Warmlaufen

Hau die Wolfsburger weg, Borussia!

28.01.2011, 21:47 Uhr von:  Redaktion

Du bist schon ein seltsamer Verein, Borussia. Bei Deiner letzten Meisterschaft im Jahr 2002 hatte ich gerade NRW verlassen und konnte Dich kaum noch besuchen. Das Jahr davor zählte nicht nur nicht unbedingt zu den ruhmreichsten Jahren der Menschheit, es war auch für mich schlecht gelaufen. Du hast mir Hoffnung gegeben. Ich kam zu den wichtigen Spielen aus einer fernen Stadt, sah die Meisterschaft, in Rotterdam das letzte Spiel vom Kokser und war ein paar Tage später auf dem Friedensplatz. Im Cosmotopia feierten wir weiter, ich traf dort ein paar Menschen, die mich durch die nächsten Jahre begleiten würden.

Mit Dir ging es dann Stück für Stück abwärts, Du hattest dich in deinem Rausch einfach übernommen und man folgte Dir blind, doch die Zeit, bevor Du dir dein Scheitern eingestanden hast, muss die Hölle gewesen sein. Wir verloren uns ein wenig aus den Augen. Hin und wieder trieb es mich wieder in Deine Arme, doch in der großen Stadt gab es andere Verlockungen. Natürlich hatte ich Dich nie aufgegeben, aber es war anders. Als die Fans in Hannover marschierten, war ich am Ufer des Kanals sitzend nicht mehr als ein trauriger Beobachter Deines Schicksals. Die blinde und angemessene Wut der Fans konnte ich, so sehr ich es auch wollte, nur am Rande verstehen. Die Menschen, die Dir unsere größten Triumphe geschenkt hatten, sollten jetzt Schuld an der Sache sein? Ich beschäftigte mich wieder mit Dir, doch während an einem Düsseldorfer Flughafen über Dein Schicksal entschieden wurde, war ich fern von Dir und dachte nur: „Das wird schon irgendwie gut gehen“. Es ging dann ja auch gut. Irgendwie.

In der Zwischenzeit hatte ich den Mist, der mich in die Arme der großen Stadt getrieben hatte, hinter mir gelassen. Mir ging es nicht nur irgendwie gut. Mir ging es einfach gut. Die Welt stand mir jetzt offen. Von Stadt zu Stadt, von Ereignis zu Ereignis, von Land zu Land. Bei all den Ausschweifungen war es ja klar, dass Du nicht mehr erste Wahl warst. Ab und an besuchte ich die Punkerin in ihrer Kneipe. Doch auch dort war ich nur Gast. Meine Freunde aus Dortmund raunte mir zu „Das ist ja wie auf der Südtribüne“ und ich erinnerte mich an all die Jahre, in denen ich die Süd als meine Heimat bezeichnete und war erschrocken, dass ich nur noch in der Vergangenheit von ihr dachte. Als Dein neuer Retter aus Hamburg kam, saß ich in einer Bar in Austin, Texas und wunderte mich nur über die Nachricht aus dem fernen Deutschland. Ich erzählte meinem Nachbar von meinem Verein und redete und redete und redete. All die Erinnerungen. Er trank schweigend sein Bier und stand während meiner Erinnerung auf.

Das Feuer war wieder da. Ich kam jetzt wieder häufiger zu Dir. Ob es der Typ aus dem Norden war? Oder einfach nur die Angst um Dich? Am Tag des 12.05.2007 vibrierte die Stadt, sie lebte Fußball und sie wurde mit dem größten Sieg belohnt. Ich war wieder verliebt in Dich und Deine unvergleichliche Aura. Mit Dir ging es langsam wieder aufwärts. Ich war Dir jetzt auch wieder räumliche näher. Und besuchte Dich Woche für Woche. An einem kalten Apriltag sang ich mit all den anderen Fans im Berliner Olympiastadion. Endlich fühlte ich mich wieder als Teil von Dir.

Der Typ aus dem Norden verschwand dann und auf einmal war alles anders. Du warst wieder ganz die Alte. Und immer, wenn ich bei Dir war, konnte ich für ein paar Stunden vergessen und mein restliches Leben ausblenden. Du warst immer für mich da, Du hast mir Hoffnung gegeben, als ich nur noch wenig Hoffnung hatte und Du hast mir Mut gegeben, als ich immer mutloser wurde. Die „Young Guns“ spielten sich in einen Rausch und dankbar sah ich Dir dabei zu.

Jetzt auf einmal wollen irgendwelche Leute von irgendwoher, die schon seit Monaten bei Dir rumlungern und sich als Deine Freunde ausgeben, Deinen abermaligen Absturz herbei schreiben. Du sollst, das würde sie freuen, Deinen Vorsprung verlieren und ihr Mitleid nach der Shinji-Verletzung ist nur geheuchelt. Ich hingegen habe kein Mitleid mit Dir, natürlich mit Shinji! aber nicht mit Dir! Ich weiß, dass Du das gerade gar nicht brauchst. Du bist auf einem guten Weg, eine Menge Menschen sehr sehr glücklich zu machen. Und Dich wird auf diesem Weg niemand aus der Spur bringen. Das ist nicht nur mir klar. Du bist immer für uns da. Wir sind immer für Dich da (auch wenn wir Dich scheinbar aus den Augen verloren haben). Morgen gibt es wieder ein Heimspiel. Diesmal in Wolfsburg. Hau sie einfach weg, Borussia!

Borussia: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Kuba (Lewandowski), Götze, Großkreutz – Barrios

Wolfsburg: Benaglio - Pekarik, Kjaer, Friedrich, Schäfer - Josué, Kahlenberg (Riether) - Dejagah, Diego, Cicero – Grafite

Heimfans: 10.000

Gästefans: 20.000

Stadion: Am Bahnhof der Stadt des KDF-Wagens bei Fallersleben

Anstoß: 15.30 Uhr

Schiri: Knut Kircher

steph, 28.01.2011

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