Spielbericht Profis

Menschlich bleiben. Ihre Borussia aus Dortmund.

10.03.2012, 23:59 Uhr von:  Redaktion

Hängende Köpfe nach dem Punktgewinn gegen den FCAWas wie der schlechte Werbespruch einer Versicherung klingt, kann auch für das Spiel des BVB beim unangenehmen FC Augsburg gelten. Kampf, Einsatz und Laufbereitschaft reichten für die Fuggerstädter gegen diesmal spielerisch limitierte schwatzgelbe Jungs aus, um einen Punkt in Lummerland behalten zu können.

Auch der FC Augsburg folgt dem allgemeinen Ligatrend und baute sein neues „Schmuckkästchen" (ein ganz schlimmer Euphemismus für standardisierte und langweilige Möbelhäuser auf der grünen Wiese vor den Stadttoren) im Süden Augsburgs. Uninteressanten und unbekannten Stadionname aufs Dach montieren. Fertig. Und auch im Stadion selbst wollte sich der Gastgeber als total knuffiger und schnuckeliger Gastgeber präsentieren. So spielte die Stadionregie vor dem Spiel erst einmal „Wir halten fest und treu zusammen." Da fragt man sich unweigerlich, was wohl bei uns los wäre, wenn man die Hymnen der gegnerischen Vereine spielen würde.

Vor der Partie besichtigten die Spieler (nicht dabei übrigens die erkälteten da Silva und Barrios) den Rasen und das für sie auch neue Stadion und besonders Moritz Leitner begrüßte erst einmal von der stellvertrenden Putzfrau bis zum Ordner im Block L alle seine ehemaligen Kollegen des FCA. Fantechnisch war der FCA bis kurz vor Anpfiff nicht zu vernehmen, während der schwatzgelbe Anhang zumindest etwas mehr zu hören war. Auch der obligatorische Kasperl aus der Puppenkiste war auf der Leinwand zu genießen. Er gab seinen Experten-Tipp für das Spiel ab. Gut, das ist jetzt ausnahmsweise mal kein Unterschied zu unseren Heimspielen. Nur sind bei uns die Experten keine Kasper, sondern Journalisten.

Support im GästeblockWährend kurz vor dem Anpfiff zu vernachlässigende Augsburg-Hymnen das Stadion beschallten und die BVB-Fans gut dagegenhielten, votierten die Augsburger per Spruchband auf der Tribüne für eine interne Lösung bei der Nachfolge Andreas Rettigs als Manager („Pro Bircks und Paula"). Macht auf jeden Fall total Sinn, wenn man bedenkt, dass zum Beispiel Herr Paula für die Zweite, die sechstklassig gegen so Weltvereine wie Durach spielt, oder auch die U 19 verantwortlich ist, die in der zweitklassigen Bayernliga unter anderem gegen die zweite A-Jugend von Unterhaching spielt. Aber der Augsburger an sich ist eben etwas anders gestrickt und eigentlich interessiert das ja auch nicht.

Denn unser BVB soll ab sofort im Mittelpunkt stehen. Schließlich galt es, den nachmittags geschmolzenen Punktevorsprung wieder auf sieben Punkte zu erhöhen. Auf diesem Wege noch einmal ein großes Kompliment an unsere Freunde in Hoffenheim für die kämpferische Leistung in München. Es ist immer positiv zu sehen, wenn es im Meisterschaftskampf keine Wettbewerbsverzerrung gibt.

Gelungene Choreographie der Jubos

Eine wunderbare Choreo der Jubos Dortmund gab es beim Einlauf der MannschaftenEine wunderbare Choreo der Jubos Dortmund gab es beim Einlauf der Mannschaften. Dutzendfach wurde das Eingangsschild Dortmunds in die Höhe gehalten, garniert mit einigen Wahrzeichen (u.a. Florian und die Westfalenhalle) der schönsten Stadt Deutschlands. Zum Spiel: In der Anfangsphase spielte der Gastgeber respektlos nach vorne. Aber warum sollten sie sich auch verstecken? Denn wenn man einen banalen Quervergleich anstellt, war die Schwiergigkeit heute schon vor dem Spiel deutlich geworden: Der BVB tat sich mit Hannover zu Hause doch schwer, während die wiederum nur mit ganz viel Glück einen Punkt daheim gegen den FCA ergattern sollten.

Und die erste Chance gehörte denn auch den Gastgebern. Nach Flanke Verhaeghs war es Oehrl, der mit einem Kopfball Weidenfeller erstmals in die Horizontale beförderte (13.). Der BVB kam nach 25 Minuten zu seiner ersten richtigen Gelegenheit. Nach einem Standard verlängerte Kehl auf Lewandowski, der aus fantastischer Position kurz vor dem Tor leider keinen Druck mehr mit dem Kopf ausüben konnte. Stärker bis zu diesem Zeitpunkt waren die mitgereisten Borussen, die durchgehend die Mannschaft anfeuerten. Es gibt eben auch Vorteile, wenn nicht ganz so viele Borussen wie in Berlin dabei sind. Das Augsburger Publikum schrie lediglich bei Entscheidungen des Schiedsrichters. Dafür aber dann wie Hella (von Sinnen).

Die vielen Japaner auf der Pressetribüne waren selbstverständlich ganz gebannt vom Duell zwischen Kagawa und dem Augsburger HosogaiDie vielen Japaner auf der Pressetribüne waren selbstverständlich ganz gebannt vom Duell zwischen Kagawa und dem Augsburger Hosogai, die sich auch im Spiel permanent über den Weg liefen. Da war nichts mit japanischer Höflichkeit. Beide wurden vom jeweils anderen in der ersten Hälfte doch arg niedergestreckt, kamen aber beide noch mit einer Ermahnung davon. Kriegt eben der Südkoreaner Koo Gelb für sein Foul an Schmelzer.

Lewandowski zweimal im Pech

Lewandowskis Kopf war heute irgendwie nicht richtig auf seinen Hals montiert worden. Nach vierzig Minuten hatte er nämlich wieder die Gelegenheit zur Führung, aber seinen platzierten, doch erneut etwas zu schwachen Kopfball konnte Langkamp noch auf der Linie zur Ecke klären. So ging es in einer kämpferischen und nickeligen Partie mit einem gerechten Remis zum Pausentee. Vorher spielte Schiri Kircher aber noch einmal Toaster und gab viermal Gelb in sechs Minuten.

Nach der Halbzeit zunächst das identische Bild. Wieder ein starker FCA mit viel Zug nach vorne. So konnte Weidenfeller nach 47 Minuten so gerade noch den harten Schuss von Axel „Ich bin auf all meinen Stationen immer Publikumsliebling, aber im Grund doch ein Söldner wie jeder andere auch. Zudem noch absoluter Vollprolet." Bellinghausen zur Ecke abwehren. Eine gute Stunde war dann gespielt, als unser Freund Kevin nach einem Konter ebenfalls per Kopf zum Abschluss kam. Ähnlich wie in Berlin fiel er bis dato nicht weiter groß auf, doch dieses Mal sollte ihm zudem auch nicht das entscheidenden Tor gelingen. Jentzsch nutzte seine ganze Körpergröße und lenkte den Ball noch fantastisch um den Pfosten.

Lewandowski im ZweikampfKurios dann die Beobachtung der FCA-Fans, nachdem Hains vermeintlicher Führungstreffer berechtigterweise wegen Abseits annulliert wurde (70.). Noch zwanzig Sekunden nach dem Pfiff lagen sich die Augsburger teilweise in den Armen. Wenn's mal wieder länger dauert. Und mehr gab es dann auch nicht mehr zu notieren. Mit Superlativen muss man ja immer vorsichtig sein, aber sicherlich war dies heut eines der schwächsten BVB-Spiele in der aktuellen Bundesligasaison. Der Gastgeber hat leidenschaftlich gekämpft vor einer am Ende sogar richtig lauten Kulisse. Verdienter Punkt für Augsburg, kleiner Rückschlag für unsere Borussia. Egal, es geht weiter! Und noch sind es ja auch fünf Punkte.

Stimmen zum Spiel

Moritz Leitner: Ich habe mich natürlich auf das Spiel heute gefreut und der Trainer hat mich ja auch eingewechselt. Aber leider konnte ich auch nicht mehr dabei helfen, die drei Punkte zu holen.

Leitner hat sich auf das Spiel in Augsburg gefreutSebastian Kehl: Es war sicherlich nicht unser bestes Spiel, aber wir wussten auch, dass Augsburg eine sehr unangenehme Mannschaft ist. Wir waren darauf eingestellt, dass sie sehr kompakt verteidigen. Und heute haben wir auch spielerisch keine Mittel gefunden, um uns Torchancen erspielen zu können. Dann musst du eben auch mal mit einem Punkt zufrieden sein. Aber wir sind auch nicht so vermessen oder arrogant zu sagen: Wir gewinnen jedes Spiel.

Jürgen Klopp: Unsere Leistung war den Umständen entsprechend und das hatte unterschiedliche Gründe. Der Hauptgrund war, dass Augsburg einfach ein super Spiel gemacht hat. Sie waren fußballerisch richtig gut und haben leidenschaftlich verteidigt. Der Boden hat dabei sicher ein wenig geholfen, auch wenn das nicht ausschlaggebend war. Mit der Manndeckung war es auch schwer. Das war sicher eine außergewöhnliche Herangehensweise. Richtig gut war aber, dass wir trotz der Fehlpässe immer wie die Hyänen umgeschaltet haben. Dann geht das 0:0 auch in Ordnung. Es gab schon Schlimmeres im Fußball. Jetzt müssen wir nur noch heil nach Hause kommen.

Jos Luhukay: Wir waren über 90 Minuten sehr leidenschaftlich, auch wenn uns vorne noch ab und zu die letzte Ruhe gefehlt hat. Im Großen und Ganzen kann ich aber sagen: Wenn mir jemand vor dem Spiel gesagt hätte, wir spielen Unentschieden, hätte ich das sofort unterschrieben. Dortmund ist eine klasse Mannschaft, haben auswärts eine super Bilanz. Wir haben die individuelle BVB-Stärke aus dem Spiel genommen und dass wir Kagawa nicht gesehen haben heute, war auch das Verdienst seines japanischen Mitspielers.

Einzelbewertung

Der Lokomotivführer der Truppe hatte heute auf rechts zu wenig Dampf im Kessel. Auch defensiv nicht immer stabil. Note 3,5.Roman Weidenfeller: Einmal an einer Ecke vorbei gesegelt, sonst sicherer Rückhalt, wenn es drauf ankam. Note 2,5.

Lukasz Piszczek: Der Lokomotivführer der Truppe hatte heute auf rechts zu wenig Dampf im Kessel. Auch defensiv nicht immer stabil. Note 3,5.

Neven Subotic: Defensiv noch in Ordnung, nach vorne mit teils unerklärlichen Aktionen. Note 4.

Mats Hummels: Sicher im Zweikampf, bemüht im Spiel nach vorne. Note 3.

Marcel Schmelzer: Total unauffällig. Offensiv weiter nicht gut in Form. Note 4.

Sebastian Kehl: Am Rande eines Platzverweises. Ließ sich von den Augsburger Provokationen und Fallern anstecken. Muss mehr vorangehen in so einem Spiel. Note 3,5.

Sven Bender: Erfüllte seine Rolle. Mehr aber auch nicht. Note 4.

Kuba: In der ersten Halbzeit mit einigen gefälligen Aktionen. Insgesamt aber viel zu harmlos. Note 3,5.Kuba: In der ersten Halbzeit mit einigen gefälligen Aktionen. Insgesamt aber viel zu harmlos. Note 3,5.

Shinji Kagawa: Keine Impulse. Wurde von seinem Landsmann Hosogai wie die japanischen Atomkaftwerke völlig ab-, äh ausgeschaltet. Note 5.

Kevin Großkreutz: Defensiv lauffreudig, nach vorne ganz schwach. Trotzdem noch mit der besten Chance im Spiel. Note 4.

Robert Lewandowski: Beim starken Sankoh total abgemeldet. Trotzdem mit zwei guten Kopfballgelegenheiten. Behauptete zudem die Bälle ab und zu ganz ordentlich. Note 3,5.

Die drei Einwechselspieler waren für eine Note zu kurz auf dem Feld.

Daten zum Spiel

FC Augsburg (4-1-4-1): Jentzsch – Verhaegh, Sankoh, Langkamp, Ostrzolek – Hosogai – Koo (79. Ndjeng), Oehrl, Baier, Bellinghausen (89. Sinkala) – Hain (75. Mölders)

BVB (4-2-3-1): Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Kehl, Bender (70. Leitner) – Kuba (86. Gündogan), Kagawa (70. Perisic), Großkreutz - Lewandowski

Tore: heute nicht hier

SR: Kircher (Rottenburg – Assistenten: R. Kempter, Lupp – 4. Mann: Sinn ohne Leffers)

Viel Arbeit für Neven SuboticZuschauer: 30.660 (ausverkauft)

Chancen: 2:3

Ecken: 2:5

Gelbe Karten: Koo (39., Foulspiel), Sankoh (42., Foulspiel) – Subotic (43., Foulspiel), Kehl (45., Foulspiel)

Torschüsse: 4:12

Ballbesitz 42% : 58 %

Zweikämpfe gewonnen: 49% : 51 %

Ecken: 2:5

Abseits: 2:1

Fouls: 15:16

Torschüsse: Oehrl (2) : Lewandowski (4)

Torschussvorlagen: vier Akteure (1) : vier Akteure (2)

Ballkontakte: Verhaegh (77) : Subotic (120)

Zweikämpfe gewonnen: Verhaegh (88 %) : Hummels/Piszczek (67 %)

Flanken: Koo (2) : Kuba (4)

Malte D., 11.3.2012


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