Unsa Senf

Flávio Conceição und Victor Nosa Ikpeba - zwei BVB-Schicksale, ein Geburtstagsgruß

12.06.2011, 09:09 Uhr von:  Redaktion

Flavio Conceicao, eine Legende ohne Happy-End wird 37. Rückblende. 30.07.2003, einen Tag vor Bekanntgabe des 50000. Dauerkartenkäufers (damaliger Bundesliga-Rekord) wird ein Mann beim BVB vorgestellt, dessen rechter Fuß laut Aussage des Sportmanagers Michael Zorc „ein Hammer“ gewesen sein soll. Wahrscheinlich war das der schlagende Grund, warum der brasilianische Nationalspieler sich anstatt für den FC Middlesbrough dann lieber für den vorgeblich finanzstarken Vorzeigeclub aus dem Ruhrgebiet entschieden hat.

Der erste ‚Galaktische‘ am Borsigplatz. Im Jahr 2000, als er für 25 Millionen Euro vom spanischen Meister Deportivo de La Coruña zu Real Madrid wechselte, entstand übrigens dieser Begriff. Real-Präsident Florentino Pérez wollte jedes Jahr einen ‚Galactico‘ verpflichten, was er zum Amtsantritt direkt in die Tat umsetzte und neben dem heutigen Geburtstagskind u.a. Luis Figo für 60 Millionen Euro nach Madrid holte. Back to Topic. Champions-League-Sieger, mehrmaliger Meister in Spanien und Brasilien, europäischer und spanischer Supercup-Gewinner, Vize-Weltmeister 1998, Copa-America-Sieger, olympischer Bronzemedaillengewinner – Flavio C. war auf dem Zenit seiner Karriere angekommen und eine lebende Legende.

Wenn so einer zur Ausleihe frei war (plus Kaufoption) und die Königlichen sich sogar am Gehalt beteiligen wollten (angeblich ‚nur‘ noch 2,5 Millionen Euro Restsumme für den leihenden Verein), welcher Klub auf Augenhöhe mit dem FC Bayern konnte da noch widerstehen? Zumal beim Tabellendritten der vergangenen Saison auch noch Torsten Frings und Evanilson wegen Kreuzbandrisses ausfielen und man im defensiven Mittelfeld dringend Ersatz brauchte. Sein Einstand war - im Gegensatz zu Steinar Pedersens - dazu noch ein Märchen. Erster Spieltag der Saison 2003/2004: Derby in der Turnhalle gegen die blauen Turnbeutelvergesser . Die echte Borussia zur Halbzeit mausetot. Es war kurz nach seiner Einwechslung in der 61. Minute, als er einen Freistoß mit seinem „Hammer“ zum 1:2-Anschluss in die Maschen zauberte. 2:2 der Endstand.

Aber es gibt auch im Märchenland Geschichten, die nicht so töfte ausgehen. So genannte Ivanauskas-Märchen. Nach einem guten Saisonstart mit zwei Siegen und einem Unentschieden zog er sich gegen 1860 München einen Muskelfaserriss zu und die Borussia zehn Tage später einen kapitalen finanziellen Schaden mit weitreichenden Konsequenzen. Das Aus gegen Brügge in der CL-Qualifikation im Elfmeterschießen, der Sechser fehlte aufgrund seiner Verletzung, markierte den Wendepunkt nicht nur für Flavios Karriere beim BVB, sondern auch für den Verein, die Stadt und eine ganzen Region. Damals ein schwerer Schlag für jeden Schwarzgelben, aus heutiger Sicht sicherlich das Beste, was passieren konnte.

Gehalts-Diskussionen (20% wollte der Verein nun bei jedem Spieler einsparen) bestimmten fortan die Schlagzeilen. Aus Teilen der Mannschaft wurden Vorwürfe laut, man habe sich mit der (Nach-)Verpflichtung von Flavio Concecao und André Bergdölmo verkalkuliert. Das Ausscheiden danach in der zweiten Runde im UEFA-Cup (unsäglich mit 0:4 im Rückspiel in Sochaux) war die logische Konsequenz. Flavio selbst konnte erst drei Monate nach seinem Faserriss wieder am Spielbetrieb teilnehmen. Am Ende einer verletzungsreichen-Saison standen magere 917 Einsatzminuten auf seinem Konto (ein Tor) und die Borussia musste nach einem 1:1 auf dem Betzenberg am 34. Spieltag der Maus aus der Nachbarstadt den Vortritt ins internationale Geschäft lassen.

Platz sechs für den BVB (eigentlich wollte man um die Plätze eins und zwei mitspielen) und der Beginn eines Alptraums an dessen Ende (2011) schließlich die gelbe Wand erstrahlte. Die Kaufoption wurde dann, aus bekannten Gründen, nicht gezogen und der Derbytorschütze ging im anschließenden Sommer 2004 in die Türkei – zu Galatasaray Istanbul. Er gewann im Folgejahr den Pokal, verpasste aber die Qualifikation zur Champions League (welch‘ Ironie des Schicksals). Dank einer Klausel (!) im Vertrag durfte er aufgrund dessen daraufhin den Verein verlassen. Ein Jahr voller Verletzungen und Kurzeinsätzen beim griechischen Klub Panathinaikos Athen später entschied er sich, die Fußballschuhe in die Ecke zu stellen und ging, 32 Jahre jung, in Rente. Was eine Verschwendung.

Desejo-te um feliz aniversário, boa sorte e saúde!

Tod und Auferstehung - Victor Nosa Ikpeba wird 38

Umgerechnet 6 Millionen Euro Ablöse, 30 Bundesliga-Spiele (drei Tore), zwei Pokalspiele, ein Ligapokalspiel und einmal Uefa-Cup (ein Tor, beim Sieg im Elfmeterschießen 1999 gegen Glasgow). 1926 Pflichtspiel-Minuten. 2 Millionen pro Bundesligator oder 3115,25 € pro Einsatzminute. Wer Spieler so bewertet, kommt immer wieder zu einem negativen Ergebnis und es wird dem Bewerteten auch nie wirklich gerecht. Stürmer Victor Ikpeba ist so ein Fall.

Bevor der damalige nigerianische Nationalspieler zum BVB wechselte, war er u.a. schon Afrikameister (1994), Fußball-Olympiasieger (1996), französischer Meister (1997) sowie Afrikas Fußballer des Jahres (1997). Vor Saisonbeginn 1999/2000 öffnete der Ballspielverein 09 seine prallgefüllte Geldtruhe und warf mit Geld nur so um sich. Neben Ikpeba wurden noch Wörns, Bobic und Evanilson von dem Monetenhagel getroffen, vielen sofort um und wachten im schwarz-gelben Trikot auf. Jeder kostete im Schnitt sechs Millionen Euro.

Ikpeba sagte damals nach seinem Wechsel der Welt-Online: "Nach sechs Jahren brauchte ich eine neue Herausforderung. Geld spielte keine Rolle - auch wenn ich jetzt viel mehr verdiene als in Monaco." Er bekam einen Drei-Jahres-Vertrag und sein Salär belief sich auf geschätzte drei Millionen Euro im Jahr. Die erste Saison verlief für den ehemaligen U16-Weltmeister ziemlich miserabel. Er konnte sich nie richtig gegen seine Mitkonkurrenten im Sturm (Bobic, Herrlich und Reina) durchsetzen und hatte die wenigste Einsatzzeit sowie die wenigsten Torerfolge der Genannten am Ende dieser ‚Seuchensaison‘.

Nachdem Udo Lattek und Matthias Sammer den Verein so eben vor dem Absturz in die zweite Liga bewahrt hatten, schlug bei der Familie Ikpeba das Schicksal zu. Einen Monat nach Saisonende verstarb seine Frau an Brustkrebs. Seine drei Kinder verloren nicht nur ihre Mutter, sondern blieben auch weiterhin in Monaco. Der BVB versuchte irgendwie seinen psychisch am Boden liegenden Stürmerstar wieder aufzurichten, was aber nicht mehr gelingen sollte. Zu Beginn der Saison noch mit ordentlicher Leistung, überwarf der Nigerianer sich ziemlich schnell mit Trainer Sammer, bei dem er keine Entwicklungschancen sah und stellte auf stur. Nach einem an Arbeitsverweigerung grenzenden Testspiel-Auftritt gegen RW Essen am 20.02.2001 war das gemeinsame Tischtuch schließlich endgültig zerschnitten und der BVB stellte ihn vom Trainingsbetrieb frei. Damit war das Bundesliga-Heimspiel gegen Bremen am 11.02.2001 sein letztes.

Man verlieh ihn an Real Betis (Sevilla), wo er sich bei nur drei Einsätzen in der Primera Division 2001/02 nicht durchsetzen konnte. Nach einem saisonalen Intermezzo beim FC-Bayern Libyens, Al-Ittihad, wo er die Meisterschaft 2003 errang und dann aber wegen Dissonanzen im Vertragsbereich den Verein verließ, war Victor arbeitslos. Ein halbes Jahr später holte ihn im Frühjahr 2004 einer seiner ehemaligen Trainer nach Charleroi (Belgien) und Ikpeba schoss den Verein mit fünf Toren zum Klassenerhalt. Kurz darauf beendete er seine Karriere. Menschen, die erfolgreich sein wollen, gab er vor zwei Jahren in einem Interview den folgenden Ratschlag: “If you believe in yourself and you want to live your dream, you have to work hard for it and with determination and seriousness so you can get there. There is no looking back. If you want to get to the top you must work hard at getting to the top.”

Alles Gute, Victor Nosa!

walter09 12.06.2011

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