Warmlaufen

90 Minuten Kiel und zurück

06.02.2012, 19:09 Uhr von:  Redaktion

Kiel 2004/05Kiel ist sicherlich für viele Borussen Neuland. Die Datenbanken geben auch nicht allzu viel Interessantes her. Die Amateure spielten ein paar Mal gegen die Störche, dabei gab es zuletzt je zwei Heimsiege und zwei Auswärtsniederlagen. Ansonsten hat man mit der Mannschaft aus dem hohen Norden nicht wirklich viele Berührungspunkte. Die Profis bestritten am 16.07.2006 ein Testspiel gegen die Norddeutschen und gewannen dies mit drei zu null. Damals standen so illustre Namen wie Kosi Saka, Christian Wörns und Abdenour Amachaibo in der Startelf. Allerdings auch ein Talent wie Nuri Sahin trat damals gegen die Murmel.

Da die Fahrt nach Kiel für die Meisten auf Grund des Zeitpunktes eh nur ein 90 bis 120 minütige Stippvisite wird, verzichten wir auf das übliche Geplänkel über Land, Stadt und Leute. Um euch hier aber noch ein wenig mit Informationen zu füttern, gibt es ein kleines Interview mit den Fanbeauftragten von Holstein Kiel.

Interview

Schwatzgelb.de: Hallo Frauke. Morgen ist es soweit: Der Meister von 1912 trifft auf den aktuellen Deutschen Meister. Freut ihr Euch überhaupt noch auf Euer Spiel gegen Borussia Dortmund? Das Entschuldigungsvideo Eurer Mannschaft erweckt den Eindruck, dass es Euch fast unangenehm ist, dem BVB gegenüberzutreten.

Zelten in KielFrauke: Natürlich freuen wir uns nachwievor auf das Spiel. Für uns als Viertligisten ist das ein absolutes Highlight. Vor allem unsere Mannschaft, die bis hierher eine sportlich wirklich großartige Leistung geboten hat, hat sich dieses Spiel verdient. Meiner persönlichen Meinung nach hätte dieses Video auch nicht sein müssen. Grundsätzlich war das ja eine ganz nette Idee, aber nun war schon wieder genügend Gras über die Sache gewachsen. Man hätte es vielleicht dabei belassen können. Soweit ich das beurteilen kann, sind unsere Jungs auch heiß auf das Spiel. Und im Gegensatz zu Eurer Mannschaft können wir relativ entspannt in die Partie gehen. Auf uns lastet nicht der Druck des Pflichtsieges. Das ist vielleicht unsere einzige Trumpfkarte, die wir ausspielen können.

Schwatzgelb.de: Irgendwie bekommt man als Außenstehender den Eindruck, dass seit dem Sieg gegen Mainz alles schief läuft. Mal abgesehen von der unnötigen und auch aus unserer Sicht übertriebenen Diskussion um die „Schmähgesänge“ hört man von reichlich Unmut über die Ticketvergabe. Ist denn jetzt sichergestellt, dass wirklich die langjährigen Fans der KSV beim Spiel dabei sein können?

Frauke: Als Inhaber einer Dauerkarte hatte man Vorkaufsrecht auf eine Pokalkarte. Holstein hat in der Winterpause den Verkauf einer Rückrundenkarte angeboten, die diesen Vorzug ebenfalls beinhaltet. Man kann also davon ausgehen, dass die meisten treuen Fans abgedeckt sind. Auch alle wichtigen Fanclubs sind nicht zu kurz gekommen und werden dementsprechend unsere Mannschaft unterstützen können. Wer sich jetzt keine Dauerkarte leisten konnte oder für den es sich vielleicht nicht lohnt (beispielsweise aus beruflichen Gründen), fällt bei diesem System natürlich hinten über. Ich kann auch verstehen dass die Betroffenen hiermit nicht glücklich sind. Aber letztenendes kann man es selten allen Recht machen. Und der Vorwurf, man hätte die Karten nicht deutschlandweit im Internet verkaufen dürfen, ist in der Hinsicht nicht richtig, als dass unser Verein ja nun mal einen Vertrag mit CTS hat und nicht einfach bei einem so hochklassigen Spiel diesen nicht erfüllen kann. Unsere einzige Befürchtung war lediglich, dass wir aufgrund Eurer zahlenmäßigen Überlegenheit an Fans, vielleicht kein Heimspiel haben könnten. Aber da mache ich mir jetzt auch keine Sorgen mehr.

Zelten in KielSchwatzgelb.de: Eure Stadt ist in Deutschland sportlich gesehen eine Besonderheit: Fußball ist bei Euch nur die Nr. 2. Wie lebt es sich so im Schatten des THW?

Frauke: Ansich nicht schlecht. Im Grunde teilen sich die Fans von Holstein in 2 Lager: Die, die sich nur für Fußball interessieren und Handball sowieso nur für eine Randsportart halten und die, die sich für beide Sportarten und Vereine interessieren. Glücklicherweise werden wir auch sponsoringtechnisch nicht stiefkindlich behandelt. Somit ist eine friedliche Koexistenz gesichert. Ich persönlich mag meinen kleinen Regionalligaverein. Echte Fußballliebe macht man nicht vom Erfolg abhängig. Allerdings erreicht man bei sportlich interessanten Paarungen (z. B. Hallescher FC, Rasenballsport Leipzig) bereits jetzt Zuschauerzahlen, die sich dem Besucherdurchschnitt des THW annähern. Der Wunsch nach höherklassigen Fußball ist also schon da. Und wenn der ganze „Pokal-Spuk“ vorbei ist, wird es auch wieder ruhiger bei uns und wir können uns auf genau dieses Ziel, den Aufstieg konzentrieren.

Schwatzgelb.de: Auf welchen Spieler sollten wir aufpassen? Wer hat das Zeug irgendwann mal höherklassig zu spielen?

Frauke: Eigentlich ist es schwierig einen einzelnen Spieler hervorzuheben, denn die derzeitige Stärke von Holstein liegt in der geschlossenen Mannschaftsleistung. Auch wenn das ein bisschen nach Phrase klingt - besonders in den Pokalspielen haben sich die Jungs als "Einheit" präsentiert. Etwas, das man als Kieler Fan lange vermisst hat. Trotzdem gibt es ein, zwei Spieler, auf den die Dortmunder ihren Blick richten sollten: Zunächst einmal wäre da Morten Jensen. Wer in drei Pokalspiel die "null" stehen hat und in seinem Alter so viel Ruhe ausstrahlt, hat definitiv das Zeug ein Großer zu werden. Wobei die Heimat von Andreas Köpke immer eine Schmiede für gute Torhüter war. Auch in der Abwehrreihe sind zwei unserer größten Talente zu finden: Aaron Berzel und Dan-Patrick Poggenberg haben beide letztes Jahr noch A-Jugend gespielt und standen diese Saison vor allem gegen Cottbus, Duisburg und Mainz sicher. Der "Star" in der Offensive ist Marc Heider - auch wenn er im Pokal noch nicht geknipst hat, ist er doch ständig kreuzgefährlich und weiß die Defensive des Gegners zu beschäftigen, wodurch wiederum Räume für die anderen Stürmer geschaffen werden.

Schwatzgelb.de: Aki Watzke war 1979 mal auf Klassenfahrt in Kiel und ist gespannt, was er wieder erkennt. Was sollen sich die BVB-Fans unbedingt in Kiel anschauen?

Kiel FansFrauke: Nun ja, Kiel ist auf den ersten Blick sicherlich keine klassische Schönheit (aber das ist Dortmund ja eher auch nicht), was damit zusammenhängt, dass die Innenstadt durch ihre nahe Lage zu den Werften im Zweiten Weltkrieg quasi komplett zerstört wurde. In den 50ern und 60ern wurde dann alles nach modernen Gesichtspunkten wieder aufgebaut oder eher verbaut. Zum Glück rettet uns die Förde, sprich die Ostsee reicht bei uns bis mitten in die Stadt hinein und die Kreuzfahrer legen bei uns am Hauptbahnhof an. Das bringt eine Menge Lebensqualität mit sich und es gibt bei uns auch den Spruch "Kiel ist nur vom Wasser schön". Das stimmt definitiv und so sollten sich alle, die ein wenig Zeit haben und nicht seekrank werden, ein Fahrt mit einer Hafenfähre gönnen. Da kann man die Werften, die Strände, das viele Innenstadtgrün, Schiffe usw. anschauen und sich den Wind um die Nase wehen lassen.

Schwatzgelb.de: Wir wollen Euch morgen Abend nicht nur den neuen Rasen kaputt treten, sondern auch eine Runde weiterkommen. Wo können wir denn vor dem Spiel gut essen und was empfehlt ihr den feinkostverwöhnten Ruhrpottmägen?

Frauke: Wenn man in Kiel ist, sollte man natürlich Fisch essen. Leider haben das die klugen Stadtmarketingleute wohl noch nicht so ganz erkannt, weshalb es in der Innenstadt eigentlich nur im Einkaufszentrum am Bahnhof ein Fischrestaurant gibt. Da kann man dann auch die echten Kieler Sprotten probieren, die zwar inzwischen gar nicht mehr aus Kiel kommen, aber trotzdem weiterhin unser "Nationalgericht" sind. Wer sich traut, kann sie mit "Kopp un Steert" (also mit Kopf und Schwanz) essen, die Variante auf Schwarzbrot und Rührei ist aber auch lecker. Dazu passt bei der derzeitigen Witterung am besten ein Rum-Grog, der wärmt schön und kann auch leicht zuhause nachgekocht werden. Wenn ihr schon keinen Sieg mitnehmt, dann doch wenigstens ein klassisches Rezept: Rum muss, Zucker kann, Wasser ist nicht nötig.

Infos rund um das Spiel

Stadion: Das Holstein-Stadion ist für 11.386 Zuschauer ausgelegt. Davon sind unglaubliche 8.952 Plätze für den Stehbereich. Zahlen von denen man in Profibetrieb leider nur noch träumen kann. Das davon leider kein einziger Platz im Gästebereich überdacht ist, muss man dann allerdings auch in Kauf nehmen. Ganze 2.434 Plätze haben eine passende Schale zum Arsch, davon sind allerdings auch 580 unüberdacht. Das ist auf jeden Fall entsprechendes Pokalfeeling! Wie nicht anders zu erwarten, sind alle Tickets restlos ausverkauft.

Medien: Das Spiel wird von dem PayTV Sender ARD für den schmalen GEZ Beitrag übertragen. Den daheimgebliebenen werden also wieder Kompetenzoasen wir Gerhard Delling zugemutet. Zum Glück darf mit Tom Bartels ein ertragbares Mitglied seiner Zunft das Spiel moderieren und Béla Réthy bleibt der Öffentlichkeit erspart.

Schiedsrichter: Felix Zwayer, Harm Osmers, Marcel Pelgrim, Matthias Anklam

Gegner: Die Kieler Fanbetreuung hat einen ganz netten Blog Calcio Culinaria, wer also langeweile auf der Fahrt hat.

Faninfos: Die Infos findet ihr auf bvb.de und der Facebook-Seite der Fanbeauftragten.

mrg, Guido, 06.02.2012

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