Unsa Senf

Der erste Querulant

13.10.2011, 11:33 Uhr von:  Redaktion

Spieler mit den Anlagen eines Jakub Blaszczykowski passen eigentlich perfekt in das „System Klopp": Jung, schnell, dribbelstark und ein passabler Flankengeber. Doch seit einiger Zeit macht sich auf den Tribünen zusehends Unzufriedenheit mit den Leistungen Kubas breit. Von Spiel zu Spiel reift die Erkenntnis, der sonst so zurückhaltende Flügelflitzer bringe bei der Borussia zu wenig Engagement auf den Platz, um sein zweifelsfrei vorhandenes Potenzial zu hundert Prozent zu entfalten. Das ganze gipfelte vor rund einer Woche in ebenso fragwürdigen wie trotzigen Aussagen unserer Nummer sechzehn gegenüber der polnischen Presse, die er nach dem Länderspiel unter der Woche wiederholte.

Rückblick: Als der Pole im Sommer 2007 mit seinen 21 Jahren zum BVB wechselte, da hieß der Trainer in Dortmund noch Thomas Doll. Kuba fiel es nicht schwer, mit seinen erfrischenden Offensiv-Fertigkeiten aus einer durchschnittlichen Mannschaft hervor zu stechen. Auch wenn er in vereinzelten Spielen meist Stichproben seines Könnens aufs Parkett brachte, statt mit konstanten Leistungen zu glänzen. So vermittelte er zumindest den Eindruck, bei einer stetigen Entwicklung mittelfristig zu einer etablierten und wichtigen Kraft in der Dortmunder Angriffszentrale zu reifen.

Heute beschleicht allerdings das Gefühl, Kuba sei irgendwann zwischen Sommer 2008 und Herbst 2011 in seiner Entwicklung stehen geblieben. „Der Junge kann so viel, er zeigt es nur zu selten", hörte man rund um die Südtribüne oft, wenn die Bemühungen des Flügelflitzers immer öfter scheinbar wirkungslos verpufften. Folgerichtig verlor er seinen Stammplatz im Laufe der Meistersaison an Mario Götze, Senkrechtstarter, Wunderkind und irgendwie auch ein bisschen Messi in Personalunion.

Nach dem Spiel gegen Marseille ließ er seinem Frust polnischen Journalisten gegenüber offenbar freien Lauf. „Ausgenutzt" fühle sich der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft in Dortmund. Er ärgere sich über die Defensivaufgaben im kloppschen System und über die frühen Auswechslungen – wenn er denn überhaupt einmal von Beginn ran darf. Die Konsequenz: „Wenn ich keine Gelegenheit habe oft zu spielen, dann muss ich meine Fähigkeiten nicht unbedingt in Dortmund ausprobieren." Das soll er dem polnischen Sportsender "Polsat Sport" zu Protokoll gegeben haben. Aussagen, die allen voran Jürgen Klopp nicht schmecken dürften.

Denn bei allem Verständnis für seinen Ärger über mangelnde Einsatzzeiten im Verein rund ein Jahr vor der prestigeträchtigen EM im eigenen Land – in den Ausführungen des Nationalspielers fehlt schlicht und einfach ein gewisses Maß an Selbstkritik. Denn Kuba ist es in der Vergangenheit, und insbesondere in dieser noch jungen Saison, kaum gelungen, ausreichende Akzente in der Offensive zu setzen. Die Chancen waren da, doch sowohl gegen Berlin, als auch gegen Hannover und das kaum bundesligataugliche Augsburg, als Kuba jeweils zu Beginn ran durfte, ließ er auf dem Platz den unbedingten Willen vermissen und präsentierte meist nur Stückwerk seines fußballerischen Repertoires.

Dabei weiß Kuba in der polnischen Nationalmannschaft regelmäßig zu glänzen und ist eine der tragenden Säulen im Spiel von Trainer Franciszek Smuda. Umso erstaunlicher, dass der 25-Jährige seinen Stammplatz acht Monate vor dem Nationenturnier in der Heimat ausgerechnet in der Bundesliga so leichtfertig aufs Spiel setzt. Denn mit der Art und Weise seiner Unmutsbekundungen dürfte er sich bei Jürgen Klopp noch weiter ins Abseits gerückt haben.

Ein Wechsel in der Winterpause scheint für Kuba, der in unserer Bierhauptstadt noch einen Vertrag bis 2013 besitzt, nun eine ernsthafte Option zu sein. Doch wohin würde ihn ein Wechsel führen? Von polnischen Insidern wird eine Rückkehr zu Wisla Krakau als nicht finanzierbar zurückgewiesen. In Dortmund hingegen wird er sich weiterhin mit einem Bankplatz zufrieden geben müssen. Denn die Chance, in dieser Verfassung einen Mario Götze hinter sich zu lassen, tendiert gegen Null. Wie wichtig Mario momentan für unser Spiel ist, hat sich spätestens in den Spielen gegen Hertha und Hannover gezeigt, als er aufgrund seiner Sperre zum Zuschauen verdammt war. Auch einen nach der Winterpause hoffentlich wiedererstarkten Kagawa Shinji wird Kuba wohl nicht verdrängen (Götze würde bei dieser Option ins Zentrum rücken, der Pole könnte auf rechts wirbeln). Ein Transfer Kubas hat aufgrund des quantitativen Verlusts in der aktuell etwas dünn besetzten Offensive möglicherweise zur Folge, dass Borussia auf dem Flügel selbst noch einmal nachrüsten wird, um einem verletzungsbedingten „Worst Case" und der hoffentlich weiterhin existierenden internationalen Doppel- oder Dreifach-Belastung in der Rückrunde vorzubeugen.

Wohn die Aussagen des großen Melancholikers führen, wird vielleicht bereits die Nominierung für das Bremen-Spiel zeigen. Zum ersten Mal in der Amtszeit Klopps meldet einer der Bankspieler Ansprüche an. Zum ersten Mal in der Amtszeit Klopps vergreift sich einer der Young Guns deutlich im Ton. Nun wissen wir nicht, welche Worte genau gefallen sind und auch sind die Vorgehensweisen des Boulevards in Polen kaum anders als in Deutschland. Am Ende aber bleibt ein unzufriedener Spieler, der sich mit seinen wiederholten Aussagen ins Abseits befördert hat. Ob Kuba bewusst einen Bruch provozieren will oder ob er als Kapitän des Gastgeberlands der Euro 2012 von der heimischen Presse unter Druck gesetzt letztendlich nur unglückliche Antworten gegeben hat, ist nicht endgültig zu klären. Es bleibt jedoch ein fader Beigeschmack. Seine Zeit in Dortmund begann mit einem Versprechen auf eine bessere Zukunft, doch jetzt scheint seine Zeit in Dortmund mit einem kleinen Eklat zu enden. Schade!

Malte S./ steph; 13.10.2011

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