Warmlaufen

Teure Perlen und kostbare Schalen

08.04.2011, 12:00 Uhr von:  Redaktion

Hamburg, meine Perle. Wer kennt das Lied nicht, das Glückspielmonarch Karl so gerne von seiner Scherenbühne schmetterte? Natürlich, in allererster Linie bezieht sich das darauf, dass Hamburg einfach eine schöne Stadt ist. Vermutlich sogar die zweitschönste Stadt Deutschlands nach Dortmund. Aber hinter der offensichtlichen versteckt sich noch eine unterschwellige Wahrheit. Was sind Perlen denn sonst noch, außer schön? Na, Ehemänner an die Front. Richtig, sie sind teuer. Und so gehört das Gastspiel in der Hansestadt fast schon traditionell zu den teuersten Vergnügen eines Auswärtsfahrers.

Beim HSV weiß man halt ganz genau, dass man als Stadt auch ums Spiel drumherum viel zu bieten hat und es einfach eine verdammt attraktive Fahrt ist. Die einen unternehmen eine Hafenrundfahrt, die anderen machen es sich in einer der vielen Kneipen gemütlich. Und wieder andere - nunja, sagen wir einfach, dass sie dienstleistungsorientiert sind. Und wenn all diese Fans auf ihre Kosten kommen, will der Hamburger Sportverein das auch und bittet, je nach recht flexibel gehandhabter Preistkategorisierung, kräftig zu Kasse. Dabei ist man mit Preisen, die bei stolzen 19 € für einen Stehplatz beginnen, als Dortmunder sogar noch besser dran als zum Beispiel die Fans des FC Bayern München, die die zweifelhafte Ehre der Kategorie A+ hatten.

Und dagegen gilt es, gemeinsam anzugehen. Im Rahmen der „Kein Zwanni - Fußball muss bezahlbar sein"-Kampagne gibt es vor dem Spiel eine Kundgebung, die ab 11.30 Uhr auf dem Rathausmarkt stattfindet. Dort wird noch einmal auf breiter Ebene auf die Problematik rund um die Ticketpreisgestaltung in der Bundesliga aufmerksam gemacht, auch um den Druck auf die Vereine der DFL aufrecht zu erhalten. Speziell von Seiten des HSV gibt es eine Gesprächszusage für die Gestaltung der Eintrittspreise in der nächsten Saison. Je mehr Leute teilnehmen, desto stärker wird das Zeichen. Hierbei noch einmal der Hinweis, dass „Kein Zwanni" längst den Kinderschuhen einer Dortmunder Aktion entwachsen ist. Es ist eine gemeinsame Veranstaltung von Fans des HSV und des BVB. Niemand ist dort nur geduldeter Gast, beachtet also nicht die trennenden Schals, sondern denkt an die gemeinsamen Probleme. Alle weiteren Infos findet Ihr wie gehabt auf der Homepage von „Kein Zwanni".

Außerhalb des Stadions gemeinsam für etwas einzustehen, heißt natürlich nicht, dass innerhalb 90-minütiges Gruppenkuscheln angesagt ist. Ganz im Gegenteil. Die Luft soll brennen, natürlich vorzugsweise im Gästeblock. Es darf dort gerne eine Lautstärke der Preisklasse „Ausgleich gegen Hannover" herrschen. Wir haben schließlich eine Mission zu erfüllen: Meister werden, Arsch lecken. Wie viele haben uns nach den Spielen in Hoffenheim und gegen Mainz nicht schon das große Zittern andichten wollen? Und sein wir ehrlich, nach dem Rückstand gegen Hannover ist uns doch allen selbst das Herz ein wenig in die Hose gerutscht. Aber wie die Mannschaft darauf reagiert hat, das war wieder einmal zum verlieben. Wenn man's nicht schon bis über beide Ohren wäre. Statt der Brechstange wurde das Tafelsilber heraus geholt und der Gegner fein säuberlich in seine Einzelteile zerlegt. Sensationssolo durch die Hannoveraner Abwehr, Sensationsflanke in die Mitte, Sensationspass an die Strafraumkante und Sensationsgrätsche mit anschließender Sensationsweiterleitung per Hacke. Innerhalb von wenigen Minuten war sie wieder da. Die Borussia, wie wir sie schon häufig in dieser Saison erleben und bewundern durften.

Und genau diese Borussia sollte unbedingt mit in den Mannschaftsbus gepackt werden. Der HSV ist Siebter der Bundesligatabelle und eine echte Wundertüte. Einmal fegt man die in der Rückrunde gar nicht so schlechten Kölner mit 6:2 aus dem heimischen Stadion, dann liefert man sich direkt im Anschluss einen echten Gruselkick mit Hopps Kreisauswahl. Was einem am Samstag erwartet, kann eigentlich keiner so genau vorhersagen. Auf jeden Fall haben die Hansestädter nominell einen ordentlichen Kader aufzuweisen, der von der individuellen Klasse her locker zwei bis vier Plätze höher in der Tabelle stehen müsste. Aber gerade diese Saison zeigt, dass mannschaftliche Geschlossenheit durchaus einer Ansammlung teurer Einzelkicker überlegen sein kann.

Letztendlich kanns uns egal sein, wer da Samstag im HSV-Dress auf dem Platz steht. Wichtig ist, dass wir unser gewohntes Spiel aufziehen. Den Gegner schon in der eigenen Hälfte attackieren und nach Ballgewinn den Angriffswirbel starten. Wenn der Gegner alle Gedanken darauf richten muss, uns irgendwie von seinem Kasten fern zu halten, dann bleibt ihm keine Gelegenheit für welche, die eigene Offensivbemühungen angehen. Eigentlich eine simple Kiste. Und so machen wir es. Wir fahren dahin, um zu gewinnen. Und für den nächsten, kleinen Schritt in Richtung Schale. Unser Spiel. Unsere Saison.

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Götze, Lewandowski, Großkreutz - Barrios.
Auf der Bank: Langerak - Owomoyela, Dede, Santana, da Silva, Kuba, Zidan, Stiepermann.

Hamburger SV: Rost - Diekmeier, Kacar, Westermann, Aogo - Jarolim - Ben-Hatira, Zé Roberto, Elia - van Nistelrooy, Petric.
Auf der Bank: Mickel - Demel, Tesche, Trochowski, Jansen, Torun, Guerrero, Pitroipa, Son.

Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)

Assistenten: Holger Henschel, Carsten Kadach

Vierter Offizieller: Marc Seemann.

Faninfos:

In Hamburg fährt man bei Gästefans das gleiche Modell wie bei uns in Dortmund. Erlaubt ist erst einmal fast alles, was das Fanherz begehrt. Dazu gehören:

- Megaphon (namentlich angemeldet)
- Trommeln
- Kleine Fahnen
- Große Schwenkfahnen
- Doppelhalter
- Zaunfahnen (solange Platz vorhanden ist)

Spruchbänder sind vorher beim HSV anzumelden. Aber auch in Hamburg gilt, dass sich das zur nächsten Saison ganz schnell ändern wird, wenn im Gästeblock gezündelt wird. Es wäre übrigens nett, wenn man sich ausnahmsweise mal wirklich daran halten und den BVB-Fans wenigstens ein Stadion erhalten würde, in das man mehr als einen Schal mitnehmen darf.

Hamburg und Verkehr:

Jaja, lasst die Kalauer mit St. Pauli stecken. Macht Euch lieber frühzeitig auf die Socken. Nicht nur, um an der Kundgebung teilzunehmen, sondern auch, um das große Zittern zu vermeiden. Zwei der vier Elbtunnelröhren sind gesperrt, dazu wird auf der IC-Trasse zwischen Harburg und Hauptbahnhof kräftig gebaut. Entweder nutzt ihr irgendwie einen Intercity aus Hannover, der den Hauptbahnhof direkt ansteuert, oder ihr steigt in Harburg in die S3 bis „Stellingen" um.

Sascha, 07.04.2011

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