Thurk erst 10 Minuten vor Schluss gebracht wurde, als die Partie längst entschieden war. Doch trotz seinem Mitwirken konnten diese letzten Minuten von den BVB Amateuren schadlos überstanden werden. Eine schlimmere Demütigung wurde also gerade noch so vermieden.

Auch Amini konnte keine Impulse setzenObwohl es nicht überraschend ist, dass die neuformierte Mannschaft bei einem der stärksten Teams der Liga die Grenzen aufgezeigt bekam, bleibt ein etwas unguter Nachgeschmack vom Spiel in Heidenheim. Denn die vier Treffer gingen fast alle auf schlimme individuelle Fehler zurück, die man auch als aufstrebender Jungprofi eigentlich vermeiden können sollte. Nächsten Samtag gegen Regensburg kann man sich dann davon überzeugen, ob die Mannschaft aus der Niederlage die richtigen Schlüsse gezogen hat. Man kann nur hoffen, dass einige der Protagonisten dieses Talentschuppens unter der Woche ein stückweit erwachsener werden.

Nachdem wir im Stadionumfeld noch die Bekanntschaft der schlagkräftigen Heidenheimer Damenwelt machen mussten, war unsere kleine Reisegruppe froh, noch einen Zwischenstopp am Grill einlegen zu können, bevor wir mit dem besten Burger der Welt gestärkt nach einem langen Tag die Heimreise ins Westfalenland antraten.

Pressekonferenz

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Statistik

BVB II: Bonmann - Hornschuh, Sarr (46. Amini), Meißner, Nothnagel - Solga, Nyarko - Treude (68. Harder), Derstroff (46. Jordanov), Kefkir - Bajner

Tor: 1:0 Schnatterer (23.), 2:0 Nyrako (67., Eigentor), 3:0 Sökler (76.), 4:0 Morabit (79.)

Schiedsrichter: Patrick Ittrich (Hamburg)

Zuschauer: 7.400

Gelbe Karten: Titsch-Rivero, Niederlechner / Nothnagel, Solga

Web, 18.08.2013

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