Warmlaufen

Das Spiel, das niemals stattfand

10.02.2012, 12:42 Uhr von:  Redaktion

LEV letzte Saison bei uns im WS war gar nichtsIrgendwann um die 80. Minute herum reifte die Erkenntnis, dass in diesem Jahr nichts zu holen war. Und heute schon gar nicht. Zu dominant war der Auftritt der punktgleichen Konkurrenz, die bereits in der ersten Halbzeit mit schnellem, schnörkellosem Fußball den Sack zugemacht hatte: Zweimal über rechts ließ sich die eigene Abwehr düpieren, und beide Male war der Ball am Ende drin. „Die werden wir dieses Jahr in der Tabelle nicht mehr sehen,“ so lautete die einhellige Meinung um mich herum, „die sind einfach zu gut.“

Eine Woche später fing die Saison dann an.

Die Erinnerung an das letzte Gastspiel von Bayer Leverkusen im schönsten Stadion der Welt mutet anderthalb Jahre später ziemlich surreal an. Erster Spieltag 2010/11, und die direkte Konkurrenz spielt uns im eigenen Stadion an die Wand. Hätte man schon vor der Saison kaum glauben können, was da im Laufe des Jahres auf uns wartet, so wäre man an diesem Sonntag im August wohl direkt eingewiesen worden: Mit einer Heimniederlage im Gepäck sonntags drauf nach Stuttgart zum Auswärtsspiel, da ließ sich durchaus eher der eine oder andere Gedanke an einen kompletten Fehlstart verschwenden.

Und doch waren die Dinge bereits eine Woche später wieder zurechtgerückt: Ungläubige Blicke auf die Handys in der Stuttgarter Gästekurve, als vor unserem Auftritt gefühlt alle drei Minuten ein neues Tor aus Leverkusen vermeldet wurde. Und zwar nicht für Bayer, sondern für die Gäste aus Mönchengladbach, die an jenem Tag schon einmal daran schnuppern durften, wie sich die folgende Saison anfühlen würde. Am Ende stand es 3:6, und ich weiß noch genau, wie ich im Stillen dachte: „Wenn wir heute gewinnen, haben wir Leverkusen direkt wieder kassiert. So schnell kann es gehen.“

Und die Saison begann.

Hummels gegen Kießling im HinspielAm Wochenende kommt es nun zum ersten Heimspiel gegen Leverkusen nach neuer Zeitrechnung. Der amtierende Deutsche Meister empfängt als Spitzenreiter zwar den Vizemeister der vergangenen Spielzeit, jedoch hat Bayer 04 vieles von der Stärke des Vorjahres eingebüßt. Inwieweit dies vor allem dem neuen Coach Robin Dutt anzulasten ist, ist umstritten, denn nicht nur auf der Trainerbank hat sich im Vergleich zum August 2010 ein gewaltiger Umbruch vollzogen: Mit Stefan Kießling, Gonzalo Castro und Stefan Reinartz werden aller Wahrscheinlichkeit nach nur drei der Akteure auf dem Platz stehen, die auch vor Beginn der letzten Spielzeit mit von der Partie waren, und erst recht beim Blick auf die Scorer von damals (von den Herren Vidal, Renato Augusto, Barnetta und Derdiyok wird allenfalls der Brasilianer auf der Bank sitzen) wird einem klar, wie groß mindestens die gefühlte Diskrepanz zwischen der Spielfreude von damals und dem eher brachialen Fußball von heute ist. Vergnügungssteuer wird für den neutralen Zuschauer aktuell jedenfalls eher selten fällig, wenn die Werkself antritt.

Dessen ungeachtet stellt Bayer 04 natürlich den stärksten Gegner dar, der dem BVB im neuen Jahr über den Weg gelaufen ist. Biederes Mittelmaß aus Hamburg, Hoffenheim und Nürnberg, dazu ein Regionalligist im DFB-Pokal; da relativiert sich einiges. Gegen ernsthafte Kandidaten für einen Europapokalplatz haben wir 2012 noch nicht gespielt, und Bayer 04 hat trotz Missmut im Umfeld durchaus gute Chancen, auch nächste Saison europäisch mit von der Partie zu sein. Dass in Leverkusen auch dieses Jahr was geht, hat die Truppe überdies europäisch gezeigt: Sich in einer sicherlich nicht leichteren Champions-League-Gruppe als der unseren zu behaupten und mal eben den FC Chelsea und den FC Valencia zuhause zu schlagen ist sicher aller Ehren wert. Bereits am kommenden Dienstag steigt dann in Leverkusen das Spiel des Jahres: Im Achtelfinale der Königsklasse geht es zuhause gegen den FC Barcelona. Ein Vorteil für uns?

Shinji Kagawa ist wieder in ToppformPersonell dürften auf Seiten des BVB keine Überraschungen zu erwarten sein; es darf damit gerechnet werden, dass die Elf auf dem Platz steht, die auch in Nürnberg nach Benders Auswechslung unsere Farben vertreten hat. Der im Pokal größtenteils geschonte Kevin Großkreutz sollte ebenso wieder fit sein wie der in Kiel mit Adduktorenproblemen ausgeschiedene Kuba. Sollte einer von beiden wider Erwarten kein Kandidat für die Startformation sein, dürfte in beiden Fällen Ivan Perisic der logische Nachrücker sein. Und jetzt Bühne frei!

Ein paar Daten für Samstag

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Kehl, Leitner - Kuba, Kagawa, Großkreutz (Perisic) - Lewandowski

Bayer Leverkusen: Leno - Corluka, Schwaab, Friedrich, Oczipka - Reinartz - Schürrle, L. Bender, Rolfes, Castro - Kießling

Schiedsrichter: Perl - Schalk, Emmer - Wingenbach

Zuschauer: Ob die 80.000 geknackt werden, ist noch unklar, denn Bayer 04 hat nur Karten für 3.600 Plätze absetzen können. Übrig sind aktuell noch knapp 1.000 Tickets, von denen etwa 700 auch für Anhänger des BVB zu erwerben sind.

Scherben, 10.02.2012

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